Donnerstag, November 21, 2024
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Vorfreude auf den Blasorchester-Sommerkurs in Marktoberdorf mit Ferrer Ferran

In diesem Jahr fahre ich zum ersten Mal zum Blasorchester-Sommerkurs nach Marktoberdorf. Ich freue mich schon riesig darauf, weil ich Lust habe, mal wieder eine Woche lang nur zu Musizieren. Großartig ist, dass u. a. Ferrer Ferran dirigieren wird. Ich liebe seine Musik sehr und habe doch noch nie ein großes Werk von ihm gespielt. Noten werden vorher nicht verschickt. Es wird also spannend. Aber egal, ich bin ein alter Hase und sehr talentiert was das „Vom-Blatt-Spiel“ angeht. Ich sehe der Woche entspannt und mit Freude entgegen.

Interview mit dem Initiator Michael Kummer

Einer der Hauptinitiatoren und –organisatoren ist Michael Kummer. Ihm habe ich vergangene Woche ein paar Fragen gestellt, die er für den Blasmusikblog gerne ausführlich beantwortete:

Seit wann gibt es den Sommerkurs, was kannst Du uns zu seiner Geschichte erzählen, wie war die Entwicklung im Laufe der Jahre?

Die Internationale Sommerakademie für sinfonisches Blasorchester im Rahmen der Windrichtung ist eine Veranstaltung des Musikbundes von Ober- und Niederbayern e.V. in Zusammenarbeit mit der bayerischen Musikakademie Marktoberdorf. Sie besteht regelmässig seit 1989 mit einer Testphase im Jahr 1988. Ich war damals Bundesdirigent des MON und hatte mich schon jahrelang in den Sommerferien an der Canford Summer School for Music als Instrumentalist (Tuba) und Dirigent fortgebildet. Dort gab es eine weit gefächerte Struktur von verschiedensten musikalischen Kursen. Ich fand die Symphonic Wind Band immer besonders attraktiv und so entstand – auch durch die freundschaftliche Beziehung mit dem dortigen Dirigenten David Kendall – der Gedanke, etwas Vergleichbares in der noch jungen Musikakademie Marktoberdorf auszuprobieren. Im bayrischen Raum gab es damals im Sektor Blasmusik nichts Vergleichbares. Die Testphase verlief vielversprechend und so erfüllte der MON den Wunsch der Teilnehmer, das Unternehmen zu einer ständigen Einrichtung zu machen und regelmässig zu Beginn der bayerischen Sommerferien in Marktoberdorf durchzuführen. Nicht nur der damalige MON Präsident Heinz Wohlmuth, sondern auch der Akademiedirektor Dolf Rabus unterstützten das Vorhaben nach Kräften.

Welche Dirigenten / Komponisten waren schon beim Sommerkurs und was waren für Dich die besonderen Highlights in den letzten Jahren?

Im Gegensatz zum englischen Vorbild, das ganz auf einen Dozenten konzentriert war, wollte ich die Sache hier komplexer und wirkungsvoller aufbauen. So entstand das System, jährlich wechselnd einen international bekannten Gastdirigenten einzuladen und eine Anzahl von Dozenten für die Betreuung und Einstudierung der verschiedenen Register eines großen Blasorchesters sinfonischen Zuschnittes zu verpflichten. Als Konstante übernahm ich auch selbst einen Teil der Dirigiertätigkeit. In den ersten Jahren lud ich meinen englischen Freund und hervorragenden Dirigenten David Kendall alle 3 Jahre wieder ein. In den Jahren dazwischen kamen Persönlichkeiten wie die Amerikaner Barry Kolman, Eugene Corporon, Patrick Jones, James Barnes und Stephen Mellilo, der Schweizer Felix Hauswirth, die Luxemburger Roland Hensgen und Marco Pütz, die Belgier Jan van der Roost und Bert Appermont, die Niederländer Jacob de Haan, Pierre Kuijpers, Peter Kleine Schaars, die Österreicher Thomas Doss, Johann Mösenbichler, Alexander Veit aus Südtirol und die Engländer David Kendall, Timothy Reynish, Philip Wilby, Martin Ellerby und Guy Woolfenden. In den letzten Jahren waren die Gäste stets in Personalunion auch Komponisten. Die bayerische Musikakademie wurde zum Mitveranstalter und etablierte einen Komponisten-Workshop parallel zum Sommerkurs, womit sich gute Synergie-Effekte ergaben. Durch die große Anzahl an begeisternden Komponisten- und Dirigentenpersönlichkeiten fällt es schwer Highlights zu benennen, weil jeder Kurs auf seine Art einzigartig und sehr interessant war. Auf jeden Fall waren die pädagogischen Eindrücke von Melillo, Corporon und Jones sehr nachhaltig.

