Weitere Praxisbeispiele: Erfolgreiche Konzertprogramme!
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„Was war für Dich Dein bisher erfolgreichstes Konzertprogramm und was hat es zu einem Erfolg gemacht?“ habe ich nochmals vier weiteren Dirigenten gestellt: Stefan Klein (DE), Wolfgang Schwabl (AT), Dorian Wagner (DE) und Martin Wieser (Südtirol/IT). In diesem Beitrag stellen sie ihre erfolgreichsten Konzertprogramme im Detail vor. Herzlichen Dank dafür!
Stefan Klein
Musikfreunde “Fidelia” Wormersdorf 1923 e.V.
Ein Konzertprogramm eines Musikvereins erstellt sich immer aus verschiedenen Gesichtspunkten. Die beiden Hauptkriterien sind nach meiner Meinung aber der eigene Anspruch (des Orchesters und des Dirigenten) und der Unterhaltungswert (für das Publikum). Diese Mischung macht für mich den besonderen Reiz der musikalischen Möglichkeiten eines Blasorchesters aus.
Darüber hinaus bin ich ein Freund von Mottokonzerten, weil sich so die ganze Veranstaltung besser bewerben lässt und das Publikum schon im Vorfeld eine ungefähre Vorstellung bekommt, was beim Konzert passiert. So konnten wir in den letzten Jahren schon das ein oder andere interessante Konzertprogramm präsentieren (z.B. Es war einmal, tierisch gut, Joy of Music, Jahr10OKonzert, Inselklänge).
Als Beispiel für ein besonders gelungenes Konzert habe ich das Programm von 2022 ausgewählt, es stand unter dem Motto “Amerika”.
Zur Eröffnung gab es mit Stars & stripes forever von John Philip Sousa gleich den ersten Klassiker. Danach folgte die Appalachian Ouverture von James Barnes. Ein Werk, welches jedes Oberstufenorchester mal gespielt haben sollte. Es sprüht nur so von guter Laune und hat im Mittelteil viel Platz zum Musik machen. Es folgten die Songs from the catskills von Johan de Meij, ein sehr abwechslungsreiches und farbenfrohes Werk, welches bei Publikum und Orchester sehr gut ankam. Als kurzen Ruhepol erklang Amazing Grace im Arrangement von Frank Ticheli. Fantastische Harmonien und tolle Klänge, sehr zu empfehlen! Den Schlusspunkt des ersten Konzertteils setzte wiederum ein Klassiker, Alfred Reed’s El camino real. Eine Herausforderung für “Fidelia”, aber die Umsetzung ist hervorragend gelungen und die Arbeit hat sich gelohnt.
Der zweite Konzertteil ist bei unseren Konzerten traditionell der etwas unterhaltendere Teil. Zu Beginn erklang die 20th Century Fox Fanfare und der Georg Benson Klassiker On Broadway. Somit war klar, was in diesem Teil passiert: “Hollywood meets Broadway”.
Es folgten Melodien aus dem Musical West Side Story (Arr. Manfred Schneider) gefolgt von der Filmmusik zu Pirates of the carribbean – at the worlds end (Arr. Eric Rozendom). Mit What a wonderful world gab es auch im zweiten Teil einen kurzen Moment der Ruhe bevor das Konzert mit einem Frank Sinatra Medley (Arr. Stefan Schwalgin) beendet wurde.
Ob ein Konzertprogramm erfolgreich ist, entscheidet das Publikum mit seiner Reaktion und seinem Applaus. Jedes Orchester kennt sein Publikum und weiß, was geht und was geht nicht. Sicher kann man (sollte man) hier und da mal ein Experiment wagen und die Grenzen neu abstecken, aber unterm Strich spielen wir für unser Publikum.
Der Dirigent sollte natürlich sein Orchester kennen und wissen wie weit kann er gehen ohne zu überfordern. Aber das macht es doch aus, wir probieren, setzen zusammen und spielen dann ein schönes Konzert in einer angenehmen Atmosphäre.
Euch allen weiterhin viel Spaß mit der Musik und noch viele schöne Töne!

Wolfgang Schwabl
Bürgermusik Saalfelden, Pinzgau WINDS
Ein gelungenes Konzertprogramm entsteht, wenn es gelingt, für Musikerinnen und Musiker ein abwechslungsreiches, technisch wie musikalisch herausforderndes Repertoire zu gestalten, das gleichzeitig das Publikum fesselt und begeistert. Idealerweise verbindet ein roter Faden die einzelnen Werke zu einem stimmigen Ganzen.
