Das Deutsche Musikfest – Die Wettbewerbe und Wertungsspiele
Nach meinen allgemeinen Eindrücken und dem Beitrag über die Konzerte nun mein dritter Beitrag über die Wettbewerbe und Wertungsspiele beim Deutschen Musikfest.
Ich bin sehr froh, dass ich für diesen Beitrag kompetente Unterstützung erhalten habe. Bei der Vielfalt der Wettbewerbe und Wertungsspiele könnte ich sonst keine umfassenden Informationen geben (die nicht sowieso auf der Website des Deutschen Musikfests nachzulesen sind). Für den Wettbewerb der Bläserklassen habe ich Unterstützung von Jakob Scherzinger erhalten, die Wertungsspiele kommentiert Bernd Gaudera, für den Brass Band Entertainment Wettbewerb schreibt Alexander Richter und für die Spielleute Dieter Adam. Weiter gab es noch den großen Wettbewerb der BDMV über Konzertmusik. Hierzu könnt Ihr meine eigenen Kommentare lesen. Ebenso zum Dirigierwettbewerb.
Wer sich berufen fühlt, über die Deutsche Meisterschaften der Spielleutemusik Marsch- und Show, sowie den Drum Battle zu schreiben, oder über den Wettbewerb Traditionelle Blasmusik, darf sich gerne bei mir melden, oder einen Kommentar darüber unter diesen Beitrag schreiben. Es war mir aus zeitlich Gründen leider nicht möglich, in diese Wettbewerb auch nur „rein zu schnuppern“. Entschuldigt bitte, dass Ihr darüber in meinen Beitrag nichts lesen könnt.
So, womit fange ich an? Natürlich mit den Kleinsten.
Bläserklassenwettbewerb „Unsere Welt klingt bunt“
Bläserklassen sind aus unserer Blasmusik-Welt nicht mehr wegzudenken. Und das ist gut so. Und ein bisschen bin ich auch stolz darauf, seit Ende der Neunziger Jahre meinen Teil zu der Bläserklassen-Entwicklung beigetragen zu haben und immer beitrage.
Gerne denke ich an den Tag im Jahr 1997 zurück, an dem wir bei De Haske bei einer Telefonkonferenz mit Yamaha darüber diskutiert haben, wie das Kind denn nun heißen soll – bis mein niederländischer Kollege Sijtze plötzlich gefragt hat: „Ist ‚Bläserklasse’ auch ein deutsches Wort?“…. Heute wird dieses Wort benutzt wie Tempo und Uhu… Okay, gehört eigentlich nicht zu diesem Beitrag, ich schweife ab und komme gleich zum Thema zurück: Bläserklassenwettbewerb beim Deutschen Musikfest!
Bevor ich Jakob von der Deutschen Bläserjugend DBJ zu Wort kommen lasse, möchte ich aus dem Programmheft die Intention der Verantwortlichen für diesen Bläserklassenwettbewerb zitieren: „Die Nachwuchsmusikerinnen und Nachwuchsmusiker erleben erstmals, wie gemeinsam ein Musikstück erarbeitet wird, das Lampenfieber vor dem Auftritt und das tolle Gefühl beim Erfolg eines Konzerts. Dabei bilden sich soziale Fähigkeiten und Kompetenzen heraus, die die jungen Menschen oft für ihr ganzes Leben prägen.“
Bläserklassenwettbewerb „Unsere Welt klingt bunt“
BDMV und DBJ beim Deutschen Musikfest in Osnabrück
„Zum Deutschen Musikfest in Osnabrück wurde auch den jüngsten Musizierenden in Bläserklassen die Möglichkeit geboten, in einem direkten Vergleich mit anderen Bläserklassen das eigene Leistungsniveau deutlich zu machen und herauszustellen. Dabei sollte neben dem musikalischen Beitrag weitere Aspekte in die Bläserklassen-Darbietung integriert werden. Dies konnten beispielsweise Tanzeinlagen, Bodypercussion, eine besonders gelungene Moderation, Film- oder Bildprojektionen, Gesangs- oder Redebeiträge oder weitere kreative außermusikalische Elemente sein.
In den beiden Wettbewerbskategorien Primar- und Sekundarstufe stellten sich insgesamt 7 Bläserklassen dieser Herausforderung.
