Share the Repertoire: Ein Werk vorstellen – viele Repertoirevorschläge erhalten
[Werbung | Produktnennungen und Affiliate-Links]
Montagabend, 11. Mai 2020, startete das neue Format SHARE THE REPERTOIRE zum Thema „Unterhaltungsmusik für Blasorchester bis maximal Grad 3,5“. Elf Dirigentinnen und Dirigenten haben sich zum Pilot-Projekt im Zoom-Online-Meeting-Raum getroffen.
Es war für alle sehr spannend: Welche Werke werden vorgestellt? Welche Dirigentinnen und Dirigenten sind wohl dabei? Werde ich Bekannte treffen? Und vor allen Dingen: Wird die Technik und das Internet funktionieren? Nun, letzteres ist vor allem für mich als Organisatorin und Moderatorin immer etwas, das mich nervös werden lässt… Aber im Großen und Ganzen hat alles wunderbar funktioniert. Und schließlich lernen wir alle noch…
Bernhard Münchbach, Dirigent der Trachtenkapelle Fischerbach im Schwarzwald eröffnete den Abend mit Joropo im Arrangement von Johan de Meij. Mit dem vom Komponisten angegebenen Grad 3,5 war er zunächst skeptisch, aber mit entsprechender Vorbereitung sind auch Mittel- bis Oberstufenorchester in der Lage, das Werk zu spielen. Dafür hat Bernhard Münchbach extra vorbereitende Übungen für die Musikerinnen und Musiker erdacht – die er den Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Abends auch als PDF zur Verfügung stellte.
SHARE THE REPERTOIRE soll kein Format sein, bei dem die Teilnehmer nur die neuesten Werke kennen lernen. Sondern soll insbesondere auch ältere Werke ins Online-Rampenlicht rücken, die entweder etwas in Vergessenheit geraten sind oder zu Unrecht in der Vergangenheit zu wenig beachtet wurden. Es hat mich persönlich gefreut, wieder einmal mit Werken von Manfred Schneider in Berührung zu kommen. Die Sammlung Power Play von Manfred Schneider war vielen der Teilnehmer überhaupt nicht bekannt! Dankenswerter Weise hat der Dirigent Alexis Beyer (Musikverein Lyra Essenheim, Rheinland-Pfalz) das Titelgebende Stück uns in Erinnerung gerufen. Spielbar sind die Stücke in dieser Sammlung schon ab einer Besetzung von 3 Saxophonen, 2 Trompeten, 1 Posaune, Keyboard, E-Bass und Drum Set.
Indirekt ging es mit Manfred Schneider auch weiter. Markus Kraft, Exil-Badener, in Remseck-Aldingen (in der Nähe von Ludwigsburg) wohnender Dirigent (Jugendkapelle Aldingen) stellte New Age Rock von Steve McMilan (ein Pseudonym von Manfred Schneider) vor. Ausschlaggebend für Markus Kraft dieses Werk vorzustellen sind seine Dynamik und die Power, die es ausstrahlt. Geeignet ist es im Konzertprogramm vor allem zum Abschluss für einen beschwingten Nachhause-Weg und auch gut den Weg ins Sommerprogramm finden kann. Markus Kraft gab ausführliche Informationen über die Minimal-Besetzung, die dafür notwendig ist – denn spielbar ist es auch für unvollständig besetzte Blasorchester.
Andreas Weller ist Dirigent des Blasorchesters Maischeid & Stebach (Rheinland-Pfalz) in der Nähe von Koblenz. Andreas führte den Faden mit Manfred Schneider fort: er hat nicht weit von seinem Wohnort gelebt. Er stellte allerdings kein Werk von ihm, sondern einen Klassiker der Pop-Rock-Geschichte vor: MacArthur Park, Ende der 60er Jahre vor allem durch Donna Summer bekannt geworden. Andreas Weller empfiehlt die Bearbeitung von Philip Sparke. Der Arrangeur hat sich sehr dicht an das Original gehalten und nicht vereinfacht. Die Melodie findet sich vielfach im Alt-Saxophon wieder. Die Euphonium-Stimme ist sehr spannend geschrieben, was wohl dem geschuldet ist, dass es dieses Arrangement auch für Brass Band gibt. Die zerbrechliche Holzbläser-Einleitung ist sehr harmonisch ausgetüftelt, verweist jedoch das Arrangement eher in den unterhaltenden Konzert-Teil als ins Festzelt. Weitere gelungene Arrangements von Philip Sparke: Music und Eloise.
