Jürgen K. Groh – Eine Würdigung

Mitten aus einem erfüllten Leben gerissen wurde am 1. November Jürgen K. Groh aus Rodgau Nieder-Roden. Eine große Bestürzung über seinen mit 64 Jahren viel zu frühen Tod machte sich nicht nur in seiner Heimatstadt Rodgau und in Hessen, sondern weit darüber hinaus in der nationalen und internationalen Blasmusikszene in Windeseile breit. Ein paar Tage davor war er noch in einer seiner besten Disziplinen als Moderator beim Konzert des Symphonischen Blasorchesters Untermain engagiert. Diesem Konzert ist auch sein letzter digitaler Gruß im beliebten sozialen Netzwerk mit dem F, das er fleißig nutzte, gewidmet. Am Montagmorgen, den 31. Oktober schrieb Jürgen K. Groh: „‚Marcel, die Marionette‘ war einer der Hauptdarsteller meiner Moderation am Samstag, beim Konzert des hervorragend disponierten Symphonischen Blasorchesters Untermain mit seinem Dirigenten Dirk Mattes und ‚gehörte‘ sozusagen zu Charles Gounods Komposition ‚Marche funèbre d’une marionette‘.“

In einer sehr persönlichen Botschaft verabschiedet sich Dirk Mattes von Jürgen K. Groh:

„Lieber Jürgen,

gerade eben waren wir noch zusammen mit dem Symphonischen Blasorchester Untermain auf der Bühne… Du führtest auf gewohnt souveräne und belebte Art durchs Programm und ich durfte dirigieren.
Als du dir die Zeit genommen hast den Kompositionen in der Generalprobe zu lauschen, zeigtest du dich interessiert an der Zusammenstellungen der Werke, dem dramaturgischen Verlauf, der Essenz des Erlebnisses eines solchen Konzertabends. Natürlich fandest du dann auch die richtigen Worte, die richtigen Mittel um dem Publikum diese auch wahrnehmbar zu machen (zur Not musste dafür auch ein mitgebrachter Kürbis oder eine Marionette herhalten).
Ich lernte dich bei dem Festivel UNerHÖRTes 2014 in Hammelburg kennen – du als vielseitig interessierter Dirigent und ich als einer der Komponisten in diesem Jahr. Ich schätzte deine angenehme Neugier, deine Offenheit und noch viel mehr deine Begeisterung für alle Gedanken und Impulse, die einfach so ein bisschen abseitig dem Gewohnten – ja dem Gewöhnlichen – waren.
Eine Begeisterung, von der in der Blasorchesterwelt allzu oft gesprochen wird, die dennoch leider rar ist.
Eine Begeisterung die bei dir nie angestrengt, dogmatisch oder gar resignativ wirkte.
Eine echte Begeisterung – eben deine Begeisterung!
Über die Jahre kreuzten sich unsere Wege immer häufiger. Sei es, dass du eine Komposition von mir auf CD eingespielt hast, sei es, dass wir das Projektorchester Urberach dirigierten, eine Veranstaltung der WASBE besuchten oder einfach eine Autofahrt, in der Zeit war einfach ein bisschen zu quatschen. Ich genoss jedes einzelne Zusammentreffen davon und bin sehr traurig, dass das nächste nur noch in meiner Vorstellung möglich sein wird.
Dennoch bin ich gewiss, dass auch dieses wieder ein Gewinn für mich sein wird – so wie es einer wäre für alle offenen Geister, denen die Begeisterung mal kurzfristig abhanden gekommen ist.
Die Vielseitigkeit deiner Begabungen, gepaart mit einem absolut edlen Charakter zeichnen dich aus.
Und – nachdem ich all die Möglichkeiten verstreichen ließ, es dir direkt zu sagen, will ich diese nun endlich nutzen: Du bist und bleibst ein feiner Kerl! Welch ein herber Verlust…doch auch, wenn wir uns nun nicht mehr sehen können, wirst du mir niemals abhanden kommen.

