Piratenalarm beim Musikverein Niederschopfheim – Kinderkonzert!
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Kennt Ihr den Pirat Stinkstiefel? Ich auch nicht. Und ich finde es sehr schade, dass ich ihn nicht kennen gelernt habe, beim Kinderkonzert des Musikvereins Niederschopfheim.
Die stellvertretende Vorsitzende Melanie Gritt und der Dirigent Stefan Kiefer haben mir von ihrem Kinderkonzert-Projekt „Piratenalarm!“ schon vor Ostern erzählt, als wir uns in Riva del Garda beim Flircorno d’oro getroffen haben. Für mich war gleich klar, sensationelle Idee, davon muss ich Euch im Blasmusikblog.com berichten. „Will haben“ war glaube ich meine exakte Wortwahl 😉
Wie schade, dass ich zum Konzert nicht gehen konnte… Deshalb musste ich ja auch auf das Kennenlernen des Piraten Stinkstiefel verzichten… Aber ich habe Melanie und Stefan so viele Fragen gestellt, dass ich Euch jetzt davon berichten kann, als ob ich dabei gewesen wäre… Und Ihr habt es natürlich schon bemerkt, ich finde das Projekt grandios.
Das Kinderkonzert „Piratenalarm!“ war ein Musikprojekt von und für die Kinder im Musikverein und der Grundschule Niederschopfheim. Dabei haben die Auszubildenden der Jugendkapelle und die Bläserkids aus den Bläserklassen (Klasse 3 und 4) unter wenigen Vorgaben eine spannende Rahmengeschichte geschrieben. Im Zentrum stand dabei der oben schon erwähnte Pirat Stinkstiefel. Seine Geschichte wurde durch einzelne Beiträge von Orchester und Grundschule sowie einigen szenischen Darbietungen umrahmt. Dabei standen mehr als hundert Mitwirkende, groß und klein, miteinander auf der Bühne.
Das Ziel des Kinderkonzerts „Piratenalarm!“ war, die jungen Musiker im Verein in ein Projekt mit dem Blasorchester einzubinden, das einerseits motivierend ist und andererseits die Bindung zum und die Identifikation mit dem Verein stärkt. Die vorhandene Kooperation mit der Grundschule sollte gestärkt und erweitert werden.
In Niederschopfheim gibt es eine Bläserklasse für die 3. und 4. Klasse, die sehr gut funktioniert. Häufig ist aber das Problem, dass die Kinder im ersten oder zweiten Jahr nach der Bläserklasse auf Grund von fehlender Motivation, anderen (außermusikalischen) Vereinen, etc. aufhören. Dieser Entwicklung wollte der Musikverein Niederschopfheim mit einer Veränderung in der Jugendarbeit und vielen motivierenden Projekten entgegenwirken, unter anderem mit „Piratenalarm!“. Obwohl dies hauptsächlich ein Konzert von und für die (Jung-)Musiker war, ist es gelungen ein ganz anderes Publikum für den Musikverein zu begeistern als sonst bei den üblichen Jahreskonzerten.
Am Konzert waren vom Verein beteiligt:
- Das Blasorchester des Musikvereins Niederschopfheim
- Die Jugendkapelle
- Die Bläserkids (Klassen 3 und 4)
Der Kooperationspartner war die Grundschule Niederschopfheim, die nicht nur durch die Bläserklasse einen Beitrag leistete, sondern auch verschiedene andere Projekte anschloss und in unterschiedlichen Formationen einbrachte:
- Piratenlieder vom Grundschulchor
- Ein Schattenspiel der zweiten Klasse
- Kunst- / Literaturprojekte der Klassen 1-4: Malwettbewerb, Flaggen bemalen, Comic-Workshop, Gestaltung mehrerer Kurzfilme, Fortsetzungsgeschichten
- Regentanz der Klasse 4
Der Pirat Stinkstiefel wurde von einem Musiker aus den Reihen des Blasorchesters gespielt. Außerdem gab es noch eine Erzählerin.
Die gespielten Stücke:
Ouvertüre
2 kurze Stücke der Bläserklasse
Das Leben eines Piraten
Legend of Devil’s Lake Teil 1 – Michael Sweeney
Auf hoher See
Legend of Devil’s Lake Teil 2 – Michael Sweeney
Sehnsucht im Mondschein
Ammerland – Jacob de Haan
Ratten an Bord
The Wind in the Willows, 2. Satz „Ratty and Mole“ – Johan de Meij
Der Sturm
It’s Raining Men – Arr. Frank Bernaerts
Finale
Pirates of the Carribean – Arr. Ted Ricketts
Die Stücke hatten bis auf eines nichts mit der Piratenthematik zu tun, unterstützten aber sehr gut die Dramaturgie der Geschichte. Ursprünglich war geplant, das Stück Pirates Dream von Hayato Hirose zu spielen. Dies war jedoch zu schwer für die Jungmusiker und schränkte zu sehr ein. Dennoch waren die Sätze Ideengeber für die Geschichte.