Um auch den Bläserklassen, die nicht vor Ort sein konnten, die Teilnahme am Wettbewerb zu ermöglichen, gab es zusätzlich die Möglichkeit, mit einem Videobeitrag in einer separaten Wettbewerbskategorie teilzunehmen.
Die anderen teilnehmenden Ensembles reisten aus dem ganzen Bundegebiet nach Osnabrück, um ihre Darbietung einer fachkundigen Jury zu präsentieren. Das hohe musikalische Niveau wurde bei einigen der Beiträge zu einer Gesamtkonzeption unter dem Motto „Unsere Welt klingt bunt“ zum Ausdruck gebracht. Die ausgewählten Werke wurden dabei von schauspielerischen Einlagen, Gesang, Videobeiträgen oder einer besonders originellen Moderation begleitet. Pflichttitel waren keine vorgesehen; vielmehr sollte die bunte Vielfalt der Bläserklassenliteratur dargeboten werden.
In der Kategorie Grundschule/Primarstufe belegte die Bläserklasse der Nordschule Bonn den ersten und die Bläserklasse der Musikschule Nienburg den zweiten Platz. Bei den weiterführenden Schulen gingen die Preise an die Bläserklassen des Andreas-Versalius-Gymnasiums Wesel (3. Preis), der Angelaschule Osnabrück (2. Preis) und der Gesamtschule Emsland (1. Preis). Die thematisch besonders gelungenen und originellen Beiträge des Gymnasiums Wesel und der Gesamtschule Emsland wurden zusätzlich mit einem Sonderpreis ausgezeichnet.
Den Videowettbewerb gewann die Bläserklasse des Ratsgymnasiums Stadthagen, gefolgt von den Bläserklassen aus Jestetten und Wurmberg.
Das insgesamt hohe musikalische Niveau zeigt den Erfolg von Bläserklassenkonzeptionen und zeugt von nachhaltiger Ensemblearbeit an Schulen, Musikschulen und Musikvereinen.“
Jakob Scherzinger, Deutsche Bläserjugend
Deutsche Meisterschaften der Spielleute
Meine ersten Programmpunkte in Osnabrück führten mich am Musikfest-Donnerstag zuerst einmal zu den Spielleuten.
Die Notwendigkeit, sich in Konzertformation aufzustellen und sich Wertungsspielen zu stellen, scheint bei vielen Spielmannszügen angekommen zu sein. Sonst wären nicht so viele Spielmannszüge bei den Konzertwertungen angemeldet gewesen.
In den letzten 10 Jahren – jemand sagte mir seit der Jahrtausendwende – haben manche Spielmannszüge erkannt, dass eine Umstellung auf Böhmflöten im Konzertsaal ein Weg in die Zukunft sein könnte, weil klanglich eindeutig ein Vorteil. Die Tradition, auf der Straße mit den Spielmannsflöten zu spielen, kann damit trotzdem gewahrt bleiben.
Bei den Spielmannszügen, die ich gehört habe, ist mir positiv aufgefallen:
Die originale Literatur, die gespielt wurde, ist pfiffig, witzig und genau auf die Bedürfnisse der Spielmannszüge zugeschnitten. Da genau für die Besetzung – sei es mit Böhm- oder Spielmannsflöten – geschrieben, passt das genau.
Alle haben mit großer Konzertpercussion-Besetzung – 10 Frau/Mann teilweise! – gespielt. Das gibt den Flöten einen guten Untergrund, vor allem natürlich, wenn viel Mallets eingesetzt wird (und das wurde teilweise).
Bei den Spielleuten habe ich auf der Bühne so viele engagiert musizierende Menschen gesehen, wie bei manchem Blasorchester nicht. Manchen hat man den Spaß richtig angesehen.
„Haltung“ scheint den Flötisten aus den Spielmannszügen wichtig zu sein. Manche Reihen saßen mit Flöten parallel zum Boden da. Ein Anblick, den ich gerne sehe. Da könnten sich manche Flötenregister in Blasorchestern eine Scheibe von abschneiden.
