Apps und Clouds – Digitale Medien im Musikverein

Ein Gastbeitrag von Benedikt Plößnig, MA

Die Verwendung von digitalen Medien in Form von Apps, Clouds und anderen „smarten“ Anwendungen werden in Zukunft einen wesentlichen Bestandteil beim Üben und Musizieren einnehmen. Zusätzlich bieten sie vor allem für Musikvereine zahlreiche Möglichkeiten im Bereich der Verwaltung von Organisationsabläufen. In diesem Artikel lernen MusikerInnen und KapellmeisterInnen neue digitale Anwendungen für das Musizieren kennen, während für weitere Vereinsfunktionäre neue Herausforderungen im Bereich der Verwaltung aufgezeigt werden.

Brennpunkt Musikverein

In einem Musikverein spielen Menschen unterschiedlichen Alters, Geschlechts und musikalischen Vorwissen miteinander. Während die Generation 40+ den Umgang mit digitalen Anwendungen teilweise erst lernen muss, sind heute 30-Jährige schon damit aufgewachsen. In Sachen der Bedienbarkeit bringt dies allerdings nur geringe Vorteile mit sich. Vielmehr hat die Generation „Digital Native“ weniger Scheu – im Gegensatz zur Generation „Digital Immigrant“ – sich auf neue Apps und Clouds einzulassen.

Musikvereine bieten schon seit Generationen die ideale Plattform für gegenseitiges Lernen. War dies bisher meistens auf das musikalische Lernen bezogen und da zumeist ausgehend von altgedienten MusikerInnen, so findet auch beim Thema digitale Medien ein Lernen unter den Generationen statt, in diesem Fall jedoch umgekehrt. Dies steigert nicht nur den gegenseitigen Respekt, sondern fördert auch das soziale Miteinander im Musikverein.

Musibezogene Apps – Eine Einteilung

Die Anzahl der musikbezogenen Apps, welche in den jeweiligen Online Shops (Google Play Store, Apple Appstore) heruntergeladen werden können, ist sehr umfangreich und steigt stetig. Deshalb hilft es, sich einen Überblick zu verschaffen und die zahlreichen musikbezogenen Apps hinsichtlich ihrer Funktionen in folgende sechs Kategorien einzuteilen.

  1. Apps als musikalisches Werkzeug

Als die am meist genutzten musikalischen Werkzeuge in Form einer App gelten erfahrungsgemäß Metronome und Stimmgeräte. Trotz der durch Werbeanzeigen eingeschränkten Bedienung ist die Qualität der kostenlosen Metronome und Stimmgeräte grundsätzlich sehr gut. Zu dieser Kategorie zählen aber auch Drum-Computer- und Intonations-Apps, welche oft eine willkommene Abwechslung beim Üben bringen.

  • Apps zum Komponieren, Organisieren und Bearbeiten von Noten und Playbacks

Diese Kategorie umfasst eine Vielzahl von Apps mit unterschiedlichsten Verwendungsmöglichkeiten. Während sich das Komponieren vor allem auf Grund der Größe der Endgeräte oft als schwierig gestaltet, ist die Organisation von digitalen Noten aktuell ein wesentlicher Arbeitsaufwand vieler MusikerInnen.

  • Apps zum Aufnehmen, Bearbeiten und Abspielen von Musik

Neben den für den Unterricht durchaus brauchbaren vorinstallierten Aufnahme-Apps am digitalen Endgerät ist eine große Anzahl von Diktiergeräten in den verschiedenen Online Stores zu finden. Die hohe Leistungsfähigkeit moderner Smartphones und Tablets ermöglicht mittlerweile Studioproduktionen von bemerkenswerter Qualität. Auf diese Weise können beispielsweise Loops erstellt oder mehrere Audiospuren gleichzeitig aufgenommen werden.

  • Apps für Musiktheorie und Musikgeschichte

Einen weiteren großen Bereich ergeben jene Anwendungen, die zur Vermittlung von theoretischem und geschichtlichem Wissen dienen. Eine besondere Form stellen dabei Apps, welche in Form von Lernspielen aufgebaut sind, dar. Diese Anwendungen sind vielfältig und bieten kreative Ansätze für den Instrumentalunterricht und ermöglichen auch eigene Apps für den Unterricht zu schreiben. Zahlreiche Angebote gibt es im Bereich der Gehörbildungssoftware. Das Hören von Akkorden, Intervallen oder Melodien und das Erfassen von Rhythmen lassen sich dadurch auf unterschiedlichste Weise erlernen.

  • Instrumentalspezifische Apps

Apps, die speziell für ein Instrument oder eine Instrumentengruppe entwickelt wurden, beinhalten alle wichtigen Informationen und Anwendungen im Umgang damit. Folgende Angebote sind demnach in vielen solcher Apps zusammengefasst: Grifftabelle, Transpositionshilfen, Metronom, uvm.