Vor welchen Herausforderungen steht das Orga-Team jedes Jahr, diese Orchesterwoche zu organisieren?

Die erste Herausforderung ist natürlich für den jeweils nächsten Kurs wieder in Absprache mit der Akademie einen interessanten Gastdirigenten zu gewinnen. Dann müssen die Dozenten für die Register verpflichtet werden. Nachdem die Mittel begrenzt sind und regelmäßig 7 Dozenten und 3 Dirigenten verpflichtet werden, geht das nur mit Personen, die den pädagogischen Eros vor den Verdienst stellen. Gottseidank ist hier über die Jahre ein Team gewachsen, das auch starke freundschaftliche Beziehungen als Grundlage hat. Die ganzen werbetechnischen und organisatorischen Vorbereitungen wie Notenmaterial und Einladungen, Zulassungen, Zeitpläne usw. liegen seit einigen Jahren in den Händen von Lena Lorenz, ohne deren massiven persönlichen Einsatz der Kurs nicht durchzuführen wäre. Allerdings spürt man in den letzten Jahren immer stärker Konkurrenz, da sich vergleichbare Einrichtungen immer mehr etablieren und der Personenkreis, die bei einem solchen „Spezial-Urlaub“ mitmachen können und wollen, nicht ebenso exponentiell steigt. So gibt es jedes Jahr bestimmte Register, in denen noch Bedarf besteht – die meisten Register sind allerdings in Kürze nach Beginn der Anmeldungsfrist gefüllt.

Was macht für Dich persönlich den besonderen Reiz des Sommerkurses aus?

Die Sommerakademie ist für mich die ideale Kombination aus einer begeisternden Musiziermöglichkeit und einem effizienten Aktiv-Urlaub. Jedes Jahr trifft man viele Freunde, aber auch neue interessante Personen. Die Arbeit mit internationalen Spitzenleuten ist natürlich eine besondere Motivation. Außerdem sind ja jedes Jahr Komponisten, die sich für das Medium „Blasorchester“ interessieren da, mit denen das direkte Erleben von neuen Impulsen auch sehr spannend ist. Absolut einzigartig ist die besondere Atmosphäre in der Musikakademie die sich am besten in dem Satz zusammenfasst: „Man fährt nicht nach Marktoberdorf – man kehrt zurück!“

Neben der Orchesterwoche finden in dieser Woche noch andere Kurse statt. Was wird in diesem Jahr geboten?

Wie schon erwähnt findet seit einigen Jahren zeitgleich der Komponisten-Workshop unter dem Dach der Akademieveranstaltung „Windrichtung“ statt. Die Kurse sind über den Gastdirigenten verzahnt und haben auch gemeinsame Aktivitäten wie z. B. die Klangprobe – eine zweistündige Probe, in der Werke der Komponisten ausprobiert werden können.

Wie ist der Kontakt zu Ferrer Ferran entstanden, in welcher Sprache kommunizierst Du mit ihm, welche seiner Werke schätzt Du besonders und welche seiner Werke werden in diesem Jahr beim Sommerkurs gespielt?

Ich habe ihn durch seine sehr umfänglichen Facebook-Aktivitäten näher beobachtet und fand das alles sehr interessant. Ich habe mit meinen Orchestern schon das eine oder andere Werk von ihm gespielt und bei der im Herbst beginnenden nächsten Projektphase mit dem Akademischen Blasorchester München mache ich ein größeres Werk namens „Pinocchio-Suite“ von ihm. Im Sommerkurs kommen zwei größere Werke von ihm zur Einstudierung – „L’Insurrection“ und „Die Abenteuer des kleinen Prinzen“ nach Saint-Exupéry. Ferrer spricht spanisch und italienisch d.h. im Sommerkurs werden wir zum Teil mit Dolmetscher arbeiten.

Wie sieht das restliche Konzertprogramm aus, welche Dirigenten und Dozenten stehen Dir zur Seite und wie ist die Probenarbeit organisiert?

