Wir arbeiten alle gemeinsam am Musikverein
Oder: Der Verein ist das Team
Habt Ihr Euren Musikerinnen und Musikern schon einmal die Frage gestellt, was für sie persönlich das Besondere am Musikverein ist? Vermutlich nicht. Es sei Euch als Vereinsverantwortliche jedoch sehr empfohlen, genau dies einmal zu tun.
Warum? Weil es Euch Einblicke gibt, was Eure Gemeinschaft zusammenhält und warum Eure Musiker:innen im Orchester spielen. Und was macht Ihr mit diesen Einblicken? Nun, dazu müssten wir erst einmal wissen, was die Musiker:innen antworten… Die Frage „Was ist für Dich das Besondere an Deinem Musikverein?“ stelle ich in fast jedem Workshop in Musikvereinen oder bei Vereinsverantwortlichen in Verbands-Workshops. Deshalb müssen wir hier nicht in die Glaskugel schauen, sondern ich kann Euch genau sagen, was Eure Musiker:innen antworten werden. Zusammengefasst sind es überwiegend zwei Gründe. Zum einen natürlich der Spaß und die Freude am gemeinsamen Musizieren. Die Musik ist der Grund, der unsere Musikvereinsgemeinschaften bildet. Gleichermaßen genannt wird aber auch die Gemeinschaft, einhergehend mit der Kameradschaft und der Geselligkeit. Dieser Grund geht auch oft einher mit der positiven Erkenntnis, dass wir diese Kameradschaft, Gemeinschaft und Geselligkeit generationenübergreifend in unseren Musikvereinen leben. Auf dem Sportplatz geht das nicht. In einer Fußballmannschaft spielt die 16-jährige Julia nicht zusammen mit dem 68-jährigen Kurt. Und bei uns sitzt auch keiner auf der Ersatzbank.
Stellt Ihr fest, dass nacheinander die Spieler:innen Eures Ensembles aufhören, dass der Probenbesuch schlecht ist, dass allgemein eher eine schlechte Stimmung herrscht, es an außermusikalischen Aktivitäten fehlt und anderes, sind die beiden Pole Musik und Gemeinschaft/Geselligkeit/Kameradschaft genau die Stellschrauben, an denen Ihr zuerst drehen müsst. Dabei hilft es Euch auch, die Grafik Spannungsfeld Musikverein anzusehen:
Wir brauchen also zunächst eine Mission. Was wollen wir mit unserer Musik? Auf welche Konzerte und Auftritte proben wir hin? Wie wollen wir die Gemeinschaft stärken? Und so weiter. Alles was wir tun, müssen wir gut machen! Wir brauchen also einen hohen Qualitätsanspruch – auch in beiden Gebieten: Musik und Gemeinschaft. Hinzu kommt bei der Qualität auch noch eine gute Organisation bzw. ein zeitgemäßes Vereinsmanagement und eine gute Jugendarbeit. Zum Vereinsmanagement später mehr. Schließlich steckt in diesem Spannungsfeld noch die Wirtschaftlichkeit. Wir können nur tun, was wir uns leisten können. Andererseits verbreitert sich die finanzielle Basis, wenn unsere Mission in der entsprechenden Qualität gelingt.
Nehmen wir uns jetzt einmal das Beispiel „schlechter Probenbesuch“ vor. Warum kommen die Leute nicht in die Probe? Probe hat direkt mit der Musik zu tun. Also müssen wir analysieren, in wie weit die Musik mit der Tatsache zusammenhängt, warum die Leute nicht kommen. Punkte können der/die Dirigent:in sein, das Repertoire, die Mitmusiker, kein Ziel bzw. Konzert auf das hingearbeitet wird, usw.
Ein weiteres Beispiel. Vielleicht nehmt Ihr unterschwellig ein gewisses Rumoren wahr. Es wird „hintenrum“ geredet, viel kritisiert und nicht immer in einer konstruktiven Weise. Es gibt den ein oder anderen Motzer. Ein Problem, das in das Feld „Gemeinschaft“ fällt. Was hält die Gemeinschaft also zusammen? Genau: In erster Linie die Kommunikation. Knistert es im Karton, dann ist es ein sicheres Zeichen, dass mit der allgemeinen Kommunikation etwas nicht stimmt. Unruhe entsteht meist dann, wenn sich die Mitglieder uninformiert fühlen. Oder wenn sie lediglich Entscheidungen vom Vorsitzenden mitgeteilt bekommen ohne Hintergründe zu kennen. Wir treffen uns zwar immer zum Proben, aber der mündliche Austausch, die „echte“ Kommunikation kommt oft zu kurz. In den Proben wird musiziert bzw. geprobt. Es gibt in den Proben zwar entweder in der Pause oder am Ende die Vorstandsminute. Eine echte Kommunikation, der Austausch unter- und miteinander, ist hier aber auch nicht immer möglich. Entweder ist die Zeit zu kurz oder die Leute sind nach der Probe nicht mehr aufnahmefähig oder müde. Nach der Probe sitzen viele Musiker:innen natürlich noch bei einem Kaltgetränk zusammen, aber nicht alle. Manche müssen am nächsten Tag früh raus und gehen deshalb direkt nach der Probe. Wir sehen: Hier müssen wir Gelegenheiten schaffen. Deshalb sind auch die außermusikalischen Aktionen so wichtig. Dass diese gewollt sind, sehen Sie an den Antworten zu der Frage „Was ist das Besondere an Deinem Musikverein?“. Eine richtig gute Gelegenheit, einmal den Verein zu durchleuchten und Defizite oder Verbesserungspotential zu entdecken, ist eine Zukunftswerkstatt. Die Zukunftswerkstatt hört mit dem Besprechen der Probleme jedoch nicht auf, sondern alle Teilnehmer:innen suchen gemeinsam, aktiv nach Lösungsideen und bringen an diesem Workshoptag einige Maßnahmen auf den Weg. Wer sich für eine Zukunftswerkstatt interessiert, liest hier nach: Zukunftswerkstatt – der Boost für Ihren Musikverein oder schreibt mir eine Mail an: alexandra@kulturservice.link. Anrufen geht natürlich auch: +49 (0) 171 3588300.