Zwei der erlebten Spielmannszüge haben sich in der Einheitskleidung dem Anlass Wertungsspiel (es könnte auch ein Konzert sein) angepasst und in weißem Hemd und einheitlicher Krawatte bzw. Schal gespielt. Das macht was her. Das Auge hört mit. Es kommt seriöser, also ernsthafter rüber, als die teilweise sehr altmodischen Uniformen.
Negativ aufgefallen ist mir:
Einige der Dirigenten! Sie haben teilweise nicht das Niveau, das bei uns im Süden C3-Absolventen haben.
Sehr seltsam für mich als eingefleischte Blasmusikerin ist, dass manche Spielmannszüge Arrangements von Blasorchesterwerken gespielt haben. Zum Beispiel Arsenal von Jan Van der Roost oder The Witch and the Saint von Steven Reineke. Die Klangvielfalt im Spielmannszug oder Flötenorchester gibt eine gute Interpretation dieser Werke einfach nicht her. Die Originalwerke für die Besetzung fand ich durchweg besser.
Klanglich sind die Spielmannsflöten einfach nicht so voluminös wie Böhmflöten in verschiedenen Größen. Manche der gehörten Spielmannszüge haben mit ihrem Schlagzeug durch die Verwendung von zu vielen Trommeln die Flöten zu geschlagen… (im Gegensatz zu denen, die viel Mallets und Percussion eingesetzt haben).
Ich will mich hier auf keinen Fall als Expertin für Spielmannsmusik aufspielen. Oben habe ich lediglich meine persönlichen Gedanken beschrieben. Deshalb habe ich einen gebeten ein Statement über die Wertungsspiele der Spielleute zu schreiben, der sich damit auskennt: Dieter Adam!
Viel Licht, wenig Schatten – die Deutschen Meisterschaften der Spielleute
„Viel Licht, wenig Schatten“ – so umschrieben meine Jury-Kollegen die Leistungen der Gemeinschaften bei der „Deutschen Meisterschaft“ der Spielleute.
Großartige Leistungen, bei denen man oft bemerken konnte, dass sich die Aufnahme und Umsetzung von Ergebnissen und Inhalten früherer Wertungsgespräche positiv auswirkte.
Auch die Inanspruchnahme der Ausbildungsangebote der Verbände dürfte hier eine Rolle spielen, das „über den Tellerrand schauen“ hat noch nie geschadet.
Und letztlich zeigte sich dann auch, bei welchen Gemeinschaften das NICHT der Fall war – eine gewisse Beratungsresistenz schlug sich dann im Ergebnis nieder.
„Viel Licht, wenig Schatten“ halt. Meines Erachtens lässt sich das auf die komplette Veranstaltung ausdehnen – und als langjähriger Mit-Organisator von Großveranstaltungen kann ich das durchaus beurteilen.
Tolle Organisation, motivierte Verantwortliche, motivierte Teilnehmer und ein dazu „funktionierendes“ Wetter – was will man mehr…!?
Kleine Pannen passieren bei solchen Mammutereignissen IMMER, und die wenigen, die ich selber erleben „durfte“, sind kaum der Rede wert.
Da fehlt mal ein Dirigenten-Podest, ein Mikrofon streikt oder ist in einer anderen Lokation schlicht nicht vorhanden – alles „minor things“, die zumeist ambulant behoben wurden. Schön, zu beobachten, wie da der „kleine Dienstweg“ funktionierte!
Und wenn das nicht ging, wurde der Vorfall festgehalten und als „verbesserungswürdig“ an die Organisation weitergegeben.
Das ist wie beim Häusle-Bau – beim nächsten Mal macht man dann halt andere Fehler. Dass man während des Festes auch fast nur in entspannte Gesichter blickte, sagt schon vieles aus.