Neben den Hauptwerken von Ferran wirken wie schon erwähnt 2 weitere Dirigenten mit den Werken für die erste Konzerthälfte. Das ist heuer Jochen Lorenz mit „Der Brand von Bern“ des Schweizer Komponisten Mario Bürki. Ich dirigiere einen Klassiker, die „Suite Française“ von Darius Milhaud. Die Probenarbeit läuft im Grundsatz so, daß jeweils vor der Gesamtprobe mit einem der Dirigenten eine ausführliche Registerprobe vorangestellt wird. Nachdem ja niemand vorher üben kann, muss die ganze Arbeit vor Ort gemacht werden und das geht so am effektivsten. Neben Jochen, der die Trompeten coacht sind noch das Ehepaar Constanze und Bernhard Betzl für die Flöten/Oboen und Schlagzeug, Thomas Rippinger für den Klarinettenchor, Udo Appel für das Saxophonregister, Pit Keller für den Hornsatz und dieses Jahr erstmalig Franz Haidu für das tiefe Blech im Einsatz.

Woher kommen in diesem Jahr die Teilnehmer, wie ist die Altersstruktur, wie ist das Verhältnis „Stammspieler“ zu „Neulingen“ und wie ist gewährleistet, dass die Teilnehmer das zu spielende Programm auch bewältigen?

Die Teilnehmer kommen aus allen Teilen Deutschlands, schwerpunktmäßig aus Bayern, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Hamburg sowie aus dem benachbarten Ausland. Die Altersstruktur ist gut gemischt, d.h. von 16 bis 70 mit dem Schwerpunkt auf zwischen 20 und 40 ist alles anzutreffen. Es gibt viel Wiederkehrer – allerdings ist es mein Anliegen auch im Idealfall 50% neuen Teilnehmern die Möglichkeit zu geben, dabei zu sein. Es soll ja gerade kein Auswahl-Orchester etabliert werden.

Auf was freust Du Dich in diesem Jahr am Meisten und was möchtest Du uns sonst noch über die Orchesterwoche in Marktoberdorf erzählen?

Natürlich über unseren Gast Ferrer, dessen Musik ich sehr schätzen gelernt habe und weil ich sehr neugierig auf ihn persönlich bin. Zum anderen auf das Wiedersehen mit vielen Freunden und die Spannung mit vielen Musikbegeisterten arbeiten zu können. Und auf viele schöne persönliche Erlebnisse unter anderem beim mittwöchlichen Hoffest – was gesellschaftlich natürlich immer ein Höhepunkt ist.

Gibt es noch „Lücken“ im Orchester, die Du vor Beginn des Sommerkurses gerne noch gefüllt haben möchtest und wie können sich Interessierte noch anmelden?

Das Orchester ist ziemlich ausgeglichen und reichlich besetzt. Kurzfristig mitmachen könnten noch 1 Esklarinettenspezialist, 1 B-Klarinette, eventuell 2 Trompeten, eine oder maximal 2 Tuben und ebensoviel Schlagzeuger. Kurzfristige Interessenten melden sich am besten direkt bei mir unter kummer@mac.com.

Herzlichen Dank, Michael Kummer, für die Antworten!

 

Über Michael Kummer

Michael Kummer
Michael Kummer

Michael Kummer (*1953) ist freischaffender Dirigent und Instrumentallehrer und lebt in Grünwald, südlich von München. Er ist Gründer des Akademischen Blasorchester München, leitet die Stadtkapelle Wasserburg am Inn und das Blasorchester Grünwald. Außerdem wirkt er als Dirigent und Dozent bei internationalen Fortbildungs- und Orchesterwochen. Er engagierte sich 25 Jahre lang als Bundesdirigent und Vizepräsident für den Musikbund von Ober- und Niederbayern MON.

Weitere Informationen zum Sommerkurs

Der Sommerkurs findet vom 1. – 9. August 2015 in der Musikakademie Marktoberdorf statt. Den Abschluss dieser Veranstaltung bildet ein öffentliches Konzert, zu dem am Samstag, den 8. August 2015 um 20.00 Uhr im Konzertsaal der Musikakademie alle Interessierten herzlich eingeladen sind! Weitere Informationen gibt es auf der Homepage des Sommerkurses: http://sommerkurs.jochenlorenz.com/Sommerkurs2015/Aktuelles.html.

Während des Sommerkurses halte ich Euch über meine Erlebnisse und die Fortschritte des Orchesters über den Blasmusikblog auf dem Laufenden.

Alexandra Link

Musik ist ein sehr wichtiger Bestandteil meines Lebens. Musizierende Menschen zusammen zu bringen meine Leidenschaft.

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