Besonders eindrucksvoll ist mir dies bei zwei Konzerten der letzten Jahre gelungen.

Beim Cäciliakonzert 2024 mit der Bürgermusik Saalfelden – einem Oberstufenblasorchester aus meiner Heimatgemeinde im Salzburger Land – präsentierten wir ein Programm unter dem Motto „Verzaubert & Verhext“. Der Abend begann mit Brian Balmages’ energiegeladenem Zirkusmarsch The Wild One, der sofort für einen fulminanten Auftakt sorgte. Als zentrales Werk folgte Steven Reinekes Die Hexe und die Heilige, das sowohl vom Publikum als auch von den Musikerinnen und Musikern begeistert aufgenommen wurde – belegt durch eine interne Umfrage, in der das Stück klar den Spitzenplatz belegte. Anschließend erklang der Konzertmarsch Walpurgisnacht von Florian Moitzi, gefolgt von Sam Daniels’ Vibraphonia, virtuos dargeboten von unserem Solisten Felix Bergmann am Vibraphon. Eine thematisch passende Polka durfte nicht fehlen: Egerländer Zauber von Philip Roth sorgte für heitere Stimmung.
Nach der Pause eröffnete das vereinsübergreifende Jugendorchester „Die Stoaberg Hupfa“ den zweiten Konzertteil. Danach folgte die Magic Overture von Thomas Doss sowie Otto M. Schwarz’ Solo Bossa, in dem Julian Hirschbichler am Flügelhorn glänzte. Den Höhepunkt bildete James Barnes’ Bearbeitung von Der Zauberer von Oz, die das Publikum im Congress Saalfelden begeisterte. Zum Ausklang erklang der Traditionsmarsch Zauber der Montur von Carl Michael Ziehrer, bevor Serge Lancens Hymne à la musique den Abend feierlich abrundete.

Eine völlig andere, aber ebenso erfolgreiche Programmkonzeption entstand mit dem Projektorchester „Pinzgau WINDS“, das seit diesem Jahr unter meiner Leitung steht. Unter dem Titel „Wege ins Licht“ verbanden wir ein anspruchsvolles Konzertprogramm mit berührenden Texten des Salzburger Autors Walter Müller. Den Auftakt bildete Anton Bruckners Motette Tota pulchra in der Bearbeitung von Thomas Doss, gefolgt von Eric Whitacres Lux Aurumque. Ein Höhepunkt war das Concerto for Euphonium, Winds and Percussion von David R. Gillingham, meisterhaft interpretiert von Georg Pranger – einer der besten Euphoniumsolisten Österreichs. Mit Shenandoah von Frank Ticheli folgte ein atmosphärischer Ruhepunkt, bevor John Mackeys preisgekröntes Aurora Awakes das Orchester erneut forderte. Den emotionalen Abschluss setzte die Arie Angelo del Cielo von Giacomo Puccini im Arrangement von Johan de Meij, wiederum mit Georg Pranger als Solist. Das Publikum honorierte den Abend mit Standing Ovations und lang anhaltendem Applaus.
Diese beiden Konzerte zeigen für mich, dass sich musikalische Herausforderung, künstlerischer Anspruch und Publikumsbegeisterung in einem stimmigen Programm vereinen lassen – wenn dramaturgische Planung, Werkauswahl und emotionale Wirkung im Einklang stehen.
Informationen über mich: www.wolfgangschwabl.com
Dorian Wagner
Symphonisches Blasorchester Ludwigshafen (bis 2025)
Was macht ein Konzertprogramm für ein symphonisches Blasorchester erfolgreich? Ist es die Anzahl der verkauften Tickets, die den Erfolg misst? Oder ist es die musikalische Tiefe, die sowohl die Musiker als auch das Publikum in ihren Bann zieht? Ein erfolgreiches Konzertprogramm ist mehr als nur eine Ansammlung von Stücken, die auf die Bühne gebracht werden. Ein gut durchdachtes Programm schafft Kontraste und harmonische Übergänge. Es ist das Ergebnis sorgfältiger Planung, kreativer Auswahl und der Fähigkeit, das Publikum zu erreichen. In einer Welt, in der Ablenkungen zahlreich sind und die Zeit kostbar ist, ist es umso wichtiger, dass Konzerte nicht nur unterhalten, sondern auch inspirieren und bewegen.

