Konzert mit der Bläserphilharmonie Süd-West am 10. August in Kaiserslautern
Solistin (Klarinette): Margreet Houtmann
Programm:
Die Bläserphilharomie Süd-West ist, wie der Name schon sagt, im Südwesten Deutschlands beheimatet und hat ihren Sitz im Kerngebiet Rheinland-Pfalz.
In den Anfangsjahren des Orchesters kamen die meisten Musiker- und Musikerinnen auch genau aus diesem Kreis. Mittlerweile ist die Frage, wo genau die Bläserphilharmonie beheimatet ist, schwieriger zu erklären – obgleich ihr Sitz sich weiterhin in Rheinland-Pfalz befindet- denn die Heimat der Bläserphilharmonie ist so vielfältig, wie unsere Besetzung. Mittlerweile kommen unsere Instrumentalistinnen und Instrumentalisten aus ganz unterschiedlichen Teilen des Bundeslandes und den angrenzenden Ländern. Da die Besetzung des Orchesters sich jedes Jahr ein etwas verändert, sei es durch neue Mitglieder oder Mitglieder, die einige Jahre pausiert haben und wieder mitspielen, entsteht das Gesicht der Bläserphilharmonie zwar nicht jährlich komplett neu, dennoch bekommt es jedes Jahr aufs Neue eine einmalige und neue Mimik und Ausstrahlung. Eben so, wie es unsere mitgebrachten Heimatmentalitäten vorgeben. Und so kann es sein, dass das Gesicht (noch) fröhlicher, (noch) lustiger und (noch) lebensfroher zur Musik blickt. Daher kommt uns der Begriff Heimat im Plural gar nicht so ungewohnt vor. Ganz im Gegenteil, für uns passt er so viel besser!
Mit der 5. Sinfonie „Sakura“ von Alfred Reed sind wir als sinfonisches Blasorchester sehr beheimatet, wenn nicht sogar hier der Begriff Zuhause richtiger wäre, zumindest in Bezug auf den Komponisten. Seine bekanntesten Werken sind vielleicht El Camino Real und Armenian Dances und sind, zumindest unter unseren Musikerinnen und Musikern ein fester Begriff. Diese Werke haben viele von Ihnen in der Zeit ihrer musikalischen Reifung in ihren Heimatorchestern begleitet. Auch, durch die Vielzahl Reeds bläserspezifischen Schulwerken für unterschiedliche Leistungsstände, die, vor allem vor dem Hintergrund der ausgeprägten Highschool-Windband Tradition in Amerika entstanden sind, profitiert er von einem hohen Bekanntheitsgrad.
Inhaltlich begeben wir uns bei der 5. Sinfonie allerdings auf eher ferne Heimaten. Das Werk wurde 1994 vom Senzoku Gakuen College of Music in Tokyo anlässlich seines 70. Geburtstages in Aufrag gegeben. Weil das Blasorchester der Hochschule zur siebten internationalen WASBE Konferenz im Juli 1995 in Hamamatsu eingeladen wurde, entschied man sich dazu, das Werk dort uraufzuführen. Die Sinfonie hat drei Teile und eine Art Introduktion welche zum ersten Teil, einem ‘Allegro assai’ dessen Hauptthemen man zuerst bei den Pauken und den melodischen Schlagzeuginstrumenten hören kann führt. Der zweite Teil, dem die Sinfonie ihren Untertitel verdankt, ist eine ausgedehnte Bearbeitung eines der ältesten japanischen Volkslieder ‘sakura’ (Kirschblüte). Eigentlich handelt es sich um eine lange elegische Melodie mit freien Variationen in den verschiedenen Registern des Orchesters. Der dritte Teil ist ein brillantes Rondo (Allegro Molto, con fuoco) in dem Elemente des ersten und des zweiten Teils wieder aufgenommen werden. Dieser Satz führt zu einem atemberaubenden Schluss mit virtuosen Leistungen des gesamten Orchesters.
Serrano Alarcóns Memorias de un hombre de ciudad (Erinnerungen eines Stadtmenschen) ist das zweite Hauptwerk unserer Konzerte. Das Stück beschreibt und kritisiert die Unpersönlichkeit der heutigen Zeit, unsere Lebensroutine, die Arbeit, den Zwang der Agenden, die erhöhte Lebensgeschwindigkeit und wie wir durch Maschinen dominiert werden am Beispiel eines gewöhnlichen Tagesablaufes eines Menschen. Die sieben ineinander gehenden Sätze beginnen mit einer mysteriösen ‹Morgendämmerung in der Stadt› am Anfang eines traurigen und langweiligen Werktages. Die ‹Maschinen (und Menschen)› sind von zwei gewalttätigen Rhythmen dominiert: Das expressive Menschen-Thema zum einen, zum anderen die repetitive Maschinen-Melodie. Ein Intermezzo ‹um halb elf› zeigt die Arbeitspause an, die jedoch bald wieder von den ‹Maschinen› unterbrochen wird. Abends hat der Mensch kurz Zeit innezuhalten und von einem besseren Leben zu träumen. Nach einem ‹nächtlichen Flug› kommt der Zyklus mit einer neuerlichen ‹Morgendämmerung› langsam zu Ende. Die Botschaft ist klar: Das Leben des modernen Menschen ist keine Abfolge von Tagen, sondern ein einziger Tag, der sich endlos wiederholt.
