Westfalen Winds auf Konzerttournee in Japan
Ein Gastbeitrag von Robin Gerke, Tubist bei Westfalen Winds
Das sinfonische Projektblasorchester „Westfalen Winds“ initiierte ersten Teil des Internationalen Kulturaustauschs zwischen Deutschland und Japan und fuhr auf eine knapp zwei Wochen lange Konzerttournee nach Japan.
Nach langer Planung und intensiver Vorbereitung war es am 28.03.2015 soweit: Das ca. 70 Musiker zählende sinfonische Projektblasorchester „Westfalen Winds“ machte sich unter der hochrenommierten Leitung von Ulrich Schmidt vom Düsseldorfer Flughafen auf, eine für die Meisten ganz und gar neue Welt musikalisch sowie menschlich zu erkunden und den ersten Teil des Internationalen Kulturaustauschs zwischen Deutschland und Japan in Kooperation mit dem Auswärtigen Amt und dem Goethe-Institut zu beginnen.
Nebst vielfältigen Erwartungen und immenser Vorfreude fanden sich im Gepäck u.a. Werke von Rolf Rudin, Thiemo Kraas und Felix Mendelssohn Bartholdy. Zwei japanische Werke von Bin Kaneda und Hiroshi Ohguri fügten sich als musikalische Verbeugung vor der japanischen Kultur stimmig in das Repertoire ein, das Tradition und Moderne, Ernst und Augenzwinkern, scheinbar ganz selbstverständlich miteinander verband. Ein Spagat, den auch die japanische Kultur wie kaum eine andere zu meistern versteht. Ziel des kulturellen Austauschs war, über deutsche Originalkompositionen für sinfonisches Blasorchester der japanischen Kultur Deutschland ein Stück weit mehr näher zu bringen, was überwältigenden Erfolg hatte.
Der Ankunft im Hotel in Kazo, einem Vorort von Saitama, in den frühen Morgenstunden folgte am Nachmittag die erste Probe im Probensaal der Fudooka High School, sowie erstmaliger Kontakt mit echter japanischer Mensakost. Eine vorsichtige Annäherung an fernöstliche Gepflogenheiten war zuvor bereits durch die bereitgestellten Hausschuhe erfolgt, die überall im Haus getragen werden mussten und in Einheitsgröße für den einen oder anderen Mitteleuropäer kleine Herausforderungen mit sich brachten. Außerdem erfuhren zumindest einige, die zuvor den Weg nach Tokio gefunden hatten, dass zum einen Hilfsbereitschaft in Japan mehr als groß geschrieben wird, und zum anderen auch die für ihre Pünktlichkeit viel gerühmten japanischen Züge und U-Bahnen dem gleichen Spiel von unliebsamen Ereignissen und Umständen unterworfen sein können wie die heimischen Bahnanlagen.
In dem Bestreben ein breites Spektrum deutscher und japanischer Kultur auszutauschen, folgten in den nächsten Tagen der Konzertreise neben intensiver Probenarbeit ausgedehnte kulturelle Ausflüge, unter anderem in die nahe gelegene Landeshauptstadt. Nach Besichtigung des imposanten Senso-ji Tempels und Asakusa-Schreins war es den Musikern vergönnt, die Weltmetropole Tokio aus über 300 Metern Höhe von der Aussichtsplattform des gigantischen Skytree Tower zu überblicken und später vom Boden aus zu erkunden. Bei ausnehmend gutem Wetter lockten unter anderem der Ueno-Park und der Kaiserpalast sowie die Viertel Ginza und natürlich Shibuya. Selbstverständlich hat auch das japanische Hinterland mit dem malerisch gelegenen Chuzenji-See und den naheliegenden Kegon-Fällen nahe der Stadt Nikko einiges zu bieten. Keine Angst vor Treppen und Stolperfallen durfte man bei der Begehung der nicht nur für die drei ikonischen Affen berühmten, geradezu Ehrfurcht gebietenden Toshu-Gu Schreinanlage haben, die zu Recht den Titel UNESCO-Welterbe trägt.
