Freitag, Juli 11, 2025
Musikleben

Woodstock der Blasmusik, mehr als nur „Uftata“-Musik?!

Ein Gastbeitrag von Lukas K. Link

Love, Peace und Blasmusik! Das ist nicht nur das Motto von Woodstock der Blasmusik, sondern sollte das Motto eines jeden Musiktreibenden sein. Die Freude an der Gemeinschaft und die gemeinsame Liebe zur Musik.

Stephan & Lukas
Stephan & Lukas

Dieses Jahr schaffte ich es endlich nach vielen Jahren und einer Pandemie zum 13. Woodstock der Blasmusik. Schon lange war es mein Traum, endlich mal nach Ort im Innkreis zu fahren und mit über 20 000 anderen Blasmusikern unsere gemeinsame Leidenschaft zu feiern. So ging ich mit einem guten Freund (ebenfalls Woodstock-Jungfrau) vom 26. bis 29. Juni zum größten Blasmusik-Festival der Welt. Und was soll ich sagen? Es war einfach nur fantastisch! Wir verbrachten die Tage mit nichts anderem als Lachen, Singen und Musikhören bzw. Spielen. Kurzum: Der Himmel auf Erden. Ich hatte sogar so viel Spaß, dass ich Muskelkater in den Mundwinkeln bekam.

Stephan, Mario Bürki & Lukas
Stephan, Mario Bürki & Lukas

Vor allem hat mich dabei die Atmosphäre, die Woodstock ausstrahlt, beeindruckt. „So viel Musik auf dem Campingplatz, gibt es auf keinem anderen Festival dieser Welt!“, sagte Jojo Berger am Donnerstagabend auf der MainStage. Und damit sollte der Frontsänger von Querbeat definitiv recht behalten. Man ging keine fünf Schritte, ohne dass irgendwo Blasmusik ertönte. Dazu spürte man förmlich, wie die Menschen die Zeit genossen. Ich habe Sicherheitsleute und Polizei selten so gelangweilt erlebt wie bei Woodstock!

Dazu kam eine Weltklasse-Organisation, die ihresgleichen sucht. Es gab überall saubere Duschen und Toiletten. Auf dem Festivalgelände selbst musste man nie lange laufen oder anstehen, bis man aufs Klo kam. Dazu gab es überall genug Essens- und Trinkstände, wo man ebenfalls nicht lang warten musste. Was bei den heißen Temperaturen mehr als nur nötig war.

Dass aber saubere Toiletten und eine gute Getränkeversorgung nicht jedem reichen ist mir auch bewusst. Ich kenne einige Musiker, die bei „Woodstock der Blasmusik“ die Augen verdrehen. Für sie ist es eher ein „Uftata“-Festival mit Saufeskapaden. Ich selbst behaupte aber, das ist eine Lüge! Im Gegenteil, ich habe sogar drei Thesen, wie wichtig ein Festival wie Woodstock selbst für die sinfonische Blasmusik ist:

Als Erstes die Musik. Man muss nicht lügen, wenn man über die Musik bei Woodstock der Blasmusik spricht. Zu einem großen Teil besteht sie selbstverständlich aus Polkas, Märschen, verschiedensten Arrangements und Medleys. Trotzdem standen da absolute Profis auf den Bühnen, die wahnsinnig performt haben. Ich hebe da vor allem die Fäaschtbänkler raus, wo alle fünf Bandmitglieder jedes Instrument der Welt spielen können. Von Trompete, über Akkordeon bis hin zur PVC-Rohr-Marimba! Dabei können die Jungs aus der Schweiz nicht nur laut, sondern auch ganz besinnlich und leise. Das merkte man bei Stücken wie Ehrenwert oder Ein Leben lang. Zweites wurde sogar am Gesamtspiel von über 20 000 Musikern gespielt.