Das Programm des Kinderkonzertes (Werke und Chorlieder) war wie oben schon geschrieben eingebunden in eine Rahmengeschichte, die von einigen Jungmusikern und Bläserkids unter Anleitung von Melanie Gritt und Stefan Kiefer geschrieben wurde. Dazu traf sich die Projektgruppe an vier Samstagen. Nach einem ausgiebigen Sammeln von Ideen, wurden die auf Grund der gewählten Werke festgelegten Überschriften mit einer lustigen und abenteuerlichen Piratengeschichte ergänzt. Die einzelnen Kapitel:
- Das Leben eines Piraten
- Auf hoher See
- Sehnsucht im Mondschein
- Ratten an Bord
- Der Sturm
Das Kinderkonzert konnte somit individuell auf den Verein und die vorhandenen Möglichkeiten zugeschnitten werden und ist somit auch einmalig bzw. einzigartig. Die Ideen der Kinder konnten maximal umgesetzt werden. Zum Einsatz kamen hauptsächlich Werke, von denen die Noten schon vorhanden waren.
Auf der Bühne waren die Kinder in unterschiedlicher Weise eingebunden:
Die Bläserkids spielten die Eröffnung des Konzerts mit jeweils zwei Stücken und einer kleinen Theaterszene. Die Jungmusiker spielten auf der Bühne zusammen mit dem Blasorchester. Außerdem waren sie schauspielerisch als Schiffsratten aktiv. Der Grundschulchor sang drei Piratenlieder und die zweite und vierte Klasse war mit dem Schattenspiel bzw. Tanz auf der Bühne. Die Kinder im Publikum waren meist passiv und nur sporadisch aktiv, z. B. während der Rattenszene, als der Pirat den Kindern die Schatzkarte zeigte.
Das Kinderkonzert wurde von einer kleinen Orga-Gruppe bestehend aus Musikern des Blasorchesters organisiert, die von Melanie und Stefan geleitet wurde. Die beiden führten auch die Gespräche mit der Grundschule, an denen hauptsächlich zwei Lehrkräfte plus die Schulleiterin beteiligt waren. Die Organisation rund um das Konzert (Aufbau, Abbau, Einkauf, etc.) wurde von den zuständigen Resorts des Vereins durchgeführt.
Die Jugendkapelle probte zum einen in der Jugend-Probe und in den letzten vier Wochen vor dem Konzert zusätzlich mit dem Blasorchester zusammen. In der Jugend-Probe wurden die Jungmusiker von älteren Musikern unterstützt. Die anderen Gruppierungen probten jeweils für sich. In der Generalprobe kamen dann alle Puzzleteile zusammen.
Für das Konzert musste der Musikverein mit den in Niederschopfheim vorhandenen Gegebenheiten arbeiten. Die Halle hat eine relativ kleine Bühne, auf der es für die Musiker ganz schön eng war. Für den Chor, das Schattenspiel sowie für Erzählerin und Pirat Stinkstiefel wurde mit Podesten eine Vorbühne gebaut. Für die Kinder gab es in den vorderen Reihen Bänke, die Erwachsenen saßen in der zweiten Hälfte der Halle auf Stühlen. Insgesamt gab es Platz für ca. 150 Eltern und 100 Kinder – der auch komplett benötigt wurde.
Die Dekoration der Halle bestand hauptsächlich aus den Kunstwerken der Kinder, die hiermit einen würdigen Rahmen fanden. Verkleidungen und Requisiten wurden hauptsächlich für die Erzählerin und den Piraten benötigt.
Was als kleine Idee begann, entwickelte sich immer mehr zu einem großen Musikprojekt in Niederschopfheim. Eine besondere Herausforderung dabei war sicherlich die Kooperation mit der Grundschule. Zum einen sollte den Lehrerinnen möglichst viel Arbeit abgenommen werden, zum anderen sollten sie aber auch genügend eigene Ideen einbringen können. Dies zu koordinieren erforderte viel Zeit und musste im Vorfeld gut geplant werden. Da so viele verschiedene Gruppierungen beteiligt waren, konnte nur ein einziger kompletter Durchlauf in der Generalprobe durchgeführt werden. Das war sehr herausfordernd, zumal auch der technische Aufwand mit Mikrofonen, Licht und Bühnenumbau bedacht werden musste.
Das Kinderkonzert wurde mit Flyern und Plakaten sowie Vorberichten in der lokalen Presse beworben. Das Logo für die Flyer und das Plakat war ein Pirat, der aus dem Malwettbewerb der Grundschule entstanden ist.
Eines der Anliegen des Musikvereins Niederschopfheim war es, die Kosten für das Kinderkonzert so gering wie möglich zu halten und mit vorhandenen Materialien zu arbeiten. Die Musikstücke konnten aus dem Notenarchiv entnommen werden. Die Chorlieder waren im Archiv der Grundschule vorhanden. Die Ausgaben für Bewirtung, Tonanlage und Requisiten konnten mit den Einnahmen aus der Bewirtung gedeckt werden. Nach dem Konzert wurde eine „Spendentuba“ aufgestellt. Der Inhalt kam der Kooperation Schule Verein zu Gute.