In den vergangenen Jahren habe ich für das Sinfonische Blasorchester Ludwigshafen viele populäre Werke als Publikumsmagneten auf die Programme gesetzt, was zu einem enormen Anstieg der Besucherzahlen geführt hat. Dennoch vermisse ich manchmal die musikalische Tiefe, die in solchen Programmen manchmal verloren geht. Es ist eine Herausforderung, die Balance zwischen der Ansprache eines breiten Publikums und künstlerischer Substanz zu finden. Diese Diskrepanz haben wir durch herausragende Werke wie Ein Amerikaner in Paris, Boléro, Peter und der Wolf, die Der Herr der Ringe-Sinfonie von Johan de Meij sowie Rachmaninovs 2. Klavierkonzert und Bilder einer Ausstellung versucht zu lösen. Diese Werke sind nicht „nur“ populär, sondern bieten auch eine musikalische Tiefe, die sowohl die Musiker als auch das Publikum anspricht.
Das Programm meines Abschiedskonzertes möchte ich kurz vorstellen: Unter der Überschrift „Forever Young“ setzen wir uns intensiv mit Beethoven und seiner Musik auseinander. Mit seiner zeitlosen Musik und einem Mann voller innerer Konflikte, geprägt von Einsamkeit und dem quälenden Verlust seines Gehörs. Wir beginnen mit einer Transkription des ersten Satzes seiner fünften Sinfonie. Die ersten vier Töne dieser Komposition sind so bekannt, dass es eine echte Herausforderung sein wird, sie neu, kreativ und mitreißend zu gestalten. Als unser Orchester 2020 zum Deutschen Orchesterwettbewerb weitergeleitet wurde, stand Marco Pütz’ Schattengänge als Pflichtstück auf dem Programm. Schon damals war mir klar, dass dieses Werk für unser Orchester weit mehr als nur eine Pflichtübung sein würde; es passt hervorragend zu uns! Unverwechselbar ist auch die Klangsprache von Stephen Melillo, dessen I Hear Now In Heaven zur Aufführung kommt. Der zweite Teil unseres Programms beginnt mit einer Originalkomposition von Beethoven: der großen Wachparade. Das Hauptwerk Extreme Beethoven schließt dann das Konzert ab, wenn man nach diesem ersten Teil überhaupt von einem „Hauptwerk“ sprechen kann.
Da es sich um mein Abschiedskonzert handelt, war mir bewusst, dass die Zugabe für uns alle – und besonders für mich – ein emotionaler Moment werden wird. Nach 13 Jahren wird es schwer sein, die richtigen Worte zu finden, um auszudrücken, was mich mit diesem Orchester verbindet. Deshalb habe ich beschlossen, mich nicht mit einer Rede zu verabschieden, sondern mit dem, was uns eint: Musik MACHEN. Achtung Spoiler… Für diesen besonderen Moment habe ich den dritten Satz der dritten Sinfonie von James Barnes ausgewählt. Ich bin mir bewusst, dass dies dem Publikum nach einem langen Konzertabend einiges abverlangen wird. Mit seiner Tiefgründigkeit und Melancholie stellt er wahrlich keine typische Zugabe dar – kein Feuerwerk zum Konzertschluss. Doch ich empfinde diesen Satz als einen würdevollen Abschied, ein echtes „Farewell“. Gleichzeitig ist mir wichtig, dass dieser Moment nicht in Trübsal endet. Vielmehr wird gerade dieser wunderschöne langsame Satz eine besondere Gelegenheit bieten, mit den Musikerinnen und Musikern des Sinfonischen Blasorchesters Ludwigshafen ein letztes Mal gemeinsam Musik entstehen zu lassen.
Martin Wieser
Musikkapelle Schenna, Südtirol
Zu Beginn möchte ich gleich sagen, dass es schwierig ist vom erfolgreichsten Konzert zu sprechen. Viel mehr möchte ich von einem Konzert erzählen, wo für mich vieles zusammenpasste.

Das Jubiläumskonzert zum 200-jährigen Bestehen der Musikkapelle Schenna im Jahr 2025 war für mich persönlich etwas ganz Besonderes.
Warum? Weil bei diesem Konzert vieles zusammenkam, was mir als Kapellmeister für ein Jubiläumsjahr wichtig war: eine gute Mischung aus Tradition und Moderne, ein Bezug zur Heimat – und Stücke, bei denen sowohl das Publikum als auch wir Musiker:innen spürbar Freude hatten.
