Auftragskompositionen – ein besonderer Anlass, ein besonderes Werk!

Eine Uraufführung eines Werkes zu spielen ist für jedes Blasorchester etwas sehr besonderes! Die Ersten zu sein, die ein neues Werk spielen – das bald auf der ganzen Welt aufgeführt wird – ist ein ganz spezielles Gefühl für jede Musikerin / jeden Musiker!

Eine Uraufführung zu spielen setzt jedoch voraus, dass zuvor einem Komponisten ein Auftrag für eine Komposition erteilt wurde. Jedem Auftraggeber einer Komposition steht das Recht der Uraufführung zu. Und wirklich nur diesem!

Ein Jubiläum eines Musikvereins ist die Gelegenheit für so eine Auftragskomposition. Mit einer Auftragskomposition setzt sich der Musikverein selbst für die Zukunft ein Denkmal, denn auf der Partitur wird unter dem Titel der Auftraggeber und der Anlass genannt. Jedes Blasorchester, das in Zukunft das Werk aufführt, wird somit an den besonderen Anlass erinnert und der Auftrag gebende Musikverein wird über die Grenzen des Landes hinaus bekannt. Eine große Ehre also.

Uraufführung Devils Tower von Thomas Doss

Im April stehen die Uraufführungen von Devils Tower (Der Teufelsturm) von Thomas Doss und von The White Stone (Der Weiße Stein) von Jacob de Haan an.

Waldneukirchen / Bezirk Steyr
Waldneukirchen / Bezirk Steyr (Oberösterreich)

Auftraggeber von Devils Tower von Thomas Doss ist die Musikkapelle Waldneukirchen im Bezirk Steyr / Oberösterreich. Der Auftrag wurde anlässlich des 140-jährigen Jubiläums der Musikkapelle Waldneukirchen in Auftrag gegeben. Durch eine enge Zusammenarbeit von Komponist und Auftraggeber entstand eine etwa 10-minütige Komposition im Schwierigkeitsgrad 4. Thematisiert wird eine Sage über den Teufelsturm, der unweit der Gemeinde Waldneukirchen stand und von dem lediglich noch die Überreste des Burg-Brunnens zu sehen sind.

Das Werk ist teilweise sehr anspruchsvoll, aber auch sehr abwechslungsreich und basiert auf einer Sage über den Teufelsturm. Der Sage nach stand einst auf dem waldumsäumten Hügel eine Burg, die einen gar mächtigen und starken Turm hatte. In der Burg hausten weit und breit gefürchtete Raubritter, welche die unten auf der Straße vorüberziehenden Kaufleute überfielen, ausraubten und erschlugen, wenn sie sich zur Wehr setzten. Die Ritter wurden ausgerottet, die Burg verfiel, nur der Turm blieb stehen. Von diesem Turm ergriff der Teufel Besitz. Mit der Glocke, die im Turm hing, rief er nachts seine Leute zusammen. Um die Mitternachtszeit fuhr er mit Ross und Wagen unter weithin schallendem Getöse durch die Hölle, bis man ihm das Handwerk legte, indem man drei Kreuze aufstellte, an denen er nicht vorüber konnte. Nun gab der Teufel endlich Ruhe. Längs der Straße in der Ortschaft Höll stehen drei Kreuze, die mit dieser Sage in Verbindung gebracht werden: Das Höllerkreuz, das Höllerhäuslkreuz und das Heniflorkreuz. Nach einer anderen Sage soll den Teufel ein frommer Mönch fortgebannt haben, worauf dann der Teufelsturm versunken sei.

Interview mit dem Auftraggeber Musikkapelle Waldneukirchen

Dem Kapellmeister der Musikkapelle Waldneukirchen, Herrn Johannes Schörkhuber, habe ich zum Auftragswerk und dem Anlass ein paar Fragen gestellt:

Was hat Sie veranlasst, einen Kompositionsauftrag an Thomas Doss zu vergeben? Was ist der Anlass dafür?

„Der Anlass war das Jubiläumsjahr der Musikkapelle Waldneukirchen  – wir sind eigentlich ein Verein – die Kapelle jedoch feiert 2016 das 140-jährige Jubiläum.“

Warum ist Ihre Wahl auf Thomas Doss gefallen?