Großes Lob an den Veranstalter – und an Osnabrück!“
Dieter Adam – Jury-Mitglied „Deutsche Meisterschaft Spielleute“
Brass Band Entertainmentwettbewerb
Nach der Bläserklassen-Szene macht sich die Brass-Band-Szene langsam aber sicher bereit, sich Deutschland zu erschließen. Den DBBV – den Deutschen Brass Band Verband – zu gründen war sicherlich ein wichtiger Schritt zur Positionierung der Brass Bands. Und dass die deutschen Brass Bands mittlerweile europäisch mithalten können haben die diesjährigen European Brass Band Championships in Montreux bewiesen (Ihr erinnert Euch an den dazugehörigen Blog-Beitrag?). Ganz bewusst haben sich der DBBV und die Organisatoren des DMF entschieden, mit einem Unterhaltungswettbewerb eine Besonderheit der Brass Bands in Osnabrück zu bieten. Leider hatte ich selbst keine Möglichkeit, in diesen Wettbewerb rein zu schnuppern. Deshalb habe ich den Vize-Präsidenten des Deutschen Brass Band Verbands, Alexander Richter gebeten, wie auch schon für den Blogbeitrag über die EBBC, ein Statement zu schreiben:
Über das Zusammenspiel von musikalischem Anspruch und guter Unterhaltung
„Am 01.06. fand im Kongress-Saal der Osnabrückhalle der Brass Band-Entertainment Contest statt. Dieses Wettbewerbsformat bereicherte das Deutsche Musikfest nicht nur um die in Deutschland immer noch reichlich exotische Klangfarbe der Brass Bands, sondern brachte durch die, durch eine separate Jury zu bewertenden Show- und Unterhaltungselemente gänzlich Neues auf die Bühne des gut gefüllten Saales. Acht Brass Bands, darunter Teilnehmer aus den Niederlanden, Österreich und Deutschland stellten sich den Juroren Timor Chadik und Magnus Hylander im musikalischen und Andreas Hofmeir und Stefan Ametsbichler im Entertainment-Bereich. Hoch interessant die unterschiedliche Annäherung an das Thema Unterhaltung. Von der abwechslungsreichen Nummernrevue, über musikalisch-thematisch abgestimmte Programme, bis hin zu komplett durchkomponierten Beiträgen war alles vertreten. Viel gab es zu sehen und zu hören: virtuose solistische Einlagen, die Uraufführung eines eigens für diesen Anlass komponierten Stückes, den Vortrag eines beim großen Vorbild „Brass in Concert“ (Newcastle) preisgekrönten Programmes, selbstgebaute Kulissen und Bühnentechnik, verschiedenste Kostüme, Choreographien, usw. Es war mit Sicherheit keine leichte Aufgabe für die Juroren, diesen höchst unterschiedlichen Darbietungen eine fairen Bewertung zukommen zu lassen, zumal sich das musikalische Leistungsspektrum von Jugend Brass Band bis zur Champions-Divisionsband erstreckte. Den Siegerpokal erspielte sich die Brass Band BlechKLANG aus Jena unter ihrem Dirigenten Alexander Richter mit einem komplett choreographierten Programm zu Peter Grahams „Call oft he Cossacks“. In den Punkträngen fanden sich neben BlechKLANG mit der Nordbayrischen Brass Band und der Jugend Brass Band „Potzblech“ zwei weitere deutsche Starter, „allesamt Mitglieder im Deutschen Brass Band Verband“ wie der Vorsitzende des DBBV Arnd Bolten stolz konstatierte.
Der Verband, der den Entertainment Wettbewerb in Kooperation mit der BDMV initialisierte, blickt sehr zufrieden auf einen ereignisreichen Tag. Um die Spezifik der Brass Band Musik noch breiteren Schichten der Bevölkerung nahezubringen und damit die Entwicklung der gesamten deutschen Szene voranzubringen, ist eine Zunahme an publikumswirksamen Konzertformaten höchst wünschenswert. Idealerweise gehen diesbezüglich einige dauerhafte Impulse aus, vom äußerst unterhaltsamen Entertainment Contest in Osnabrück.“
Alexander Richter, Vize-Präsident Deutscher Brass Band Verband
Internationaler Dirigentenwettbewerb der BDMV und der CISM
Wenn ich die Entwicklung der deutschen und internationalen Blasorchesterdirigenten-Szene anschaue, stimmt mich das sehr froh. Hier ist ein deutlicher Wille zur Qualitätssteigerung der Blasorchester-Szene zu sehen (um das Wort „Professionalisierung“ zu vermeiden). Ich sehe eine junge Dirigentenriege, die sich aufmacht, der Sinfonischen Blasmusik einen noch höheren Stellenwert zu geben. Ich bin glücklich, dass ich diese Szene durch mein Mitwirken in den Lehrgangsorchestern an der BDB-Musikakademie beim Meisterkurs mit Douglas Bostock (schon seit 9 Jahren) und dem Metafoor-Kurs mit Alex Schillings (seit 3 Jahren) beobachten kann. Diese sehr gut ausgebildete „Spitze“ hat schon Auswirkung auf die „Breite“ und wird noch weitere Auswirkungen haben. Eine sehr tolle Entwicklung, die uns allen in der Blasorchesterwelt gut tut!
