Jubiläumsinterview 2/10 zu 10 Jahren KSL und Blasmusikblog
Die Fragen stellt: Klaus Härtel
In den 10 Jahren, die der Blasmusikblog und meine Firma Kulturservice Link schon besteht, habe ich vielen Persönlichkeiten Fragen gestellt. Sowohl für den Blasmusikblog in unzählichen Round-Up-Posts und Interviews als auch in meinen Workshops und Zukunftswerkstätten. Zu meinem Jubiläum drehe ich den Spieß um und lasse mir Fragen stellen.
Die Fragen in diesem zweiten Interview stellt Klaus Härtel. Klaus ist Chef-Redakteur von Brawoo – Brass | Wood | Orchestra – Die Fachzeitschrift für Blasmusik (früher Clarino.)
Klaus: Wenn du heute mit dem Wissen und den Erfahrungen aus 10 Jahren Kulturservice Link bzw. Blasmusikblog nochmal von vorne beginnen würdest – was würdest du anders machen, und was genauso wieder?
Alexandra: “Ich würde grundsätzlich nichts anders machen. Der Weg war goldrichtig. Und wenn auch nicht alles geklappt hat, was ich mir vorgenommen und ausgedacht habe, so waren alles, was ich ausprobiert habe, wichtige Schritte in meiner eigenen Entwicklung. Es geht ja nicht darum, sofort alles super und phantastisch zu machen. Aus dem Scheitern von Ideen oder aus Fehlern, die ich in diesen Jahren ganz bestimmt gemacht habe, habe ich immer versucht, mich zu verbessern.
Am Anfang hatte ich z. B. kaum Erfahrung in der Durchführung von Workshops. Ich habe sehr viele Bücher über Workshop-Methoden gelesen. Und selbst an einigen Workshops (zu allgemeinen Themen) teilgenommen. Aus dem Bauch raus wusste ich: Ein Workshop-Tag muss spannend sein und die Teilnehmer:innen müssen aktiv beteiligt werden. Denn jeder Teilnehmer kommt ja schon mit einem Rucksack an Erfahrungen in den Workshop – diese Erfahrungen können für den gegenseitigen Austausch genutzt werden. Das wirkt viel besser, als dass ich das alles „von vorne“ erzählt hätte. Jeden Heimweg von einem Workshop nutze ich zur Selbstreflektion des Workshops, teilweise auch die folgende Nacht. Das mache ich seit 10 Jahren so.
So viel zum Kulturservice Link. Aber Du fragst auch nach dem Blasmusikblog.
Wenn Du die Beiträge aus den ersten zwei bis drei Jahren liest, erkennst Du, dass ich auch da eine Entwicklung durchgemacht habe. Ich schreibe sicher anders, aber auch manche Themen sehe ich heute anders als damals. Aber ich werde keinen einzigen Beitrag löschen oder verändern. Denn das damals Geschriebene habe ich aus dem damaligen Wissen und der damaligen Erfahrung heraus geschrieben. Es ist gut, dass ich von Anfang an die Beiträge mit Datum veröffentlicht habe, so ist es für den Leser erkennbar.”
Klaus: Du hast im Laufe der Jahre unzählige Fragen gestellt – gibt es eine bestimmte Antwort, die dich nie mehr losgelassen hat? Warum gerade diese?
Alexandra: “Ich habe vor einigen Jahren Adam Gorb diese Frage gestellt: „Warum schreiben Sie Kompositionen für Blasorchester? Was sind die Unterschiede zwischen dem Schreiben einer Komposition für Blasorchester und dem Schreiben für andere Ensembleformen?“
Geantwortet hat er folgendes:
“I write for wind bands because I am commissioned to do so, and I am always flattered to get a commission. The colour and variety of the large ensemble, but also the limitations (no strings) inspire me. A composer should always be inspired by limitations. There is a far greater chance of a wind ensemble work getting repeat performances, and even entering the repertoire. Most new symphony orchestra pieces may get one playing and maybe a broadcast.”
Übersetzt:
“Ich schreibe für Blasorchester, weil ich damit beauftragt werde, und ich fühle mich immer geschmeichelt, wenn ich einen Auftrag bekomme. Die Klangfarbe und Vielfalt des großen Ensembles, aber auch die Einschränkungen (keine Streicher) inspirieren mich. Ein Komponist sollte sich immer von Einschränkungen inspirieren lassen. Die Chance, dass ein Werk für Blasorchester wiederholt aufgeführt wird und sogar in das Repertoire aufgenommen wird, ist viel größer. Die meisten neuen Stücke für Symphonieorchester werden vielleicht einmal aufgeführt und vielleicht einmal im Radio gespielt.”