Jedem Musiker wird aber wohl die Begegnung mit dem Fudooka-Highschool-Orchester, dem „Fudooka Wind Orchestra“, besonders in Erinnerung bleiben. Unsere Gastgeber in Kazo wussten durch professionelles, außerordentlich musikalisches Spiel und einer mitreißende und voll choreographierten Show zu begeistern. Dabei verblüfften sie die Musiker von „Westfalen Winds“ mit höchster Qualität in den Bereichen Intonation und Zusammenspiel, die so nur von Höchststufenorchestern dargeboten wird, und das mit einem Durchschnittsalter von gerade einmal 15 Jahren.
„Westfalen Winds“ veranstaltete während der Konzerttournee verschiedene musikpädagogische Workshops mit Schülern der High-School, um auch im soziokulturellen Bereich seiner Verantwortung als Ausnahmeorchester gerecht zu werden und neue Impulse in der Ausbildung junger ambitionierter und talentierter Musiker vermitteln zu können. Die Kurse wurden mit begeisternder Freude und großer Herzlichkeit von den japanischen Schülern aufgenommen, als für jedes Instrument die Workshops begannen. Zum Abschluss wurde Thiemo Kraas‘ „Traum Maschine“ als musikalischer Gegenstand des Workshops von einem für den Moment 150 Personen starken Orchester zum Besten gegeben.
Ein weiterer musikalischer Meilenstein des Kulturaustauschs war das Kooperationskonzert „Joint Concert 2015“ in grandioser Konzertatmosphäre vor knapp 1000 Zuhörern in der Omiya Citizen Hall in Saitama, das eigens für „Westfalen Winds“ veranstaltet wurde und nun jährlich mit verschiedenen internationalen Blasorchestern wiederholt werden soll. Kooperationspartner war das Spitzenensemble die „Omiya Wind Symphony“, dirigiert von Toshio Akiyama, seines Zeichens vielleicht renommiertester japanischer Blasorchesterdirigent und u.a. Chefdirigent des „Sony Symphonic Wind Orchestra“ a.D., Ehrenpräsident der Japanese Band Directors Association und Asian Pacific Band Directors Association und Ehrenmitglied der All Japan Band Association.
Zum „Abendsegen“ aus Humperdincks „Hänsel und Gretel“ sowie zur „Japanese Folk Song Suite“ und zu „Alte Kameraden“ musizierten erneut zwei brillante Orchester der Höchststufe gemeinsam, abwechselnd dirigiert von Toshio Akiyama und Ulrich Schmidt. So lieferten beide Orchester einen fulminanten Abschluss für ein großartiges Konzert, das mit Begeisterungsrufen und minutenlangem Standing Ovation geehrt wurde. Die feierliche Unterzeichnung der Partnerschaftsurkunde zwischen den beiden Orchestern sollte zum Sinnbild des Internationalen Kulturaustauschs werden.
Ein weiteres großartiges Konzert fand am Tag darauf im Rahmen eines ganztägigen Konzertfestivals statt, dem Saitama International Band Festival 2015, zudem „Westfalen Winds“ von der Saitama Society of Music and Cultural Exchange (SSMIE) ebenfalls als Ehrengast eingeladen worden ist. Diese Ehre bildete zugleich den Abschluss des ersten Teils vom Internationalen Kulturaustausch zwischen Deutschland und Japan der ganz besonderen Art.
Noch am gleichen Abend nach dem Konzert stand der Rückflug an, der Abschied fiel vielleicht doch schwerer als gedacht. Festzuhalten bleibt, dass dieses Großprojekt wohl für jeden Einzelnen, aber auch für das Orchester als Ganzes und vor allem für die beiden Kulturen eine Bereicherung auf vielen verschiedenen Ebenen war. 2017 soll der von „Westfalen Winds“ initiierte Internationale Kulturaustausch vervollständigt werden, wenn die „Omiya Wind Symphony“ mit seinem Dirigenten Toshio Akiyama nach Deutschland zu Besuch kommt. Schon jetzt werden dafür interessierte Konzertveranstalter und Sponsoren gesucht.
Was im Land der aufgehenden Sonne wieder einmal auf wunderbare Weise deutlich werden konnte, ist, dass Musik ganz praktisch räumliche und kulturelle Differenzen zu überbrücken vermag und als echte, universelle Sprache Menschen verbindet. In diesen Zeiten der Flucht und Angst ein schöner Gedanke.
Weitere Informationen auf www.westfalen-winds.de oder auf www.facebook.com/westfalenwinds
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