10 Persönliche Fragen an Johan de Meij
Er ist der „Lord of the Rings“, der wahre „Herr der Ringe“!
Halt, nein, ich darf jetzt nicht den gleichen Fehler machen, wie viele andere Blasmusiker „around the world“ auch. Johan de Meijs andere Werke sind viel zu bedeutend, um ihn nur auf seine 1. Sinfonie zu reduzieren! Mittlerweile sind viele seiner anderen Werke zu Standardliteratur der großen Blasorchester auf der ganzen Welt geworden. Zum Beispiel seine Solokonzerte „Casanova“ oder „T-Bone-Concerto“. Seine Sinfonien 2, 3 und 4, oder „Extreme Make-Over“. Oder „Aquarium“, „La Quintessenza“, „The Wind in the Willows“ oder „Klezmer Classics“– oder, oder, oder….
Per Skype habe ich Johan de Meij (spät Abends für mich, wegen der Zeitverschiebung) zehn persönliche Fragen gestellt, die ich im Folgenden versucht habe aufzuschreiben.
Amsterdam, New York, die ganze Welt: wo bist Du zu Hause, wo fühlst Du Dich daheim und am wohlsten?
“Meine Heimat ist seit 2007 das Hudson Valley. Teilweise leben meine Frau Dyan und ich auch in unserem Appartement in „the city“ – wie wir sagen, also in Manhattan. Es hat einige Zeit gedauert, bis ich mich heimisch gefühlt habe, anfangs fühlte ich mich etwas heimatlos, auch deswegen, weil ich immer noch zwischen meinem Haus in Amsterdam und New York gependelt bin. Aber nun kann ich sagen: hier bin ich daheim.
In unserem Haus haben wir freien Blick auf den Hudson River und sind von Natur umgeben. Ein Kontrast hierzu ist natürlich das aufregende Leben in Manhatten.”
„The Lord of the Rings“: seit mehr als 25 Jahren weltweit ein Erfolg. Worin liegt das Geheimnis dieses Erfolgs und was bedeutet Dir persönlich Deine erste Sinfonie?
“Ich weiß nicht, ob es ein Geheimnis gibt. Die Sinfonie habe ich vor nunmehr 28 Jahren geschrieben. Bis dahin gab es im Prinzip keine großen Sinfonien für Blasorchester – sieht man von Hindemith und Persichetti ab. Mein damaliger Verleger sagte: „Jongen, dat is veeeeel te lang! Das spielt keiner!“ Ich habe jedoch daran geglaubt.
In den ersten Jahren wurde die komplette Sinfonie selten gespielt. Oft wurden nur einzelne Sätze aufgeführt, z. B. die „Hobbits“ und „Gandalf“. Aber mit der Zeit wurde die Sinfonie immer populärer und unglaublicherweise hält das immer noch an! „Lord of the Rings“ wird mehr und mehr gespielt.
Irgendwie habe ich mit der Sinfonie „Lord of the Rings“ einen Trend gesetzt. Es ist sehr emotionale Musik, die Tonsprache, Thematik, die Klangfarben und die Instrumentation sprechen die Leute an. Es ist die Schönheit der Musik, die das Werk populär macht. Die Sinfonie ist ein sehr wichtiger Teil meines Lebens.
Mittlerweile habe ich selbst die Sinfonie bestimmt über dreihundert Mal aufgeführt. Immer wieder werde ich gefragt, sie bei Orchestern „around the world“ zu dirigieren. Aber natürlich möchte ich auch gerne meine neuen Werke aufführen.
Ich kann sagen, dass ich mich eigentlich erst seit meiner 1. Sinfonie als richtiger Komponist fühle. Zuvor habe ich viele Bearbeitungen und Transkriptionen geschrieben.”
Zu welchem Deiner Werke hast Du die größte emotionale Bindung und warum ist das so?
“Die größte emotionale Bindung habe ich einerseits zu „Casanova“, andererseits zu der 3. Sinfonie „Planet Earth“.
„Casanova“ habe ich in einer sehr schwierigen Phase meines Lebens geschrieben. Mein Vater war gerade gestorben und auch sonst hatte ich mit persönlichen Konflikten zu kämpfen. Ja, ich kann sagen, es war eine depressive Zeit. Das Schreiben von „Casanova“ war eine Art Therapie. Eine Rettung oder Befreiung aus dunkler Zeit. „Casanova“ trägt somit autobiografische Züge – musikalisch dargestellt mit dem Ausbruch Casanovas aus dem Gefängnis. „Casanova“ war mein „light at the end of the tunnel“.
„Planet Earth“ wiederrum habe ich ohne einen Auftrag für meine Frau Dyan geschrieben, ist deshalb sehr persönlich und hat eine sehr emotionale Bedeutung im sehr positiven Sinn. Die letzten 8 Minuten wurden auch bei unserer Hochzeit in Amsterdam aufgeführt.
Und natürlich auch zu „Lord of the Rings“… Der ist mein “Liebling”….”