Ich interpretiere diese Antwort so:
- Nicht jeder Komponist schreibt für Blasorchester aus einem inneren Bedürfnis und seiner eigenen Leidenschaft heraus – sondern vor allem deswegen, weil sie wissen, dass ihre Werke gespielt werden.
- Es braucht Kompositionsaufträge, wenn wir neues Repertoire möchten.
Ich lese daraus aber auch:
- Wir im Blasorchester sind sehr viel weiter als die Sinfonieorchester. Denn wir spielen das neue Repertoire!
Diese Antwort hat also eine kleine rosarote Wolke in meinem Universum zerstört. Persönlich wäre es mir natürlich lieber, wenn die Komponisten aus dem inneren Bedürfnis heraus tolle Werke für uns schreiben und nicht nur, weil sie wissen, dass ihre Werke dann auch gespielt werden… Aber andererseits zeigt sie mir, wie fortschrittlich und innovativ wir in den Blasorchestern sind.”
Klaus: Stell dir vor, du hättest unbegrenzte Ressourcen und keinerlei Zeitdruck – welches Herzensprojekt würdest du sofort umsetzen, um die Blasmusikszene nachhaltig zu verändern oder zu stärken?
Alexandra: “Mein größtes Herzensprojekt habe ich schon organisiert: Die beiden IBK… Den Rückmeldungen zu diesen beiden Events, die mich auch jetzt, fünf Jahre danach, noch erreichen, lassen darauf schließen, dass dieses Herzensprojekt die Blasmusikszene, wenn vielleicht auch nicht nachhaltig, aber definitiv verändert und gestärkt hat.
So ein geheimer, utopischer Wunsch schwebt immer mal wieder in (Tag-)Träumen durch meinen Kopf: Wenn ich Millionen im Lotto gewinnen würde, würde ich eine Stiftung gründen. Stiftungszweck: Die Förderung von hervorragenden Projekten in Blasorchestern zur Gewinnung von Nachwuchs und von exzellenten, kreativen Konzertformaten. Die jährliche Durchführung eines Kompositionswettbewerbs, der jedes Jahr einem unterschiedlichen Genre oder Leistungsniveau gewidmet ist. Und ein jährlicher Award für eine besondere persönliche Leistung zur Förderung der Blasmusik.
In einem Konzert mit einem hervorragenden nationalen oder internationalen Blasorchester werden die Kompositionspreise, der Award und die Förderpreise bekannt gegeben. Alle Nominierten bzw. Teilnehmer:innen werden zu diesem Konzert eingeladen, alle Reisespesen dafür von der Stiftung übernommen.
Dieser (Tag-)Traum scheitert jedoch schon allein daran, dass ich nicht Lotto spiele… Aber Danke, dass Du danach gefragt hast.”
Klaus: Angenommen, du dürftest ein Blasorchester nur mit Figuren aus Literatur, Film oder Fernsehen besetzen – wen würdest du als Dirigenten/Dirigentin in wählen, wer spielt beispielsweise die Tuba, und welche Rolle übernimmst du selbst?
Alexandra: “Ich bin ein großer Spielfilm-Fan. Besonders liebe ich Action-Filme, aber auch einige Romanzen aus den 90er-Jahren, witzige Filme und Thriller. Wenn ich mir ein Blasorchester aus Figuren der Filmwelt zusammenstellen dürfte, dann hätte ich vielleicht dieses Bild vor Augen:
Am Pult steht Red Redding (Morgan Freeman in Die Verurteilten). Seine ruhige Autorität, seine Stimme, die man sofort hört, ohne dass er laut werden muss – genau das, was ein Orchester braucht, um zusammenzuhalten.
Ganz vorne zwitschert Sally Albright (Meg Ryan in Harry & Sally) als Piccolo, quirlig und spritzig. Daneben auf der Querflöte Anna Scott (Julia Roberts in Notting Hill), elegant und charismatisch. Die Es-Klarinette gehört unbedingt William Thacker (Hugh Grant in Notting Hill), ein bisschen chaotisch, charmant, nie ganz planbar, aber immer liebenswert. Und die solide Mitte, die Klarinette, übernimmt Joe Fox (Tom Hanks in E-Mail für Dich) – vielseitig, verlässlich, einer, der einfach alles spielen kann.
