Internationaler Dirigentenwettbewerb in Würzburg

Internationaler Dirigentenwettbewerb des Nordbayerischen Musikbunds e. V. in Zusammenarbeit mit der Hochschule für Musik Würzburg

18 junge Dirigenten*innen stellten sich vom 22. bis 24. Februar 2018 in der Hochschule für Musik Würzburg einer Internationalen Jury. Der Nordbayerische Musikbund und sein Bundesdirigent Prof. Ernst Oestreicher hatten in Zusammenarbeit mit der Hochschule für Musik Würzburg diesen Internationalen Dirigentenwettbewerb ausgeschrieben. In 3 Runden hatten die Teilnehmer*innen unterschiedliche Anforderungen zu bewältigen.

Herzlichen Glückwunsch an Tobias Haussig und Marvin Stutz!

Die Jury hat unter dem Vorsitz von Isabelle Ruf-Weber aus der Schweiz keinen 1. Preis ausgelobt. Der 2. Preis ging an Tobias Haussig aus Esslingen, der 3. Preis wurde an Marvin Stutz aus Karlsruhe vergeben.

Marvin Stutz durfte sich darüber hinaus über den Orchesterpreis freuen, den das Nordbayerische Jugendblasorchester (NBJBO), das bei den Dirigaten und Proben den Teilnehmern*innen zur Verfügung stand, ausgelobt hatte. Er darf zusammen mit dem künstlerischen Leiter des Orchesters Prof. Ernst Oestreicher im Sommer bei der nächsten Projektphase das Orchester leiten.

Beide Dirigenten durften im abschließenden Preisträgerkonzert das NBJBO dirigieren.

Eindrücke von Timor Oliver Chadik (Juror), Tobias Haussig (2. Preis) und Marvin Stutz (3. Preis)

Da ich selbst in Würzburg nicht dabei sein konnte habe ich Juror Timor Oliver Chadik und die beiden Preisträger Tobias Haussig und Marvin Stutz gebeten, ihre Erlebnisse und Eindrücke vom Wettbewerb zu beschreiben.

Timor Oliver Chadik
Timor Oliver Chadik

Timor Oliver Chadik

„Der 1. internationale Dirigentenwettbewerb speziell für junge Dirigenten von Blasorchestern war aus meiner Sicht als Teil der Jury ein voller Erfolg, da hier vor allem ein noch fehlender Baustein der Blasmusikszene Deutschlands hinzugefügt werden konnte. Die jungen Dirigenten haben in den insgesamt drei Runden ihr Können auf ganz unterschiedliche Weise zeigen können und es wurden in den Runden verschiedenste Aspekte der Tätigkeit eines Dirigenten abgefragt.

In der 1. Runde stand das Begleiten eines Solokonzertes auf dem Programm, quasi die Königsdisziplin des Dirigierens, kommt es doch hierbei darauf an, die Intention des Solisten aufzunehmen und auf die Begleitung im Sinne einer engen künstlerischen Zusammenarbeit zu übertragen. In der 2. Runde bestand für die 9 Kandidaten die Aufgabe darin, die beiden Werke „Lied ohne Worte“ von Rolf Rudin und „Jubilee Overture“ von Philip Sparke mit einem für sie fremden Orchester ohne vorherige Probe und Absprachen zu dirigieren. Eine Situation und Praxis, die eher bekannt aus der Tätigkeit eines Kapellmeisters an der Oper ist, wenn kurzfristig Aufführungen ohne Probe übernommen werden müssen. Hierbei galt es, durch Mimik, Gestik und Schlagtechnik das Orchester z.B. bei den Übergängen in der „Jubilee Overture“ sicher zu führen und bei „Lied ohne Worte“ durch ein inspiriertes und musikalisches Dirigat zu beflügeln. Interessant hierbei war es sowohl für die Jury als zum Beispiel auch für den unter den Zuhörern anwesenden Komponisten Rolf Rudin zu sehen, inwiefern und inwieweit sich durch die verschiedenen Persönlichkeiten und Dirigierstile der einzelnen Kandidaten die Musik und der Klang des Orchesters verändert hatte. In dieser Runde zeigte sich dann schon sehr klar, welche Kandidaten über die technischen Aspekte des Dirigierens hinaus bereits über die Freiheit im Schlag verfügten, musikalisch zu gestalten und das Orchester auf eben dieser Ebene zu begeistern und neugierig zu machen. In der 3. Runde mussten die verbliebenen 4 Kandidaten eine knappe Stunde proben und das Orchester und die Jury auch hierbei mit ihrem Probenkonzept, ihrer persönlichen Herangehensweise und ihrer musikalischen Arbeit überzeugen. Auch hier war schön zu sehen, wie die Person des Dirigenten an sich, die Persönlichkeit, das Auftreten und der individuelle Ausdruck großen Einfluss auf den Verlauf der Probe hatten. Dies vor allem unter dem Aspekt, dass dem Orchester alle Werke sehr gut bekannt waren und auf diese Weise wirklich musikalisch geprobt werden konnte.