Woodstock

Meine zweite These ist, dass Woodstock als Motivation hilft, wenn man vom „musikalischen Weg” abgekommen ist. Ich selbst komme aus verschiedensten Gründen seit zwei Jahren nicht mehr dazu, regelmäßig Musik zu machen. In dieser Zeit habe ich auch wenig Blasmusik gehört und verfolgt. Trotzdem ist es immer noch tief in mir drin. Durch die Vorfreude und die Tage vor Ort habe ich meine Leidenschaft dann wieder neu entfacht. Dabei rede ich nicht davon, endlich mal wieder durch „80er Kult“ zu donnern, sondern endlich wieder regelmäßig qualitative Musik zu machen. Auch der Kontakt auf Augenhöhe war motivierend. Egal, ob man Schlagzeuger im kleinen Dorfverein ist, der kaum den Takt hält, studierter Trompeter, der so hochspielen kann, dass ihn nur noch Hunde hören, oder ein Laien-Hornist, der partout nur Nachschlag klatscht (ich). Jeder konnte sich austauschen, Neues lernen und sich weiterentwickeln.

Das ist mir vor allem beim Gesamtspiel aufgefallen. Als über 20 000 Musiker gemeinsam musizierten, ging mir durch den Kopf: „Schöner geht’s doch nicht!“ Es war friedlich und einfach nur einmalig. Und selbst als manchen das Wetter zu Kopf stieg, waren in kürzester Zeit Rettungskräfte da und 20 Musiker standen drumherum und haben Luft gefächert. Ich gehe sogar so weit und sage: Gäbe es auf der Welt nur Blasmusiker, hätten wir Weltfrieden! Denn Musiker tun sich nichts Böses oder bekriegen sich. Musiker machen gemeinsam Musik!

Meine letzte These ist: Blasmusik muss nicht kompliziert sein, um schön zu sein. Natürlich gibt es viele wunderschöne sinfonische Stücke, bei denen einem das Herz aufgeht. Dasselbe schafft aber auch „einfache“ Blasmusik. Mein persönliches Highlight war, als wir tagsüber am Fluss saßen, welcher einmal durchs Festivalgelände fließt. Zusammen mit vielen anderen Musikern entflohen wir so der heißen Mittagssonne und den gefühlten 200 Grad Außentemperatur. Natürlich durfte dabei auch Blasmusik nicht fehlen. So gab es immer eine Handvoll Musiker, welche mitten im Fluss in Badehose musizierten. Und wer kein Instrument hatte, nutzte einfach seine Stimme. Außerdem war es durch diese „einfache“ Musik jedem möglich, mitzumachen, egal wie gut er ist. Diese Gemeinschaft unter Fremden ist doch das, was die Blasmusik ausmacht.

Ein weiteres Highlight war Viera Blech am Freitagabend. Bei der Zugabe Von Freund zu Freund verspürte ich ein so tiefes Glücksempfinden, wo nichts in der Welt rankommt. (Und das nicht nur, weil es die geilste Polka der Welt ist!)  Eine Musik, die so „einfach“ ist, aber die größten Gefühle in einem auslösen kann.

Als ich nach Hause kam und meiner Mutter freudestrahlend von Woodstock erzählte, kam irgendwann der provokante Satz: „Das ist doch nur ein Saufgelage und schadet der schönen Blasmusik.“ Natürlich versuchte sie, mich so gekonnt zu reizen. Was anschließend in diesem Text mündete (gut gemacht Muddi!). Denn als sie das sagte, war ich ein bisschen entrüstet. Ich habe Woodstock nämlich ganz anders wahrgenommen.

Stephan & Lukas
Stephan & Lukas

Als Erstes das altbekannte Klischee, dass Blasmusik und Bier Hand in Hand gehen. Ich würde lügen, wenn ich mir nicht auch das ein oder andere Bier gegönnt hätte. Trotzdem finde ich nicht, dass es immer Alkohol braucht für Blasmusik. So verbrachten wir tagsüber damit, einfach das Leben zu genießen und Blasmusik zu hören. Sei es bei einer der Bühnen auf dem Festivalgelände oder gemütlich am Fluss mit hunderten anderen Blasmusikern. Dabei saßen wir friedlich und nüchtern zusammen, genossen das Wetter und hörten den Musikern im Fluss beim Spielen zu. Außerdem trug der stolze Preis von 7,50€ pro Bier dazu bei, es gemäßigt anzugehen.