„Die Wahl ist auf Thomas Doss gefallen, da er ein oberösterreichischer Komponist ist, tolle anspruchsvolle Musik schreibt, die trotzdem auch einem breiten Publikum zugänglich ist und er eine sehr interessante Tonsprache in seinen Kompositionen hat.“

Wie gestaltete sich die Zusammenarbeit mit Thomas Doss im Vorfeld des Auftrags, bei der Besprechung des Auftrags und der Fertigstellung?

„Die Zusammenarbeit war sehr unkompliziert – hauptsächlich wurde per Mail kommuniziert.“

Im Werk wird die lokale Sage „Der Teufelsturm“ vertont. Können Sie mir bitte etwas über diese Sage berichten? Welchen Stellenwert nimmt diese Sage in Ihrer Region ein? Und warum wurde gerade diese Geschichte Gegenstand der Komposition?

 „Die Sage vom Teufelsturm beruht auf den Resten einer mittelalterlichen kleinen Wohnburg in unserer Gemeinde, die – mittlerweile durch archäologische Grabungen nachgewiesen, Teil einer Burgenkette im Steyrtal war. Diese Geschichten lernen auch schon die Schüler unserer Grundschule, wenn sie über die Geschichte unserer Gemeinde lernen. Die Idee war, eine dieser Geschichten vertonen zu lassen, da solche Kompositionen auch bei den Musikern unserer Kapelle sehr beliebt und diese auch bei Konzerten gut spielbar und vermittelbar sind.“

Wie war es, das Werk zum ersten Mal zu sehen und wie gehen die Proben voran? Wie sind die Reaktionen der Musikerinnen und Musiker?

„Das Werk ist für unser Orchester (Oberstufe) zum Teil sehr anspruchsvoll (schnelle Teile inklusive 5/4 Takt), aber auch sehr abwechslungsreich zu proben. Den Musikern gefiel dieses Werk vom ersten Moment an – Rhythmen, eingängige Melodien – sie haben sehr viel Freude damit! Am Samstag, den 2.4.2016 werden wir das Stück beim Jubiläumskonzert unserem Publikum vorstellen, eine Woche später werden wir es als Selbstwahlstück beim Konzertwertungsspiel präsentieren.“

Uraufführung The White Stone von Jacob de Haan

Pfarrmusik Dossenheim
Plakat zur Uraufführung von The White Stone

Die Uraufführung von The White Stone (Der Weiße Stein) von Jacob de Haan findet am 30. April 2016 in Dossenheim (bei Heidelberg) statt. Auftraggebendes Blasorchester ist die Musikkapelle der Pfarrgemeinde Dossenheim; Anlass dieser Auftragskomposition die 1250-Jahr Feier der Gemeinde Dossenheim. Es ist somit ein Geburtstagsgeschenk der Pfarrmusik Dossenheim an die Stadt.

Die Thematik von The White Stone basiert auch bei diesem Auftragswerk auf lokalen Gegebenheiten. Dieses Mal geht es um eine Erhebung über der Stadt Dossenheim, die der Weiße Stein genannt wird und der Anfang des Odenwaldes darstellt.

Hier eine kurze Werkbeschreibung:

The White Stone ist eine Komposition über die Gemeinde Dossenheim bei Heidelberg. Das Werk ist nach dem „Weißen Stein“ benannt, einem hohen Berg im Odenwald östlich von Dossenheim. Vom dortigen 23m hohen Aussichtsturm sinniert der Komponist über die Geschichte Dossenheims. Die einführenden Takte sind die Anfangsklänge aus der Heimatmelodie ‚Wie schön bist du mein Dossenheim‘ und stellen die schwierige Zeit dar, die Dossenheim in seiner Geschichte durchgemacht hat. Die Takte sind in Moll notiert. Dann hört man einen eindringlichen Rhythmus in einem verhältnismäßig langsamen Rockstil. Das englische Wort ‚Rock‘ korrespondiert hier mit dem deutschen Wort ‚Fels‘. Man erkennt das Hämmern im Dossenheimer Steinbruch, das Quietschen der Loren. Abwechselnd hört man das Glockenmotiv der katholischen Kirche von Dossenheim, das mit der Glockenmelodie von Westminster Abbey identisch ist. Die Töne klingen hier in Anbetracht der schweren Arbeit im Steinbruch aber noch etwas dissonant. Aus diesen Klängen entstehen dann immer schönere und großartigere Melodien, die den Aufschwung hörbar machen, der Dossenheim durch die Mechanisierung der Arbeit im Steinbruch zu Teil wurde. Der langsame Mittelteil vergegenwärtigt das romantische Element, die Lage Dossenheims am Fluss, dem Neckar. Eine schöne lyrische Melodie stellt die Schönheit des Ortes und seiner natürlichen Umgebung dar. Dann kommt das Glockenmotiv wieder zurück in einem festlichen Schlussabschnitt, in dem der 1250-jährige Geburtstag Dossenheims mit dem Glockenspiel der Kirche gefeiert wird. Als Apotheose hören wir schließlich die Klänge des Heimatliedes in all seinem Überschwang, mitgesungen von der ganzen Dossenheimer Bevölkerung. Der Ort hat den Lauf der Zeiten überstanden und feiert das mit Blasmusikklängen und Gesang, vom Komponisten einige Kilometer entfernt auf dem Turm des Weißen Steins in Fetzen mitgehört. Oder hört er es nur in seiner Phantasie?