Ein wichtiger Bestandteil neben den Studiengängen, die an vielen Musikhochschulen in Europa eingerichtet sind (ich verweise auf meine entsprechende Serie in der Zeitschrift Clarino), sowie den vielen angebotenen Dirigier-Workshops und Meisterkursen, sind Dirigerwettbewerbe. Und eben so einen haben sich die Veranstalter des Deutschen Musikfests als sehr wichtiger Programmpunkt innerhalb dieses Festivals auch auf die Fahnen geschrieben. Dies kann meiner Ansicht nach nicht hoch genug gewürdigt werden!
Bemerkenswert auch, dass sich die BDMV darum bemüht hat, für die Finalrunde des Dirigierwettbewerbs eine Auftragskomposition zu vergeben. Dies gelang der BDMV, mit Namen dem Hauptverantwortlichen Bundesmusikdirektor Heiko Schulze, in Zusammenarbeit mit der GEMA-Stiftung. Hubert Hoche setzt mit seinem Werk Hope einen Meilenstein mit eigenem Gestus in die Welt der Blasorchesterliteratur. Nicht hoch genug kann man ihm anrechnen, seinen eigenen Weg in seinen Kompositionen zu gehen, seine eigenen Vorstellungen von Struktur und Klang eines Werkes – teilweise kompromisslos – Gestalt zu geben und zu seinen Idealen zu stehen – egal was sich der Massengeschmack wünscht.
Aus insgesamt 22 Teilnehmerinnen und Teilnehmern vor Ort, die zuerst in einem Video-Wettbewerb ausgewählt wurden, schafften es 7 TeilnehmerInnen in die dritte Runde und schließlich 3 Kandidaten in die Finalrunde, in der oben genanntes Werk mit dem Polizeiorchester Bayern geprobt werden sollte. Folgende Rangliste kristallisierte sich danach raus:
Platz 1: Julio Domingo Escamilla, Spanien
Platz 2: Sophie Sze-ki Mok, Hongkong
Platz 3: Marvin Stutz, Deutschland
Einen Sonderpreis der Jury erhielt der erst 20-jährige Leon Frantzen aus den Niederlanden.
Herzlichen Glückwunsch, allen Teilnehmern, die sich der Aufgabe und dem Wettbewerbsstress gestellt haben und einen besonderen Glückwunsch an die drei Preisträger. In der Jury des Dirigentenwettbewerbs saßen die sehr geschätzte Isabelle Ruf-Weber, Prof. Johann Mösenbichler vom Polizeiorchester Bayern und Tobias Haußig, Dirigent der Bläserphilharmonie Aachen. Moderiert hat diesen Wettbewerb Prof. Ernst Österreicher von der Musikhochschule Würzburg.
Wertungsspiele in der Kategorie 1 bis 5
Ich wurde während dem Deutschen Musikfest irgendwann, irgendwo zwischen Wettbewerb und Wertungsspielen gefragt, was denn überhaupt der Unterschied zwischen Wertungsspielen und dem Wettbewerb ist. Ich habe wie folgt geantwortet und hoffe, dass ich das so korrekt getan habe…. (Ansonsten scheut Euch bitte nicht, mich zu verbessern…. Kommentarfeld unten!!!)
In den Wertungsspielen spielen Punktzahlen eine untergeordnete Rolle. Sie bestimmen lediglich das anschließende Prädikat, mit dem das Orchester belohnt wird. Das höchste Prädikat ist „Mit hervorragendem Erfolg teilgenommen“, dann „Mit sehr gutem Erfolg teilgenommen“ und schließlich „Mit gutem Erfolg teilgenommen“. Verlierer gibt es keine, nur Gewinner! Dies nicht zuletzt deshalb, weil es nach dem Vortrag ein Jury-Gespräch über den Vortrag mit Lob und wichtigen Verbesserungshinweisen gibt.