Mareike Wütscher und Christoph Vey stellten im Tandem das Arrangement Nena! von Peter Kleine Schaars vor. Mareike ist Referentin für Musik an der Landesmusikakademie Hessen in Schlitz, dirigiert einen Musikverein in der Nähe von Fulda und ist außerdem Gast-Dirigentin bei verschiedenen Auswahlorchestern und Jurorin bei Wertungsspielen und Wettbewerben. Christoph Vey dirigiert einen Mittelstufen-Verein, ebenfalls in der Nähe von Fulda.
Die Präsentation von Nena! war sowohl hervorragend vorbereitet als auch professionell moderiert. Nach dem Vorstellen der einzelnen Titel – 99 Luftballons, Irgendwie Irgendwo Irgendwann, Leuchtturm und Nur geträumt – zeigten sie ausführlich die Übergänge von einem zum anderen Lied. Wie wir alle wissen hat Peter Kleine Schaars hier ein gutes, spezielles Händchen für kreative und harmonische Übergänge. Die Melodien im Medley wechseln zwischen allen Registern durch – jeder darf in einem der Lieder einmal die Melodie-Stimme haben. Ein weiteres Geheimnis der Arrangements von Peter Kleine Schaars.
Kleine Geschichte am Rande: Das Arrangement wurde 2008 erstellt. Damals habe ich beim De Haske-Verlag gearbeitet und habe unter anderem auch immer wieder Projektvorschläge für Arrangements, Medleys, Musik für die Kirche und vielem mehr bei der Redaktion bzw. unserem Chef Jan de Haan eingereicht. Nena! war ein Auftrag des Verlags an Peter Kleine Schaars, basierend auf eben einer meiner Projektvorschläge…
Christian Steinlein, Dirigent der Schwarzwaldkapelle Münstertal, dem Sinfonischen Blasorchester Hochrhein und Gast-Dirigent vieler weiterer Projekt- und Auswahl-Orchester stellte nach den beiden Bearbeitungen wieder ein originales Blasorchesterwerk vor, das der Unterhaltungsmusik zuzuordnen ist: Pop City von Thierry Deleruyelle.
Christian Steinlein nennt Pop City einen Allrounder in der Programmgestaltung. Es eignet sich für den unterhaltenden Teil eines Konzerts gleichermaßen wie für das Sommerprogramm. Ist eine fetzige Zugabe, kann aber auch die Eröffnung eines Unterhaltungskonzertes sein. Christian Steinlein ging in seinem Vortrag sehr auf die Instrumentierung ein. Pop City ist ein Werk, das auch mit einem unvollständig besetzten Blasorchester gespielt werden kann. Horn-Motive aus dem vierstimmigen Satz sind ebenso in anderen Stimmen angedeutet, die Oboenstimme kann von der zweiten Flöte übernommen werden, Pauke ist zwar besetzt, aber nicht zwingend notwendig (hat man beim Unterhaltungsauftritt auch nicht unbedingt dabei), usw. Christian Steinlein nennt Pop City ein „Goldstück“ unter den originalen, unterhaltenden Blasorchesterwerken. Weil es eben im Schwierigkeitsgrad der Mittelstufe zuzuordnen und vielfältig einsetzbar ist. Es ist eine sehr gute Alternative zu Pop-Rock-Fim-Show-Arrangements und bringt dadurch auch Abwechslung ins Unterhaltungsprogramm.