  • Apps als eigenständige Musikinstrumente

Bei diesen Apps handelt es sich um Anwendungen am mobilen Endgerät, mit denen mittels einfacher Bedienung Klänge erzeugt werden können. Für InstrumentalmusikerInnen sind solche eigenständigen Musikinstrumente weniger interessant, jedoch bieten sie als Soloinstrument die Basis für Orchesterkompositionen aller Art.

Dropbox, WhatsApp und Co

Apps finden aber nicht nur im musikalischen Bereich Einzug in Blasmusikvereinen. Vor allem Dienste zur sozialen Vernetzung, Kommunikation und Information sowie Anwendungen für Organisation und digitale Informationsspeicher bieten zahlreiche neue Möglichkeiten. Mit Google Drive, Windows One Drive, Apple iCloud und Dropbox sind wohl die vier bekanntesten Clouddienste genannt. Jede dieser Cloud hat ihre Vor- und Nachteile. Eine Cloud schafft die Möglichkeit sämtliche Daten auf einem Online-Server zu speichern und einen standort- und geräteunabhängigen Zugriff zu gewährleisten, und dass (fast) ohne Speicherplatzverlust am Endgerät.

Neben einem gewissen Ausmaß an kostenlosem Speicherplatz, das jede Cloud zu Verfügung stellt, ist Dropbox aber diejenige Cloud, welche es ermöglicht, den Speicherplatz kostenlos zu erweitern. Zusätzlich kann Dropbox auf jedem Betriebssystem (iOS, Android) installiert werden.

Neben dem zu Verfügung stellen gespeicherter Daten ist die Cloud-Anwendung mit unterschiedlichen Features ausgestattet. Beim Einsatz im Musikverein bietet Dropbox diverse Möglichkeiten für alle Vereinsmitglieder:

  • Zugriff mit WLAN oder mobilen Daten ist von überall und zu jeder Zeit möglich à wichtige Dateien können auch offline verfügbar gemacht werden.
  • Organisation und Strukturierung von Noten- und Organisationsmaterialen
  • Kooperatives Arbeiten zwischen Vorstandsmitgliedern (Festorganisation, Probenplan, etc.)
  • Zu Verfügung stellen von Playbacks, Videos, Bilder (Probe- und Konzertmitschnitte)
  • Direktes Scannen mit der App (z.B. von Noten oder sonstigen Dokumenten)

Aber auch Dropbox kann an Grenzen stoßen. So können seit Anfang März bei der Gratisversion nur mehr drei Endgeräte gleichzeitig bei der Dropbox angemeldet sein. Zudem ist bei der gratis Version der Dropbox nur ein gewisser Speicherplatz verfügbar, der durch Empfehlungen erweitert werden kann. Durch die DSGVO, die am 25. Mai 2018 EU-weit in Kraft getreten ist, muss man auch auf das Datenschutzrecht Acht geben. Es ist daher nützlich und sicherer seine Daten vereinsintern zu verschlüsseln. Die App Boxcryptor beispielsweise ermöglicht genau eine solche Verschlüsselung der Daten und stellt sicher, dass diese nicht unrechtgemäß missbraucht werden.

Durch die Erfindung neuer digitaler Medien ergeben sich nicht nur vielfältigere methodische Einsätze im musikpädagogischen Bereich, es wird auch vielmehr untereinander kommuniziert als bisher. WhatsApp ist im deutschsprachigen Raum derzeit wohl die meist genutzte Kommunikations-App. Auch im Musikverein bietet diese App die Möglichkeit untereinander zu kommunizieren. Beispielsweise können Probentermine in Gruppenchats einfach und schnell verbreitet werden. Außerdem können Audio-, Videomitschnitte und Links unkompliziert geteilt werden. Trotz der vielfach bekannten Vorteile von WhatsApp ist eines zu empfehlen: Strikte Regeln zu definieren! Egal ob bei Gruppen- oder Einzelchats empfiehlt es sich, vorab festzulegen, für welche Zwecke der Chat genutzt werden darf – nämlich für jeglichen Austausch in Sachen Musik. In Gruppenchats können auch sogenannte Administratoren definiert werden, welche ausschließlich dazu befähigt sind, Nachrichten aller Art zu versenden. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, die in der Menüleiste angebotenen Broadcasts einzurichten. Diese sind auch in Gruppen aufgebaut, nur werden die TeilnehmerInnen nicht davon in Kenntnis gesetzt, wer die Nachrichten aller empfangen hat und können auch dementsprechend nicht allen, sondern nur dem Sender antworten. Ähnlich wie bei Clouds kämpft WhatsApp immer wieder mit Datenschutzproblemen. Die App Signal bietet dabei eine sicherere Alternative zu WhatsApp. Ebenso sei an dieser Stelle die App Konzertmeister erwähnt, welche neben der Kommunikation innerhalb des Musikvereines noch viele andere Features bietet.