Den Sonntag verbrachten wir sogar komplett nüchtern, da wir abends noch heimgefahren sind. Das hielt uns aber nicht ab, bei den Kaisermusikanten, Vlado Kumpan oder den Fäaschtbänklern total abzugehen. Es braucht eben nicht Alkohol, um Spaß zu haben, sondern die richtige Atmosphäre! Und so eine Atmosphäre wie bei Woodstock gibt es einfach nirgendwo anders auf der Welt.

Auch dass Woodstock der sinfonischen Blasmusik „schadet“, kann ich überhaupt nicht nachvollziehen. Eher ist die Musik, die bei Woodstock gespielt wird, das Fundament für sinfonische Blasmusik. Gäbe es nämlich keine normalen Dorfvereine, die von Polkas und Märschen leben, gäbe es keine Möglichkeit für Musiker, sich weiterzuentwickeln. Und selbst wenn man solche Musik bis auf den Tod hasst, war es genau diese, die einen ermutigte, mehr zu wollen und besser zu werden. Woodstock ist dadurch kein großes Saufgelage voller „Uftata“-Musik. Woodstock ist der Kern jedes Blasmusikers. Das Fundament, die Motivation und die Besinnung, warum man Blasmusik spielt und liebt. Und das in einem Rahmen, in dem jeder auf Augenhöhe ist, miteinander lachen kann und alle friedlich sind. Oder wie es im Motto von Woodstock heißt: Love, Peace und Blasmusik!

Alexandra Link

Musik ist ein sehr wichtiger Bestandteil meines Lebens. Musizierende Menschen zusammen zu bringen meine Leidenschaft.

    8 thoughts on “Woodstock der Blasmusik, mehr als nur „Uftata“-Musik?!

    • Vielen Dank für diesen Kommentar. Ich war dieses Jahr auch auf dem Woodstock, um Feldforschung zu betreiben. Ich beschäftige mich im Rahmen meiner Dissertation mit Blasmusikfestivals in Österreich (im weitesten Sinne) und habe ähnliche Eindrücke gesammelt – auch in den zahlreichen Gesprächen, die ich auf dem Festival mit Teilnehmenden geführt habe. Jedenfalls würde ich mich sehr freuen, wenn mein Kontakt an Lukas weitergegeben werden könnte – sehr gerne würde ich mit ihm ein Interview führen, wenn er einverstanden und bereit dazu wäre. Vielen Dank und beste Grüße, Bernhard Achhorner

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      • Hallo Herr Achhorner,
        Das können wir natürlich sehr gerne machen! Meine Mutter sendet ihnen meine E-Mail Adresse.
        LG Lukas

        Antwort
    • Bin ausnahmsweise mal nicht „Team Alexandra“, sondern jetzt „Team Lukas“!

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      • Da bin ich ausnahmsweise nicht neidisch, lieber Christian 🙂 Da bin ich ganz stolze “Muddi”

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    • Als mehrfacher WdB-Besucher (das erste Mal bei der dritten Ausgabe) kann ich nur sagen: Danke Lukas für diesen Beitrag, genau so fühlt es sich für mich jeweils auch an! Schade, konnte ich dieses Jahr nicht dabei sein.

      (und danke an Alexandra, dass du deinem Sohn die Plattform geboten hast)

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      • Schön, dass es nicht nur mir so geht 🙂 Zum Glück war das ja nicht das letzte Woodstock!

        Antwort
    • Lieber Lukas, du hast genau die richtigen Worte geschrieben zu Woodstock! Ich war das zweite mal dort und kann alles nur bestätigen. Auch ich und meine Freundin haben lediglich 1 Schnaps am Freitag getrunken und sonst alles nüchtern erlebt. Die Menschen waren alle nett, hilfsbereit und es war eine megageile Zeit. Eine super Organisation von den Menschen vor Ort, vor allem die Evakuierung am Donnerstag lief super gut.
      Anstrengende Tage aber glücklich dabei gewesen zu sein. Lg Susanne

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      • Das Unwetter habe ich durch das super Wochenende und den Sonnenschein schon wieder vergessen. Aber auch da waren die Organisation und Kommunikation wirklich Weltklasse!

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