In den tiefen Registern brauche ich das Dunkle: Dr. King Schultz (Christoph Waltz in Django Unchained) gibt eine perfekte Bassklarinette, geheimnisvoll und intensiv – aber ohne seine listige Seite. Dazu auf dem Baritonsaxophon John McClane (Bruce Willis in Stirb langsam), rau, aber ein tragender Klang. Daneben das noble Tenorsaxophon mit Alonzo Harris (Denzel Washington in Training Day), kraftvoll und charismatisch, und das lässige Altsaxophon mit Agent J (Will Smith in Men in Black), cool und groovig.
Die feinen Holzfarben kommen durch Neo (Keanu Reeves in Matrix) an der Oboe – verletzlich und intensiv – und Bulli Herbig als Abahachi in Der Schuh des Manitu am Fagott, das mit Humor und Wärme den Klang abrundet.
Die Blechbläser sind natürlich die Lauten: Michael Corleone (Al Pacino in Der Pate) spielt Trompete, strahlend und kraftvoll, immer im Rampenlicht. David „Noodles“ Aaronson (Robert De Niro in Es war einmal in Amerika) sitzt am Horn, edel, tragisch und tiefgründig. Die Posaune ist wie geschaffen für Rudi Birkenberger (Simon Schwarz in den Eberhofer-Krimis), direkt und kernig, während das warme Euphonium zu Franz Eberhofer (Sebastian Bezzel) passt – charmant und unterschätzt.
Die Basis hält Vito Corleone (Marlon Brando in Der Pate) als Tuba, majestätisch und unerschütterlich. Und den Rhythmus treibt niemand anders als Calvin Candie (Leonardo DiCaprio in Django Unchained) am Schlagzeug – ein bisschen verrückt, unberechenbar, aber voller Energie.
Ich gebe zu, lieber Klaus, diese Frage war für mich zu anspruchsvoll! Deshalb habe ich mir Hilfe geholt! Mein Unterstützer heißt Toni und arbeitet bei ChatGPT für mich *zwinker*. Und ich muss sagen, ich bin mit dieser Antwort sehr zufrieden.
Mein „Prompt“ sah so aus:
„Ich habe in einem Interview folgende Frage gestellt bekommen: “Angenommen, du dürftest ein Blasorchester nur mit Figuren aus Literatur, Film oder Fernsehen besetzen – wen würdest du als Dirigenten/Dirigentin in wählen, wer spielt beispielsweise die Tuba, und welche Rolle übernimmst du selbst?” Ich liebe folgende Filme: Es war einmal in Amerika, Der Pate, Stirb langsam, Harry & Sally, E-Mail für Dich, Actually Love, Sakrileg, Illuminati, Nottinghill, Jango Unchained, alle Filme mit Denzel Washington, Bruce Willis, Tom Hanks, Hugh Grant, Meg Ryan, Julia Roberts, Morgan Freeman, Will Smith, Simon Schwarz & Sebastian Bezzel, Bulli Herbig, Christoph Waltz, Keanu Reeves, Tom Cruise, generell Action-Filme. Ordne zunächst jedem Instrument inklusive Dirigent eines Blasorchester einen speziellen, zum Instrument passenden passenden Charakter zu. Die Instrumente sind: Dirigent, Piccolo, Querflöte, Es-Klarinette, Klarinette, Bassklarinette, Altsaxophon, Tenorsaxophon, Baritonsaxophon, Oboe, Fagott, Trompete, Horn, Posaune, Euphonium, Tuba, Schlagzeug. Suche danach entsprechende Charaktere in den oben genannten Filmen. Beantworte damit die Frage, die mir im Interview gestellt wurde.“
Für mich selbst hat ChatGPT folgende Rolle vorgeschlagen, die ich im wahren Leben jedoch nie übernehmen würde:
„Meine persönliche Empfehlung für Dich: die Dirigentin. Warum? Weil es perfekt Deine Rolle widerspiegelt – Du bist diejenige, die Vereinsverantwortliche und Dirigenten unterstützt, Strukturen aufbaut und inspiriert. Das Bild wäre stark, selbstbewusst und charmant zugleich.“ Und diese Film-Rolle assoziiert er mit mir: „Andy Sachs (Anne Hathaway in Der Teufel trägt Prada)
– sie wächst in die Führungsrolle hinein, strukturiert, motiviert, lässt andere glänzen.“
Du siehst, wie gut Toni mich und meine Arbeit schon kennt…”
Herzlichen Dank lieber Klaus für die sehr interessanten Fragen!