Als Orchester hat in allen drei Runden in verschieden großen Besetzungen das Nordbayrische Jugendblasorchester fungiert, welchem ich an der Stelle ein ganz großes Kompliment machen möchte, da es in jeder der drei Runden immer mit höchster Konzentration und einem unbändigen musikalischen Interesse allen Kandidaten gefolgt ist und deren Vorstellungen hörbar gemacht hat. Insbesondere die sofort hörbare klangliche Umsetzung und Veränderung abhängig vom jeweils leitenden Dirigenten war für alle Zuhörer, aber sicherlich auch für die Musiker eine bereichernde und interessante Erfahrung. Für die Dirigenten bestand in der Zusammenarbeit mit diesem ausgezeichneten Orchester während des Wettbewerbes die Herausforderung darin, das Orchester ständig musikalisch zu fordern und selbst kleinste Details aus ihm heraus zu kitzeln.

Ich persönlich empfand in erster Linie diesen Wettbewerb für die jungen teilnehmenden Dirigenten als eine große Chance Erfahrungen zu sammeln, die auch über die eigenen in der regelmäßigen Arbeit mit einem Musikverein hinaus gehen. Vor allem auch die Chance zu haben, andere Dirigentenkollegen bei der Arbeit beobachten zu können und sich mit ihnen über die eigenen Eindrücke, über die Musik und das Dirigieren an sich austauschen zu können. Der Wettbewerb war und sollte eine große Plattform der Kommunikation mit den anderen Dirigenten und auch den Juroren sein. Insbesondere die nach den einzelnen Runden angebotenen und stattgefundenen Jurorengespräche, in denen jeder Kandidat die Möglichkeit hatte, ein persönliches Feedback von der Jury zu erhalten, ist bei einem Wettbewerb dieser Art eine einmalige und eben nicht selbstverständliche Sache. Das Jurorengespräch ist aus meiner Sicht ein so immens wichtiger Bestandteil des Wettbewerbes auch im Sinne eines Rückblickes für die Teilnehmer gewesen, welches den jungen Dirigenten hoffentlich einen in vielen Punkten sicherlich bestätigenden, bei manchen Aspekten vielleicht auch einen neuen und verändernden Blick auf das eigene Dirigieren geben soll.

Ich möchte an der Stelle den beiden Preisträgern des Wettbewerbes, Tobias Haußig und Marvin Stutz, noch einmal ganz herzlich zu ihrem tollen Abschneiden gratulieren und ihnen sowie allen anderen Teilnehmern für ihre musikalische Zukunft alles Gute und viel Erfolg wünschen. Ich persönlich wünsche mir für die Blasmusikszene in Deutschland, dass es in dieser Art in regelmäßigem Abstand einen Wettbewerb zukünftig geben wird, der den jungen Dirigenten eine Plattform bietet, sich zu präsentieren und sich vor allem miteinander auszutauschen und zu vernetzen.“