Interview mit dem Auftraggeber von The White Stone

Über die Auftragskomposition habe ich mit dem 2. Vorsitzenden der Pfarrmusik Dossenheim, Herrn Tobias Pfeifer gesprochen:

Was hat Sie veranlasst, einen Kompositionsauftrag an Jacob de Haan zu vergeben?

„Ausschlaggebend war natürlich der Gedanke, zum Konzert 2016 etwas Besonderes – im Rahmen der 1250-Jahr-Feier der Gemeinde – aufzuführen. Im Konzert 2015 hatten wir großen Erfolg mit einem Werk de Haans, das er in ähnlichem Rahmen für eine Schwarzwaldgemeinde komponierte.“

Wie gestaltete sich die Zusammenarbeit mit Jacob de Haan im Vorfeld des Auftrags, bei der Besprechung des Auftrags und der Fertigstellung?

„Auf jeden Fall sehr unkompliziert. Nach einer Anfrage und der Bereitschaft, ein Werk zu komponieren wurden die finanziellen Rahmenbedingungen geklärt. Wir gaben ihm einen Überblick über die Besonderheiten der Gemeinde (Steinbrucharbeit, Naherholung mit “Weißer Stein”, Neckar und Rhein-Neckar-Metropolregion), sowie der Besonderheit, dass die katholische Kirche den Big Ben Glockenschlag stündlich erklingen lässt. Darüberhinaus kam er unserer Bitte nach, das Heimatlied Dossenheims am Ende thematisch zu verarbeiten. Wir standen die ganze Zeit in gutem E-Mail-Kontakt und Jacob de Haan zeigte sich sehr kooperativ.“

Im Werk wird die Geschichte von Dossenheim vertont. Welche Beziehung haben die Dossenheimer zum „Weißen Stein“, wie wichtig ist dieser Berg für die Dossenheimer?

„Der Weiße Stein ist ein beliebter Teil des Naherholungsgebiets und der Beginn des Odenwalds, und ähnlich wie die Weinberge und die Neckarnähe ein wichtiger Teil des Lebens für die Dossenheimer in diesem Bereich. Geschichtlich war der Beginn des Odenwalds, also Wald und Steinbruch das Arbeitsfeld der Dossenheimer, die viel im Wald gearbeitet hatten. Der Weiße Stein war quasi auch der Knotenpunkt vieler Wege in den Odenwald und zu seinen Gemeinden.

Es war sehr clever, das Stück so zu betiteln, da de Haan vom Turm auf dem Weißen Stein seinen Blick schweifen lässt über Dossenheim und seine Geschichte, über dunkle wie hellere Zeiten und den jetzigen Zustand – musikalisch sehr gekonnt auskomponiert. Von daher fällt es jedem Dossenheimer Zuhörer leicht, sich in diese Melodien hineinzuversetzen. Das Identifizierungspotential ist jedenfalls gegeben.“

Wie war es, das Werk zum ersten Mal zu sehen und wie gehen die Proben voran?