Du hast mein Leben bereichert.”
Dirk Mattes

Jürgen K. Groh
Jürgen K. Groh

Es ist nicht einfach, das Leben eines Menschen in Worten zu würdigen, wie es Jürgen K. Groh lebte. Was er während seiner beruflichen Zeit bei der Lufthansa und nach seiner Pensionierung mit 60 Jahren für die Musik und das (kulturelle) Gemeinwohl in seiner Heimat leistete, ist mit wenigen Sätzen auch nicht zu beschreiben. Ein paar Meilensteine müssen jedoch genannt werden: Bereits im Jahr 2003 wurde er Kulturpreisträger der Stadt Rodgau. Im Jahr 1998 war er Mitbegründer der Freien Schule Seligenstadt/Mainhausen. Immer am Donnerstag wirkte er als Lernbegleiter für Holzblasinstrumente an dieser Schule mit dem Schwerpunkt Musik. Er war Gründer und Musiker der Rodgau Jazz Big Band. Für seine Dirigententätigkeit im Musikverein Nieder-Roden erhielt er die Dirigentennadel in Gold mit Diamant vom Hessischen Blasmusikverband verliehen. Im Hessischen Blasmusikverband war er darüber hinaus auch Bezirksmusikbeauftragter für den Bezirk Main. In der deutschen Sektion der WASBE – der World Association of Symphonic Bands and Ensembles – war er seit vielen Jahren Vize-Präsident. Keine WASBE-Konferenz – wo auch immer – ließen er und seine Frau Angela aus. Bei der WASBE-Konferenz in Prag sagte er noch zu mir: „Und in zwei Jahren sehen wir uns dann in Gwangju-Gyeonggi in Süd-Korea…“. In diesem Sommer realisierte er nach vielen Jahren der Planung mit der Freien Musikschule Rodgau ein so von ihm genanntes „Historical – Aus alter Zeit“. Für dieses Historical war er einerseits Ideengeber, andererseits Erzähler bei den Aufführungen.

Jürgen K. Groh war ein beliebter Konzertmoderator. In seiner Heimat Rodgau, der Region und weit darüber hinaus. Unvergessen seine Moderationen beim IBK – Internationalen Blasmusikkongress in den Jahren 2018 und 2020, bei denen er gutgelaunt und fröhlich die Orchester aller Konzerte begrüßte und bedankte. Für die Fachzeitschrift Brawoo, sowie die Vorgänger-Zeitschriften Clarino und eurowinds, schrieb Jürgen K. Groh Fachartikel, beispielsweise zu den Themen Konzertmoderation und über das Üben.

Jürgen K. Groh

Jürgen K. Groh war nicht nur mit Leib und Seele Musiker – er spielte Flöte, Klarinette und Saxophon – sondern auch Sportler! Ein sportlicher Höhepunkt in seinem Leben war sicherlich der 4. Platz in seiner Altersklasse beim Frankfurt City Triathlon im Jahr 2018. Laufen, Fahrrad fahren und Wandern standen auf seinem wöchentlichen Programm. Aus oben genanntem Netzwerk wissen wir, dass mittwochs sein Wandertag war. Lebhaft ließ er seine Follower an der Route, dem Vesper und der Belohnung in Form von riesigen Eisbechern teilhaben.

Jürgen K. Groh hatte noch viele Pläne für sein Leben. So bleibt sein Roman über die 18-jährige Svenja Ritter, die wegen einer gescheiterten Musikvereinsfusion zur Dirigentin einer Jugendkapelle wurde, nun von ihm unvollendet zurück. Bis Ende 2023 hatte er Engagements als Moderator bei Konzerten. Zeichnen wollte er noch lernen. Und wie wir Jürgen kennen, sind das nur die Pläne, über die er bereits gesprochen hat…

Besonders in der hessischen Musikszene, aber auch darüber hinaus wird Jürgen K. Groh sehr fehlen… Stellvertretend für die hessische Musikszene möchte ich gerne Jens Weismantel und Oliver Nickel zu Wort kommen lassen.