Tobias HaussigTobias Haussig

Die Suche nach Herausforderungen hat mich schon immer angetrieben und ich verspüre eine große Lust, neue Dinge auszuprobieren. Ein breites Repertoire vorzubereiten und dadurch die Werke intensiv zu studieren, was man bei einem Wettbewerb doch sehr genau macht, ist eine reizvolle Aufgabe. Von meinen Musikern fordere ich immer, sich aus der Komfortzone heraus zu bewegen, weil die meisten zauberhaften Momente in der Musik genau dort passieren. Diesen Anspruch formuliere ich natürlich auch an mich persönlich. In jedem Wettbewerb steckt eine große mentale Herausforderung: die eigene Haltung, die Motivationsfähigkeit, das Austesten der eigenen Grenzen, Potenziale und Defizite erkennen, das Entwickeln von Visionen. Das sind alles Themen, die mich als (frei-schaffender) Künstler in der täglichen Arbeit interessieren.

Die Organisation des Wettbewerbs war ganz ausgezeichnet, alle Abläufe waren gut strukturiert und man wusste immer, wann man dran ist und was man zu tun hat. Das erzeugt sofort das Gefühl von Transparenz und Gerechtigkeit. Ein großer Dank gilt an dieser Stelle Ernst Oestreicher und Oskar Schwab, die Ihr Leben der Musik verschrieben haben. Wenn ich solche Menschen treffe und kennen lernen darf, mache ich mir keine Sorgen über die Zukunft der Blasmusik in Deutschland.

Ich war in den einzelnen Runden sehr fokussiert, wie „im Tunnel“ und konnte danach nie sagen, wie es war. Das war für meine Verlobte mitunter schwierig, weil sie natürlich an den unterschiedlichen Erlebnissen teilhaben wollte. Dass der innere Druck mit jeder Runde erheblich steigt, ist, denke ich, klar. Aber so weit zu kommen ist einfach eine große Chance, der ich dann eben auch gerecht werden wollte. Ich möchte nicht verschweigen, dass dazu auch eine gehörige Portion Glück gehört bei dieser starken Konkurrenz. Aber damit habe ich mich nicht beschäftigt.

In der Vorbereitung auf den Wettbewerb durfte ich schon mit sehr erfahrenen Musikern zusammen arbeiten, die mir viele Tipps geben konnten, wie man mit solchen Situationen am besten umgeht.

Hängen geblieben sind vor allem: Genieße es, Genieße es noch mehr und tauche in die Musik ein, bewahre Deine Haltung, mache Musik! – Das hat mir sehr geholfen.

Das Miteinander unter den Kollegen hat hervorragend funktioniert und es gab vom ersten Tag an regen Austausch, was erstens unter Dirigenten und zweitens auf einem Wettbewerb nicht selbstverständlich ist. Zum Teil kennt man sich natürlich untereinander, aber ich habe auch viele neue Kollegen kennen und schätzen gelernt. So bekommt man z.B. Anregungen für Fortbildungen, Hospitanzen oder gute Standorte für ein Studium in Blasorchesterleitung sowie Einblicke in die unterschiedlichen Tätigkeitsfelder der Dirigenten und die unterschiedlichsten Herausforderungen, die an einen Dirigenten gestellt werden können.

Für mich liegt der größte Erfolg im Prozess der intensiven Vorbereitung und des Wettbewerbs an sich. An dieser Erfahrung bin ich gewachsen und nehme viel daraus mit.

Die Bläserphilharmonie Aachen hat mir eine Probe geschenkt, in der wir alle Werke aus der 2. und 3. Runde angespielt haben. Diese Unterstützung und Wertschätzung zu spüren, war ein großartiges Gefühl. Die Simulation der 1. Runde mit Profimusikern (Deutsche Oper, Staatsorchester Stuttgart) war auch eine ganz tolle Erfahrung. So habe ich einen tiefen Einblick in die Bedürfnisse von Solisten bekommen, das nehme ich gerne mit für die nächsten Solokonzerte, die ich begleiten darf.

In dem intensiven Dirigierunterricht im Vorfeld und beim Lernen der Partituren habe ich sehr viele neue Impulse erhalten und tolle Musik kennen gelernt.