Der Musikverein ist der Ort, an dem wir einen Teil unserer Freizeit verbringen. Hier wollen wir keinen Ärger, sondern Spaß und gute Laune. Deshalb reicht es leider auch nicht aus, die Gelegenheiten zur Kommunikation zu bieten. Wir müssen uns schon eine offene, positive, wertschätzende Kommunikation auf die Fahnen schreiben. Quasi uns selbst als Kommunikationskultur in einem Kodex – der auch Haltungen zu Anwesenheit und Pünktlichkeit enthalten sollte – verordnen.
Was lernen wir daraus? Musik und Gemeinschaft (einhergehend mit der offenen, positiven, wertschätzenden Kommunikation) sind die beiden wichtigsten Gründe für die Bindung der Musiker:innen an den Musikverein. Fehlt die Bindung, drehen wir an diesen Stellschrauben, unter Mithilfe der Grafik des Spannungsfeld Musikvereins, zuerst.
Es gibt jedoch, wie oben auch schon kurz erwähnt, eine weitere Stellschraube für das gute Funktionieren unserer Musikgemeinschaft: Die Organisation bzw. das Vereinsmanagement. Viele Vereine haben noch Vorstandschaften wie es sie in den letzten 120 Jahren schon gibt. Das Vorstandsmodell sieht einen ersten, einen zweiten Vorsitzenden vor, einen Schriftführer, einen Kassenwart und mehrere passive und aktive Beisitzer. Was den Verein betrifft: Die Vorstandschaft „schafft“, die Musiker:innen kommen mehr oder weniger zum Musizieren. Innerhalb der Vorstandschaft gibt es dazu noch eine Hierarchie. Von oben herab werden quasi die Aufgaben delegiert. Alle anderen warten mehr oder weniger ab, ob eine Aufgabe für sie abfällt oder nicht. Jeder, der eine außermusikalische Aufgabe hat, ist jedoch sehr viel näher an den Verein gebunden als jemand, der kein Vorstandsamt oder einen Posten innehat. Das seht Ihr an Euch selbst: Ihr, als Vereinsverantwortliche sind sehr viel näher am Verein als ein Musiker, der nur in die Proben und zum Auftritt kommt. Ein guter Grund also, sich die Grundsätze und Prinzipien des Teambasierten Vereinsmanagement zu eigen zu machen. Eines der Prinzipien des Teambasierten Vereinsmanagements ist: „Jeder hat eine außermusikalische Aufgabe – gemäß seinen Kompetenzen und seiner zur Verfügung stehenden Zeit“. Der Hauptgrund für die Einführung des Teambasierten Vereinsmanagements, die Verantwortung und die Aufgaben auf viele Schultern zu verteilen, wird also noch mit dem Vorteil ergänzt, dass die Mitglieder automatisch näher an den Verein gebunden sind.
Einen letzten Gedanken möchte ich Euch in diesem Zusammenhang noch mitgeben. Es ist ein weiteres Prinzip des Teambasierten Vereinsmanagements, gilt aber für alle Vereine, egal mit welcher Vorstandsstruktur: „Wir arbeiten alle gemeinsam am Verein – musikalisch und organisatorisch“. Um den Verein nach vorne zu bringen und ihn für die Zukunft fit zu machen, brauchen also alle Mitglieder nicht nur zum Musizieren, sondern auch für die Erledigung der notwendigen Aufgaben. Der Verein ist das Team!
Eingangs hatte ich Euch die Frage gestellt, ob Ihr Euren Musiker:innen schon einmal die Frage gestellt haben: „Was ist für Dich das Besondere an unserem Musikverein?“. Teile in der nächsten Probe einfach mal Moderationskarten und Stifte aus. Lasst Eure Musiker:innen in Stillarbeit diese Frage schriftlich beantworten. Anschließend lasst die Karten vorlesen und an die Wand heften. Weist dann darauf hin, dass der Musikverein beide Seiten braucht: Die Musik und die Gemeinschaft. Ein positiver Aspekt dieser Übung: Jeder weiß wieder einmal, was er an Eurer Musikgemeinschaft hat, jeder merkt wieder einmal, wie toll der Verein ist und die gute Laune entsteht ganz automatisch.
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