Eigennutz versus Kooperation im Musikverein
An manchen Tagen könnte ich von meinem blasmusikalischen Glauben abfallen.
Wenn ich sehe, dass in Musikvereinen einzelne persönliche Interessen vor der Gemeinschaft, der optimalen Ausbildung der Jungmusiker und der Möglichkeit durch Kooperation den jungen Musikern ein Orchestererlebnis zu ermöglichen stehen, könnte mir fast der Kragen platzen.
Ich möchte Euch heute die Geschichte erzählen von einem Dorf in Südbaden mit drei Teilorten. Seit 10 Jahren gibt es dort eine Kooperation zwischen den Musikvereinen der Teilorte, der Grundschule (für diese drei Teilorte) und der Gemeinde. In der ersten Klasse gibt es ein gemeinsames Angebot mit der Musizierklasse, in der zweiten Klasse gibt es die Blockflötenklasse und in der dritten und vierten Klasse jeweils eine Bläserklasse mit einem professionellen Bläserklassenleiter.
Im Anschluss an die Bläserklasse wurde bisher eine gemeinsame Jugendkapelle mit den Jungmusikern aus den drei Musikvereinen der Gesamtgemeinde gebildet. Dieses Jugendorchester konnte, Dank der kontinuierlichen Arbeit in den Bläserklassen, in einer großen ausgewogenen Besetzung spielen.
Nun hat einer dieser drei Vereine beschlossen, dass sie ihre Kinder aus dieser gemeinsamen Jugendkapelle abziehen. Sie wollen ihren Zöglingen ein viel tolleres Konzept bieten und zwar mit dem Dirigenten des Vereins, der zufällig eine eigene private Musikschule hat.
Ende der Kooperation mit der gemeinsamen Jugendkapelle.
Acht Kinder spielen nun in der neu gegründeten „Juka“ in diesem Teilort. Ein Witz, das so zu nennen. Dass die Vorstandschaft dieses Musikvereins dies so unterstützt und nicht schaut, dass ihren Zöglingen optimale Bedingungen geboten werden ist sehr kurzsichtig gedacht. Das Projekt sowieso zum Scheitern verurteilt. Und die Leidtragenden sind die Kinder, die ursprünglich mal motiviert waren in einem Blasorchester zu spielen.
Ob der Gedanke aufgeht, dass diese Kinder dann eher in den Musikverein wechseln, als dies zuvor mit der Kooperationsjugendkapelle geschah, wage ich sehr zu bezweifeln. Hier spielen andere Faktoren eine Rolle. Zum Beispiel Qualität und Attraktivität des Musikvereins.
Schön jedoch, dass in der gemeinsamen Jugendkapelle der zwei verbliebenen Teilorte mittlerweile 32 Kinder- und Jugendliche – aufgestockt mit ein paar Älteren – im Projekt „Wertungsspiel Frühjahr 2017“ zusammen spielen. Und wenn die Eltern des abgespalteten Vereins schlau sind, lassen sie ihre Kinder auch weiterhin in der großen Gemeinschaft inmitten ihrer Schulfreunde musizieren.