Am Ende bleibt aber die Erkenntnis, dass die Musik und der musikalische Ausdruck das Wichtigste sind. Menschen durch die Musik zusammen zu bringen, ist die wohl wichtigste Aufgabe eines Dirigenten.“

Marvin StutzMarvin Stutz

„Wenn ich eines im Laufe meiner noch jungen Dirigentenlaufbahn gelernt habe, dann dass Dirigieren ein ganz persönliches, subjektiv unterschiedlich empfundenes Handwerk ist. Jeder Mensch und damit auch jeder Dirigent denkt, fühlt und bewegt sich anders. Deswegen ist es schon von Natur aus schwierig verschiedene Dirigenten zu vergleichen oder gar zu beurteilen. Warum sollte man also an einem Wettbewerb teilnehmen, der genau diese (eigentlich unvergleichbaren) Eigenschaften vergleicht?

Letztendlich war es Douglas Bostock, den ich im Rahmen einer Masterclass an der WASBE Konferenz 2017 in Utrecht kennengelernt habe, der mich dazu bewegt hat am Internationalen Wettbewerb für junge Dirigenten in Würzburg teilzunehmen. Neben seiner Empfehlung waren es auch die Gründe Ernst Oestreichers für die Veranstaltung dieses Wettbewerbs. Eine Standortbestimmung für uns junge Dirigenten auch mit Hilfe des, wie sich im Nachhinein herausgestellt hat, exzellenten Feedbacks der Fachjury um Isabell Ruf-Weber sowie die Vernetzung in der Dirigentenszene untereinander. Unabhängig vom Endresultat hat sich der Trip nach Würzburg schon allein deshalb gelohnt. Die vielen neuen Bekanntschaften, inspirierenden Gespräche und der Gedankenaustausch mit den Kollegen waren genauso ein Gewinn für mich, wie die Preise selbst.

Der Wettbewerb selbst hat sich als überaus angenehm dargestellt. Selten habe ich erlebt, dass Zeitpläne eines Wettbewerbs so genau eingehalten werden konnten, was durchaus auch zur nervlichen Beruhigung der Teilnehmer beigetragen hat. Sowohl Ernst selbst als auch das gesamte Team um ihn herum zeigte sich stets hilfsbereit und fürsorglich für uns Kandidaten. Zwischen den einzelnen Wettbewerbsrunden blieb genügend Zeit für einen lockeren Austausch untereinander, sodass eine starker „Konkurrenzkampf“ aus meiner Sicht überhaupt nicht zu spüren war. Auch wenn ich es, wie oben erwähnt, sehr schwer finde Dirigenten miteinander zu vergleichen, so war das Ergebnis durch die Struktur des Wettbewerbs, nämlich durch die Staffelung in drei Runden, die ihren Fokus jeweils auf verschiedene dirigentische Aspekte legten, so objektiv wie möglich. Dafür gebührt dem „Kopf“ dieses Wettbewerbs, Ernst Oestreicher, ein zusätzliches Lob.

Dass es für mich persönlich zu dem 3. Preis der Fachjury, sowie zum Preis des Nordbayerischen Jugendblasorchesters gereicht hat, freut mich natürlich ungemein. Ich freue mich schon sehr, auf die gemeinsame Arbeitsphase sowie das anschließende Konzert mit diesem fantastischen Orchester! Abschließend möchte ich mich recht herzlich bei Ernst Oestreicher für wahrscheinlich unzählbaren Organisationsstunden bedanken, dem Orchester für zwei sehr lange, anstrengende Wettbewerbstage sowie dem wunderbaren Abschlusskonzert, der Jury für Ihre Arbeit und dem mir wohlwollenden Urteil, sowie all den weiteren, teilweise neu kennengelernten tollen Kollegen dieses Wettbewerbs.“

Ein herzliches Dankeschön an Timor Oliver Chadik, Tobias Haussig und Marvin Stutz für ihre Beiträge für den Blasmusikblog.com!

 

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Musik ist ein sehr wichtiger Bestandteil meines Lebens. Musizierende Menschen zusammen zu bringen meine Leidenschaft.

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