Blasorchester: Ein Generationenprojekt!
Zu Beginn meiner Workshops – egal ob Zukunftswerkstatt oder zu den Themen „Marketing für Musikvereine“ oder „Mitglieder finden & binden“ – stelle ich den Teilnehmer:innen immer eine Frage, die für eine positive Grundstimmung sorgt:
„Was ist für Dich das Besondere an Deinem Musikverein?“
Neben dem positiven Einstieg in den Tag hat die Übung auch noch den Vorteil, dass gleich zu Beginn sehr viele Argumente zusammengetragen werden, die für unsere Musikvereine sprechen. Sie lassen sich wunderbar als Werbebotschaften verwenden, wenn für neue Zöglinge oder Mitglieder geworben wird. Sie eignen sich für die Website, Image-Broschüren, und vieles mehr. Nach dieser Übung sage ich meist: „Wir müssen nur alle diese Argumente, die für uns sprechen, permanent nach außen tragen – das löst die meisten Probleme in unseren Musikvereinen (Stichwort Mitgliedermangel, ausreichend und ausgewogene Besetzung, usw).“
Die Antworten in den verschiedenen Workshops bei Blasmusikverbänden und in Musikvereinen sind nahezu identisch und natürlich werden auch sehr viele gleiche Antworten in der jeweiligen Präsentationsrunde vorgetragen. Es sind zusammengefasst, meist in gleichem Wortlaut (nicht nach Wichtigkeit geordnet):
- Spaß am Musik machen – gemeinsames Musizieren
- Zusammenhalt – Gemeinschaft – Kameradschaft
- Von Jung bis Alt – Generationenübergreifend
- Familie – Freunde
- Flexibilität – Ideenreichtum – Vielfalt
- Anerkennung – Wertschätzung
- Musikalische Entwicklung / Herausforderung / Können / Repertoire
- Kultureller und sozialer Beitrag für die Gemeinde
- Musikalische und außermusikalische Erlebnisse
Die Musik ist Sinn und Zweck unserer Musikvereinsgemeinschaften. Unser größter gemeinsamer Nenner. Deshalb gibt es uns. Die Musik ist unsere Mission; eine gute Probenarbeit, die in erfolgreichen Konzerten und Auftritten mündet, unser wichtigstes Ziel.
Gleichberechtigt zur Musik wird immer die Gemeinschaft, Geselligkeit und Kameradschaft genannt. Ebenso, dass Familie und Freundschaften eine große Rolle spielen.
Und in jeder Workshoprunde wird auch genannt: „Das Besondere an unserem Musikverein ist: Jung und Alt spielen hier generationenübergreifend zusammen.“
Tja, auf dem Fußballplatz geht das nicht… Kleine Seitenbemerkung: auf dem Fußballplatz spielen auch nicht Frauen und Männer zusammen. Und in unseren Jugendensembles und Blasorchestern sitzt auch keiner auf der Ersatzbank. Es dürfen alle mitspielen.
Aus dem Beispiel Fußballplatz geht hervor, warum es so besonders ist, wenn Jung und Alt ein Hobby gemeinsam ausüben. Es ist ja nicht selbstverständlich, dass sich die Interessen von Teenagern, Middleagern und Bestagern gleichen oder gar überschneiden. Die Musik hält Generationen zusammen. Und es gibt nicht wenig Musikvereine, in denen drei Generationen einer Familie gemeinsam musizieren.
Auch wenn uns das Generationenübergreifende in den Musikvereinen wichtig ist und es als sehr besonders wahrgenommen wird, ist das „Zusammenleben“ nicht immer oder nicht in allen Vereinen problemlos. Das ist es in der Familie oder im Beruf auch nicht. Der Musikgeschmack und die Repertoirewünsche sind manchmal unterschiedlich. Die Alten sagen: „Die Jugend ist unzuverlässig.“, „Das haben wir immer schon so gemacht.“ Die Jugend wünscht Veränderung, die Senioren das Bewahren von Traditionen. In einem Klausurtag eines Musikvereins bemängelten einige Jugendliche einmal, dass sie nicht wertschätzend behandelt werden und dass ihre Wünsche nicht gehört und berücksichtigt werden.
Schade finde ich es, wenn ich Geschichten von erfahrenen Musikern höre, die an ihren Plätzen und Stimmen kleben. Die Jugendlichen sind die Zukunft des Vereins. Deshalb unbedingt unterstützenswert. Unglaublich ist die Geschichte des alteingessenen Hornisten, der nur erste Stimme spielen wollte. Als der Dirigent ein rotierendes System einführen wollte, damit der junge Hornist in manchen Stücken auch mal die erste Stimme spielt und somit Erfahrung sammeln kann, hat der Ältere Instrument und Uniform abgegeben.
Demgegenüber gibt es aber genug und bestimmt überwiegend positive Beispiele, wo das menschliche Zusammenspiel zwischen den Generationen im Blasorchester hervorragend klappt (das musikalische sowieso). Wo die Jungen von den Alten lernen und umgekehrt. Wo unterschiedliche Meinungen und Lebenseinstellungen zwar aufeinanderprallen, in der Diskussion jedoch eine Harmonie entsteht oder zumindest Kompromisse gefunden werden. Und wie in so vielen Fällen, spielt hier die Kommunikation – präziser: die positive, wertschätzende Kommunikation – eine sehr große Rolle.
Im Großen und Ganzen können wir uns in den Blasorchestern auf die Schulter klopfen und stolz sagen, ja, das gelingt uns zwischen jung und alt! Ein starkes Argument, das für uns Musikvereine spricht und das wir viel zu wenig nach außen kommunizieren. Durch die inhomogene Zusammensetzung der Menschen in den Musikvereinen – in Alter, Geschlecht, Religion, Beruf, Herkunft, usw. – lernen wir Toleranz sowie einen guten Umgang und eine positive, wertschätzende Kommunikation miteinander. Und das ist unterm Strich doch einfach großartig.
Übrigens, ich empfehle allen Musikvereinen diese Übung einmal durchzuführen: Lasst alle eure Musikerinnen und Musiker jeweils auf einer Moderationskarte die Frage „Was ist für Dich das Besondere an unserem Musikverein *Hinderdupfenbach*?“ beantworten. Ihr werdet sehen, dass in der anschließenden Vortragsrunde, in der die Karten einzeln vorgelesen werden und an die Wand geklebt werden (Tesa-Kreb!) ein Motivationsschub und eine große Begeisterung durch’s Orchester geht…
Wie klappt bei Euch die Harmonie zwischen jung und alt im Blasorchester? Antworten gerne unten ins Kommentarfeld!
Ein weiterer Beitrag zu diesem Thema ist in Arbeit. Darin kommen Vereinsverantwortliche zu Wort, die berichten, wie das Zusammenspiel der Generationen in ihren Musikvereinen klappt, wo die Herausforderungen liegen und wie ihnen begegnet wird.
Beitragsbild: Mein Sohn Lukas mit seinem Patenonkel “Getti” Christian (der mein Bruder ist). Sie musizieren (mit weiteren Familienmitgliedern) in der Trachtenkapelle Hartheim e. V.