Stimmgerät und Metronom

Während althergebrachte Metronome und Stimmgeräte – teils separat oder in Kombination erhältlich – schön langsam ausgedient haben, gibt es immer mehr Apps, die diese Funktion übernehmen. Soundcorset ist eine kostenlose App für Android und iOS. Es handelt sich dabei um eine grafisch passable Aufbereitung von Stimmgerät und Metronom in einem. Beim Stimmgerät lassen sich Frequenz und Instrument ohne Probleme voreinstellen und zu einer besseren Tonkontrolle ist zusätzlich eine grafische Aufarbeitung deiner Tonstabilität zu finden. Neben verschiedenen voreingestellten Rhythmen können beim Metronom auch eigene Beats generiert werden. Fürs Üben ist es möglich, eine Steigerung der Schläge pro Minute in einem zuvor ausgewählten zeitlichen Bereich einzustellen.

Eine kostenpflichtige Alternative zu Soundcorset bietet die App TE Tuner, welche ebenfalls für beide Betriebssysteme erhältlich ist. Diese App beinhaltet neben Stimmgerät und Metronom beispielsweise noch einen Intonationstrainer, welcher das Zusammenspiel mit einer anderen Person simuliert. Mit der App Drumgenius (iOS und Android) sei abschließend noch eine Alternative zu herkömmlichen Metronomen genannt. Diese Anwendung bietet eine Vielzahl an live eigespielten Drum-Loops.

Notenverwaltungsprogramme und das digitale Marschbuch

Noten können heutzutage einfach und bequem mittels diversen Scan-Apps (Genius Scan, Camscanner, usw.) auf den Bildschirm gebracht werden. Dabei ist es sinnvoll diese Noten am Smartphone oder Tablet zu verwalten. Dazu bieten sich folgende zwei Verwaltungsprogramme an: forScore für iOS und Mobile Sheets (Free) für Android ermöglichen dabei nicht nur das Zuteilen diverser Noten in Bibliotheken, sondern auch das Hinzufügen von Notizen, das Setzen von Lesezeichen uvm.

Eine von österreichischen Entwicklerinnen gestaltete App bietet eine interessante Alternative. Marschpat ist ein digitales Notenmanagementsystem. Außerdem bietet das Unternehmen digitale Marschbücher für den ganzen Musikverein. Neben dem perfekten Halt des Anzeigegerätes, abgestimmt auf jedes Instrument und einer Akkulaufzeit von mehreren Wochen, beinhaltet die App auch Märsche, direkt vom Verleger.

Lernen mit Apps

Eine weitere App, entwickelt von BlasmusikerInnen für BlasmusikerInnen, ist Tonestro. Verfügbar für Trompete, Klarinette, Euphonium, Posaune, Horn, Tuba, Querflöte, Saxophon, Blockflöte gibt diese Anwendung ein Feedback in Echtzeit auf Tonhöhe, Intonation und Rhythmus. Dafür stehen neben Etüden, Vortragsstücken, Kinderliedern unter anderem auch Tonleiter zu Verfügung.

Abschließend sind noch zwei Apps zu erwähnen, welche das Üben und Musizieren wesentlich erleichtern. Anytune (Pro) und Music Speed Changer ermöglichen eine Tempoveränderung von Audiofiles und das ohne Veränderung der Tonhöhe. Außerdem kann man in diesen Apps auch Loops setzen, welche vorab eingezeichnete Passagen in Endlosschleife wiederholen. Während die kostenlose Variante Music Speed Changer ausschließlich für Android Geräte zu Verfügung steht, ist das kostenpflichtige Programm Anytune Pro nur für iOS Geräte zu haben. Dafür bietet es aber eine Vielzahl an weiteren Möglichkeiten.

Benedikt Plößnig wird auch im Rahmen des IBK in Ulm einen Vortrag zum Thema Apps und Clouds im Musikerverein geben.

Benedikt Plößnig
Benedikt Plößnig

Benedikt Plößnig ist Pädagoge und Musiker und beschäftigt sich seit seiner Masterarbeit „Digitale Medien im Saxophongruppenunterricht mit Erwachsenen“ mit Apps, Clouds und anderen digitalen Anwendungen im instrumentalpädagogischen Bereich. Weitere Informationen, einen Downloadlink zu seiner Masterarbeit und verschiedene Blogbeiträge zum Thema „Apps im Instrumentalunterricht“ finden Sie auf seiner Homepage sax4beginner.at

Alexandra Link

Musik ist ein sehr wichtiger Bestandteil meines Lebens. Musizierende Menschen zusammen zu bringen meine Leidenschaft.

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