Heimat ist nicht gleichbedeutend mit dem Ort, an dem es sich am besten Leben lässt. Heimat kann viele Gesichter haben. Viele Menschen geben Länder als ihre Heimat an, die von Armut und Gewalt beherrscht werden und die einem vielleicht nicht als erstes in den Kopf kommen, wenn man an das Wort “Heimat” denkt. In unseren westlichen Ländern ist die Heimat oft geprägt von dem oben beschriebenen: Arbeit und Industrie sind wichtiger als das Miteinander, man ist in seiner Heimat gefangen in einem tristen Alltag und fügt sich, um nicht aus der Gesellschaft , in der Werte wie Erfolg und Leistung am meisten zählen, ausgeschlossen zu werden.
Oscar Navarro ist ein spanischer Komponist, dessen Kompositionen in der Filmindustrie eine große Rolle spielen. So gewann er bspw. den „Hollywood Musical in Media – Award“ in der Kategorie klassische Musik und war in der Kategorie Filmmusik mehrfach nominiert u. a. bei den „10th Cinemmtography Musical Critic – Awards“, „Mundo BSO Awards“ und den „XIIII Goldspirit Awards“.
Das 2. Klarinettenkonzert von Oscar Navarro ist ein Werk voller Emotionen und rhythmischer Vielfalt. Mit seinen Elementen aus dem Jazz und kontrastierenden ruhigen, fast romantischen Abschnitten, ist es nicht schwer, sich dieses Konzert als Filmmusik vorzustellen. Spätestens wenn die typische flamenco-musik der spanischen Folklore erklingt, hat man das Gefühl, sich mitten in einem spanischen Film zu befinden.
Margreet Houtman begann ihre Klarinettestudien am Königlichen Konservatorium von Den Haag bei Sjef Douwes. Im Jahr 2008 schloss sie ihren Bachelor-Abschluss mit hervorragendem Ergebnis ab und wurde danach am Konservatorium von Amsterdam zum Master-Abschluss zugelassen. Dort studierte sie bei Harmen de Boer, Hans Colbers und Arno Piters. Im Juni 2011 schloss sie ihr Studium mit Auszeichnung ab. Sie studierte auch bei den beiden wichtigsten Klarinettisten des Royal Concertgebouw Orchestra, George Pieterson und Andreas Sundén. Margreet ist eine aktive Interpretin von Kammermusik und zeitgenössischer Musik sowie als Solistin und Orchestermusikerin. Sie tritt regelmäßig mit allen großen Orchestern in Holland auf, darunter dem Royal Concertgebouw Orchestra, dem Rotterdam Philharmonic Orchestra, dem Netherlands Philharmonic Orchestra, dem Den Haag Philharmonic Orchestra, dem Netherlands Symphony Orchestra und dem Radio Chamber Philharmonic Orchestra. Im Ausland spielte sie mit einer Reihe von Orchestern und Ensembles, darunter dem Bergen Philharmonic Orchestra in Norwegen und der International Ensemble Modern Academy in Österreich. Sie spielte auch viele Konzerte mit dem ASKO-Schönberg-Ensemble, dem Doelen-Ensemble und dem Ives-Ensemble. Margreet nahm an internationalen Meisterkursen mit Martin Fröst, Karl Leister, Anthony Pay, Michael Collins, Wolfgang Meyer, Michel Lethiec, Dimitri Ashkenazy, Stanly Drucker teil.
Theo Wolters wurde 1955 als jüngstes Kind einer sehr großen musikalischen Familie geboren. Schon in jungen Jahren begann er Trompete im örtlichen Blasorchester zu spielen, dessen Dirigent sein Vater war. Anschließend studierte er am Conservatorium Maastricht Trompete und schloss mit Auszeichnung ab. Während seines Studiums war er von 1975 bis 1979 Trompeter am Overijssel Philharmonic Orchestra und den Essener Philharmonikern. Von 1979 bis 2008 arbeitete er für das Amsterdamer Royal Concertgebouw Orchestra. Parallel zu seiner Orchesterkarriere nahm er Dirigierunterricht bei Pieter Stalmeier und Roberto Benzi. Seit 1998 arbeitet er regelmäßig als Gastdirigent für die Staatsphilharmonie Kosice in der Slowakei, die Staatsphilharmonie Tblisi Kosice in der Slowakei, das Tblisi Symphony Orchestra, das “George Enescu” Bukarest Philharmonic Orchestra, das Nationale Rundfunkorchester von Rumänien, das Bucheon Philharmonic Orchestra Seoul, Koreanisch Symphonieorchester, Wonju-Philharmonie, Daegu-Symphonieorchester, Neue Philharmonie Westfalen, Nürnberger Symphoniker, Nordwestdeutsche Philharmonie, Limburgsymphonieorchester, Niederländisches Promenadenorchester, Residenz-Orchester (Haager Philharmonie), Concertgebouw Kammerorchester, Amsterdam Ballet Orchestra und Royal Concertgebouw Orchestra. Darüber hinaus dirigiert Theo regelmäßig bedeutende Blechbläserensembles, u.a. das Brassensemble des Royal Concertgebouw Orchestra. Viele seiner Konzerte wurden im Radio und Fernsehen ausgestrahlt, insbesondere in Rumänien und Südkorea. Von 2004 bis 2012 war er Assistent von Mariss Jansons für das Royal Concertgebouw Orchestra in Amsterdam, was ihm die einzigartige Möglichkeit gab, seine Dirigierarbeit auf höchstem Niveau zu verfeinern. Im Juni 2008 erhielt er die Gelegenheit, Mariss Jansons während zweier Konzerte im Concertgebouw Orchestra zu ersetzen. Bei diesen Gelegenheiten dirigierte er die Turangalila Symphonie von Messiaens, die von Presse und Publikum sehr gut angenommen wurde.