Die Atmosphäre im Saal war laut Melanie und Stefan unbeschreiblich. Überall sah man kleine und große Piraten. Schon früh waren alle Plätze im Zuschauerraum besetzt. Alle Zuschauer und Beteiligten waren das komplette Konzert über sehr aufmerksam. Die Kinder in den ersten Reihen waren total gebannt von der Musik und der Geschichte. Dies gelang vor allem deshalb, weil alle Beteiligten ihren Teil sehr ernst nahmen. Die Mitwirkenden der Grundschule verhielten sich vorbildlich und gaben ihr Bestes. Auch die Erzählerin und der Pirat agierten souverän. Alle Musiker haben sich im Rahmen der Vorgaben verkleidet und selbstständig Piratenaccessoires erstellt. Die Jungmusiker, die für dieses Projekt ins große Blasorchester integriert wurden, probten im Vorfeld sehr fleißig und motiviert um diese schweren Stücke spielen zu können. Ein Jungmusiker spielte am Ende sogar ein schweres Trompetensolo in Pirates of the Carribean.
Das Kinderkonzert „Piratenalarm!“ wurde durchweg positiv aufgenommen. Die Kinder waren gefesselt von der Geschichte um den Piraten Stinkstiefel, die Eltern der mitwirkenden Kinder waren stolz auf die Darbietungen ihrer Kinder. Viele der Zuschauer kannten die Arbeit des Musikvereins Niederschopfheim nur von den Jahreskonzerten und freuten sich darüber, dass der Musikverein sich auch einmal von einer anderen Seite zeigt.
Ob das Kinderkonzert direkt Auswirkungen auf die zukünftige Entwicklung des Musikvereins hat lässt sich schwer beantworten. Die Rückmeldungen waren durchweg positiv, vor allem auch von Zuschauern, die noch nie bei einem Konzert des Musikvereins Niederschopfheim waren. Eine Auswirkung ist sicherlich der entstandene sehr positive Kontakt zu der Schulleiterin und den Kolleginnen der Grundschule.
Melanie Gritt und Stefan Kiefer sind sicher, dass es in der Zukunft wieder ein Kinderkonzert geben wird. Konkrete Pläne gibt es zur Zeit aber noch nicht. Ihr Fazit: „Ein Musikverein sollte sich heutzutage immer wieder neu ausrichten und gerade im Jugendbereich neue Ideen entwickeln. Das musikalische Niveau des Blasorchesters im „kleinen“ Niederschopfheim ist bemerkenswert und kann nur erhalten werden, wenn weiterhin viel in die Jugendarbeit investiert wird.“
Für Blasorchester, die noch nie ein Kinderkonzert veranstaltet haben, geben die Beiden folgende Empfehlung: „Wir hielten es für eine gute Idee, unser ganz eigenes Konzept zu entwickeln und nicht auf ein vorgefertigtes Stück zurückzugreifen. Dies erwies sich am Ende auch als die richtige Wahl, benötigt allerdings einige kreative Köpfe im Verein. Außerdem ist es sehr wichtig, das Konzert im Voraus gut zu planen und die Abläufe zu strukturieren, vor allem wenn Kooperationspartner eingebunden werden sollen.“
Auch aus meiner Sicht denke ich: Die haben alles richtig gemacht! Denn Folgendes ist gelungen:
- Die Integration der Jungmusiker ins große Blasorchester schafft eine direkte Verbindung zwischen den Generationen.
- Die Bläserklassenkids konnten sehen, welche Möglichkeiten ihnen offen stehen.
- Die Kooperation Schule Verein konnte nachhaltig gestärkt werden.
- Alle Mitwirkenden konnten durch das aktive Gestalten des Anlasses motiviert eingebunden werden.
- Es entstand eine hohe Identifizierung aller Beteiligten mit dem Event.
- Es konnte eine Zielgruppe erreicht werden, die zuvor noch nicht mit dem Musikverein in Berührung gekommen ist.
- Anwesenden nicht-musizierenden Kindern wurde die Attraktivität des Musizierens näher gebracht.
- Der Musikverein Niederschopfheim hat sich als innovativer, zukunftsgerichteter Verein positioniert.
- Es wurde ein Event auf die Beine gestellt, über das auch in Zukunft noch viel gesprochen wird.
Ein herzliches Dankeschön an Melanie Gritt und Stefan Kiefer für ihre ausführliche Beschreibung des Kinderkonzerts „Piratenalarm!“ des Musikvereins Niederschopfheim. Außerdem mein höchster Respekt für Idee und Durchführung! Ich freue mich auf weitere Positiv-Beispiele und Best-Practice-Modelle aus Niederschopfheim. Herzlichen Glückwunsch zu diesem einzigartigen Vorzeigeprojekt!
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