Eröffnet haben wir den Abend mit dem Krönungsmarsch von Giacomo Meyerbeer (arr. Franco Cesarini) – ein festlicher Einstieg, der gleich die richtige Stimmung gesetzt hat. Danach folgte mit der Leichten Kavallerie von Franz von Suppé (arr. Wil van der Beek) ein echter Klassiker, der, denke ich, immer gut ankommt und in den Programmen der Musikkapelle schon des Öfteren vorkam. Dadurch wollte ich einen Bezug zu den vorherigen Kapellmeistern und im Allgemeinen zur Vergangenheit der Kapelle herstellen.
Sehr besonders war für mich auch der Choral for a Solemn Occasion von Marc van Delft – ein ruhiges, getragenes Stück, das dem Abend eine feierliche Tiefe gegeben hat. Gerade in einem Jubiläumskonzert braucht es Momente, in denen man innehalten kann – und genau das hat dieses Werk geschafft. Zudem sollte mit diesem ruhigen Werk zum einen der verstorbenen Musikant:innen gedacht werden, jedoch auch die Feierlichkeit des Abends unterstrichen werden.
Dann kamen zwei Uraufführungen, die eigens für diesen Anlass geschrieben wurden:
In the Light’s Embrace von Tobias Psaier, ein modernes, klangfarbenreiches Werk, das Atmosphäre schafft und die Geschichte einer Blaskapelle in all ihren Facetten erzählt, mal ruhig, mal laut, mal melancholisch und auch des Öfteren aufgeregt. Die zweite Uraufführung war die Polka Dem Jubiläum entgegen von Andreas Pircher (arr. Jakob Augschöll). Beide diese Stücke stammen von Komponisten und Arrangeuren aus unserer Region. Andreas Pircher kommt sogar direkt aus Schenna.
Ein weiteres Highlight war Sisi – Kaiserin von Österreich von Otto M. Schwarz – nicht nur musikalisch eindrucksvoll, sondern auch historisch passend. Immerhin ist die Kaiserin eng mit Schenna verbunden. So hat die Musikkapelle Schenna 1870 beim Empfang der Kaiserin mit anderen Kapellen der Umgebung gespielt. Danach folgte mit Night Birds von Thiemo Kraas ein sehr modernes, rhythmisches Stück, das über das Leben der Bergleute, die in einem Bergwerk arbeiten, erzählt. Auch hier war wieder ein direkter Bezug zu Schenna, denn dort gab es vor vielen Jahren einige Stollen, in denen Kleinbergbau betrieben wurde.
Mit den Frank Sinatra Classics (arr. Stefan Schwalgin) haben wir dem Programm noch einen ganz anderen Dreh gegeben – locker, unterhaltsam und mit viel Schwung. Der Stilbruch war bewusst gewählt – und hat gut funktioniert.
Für die Zugaben haben wir zwei Märsche mit starkem Bezug zur Region gespielt: Par Faver von Johann Finatzer und Musikant ‘Wach auf’ von Ludwig Gstrein. Beide Werke sind tief mit der heimischen Musiktradition verwurzelt – und haben das Konzert stimmungsvoll abgeschlossen. Besonders Ludwig Gstrein ist mit der Musikkapelle Schenna verwurzelt, denn er war über viele Jahre Kapellmeister eben dieser, und hat den Marsch damals extra für die Kapelle komponiert.
Was diesen Abend für mich so besonders gemacht hat, war das Gesamtbild: Die Stücke waren vielseitig, aber trotzdem stimmig. Viele hatten einen direkten Bezug zu Schenna – sei es durch die Geschichte, durch regionale Komponisten oder durch den Anlass selbst. Das Publikum war berührt, die Musiker:innen motiviert – man hat einfach gespürt, dass das kein Konzert wie jedes andere war.
Für mich war es nicht nur ein musikalischer Erfolg, sondern vor allem ein emotionales Erlebnis, das ich so schnell nicht vergessen werde.
Herzlichen Dank an Stefan Klein, Wolfgang Schwabl, Dorian Wagner und Martin Wieser für die Mitarbeit an diesem Beitrag zum Thema „Erfolgreiche Konzertprogramme“.
Den ersten Teil der Serie, mit Konzertprogrammen von Thierry Abramovici, Emilie Chabrol, Georg Horrer, Birgit Thanner und Carina Wachter könnt Ihr hier nachlesen: Praxisbeispiele: Erfolgreiche Konzerteprogramme!.