Donnerstag, November 21, 2024
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Blasmusikaspekte: Geheimnisse eines Notenwarts

Ein Interview mit Andreas C. Diekmann vom Freiburger Blasorchester

In der Reihe “Blasmusikaspekte” werden im Interview mit jeweils einer Persönlichkeit ein Teilbereich bzw. ein besonderer Aspekt der Blasmusik bzw. unseres Musikvereinswesen diskutiert. Es kommen jeweils Spezialist:innen zu Wort, die sich näher bzw. tiefer mit einem Teilbereich der Blasmusik beschäftigt haben bzw. besondere Fachleute für die jeweiligen Themen sind.

Herzlichen Dank an meinen Musikkollegen vom Freiburger Blasorchester Andreas C. Diekmann, der in diesem Beitrag seine Geheimnisse als Notenwart des FBOs ausplaudert…

Wir im Freiburger Blasorchester nennen Dich den weltbesten Notenwart. Was ist deine persönliche Motivation für diese Aufgabe? Was ist Dein Selbstverständnis? Was ist Dir wichtig?

“Dieser „Titel“ ist seeeehr schmeichelhaft und sagt weniger über mich, sondern viel mehr über unseren wertschätzenden Umgang miteinander im Orchester aus.

Meine Motivation hat, kurz gesagt, nur mit der Musik zu tun. Ich bin sehr glücklich, dass ich mit so tollen Menschen gemeinsam auf einem solchen Niveau Musik machen darf, und ich versuche es mit meiner Arbeit meinen Musikerkolleg:innen und unserem Dirigenten möglichst einfach zu machen und ihnen zu helfen, damit sie sich auf das eigentliche Musizieren konzentrieren zu können. Die Aufgabe ist für mich also mehr Mittel zum Zweck, um möglichst viele technische/organisatorische Störungen vermeiden zu helfen und damit so viel wie möglich Musik machen zu können.

Im englischen Sprachraum werden die Notenwart:innen ja auch als „librarians“ bezeichnet, da gibt es doch eine gewisse Nähe zu meinem Studium für meinen Brotberuf. Vermutlich hat diese Aufgabe also mich gefunden und nicht umgekehrt.” (Anm. AL: Andreas arbeitet in der Universitätsbibliothek Freiburg)

Wie ist Dein üblicher Ablauf, wenn Du vom Dirigenten die Liste der zu bestellenden Noten bekommst bis hin zur ersten Probe des Werks?

“Meist beginnt diese Arbeit sogar ein bisschen früher, wenn im Gespräch mit dem Dirigenten geklärt wird, ob und wann wir ein bestimmtes Werk schon einmal gespielt haben und ob es eventuell schon im Archiv vorhanden ist. Im nächsten Schritt erhalte ich dann das komplette Konzertprogramm vom Dirigenten. An dieser Stelle muss ich ausdrücklich erwähnen, wie angenehm die Arbeit mit Miguel Etchegoncelay ist: Er hat quasi den Standard von „nach dem Konzert ist vor dem Konzert“ in „vor dem nächsten Konzert ist vor dem übernächsten Konzert“ verschoben und das macht die Vorbereitung für mich sehr viel entspannter, auch weil seine Listen immer sehr exakt und eindeutig sind. Von den zu bestellenden Noten recherchiere ich im nächsten Schritt die Verfügbarkeit und die bestellrelevanten bibliographischen Informationen, um damit die Bestellung an unseren Haus- und Hoflieferanten zu mailen – auch hier bin ich sehr froh um die gute Zusammenarbeit. Die Bestellungen werden erfreulich unkompliziert und schnell bearbeitet. Nach der Lieferung der Noten erstelle ich zunächst eine Übersicht aller besetzten Stimmen und leite die an die jeweiligen Registersprecher:innen weiter, damit sie die Besetzung planen können.

Sortierfächer

Gegebenenfalls schreibe ich auch Stimmen um (unsere Euphonien bevorzugen z.B. ihre Stimmen in B und Violinschlüssel), auch wenn z.B. für bestimmte Instrumente keine Stimmen vorhanden sind, sie aber andere Instrumente unterstützen sollen.
Für die jeweilige Konzertphase hat es sich für mich bewährt, die einzelnen Stimmen in entsprechend beschrifteten Sortierfächern (siehe Foto) aufzubewahren, wo die Musiker:innen sich dann vor den Proben selbst bedienen können. Ein neidvoller Blick geht hier an meine Notenwartkolleg:innen in anderen Orchestern, die den Platz und die räumlichen Möglichkeiten haben, persönliche Ablagen für alle Musiker:innen zu haben. Wenn ich es nicht vergesse, gehen die Sortierfächer auch mit zu den Konzerten, so dass nach dem Konzert alle ihre Noten auch gleich wieder abgeben können.”

Wie behältst Du den Überblick über das Notenarchiv des Freiburger Blasorchesters?

“Wie vermutlich bei den meisten Orchestern, ist auch unser Notenarchiv im Laufe der Zeit gewachsen und wurde von den unterschiedlichsten Personen auf unterschiedlichste Arten verwaltet. Mit der Übernahme der Notenwart-Aufgaben habe ich die bisherige (Excel-)Liste mit dem Notenverzeichnis in ComMusic eingepflegt und habe seither immer eine daraus exportierte aktuelle Liste bei mir.”

Welche digitale Unterstützung hast Du für die Archivierung und Verwaltung der Noten (Programme…)?