Markus Kraft, einer der Teilnehmer bemerkte, dass das Werk in seinem Verein als gemeinsame Zugabe von Jugendkapelle und Haupt-Orchester gespielt wurde. Eine tolle Aktion übrigens, ein Stück gemeinsam zu spielen: Es stärkt die Bande zwischen den „Jungen“ und den „Alten“.
Reinhard Gress war der „nördlichste“ der Teilnehmer. Er kommt aus Rheine bei Münster (Münsterland) und dirigiert ein Mittel- bis Oberstufenorchester. Außerdem einmal im Jahr ein Auswahlorchester. Reinhard Gress wählte auch ein Medley im Arrangement von Peter Kleine Schaars. In Latin Favorites werden die Titel Besame Mucho, Guantanamera und Quando, Quando, Quando auf seine eigene Weise verarbeitet. Markenzeichen in Latin Favorites sind vor allem die Nebenstimmen, oft als filigrane Aufgaben in den Holzbläsern. Peter Kleine Schaars achtete in seinem Medley wiederum darauf, dass jedes Register einmal die Melodiestimme hat. Außerdem gibt es Alternativstimmen, beispielsweise für den vierstimmigen Hornsatz in den Saxophonen. Er besetzt 4 Schlagzeuger, denen er jeweils Instrumente zuordnet. Bei Artikulationszeichen ist Peter Kleine Schaars sehr penibel: Er notiert genauso, wie er es haben will – sehr genau und gründlich! Latin Favorites ist alles in allem Musik, bei der man einfach nicht still sitzen kann…
Jörg Murschinski hat ein kleines, unbekanntes „Schätzchen“ beim ersten Share the Repertoire vorgestellt: Model T von Samy Nestico. Jörg dirigiert ein Mittelstufenorchester und dessen Jugendkapelle am Hochrhein. Er ist vielen auch bekannt als Arrangeur – er schreibt im Auftrag von u. a. dem Musikkorps der Bundeswehr.
Bei Model T handelt es sich um ein originales Blasorchesterwerk von Samy Nestivo aus dem Jahr 1969. Er ist als Komponist für Blasorchester etwas zu Unrecht aus unserem Gesichtsfeld verschwunden. Dies dem geschuldet, dass er sich hauptsächlich auf Big-Band-Stücke konzentriert hat und seine Werke für Blasorchester vor der Zeit der Demo-CDs und Miniscores entstanden sind.
Gearbeitet hat Samy Nestico auch u. a. als Arrangeur für das Count Basie Orchestra, er war Staff Arranger der US Marine Band und einige Zeit verantwortlich für das White House Dance Orchestra.
Model T ist dem gleichnamigen Ford-Modell aus den 20er Jahren gewidmet – dem weltweit am meisten verkauften Auto-Modell, bis es in den 50er-Jahren vom Käfer abgelöst wurde… Es ist keine Homage an die „Roaring Twenties“, es stellt eher eine lustige Landpartie mit dem Oldtimer dar. Viele lautmalerische Effekte wie Hupe und Ratsche sind eingebaut. Es wirkt humorvoll und spritzig – was durch Akkordverschiebungen hervorgerufen wird. Das Stück enthält keine Überraschung ist jedoch hervorragend orchestriert. Es ist zwar Unterhaltungsmusik, wird aber „gespielt wie geschrieben“, einfach geradeaus!
Das letzte Stück des Abends stellte wiederum Andreas Weller vor: The Blues Brothers Revue im Arrangement von Jay Bocook. Enthalten sind die Titel I can’t Turn You Loose, Soul Man, Soul Finger und Everybody needs somebody. Es ist sehr gut für’s Festzelt geeignet, da man auch gewisse Showelemente einbauen kann: beispielsweise registerweise Aufstehen, Schlagzeug-Soli usw. Andreas Weller schätzt das Werk leichter als Grad 3 ein.