Jens Weismantel

„Ich bin noch völlig geschockt vom plötzlichen Tod Jürgens. Jürgen war ein musikalischer Tausendsassa im besten Sinne. In seinem Heimatbundesland Hessen war er als Funktionär, Dirigent, Pädagoge, Moderator und eifriger Konzertbesucher unterwegs. All diese Tätigkeiten hat er mit seinem besonderen Charakter auf höchst individuelle Art und Weise ausgelebt. So führte er als Dirigent immer wieder zeitgenössische Werke auf und gab jungen Komponisten immer ein Forum, deren Werke zu spielen. Als Moderator schaffte er es mit unvergleichlichem Humor für wahre Abwechslung zwischen den Darbietungen zu sorgen. Als Konzertbesucher führt er die Liste der meisten Konzertbesuche wahrscheinlich noch sehr lange mit seiner Frau Angela gemeinsam an. Das Besondere am Menschen Jürgen K. Groh war aber auch seine stets wertungsfreie Art mit unterschiedlichen Meinungen und musikalischen Interpretationen umzugehen. Bei ihm gab es nie ein „besser als…“, sondern immer ein: „das war beeindruckend“. So verlieren wir mit Jürgen einen der glühendsten Vertreter der Blasmusikszene in Hessen, in Deutschland und durch seine regen Teilnahmen an den WASBE Konferenzen wohl auch weltweit…
In stiller Hoffnung, dass Jürgen mit seiner nie endenden Energie nun an einem anderen Ort die Menschen begeistert und inspiriert,
Jens Weismantel“

Oliver Nickel

„Jürgen habe ich vor  ca. 15 Jahren kennen gelernt und zwar als er bei einem befreundeten Musikverein das Konzert moderierte. Mir ist die sichere, unterhaltsame, aber auch belesene Art, mit der er die verschiedenen Stücke angesagt hat, aufgefallen. Zudem war die Moderation frei gesprochen und dem Publikum so zugewandt, dass man ihm einfach zuhören musste.

Besser kennen gelernt habe ich ihn dann schließlich in der Arbeit im WASBE-Vorstand der Sektion Deutschland. Jürgen war dort ein kreativer Denker, er konnte aber auch ein kritischer Gegenpol sein. Wenn wir unterschiedlicher Meinung waren, geschah dies aber immer auf so höfliche und bedachte Art und Weise, dass wir, egal um welchen Aspekt es ging, immer im Gefühl gegenseitiger Wertschätzung diskutierten und die verschiedenen Argumente sachlich abwogen und das lag sehr an ihm. 

Zwei Dinge haben mich an Jürgen besonders beeindruckt: Jürgen war sich für nichts zu schade. Ob in seinen Moderationen, in seiner Programmauswahl oder zuletzt in der Werbekampagne des Hessischen Musikverbands, Jürgen tat Dinge, die sich andere nie getraut hätten, aus Angst, sie würden sich lächerlich machen. Aber Jürgen machte sich nicht lächerlich; Jürgen war authentisch und das war bewundernswert. Dabei stand für Jürgen immer die Sache, nämlich die Musik, im Vordergrund. Ich habe selten jemanden getroffen, der so offen, so begeisterungsfähig war, ganz gleich welche Art von Musik, welches Genre ihm begegnet ist. 
Mit Jürgen verlieren wir einen guten Freund und einen starken Streiter für die Blasmusik. Seine Art, sein Wirken und seine Ideen haben uns alle sehr beeinflusst.  
Er wird uns fehlen.
Oliver Nickel“

Das ist der Film der Werbekampagne des Hessischen Musikverbands:

Jürgen K. Groh war voller Energie und großer Freundlichkeit allen Mitmenschen gegenüber. Neuen Ideen stand er offen, sehr neugierig und interessiert gegenüber. Sein feiner Sinn für Humor und seine spezielle Art sich auszudrücken – im Gespräch und in Texten – machten ihn zu dem beliebten Menschen, den wir nun so sehr betrauern. Unsere Gedanken sind bei seiner lieben Frau Angela und seinem Sohn Jan-Einar. Wir, die ihn in der Blasmusikszene kannten, sind ihm dankbar für jede Stunde, die wir mit ihm verbringen konnten.

Am 18. November wurde Jürgen K. Groh mit einem wohlklingenden „Näher mein Gott zu Dir“ von mehr als 80 Bläsern in der Matthias-Kirche in Nieder-Roden verabschiedet.

Jürgen K. Groh, ein Mensch, der Spuren hinterlassen hat, für die wir dankbar sind und den wir nicht vergessen werden.

Alexandra Link

Musik ist ein sehr wichtiger Bestandteil meines Lebens. Musizierende Menschen zusammen zu bringen meine Leidenschaft.

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