„Das war schon besonders, zum einen, weil es sehr spannend war, die musikalische Umsetzung zu hören, aber natürlich auch, ein unveröffentlichtes de-Haan-Werk auf dem Pult liegen zu haben. Die Proben kommen sehr gut voran, da de Haan ein Werk  für unser 50 Frau und Mann starkes Orchester zu schreiben, das dieses weder unter- noch überfordert.“

Die meisten Komponisten gehen auf die Wünsche der Auftraggeber ein. Lokale Besonderheiten, Geschichtliches, Sagen und Legenden werden von den Komponisten gerne als Thematik angenommen und aufgegriffen. Wobei bei sehr speziellen Wünschen, zum Beispiel im Bereich der Instrumentation, immer die Frage diskutiert werden muß, in wie weit diese speziellen Wünsche der Aufführung durch andere Blasorchester entgegen stehen. Es kann ja nicht im Interesse des Auftraggebers sein, dass das Werk für andere Blasorchester nicht aufführbar ist. Ebenso ist es für eine erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen dem Auftrag gebenden Blasorchester und dem Komponisten nicht förderlich, wenn eine Stilistik vom Komponisten verlangt wird, das nicht seiner musikalischen Welt entspricht. Jeder Komponist würde auch einen Auftrag ablehnen, wenn es mehr um das Event als um die Komposition geht und wenn eine gegenseitige Wertschätzung nicht garantiert ist. In gewisser Weise werden auch politische Themen von den Komponisten abgelehnt, oder wenn das Leid von Menschen monetarisiert werden soll.

Ich habe einige Komponisten gefragt, ob sie denn schon einmal unzufriedene Auftraggeber hatten. Das kommt sehr selten schon mal vor, allerdings wurde dann im Vorfeld nicht ausführlich und korrekt kommuniziert. Zum Beispiel überschätzen viele Dirigenten ihren Verein, geben beim Komponisten einen Schwierigkeitsgrad an, der vom Orchester nicht bewältig werden kann.

An der Finanzierung ist übrigens noch kein Kompositionsauftrag gescheitert. Für so eine Besonderheit finden sich in jeder Gemeinde die geeigneten Sponsoren. Eine neue Art der Finanzierung einer Auftragskomposition ist Crowdfunding.

Viele Banken bieten mittlerweile eine Form des durch die Bank subventionierten Crowdfunding an. Zu erwähnen sind hier in erster Linie die Volksbanken, die mit der Aktion „Viele schaffen mehr“ kulturellen Projekten eine finanzielle Chance bieten. Das Kreisjugendblasorchester des Blasmusikverbandes Ostalbkreis versucht momentan das Geld für eine Auftragskomposition an Otto M. Schwarz zusammen zu bekommen.

Kompositionsauftrag für Otto M. Schwarz finanziert durch Crowdfunding

Das Kreisjugendblasorchester blickt im Jahr 2017 auf sein 25-jähriges Bestehen zurück. Von Seiten des Blasmusikverbands Ostalbkreis entstand die Idee, eine eigene Komposition für das Kreisjugendblasorchester in Auftrag zu geben. Das Kreisjugendblasorchester ist schon sehr gespannt, wie Otto M. Schwarz mit seinem vielfältigen Können das UNESCO-Welterbe „Limes“ in Töne fassen wird. Für den historisch sehr interessierten Komponisten sicher kein Problem.

Die Welturaufführung der Komposition findet am Palmsonntag, 9. April 2017 im Rahmen des Jubiläumskonzertes „25 Jahre Kreisjugendblasorchester Ostalbkreis“ unter der Leitung des Komponisten statt.

Wenn Sie dieses Vorhaben des Kreisjugendblasorchester unterstützen möchten, dann folgen Sie bitte diesem Link:

https://vrbank-aalen.viele-schaffen-mehr.de/kjbo

Allen, die diesen wirklich langen Beitrag bis hierher gelesen haben ein herzliches Dankeschön. Wie Sie am Beitrag sehen, liegt eine Auftragskomposition für ein Blasorchester im machbaren Bereich. Es braucht etwas Vorlaufzeit, so etwa 1-3 Jahre, bis zur Realisierung der Komposition, da viele Komponisten lange im Voraus schon für Aufträge gebucht sind. Und von heute auf morgen schreibt kein Komponist ein Werk mit Anspruch.

Anfragen für Auftragskompositionen für Thomas Doss, Jacob de Haan, Otto M. Schwarz und anderen Komponisten wie zum Beispiel Johan de Meij, Hubert Hoche oder Siegmund Andraschek können direkt an das Management, dem Kulturservice Link gerichtet werden. Weitere Informationen: www.kulturservice.link

Alexandra Link

Musik ist ein sehr wichtiger Bestandteil meines Lebens. Musizierende Menschen zusammen zu bringen meine Leidenschaft.

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