Die nächsten SHARE THE REPERTOIRE-Abende stehen bereits an. Hier die Übersicht:
Donnerstag, 28. Mai 2020 Empfehlenswerte Werke für Jugendkapellen bis max. Grad 2,5
Anmeldungen an: info@kulturservice.link
Die weiteren SHARE THE REPERTOIRE-Sessions könnt Ihr über die neue Kulturservice Online-Akademie buchen:
Dienstag, 2. Juni 2020 Originale Konzertwerke Grad 4-5
Zur Anmeldung: https://elopage.com/s/KulturserviceLink/share-the-repertoire-originale-konzertwerke-grad-4-5
Montag, 8. Juni 2020 Polka, Walzer, Marsch
Zur Anmeldung: https://elopage.com/s/KulturserviceLink/share-the-repertoire-polka-walzer-marsch
Donnerstag, 18. Juni 2020 Offene Runde: Lieblingswerke!
Zur Anmeldung: https://elopage.com/s/KulturserviceLink/share-the-repertoire-lieblingswerke
Freitag, 26. Juni 2020 Originale Konzertwerke Grad 3-4
Zur Anmeldung: https://elopage.com/s/KulturserviceLink/share-the-repertoire-konzertwerke-3-4
Donnerstag, 2. Juli 2020 Religiöse Anlässe & Kirchenkonzerte
Zur Anmeldung: https://elopage.com/s/KulturserviceLink/share-the-repertoire-kirche
Dienstag, 7. Juli 2020 Sammlungen für Bläserklassen und Jugendblasorchester
Zur Anmeldung: https://elopage.com/s/KulturserviceLink/share-the-repertoire-sammlungen
Montag, 13. Juli 2020 Originale Konzertwerke Grad 4-5
Zur Anmeldung: https://elopage.com/s/KulturserviceLink/share-the-repertoire-konzertwerke-4-5
Dienstag, 21. Juli 2020 Pop, Film, Show! Bearbeitungen für Blasorchester
Zur Anmeldung: https://elopage.com/s/KulturserviceLink/share-the-repertoire-originale-pop-film-show
Donnerstag, 30. Juli 2020 Transkriptionen klassischer Werke
Zur Anmeldung: https://elopage.com/s/KulturserviceLink/share-the-repertoire-transkriptionen
Die Sessions beginnen immer um 19.30 Uhr und dauern etwa 2,5 Stunden. Die Teilnehmer-Gebühr beträgt 8,00 Euro.
SHARE THE REPERTOIRE ist nicht nur eine sehr unterhaltende Art, neue Literatur kennen zu lernen oder „alte“ wiederzuentdecken. Es können auch Kontakte zu anderen Dirigentinnen und Dirigenten geknüpft werden. Außerdem wird über Blasorchesterliteratur diskutiert und Erfahrungen ausgetauscht. SHARE THE REPERTOIRE ist ein Format, das über die Corona-Zeit hinaus Bestand haben kann: In geselliger Runde vom Wissen und Können anderer profitieren und seine eigene Repertoire-Kenntnisse erweitern.
Ich freue mich schon jetzt auf die weiteren Sessions und würde mich freuen, wenn dieses Format von Euch, liebe Dirigentinnen und Dirigenten, großzügig angenommen wird! Es steht und fällt mit dem Engagement der 10 Teilnehmerinnen und Teilnehmer!
Die Titel und Covers in diesem Beitrag sind mit sogenannten Affiliate-Links hinterlegt, die direkt in den Online-Shop des Hebu-Musikverlags führen. Dort findet Ihr weitere Informationen zu Schwierigkeitsgrad, Lieferbedingungen und Preis und natürlich noch viele weitere Werke. Wenn Ihr Euch entschließt, eines dieser Werke dort zu bestellen fließt ein kleiner Beitrag für die Arbeit und zur Unterstützung des Blasmusikblog.com an die Autorin. Der Hebu-Musikverlag trägt somit zum Fortbestand dieser Plattform bei. Die Autorin bleibt in ihrer journalistischen Arbeit jedoch frei, unabhängig und selbstständig.
Pingback: Blasmusikblog Monatsrückblick Mai 2020 – Blasmusik