Du kommst sehr viel in der (Blasmusik-)Welt herum. Was sind die großen Unterschiede der Blasorchesterszenen in Europa, den USA und Japan, und was sind die großen Gemeinsamkeiten?
“Wenn ich nach Japan komme kann ich davon ausgehen, dass alles perfekt organisiert ist! Ich war letztes Jahr 4 mal in Japan und immer war der Anlass perfekt organisiert. Davor habe ich sehr großen Respekt!
In Europa oder auch in den USA ist die Organisation doch manchmal etwas schwierig. Oftmals ist das Orchester erst im Konzert komplett. Das macht es sehr schwierig, mit dem Orchester zu arbeiten. Manchmal ist das etwas frustrierend. Es gibt aber auch sehr gut organisierte Workshops, zum Beispiel in der Schweiz.
Die Gemeinsamkeiten sind: überall wo ich hinkomme gibt es motivierte, engagierte und begeisterte Musikerinnen und Musiker!”
Körper, Geist und Seele: was ist Dein Rezept, um mit Dir selbst in Einklang zu kommen?
“In erster Linie: Sport!
Ich sitze jeden Tag auf dem Hometrainer und schaue nebenher ein Film an, oder so. Wenn ich in New York bin gehe ich eher joggen.
Dann natürlich meine Frau Dyan! Und viele gute Freunde aus unserer Nachbarschaft im Hudson Valley.
Aber auch die Arbeit macht mich glücklich. Wenn auch der Anfang einer neuen Komposition oftmals schwierig zu finden ist, wenn es läuft bin ich sehr glücklich. Eine Komposition muß wachsen, sich entwickeln und will entdeckt werden.”
Wer bist Du wirklich und was sollten wir definitiv von Dir wissen?
“Ich bin ein sehr glücklicher Mensch, weil ich mein Hobby zu meinem Beruf gemacht habe. Ich komponiere und arbeite jeden Tag, aber es fühlt sich nicht wie Arbeit an, sondern wie Vergnügen.”
Was unternimmst Du für Deine persönliche Weiterentwicklung?
“Lesen, Museen, Film, Ballett, Theater. Seit der Eröffnung des Whitney Museum of Contemporary American Art in New York – nur 500 Meter von unserem Apartement entfernt – war ich bereits fünfmal dort!
Die Liebe zu Kunst und Kultur teile ich mit meiner Frau Dyan. Wenn ich an interessanten Orten auf der Welt eingeladen bin geht sie oft mit, auch um die Kunstschätze zu entdecken. Jedes zweite Jahr fahren wir zur Biennale nach Venedig. Es ist gut, dass wir nicht im gleichen Beruf arbeiten, Dyan ist Journalistin, das macht das Leben sehr interessant und abwechslungsreich!”
Hast Du ein Vorbild und wenn ja, warum ist es Dein Vorbild?
“Ich habe viele Vorbilder. Alle aus der sinfonischen Musik. Hier finde ich auch meine Inspiration. Müßte ich eine Reihenfolge der Komponisten, die meine Vorbilder sind, festlegen würde ich sagen 1. Puccini, 2. Strawinsky, 3. Prokofieff. Aber auch John Williams, John Adams und viele andere inspirieren mich.”
Du bist Komponist und Dirigent: Als was siehst Du Dich in erster Linie, was macht Deine Arbeit in beiden Bereichen jeweils aus und wie profitieren beide Seiten deiner künstlerischen Persönlichkeit voneinander?
“Nun ich würde sagen, ich bin ein dirigierender Komponist.
In den Anfangsjahren wurde ich immer wieder gefragt, meine eigenen Werke zu dirigieren. Seit 2010 kann ich sagen, dass sich meine Karriere als Dirigent immer mehr entwickelt hat. Nach Südamerika und Japan jetzt auch vermehrt in Singapur. Aber ich dirigiere hauptsächlich, um den Musikern meine Werke nahe zu bringen. Die Musiker lieben es, direkt vom Komponisten Informationen über das Werk zu bekommen und mit ihm das Werk einzustudieren.”
Was möchtest Du in Deinem Leben auf jeden Fall noch erleben?
“Dass die New Yorker Philharmoniker die Sinfonische Fassung meines T-Bone-Concertos aufführen mit Joe Alessi als Solist! Aber an der Umsetzung dieses Ziels bin ich schon dran…”
Weitere Informtionen zu Johan de Meij findet Ihr auf der Homepage des Kulturservice Link und auf seiner Künstlerhomepage.
Ich freue mich sehr, ab sofort mit Johan de Meij eng zusammenarbeiten zu dürfen und ihm bei der Vermittlung, Organisation und Vertragsabwicklung von Auftragskompositionen, Gastdirigaten und Workshops zur Seite zu stehen und ihn so in seinem kreativen Schaffen zu unterstützen.
Falls Ihr Johan de Meij für einen Workshop oder ein Gastdirigat engagieren möchten oder wenn Ihr für Euer Orchester eine Komposition in Auftrag geben möchten, könnt Ihr Euch gerne an den Kulturservice Link, Alexandra Link, wenden: alexandra@kulturservice.link.