“Für die Erfassung nutze ich, wie gesagt, ComMusic. Für die Komplettierung der bibliographischen Angaben nutze ich auch gerne noch die Angaben von musicainfo.net. Die oben genannten Besetzungslisten für die Registersprecher:innen trage ich in einfache Excel-Tabellen ein, die auf unserem orchestereigenen Nextcloud-Server für die entsprechenden Personen freigegeben sind.”

Welches Equipment (Mappen, Schränke und so…) nutzt Du für die Archivierung und die Bereitstellung der Noten?

Registerschrankschublade

“Für die direkte Bereitstellung während der einzelnen Konzertphasen nutze ich die bereits genannten Sortierfächer. Im Notenarchiv kommen ganz unspektakulär Hängeregistermappen in entsprechenden Schränken zum Einsatz. In den Schubladen sind die einzelnen Stücke alphabetisch nach Titel abgelegt.”

Was nervt Dich als Notenwart?

“Was mich nervt kommt zum Glück nur sehr selten vor und hat auch nichts mit meinen Musikerkolleg:innen zu tun. Dazu zählen eher Dinge wie die Bedienbarkeit und Performanz des Windows- (warum eigentlich NUR Windows?!) Clients von ComMusic, Lieferzeiten und Verfügbarkeiten von manchen Stücken und fehlerhafte Noten.”

Was wünschst Du Dir als Notenwart von den Musiker:innen? Wie können sie Deine Arbeit unterstützen/erleichtern?

“Es reicht mir eigentlich schon, wenn die ausgeteilten Noten nach einem Konzert wieder an der richtigen Stelle in den richtigen Sortierfächern einsortiert werden.”

Welche Wünsche hast Du aus deiner Sicht als Notenwart an die Musikverlage? Was könnten diese in der Zusammenstellung der Einzelstimmen oder ähnlichem verbessern?

“Mein größter Wunsch wäre eine elektronische Lieferung der Noten, die dann entsprechend der Bedürfnisse des Orchesters ausgedruckt werden dürfen. Wenn denn dann unbedingt an Papierausgaben festgehalten werden muss, wäre eine realistische Anzahl der einzelnen Stimmen wünschenswert (ich kenne kein großes symphonisches Blasorchester, das beispielsweise nur drei dritte Klarinetten hat).

Bei amerikanischen oder japanischen Verlagen kann ich noch verstehen, dass für uns ungewohnte Papierformate Verwendung finden, aber bei europäischen Verlagen ist es doch etwas lästig, ein „International Fanfold“ in eine A4-Hülle quetschen zu müssen.”

Welche Tipps und Anregungen hast Du für Notenwarte anderer Musikvereine?

“Wenn ich so sehe, was für eine tolle Arbeit meine Notenwart-Kolleg:innen in anderen Orchestern so leisten, würde ich mir die Tipps und Anregungen viel lieber von ihnen geben lassen. Hm, also vielleicht doch eine Anregung: lasst uns mal zusammenkommen und austauschen (und u.a. über notorische Notenvergesser lästern ;-)). Vielleicht kommt ja auch Dein InsiderClub da gerade recht. ;-)”

Out of Topic: Welche Werke würdest Du den Musiker:innen gerne einmal austeilen wollen? Was sind Deine Wunsch-Blasorchester-Werke?

“Lange dachte ich, dass ich schon unglaublich viele Werke kennen würde, und dementsprechend sah meine Liste aus. Mit jeder/jedem neuen Dirigent:in, unter der/dem ich spielen darf, bekomme ich allerdings eine Ahnung davon, wie wenig ich eigentlich kenne. Und gerade auch, seit Miguel bei uns die Leitung übernommen hat, sehe ich, was es sonst noch alles zu entdecken gibt: Werke von Komponist:innen, von denen hier (außer Alexandra ;-)) kaum jemand auch nur den Namen kennt. Und das sind die Werke, auf die ich mich jetzt schon freue, wenn ich sie vorbereiten und vor allem spielen darf.”

Herzlichen Dank lieber Andreas für Deine Antworten zum Thema “Geheimnisse eines Notenwarts”.

Andreas hat mich schon einmal bei einem Blasmusikblog-Beitrag unterstützt. Er ist auch unser Administrator für den Konzertmeister im Freiburger Blasorchester. Seine Erfahrungen mit dem Konzertmeister hat er in diesem Beitrag mitgeteilt: Wie der Konzertmeister die Terminkoordination im Musikverein meistert.

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Alexandra Link

Musik ist ein sehr wichtiger Bestandteil meines Lebens. Musizierende Menschen zusammen zu bringen meine Leidenschaft.

    One thought on “Blasmusikaspekte: Geheimnisse eines Notenwarts

    • Ein interessanter Beitrag. Ich war Archivar und habe auch jahrelang die Noten eines Musikvereins verwaltet. Da fällt mir ein schöne Witz zu ein.

      Der Musikverein YX hatte wie jedes Jahr das Neujahrskonzert zu spielen. Allerdings war der alte Notenwart schon länger erkrankt und man fand das entsprechende Konzertstück nicht, welches man wie jedes Jahr spielen sollte. Schließlich begab man sich nach Hause, um den erkrankten Notenwart aufzusuchen. Er sagte, dass er das Konzertstück alphabetisch abgelegt habe. Alphabetisch kam die Rückfrage? Ja, und zwar unter dem Buchstaben H. Und wieso unter H kam die Rückfrage? Ja ganz einfach, weil wir es jedes Jahr um “Halb” Elf aufführen müssen.

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