Beim Wettbewerb bestimmen die Punkte die Rangliste. Als letzter der Rangliste kann man sich schnell mal als „Verlierer“ sehen. Wobei das natürlich nur ein relatives Bild ist, da ja nur ein sehr kleiner Bruchteil aller Blasorchester, die in der Lage sind in der Kategorie 4 oder 5 anzutreten, überhaupt beim Wettbewerb mitmacht. Ein Juroren-Gespräch mit dem Dirigenten gibt es nicht.
Dankenswerter Weise hat sich einer der Juroren, Bernd Gaudera, bereit erklärt, seine Eindrücke der Wertungsspiele für diesen Beitrag aufzuschreiben.
Bernd Gaudera: Meine Eindrücke von unserer Wertungsgruppe im Carolinum
„Wie sich in der Tatsache zeigt, dass die meisten Orchester mit sehr gutem Erfolg abgeschlossen haben, war das Niveau der teilnehmenden Formationen sehr hoch. Alle waren gut vorbereitet und die investierte Zeit und Mühen zahlten sich aus. Dies kann man auch am Gesamtergebnis der Wertungsspiele ablesen.
Auffällig in unserer Wertungsgruppe: das Prädikat „mit hervorragendem Erfolg“ wurde in Kategorie 3 öfter vergeben als in 4. Dies hat meiner Meinung nach zwei mögliche Gründe: Zum einen nimmt die Tendenz ab in einer höheren Kategorie anzutreten als das Orchester eigentlich gut bewältigen kann. Die sechsstufige Einteilung der Schwierigkeitskategorien ist bei den Orchestern inzwischen angekommen und auch die immer besser ausgebildeten Dirigenten wissen, was sie ihren Orchestern zumuten können. Zum anderen waren Orchester in Kategorie 3 angetreten die auf Grund ihres Könnens sicher auch in 4 hätten bestehen können. Allein die Besetzung gab das nicht her und aus Vernunftgründen und um nicht mit einer Aushilfstruppe antreten zu müssen, hat man die tiefere Kategorien gewählt. Auch die andere Option, als Spielgemeinschaft mit einem Nachbarverein anzutreten wurde von einigen Orchestern genutzt.
Auch als sehr positiv sehe ich die Offenheit und Wissbegierigkeit der Dirigenten/ innen und auch der Orchestermusiker in den Beratungsgesprächen, welche für mich sowieso den wichtigsten Teil eines Wertungsspielens darstellen. Alle Teilnehmenden waren sehr an den Tipps der Experten interessiert und begierig zu erfahren, wie sie noch besser werden können. Dabei hat bei uns auch die Position der Jury im Raum positiv dazu beigetragen, saßen wir doch nicht unnahbar auf dem „Bock“, sondern waren für Gespräche mit Musikern und Dirigenten auch außerhalb der offiziellen Beratungsgespräche zugänglich.
An meinem Wertungsort hatte ein gut organisiertes Team mit einem charmanten Moderator und einem hervorragend agierenden und kompetenten Bühnenmanagement beste Voraussetzungen für eine angenehme Atmosphäre und ein entspanntes Jurieren gesorgt.
Als eine Besonderheit waren in meiner Wertungsgruppe auch zwei Big Bands vertreten. Sollte man diese Besetzungsform auch weiterhin in die Wertungsspiele einbinden wollen sollte sowohl die Logistik (Big Bands brauchen andere Spielvoraussetzungen als Blasorchester wie z.B. Klavier, Verstärkeranlage etc.), als auch die Wertungsspielordnung an diese Gruppen etwas angepasst werden.“
Viele Grüße
Bernd Gaudera
BDMV Konzertwettbewerb Blasmusik Kategorie 4 und 5
Den Unterschied zwischen Wertungsspielen und Wettbewerb habe ich oben schon erklärt. Für mich persönlich am interessantesten sind die Blasorchester in Kategorie 4 und 5, egal ob Wettbewerb oder Wertungsspiel. Und doch hat der Wettbewerb immer doch noch etwas Besonderes. Da es hier um eine Rangliste geht, steht schon die Frage im Raum: „Welches ist das beste Blasorchester?“
Nun, diese Frage kann bei einer beschränkten Anzahl der teilnehmenden Orchester natürlich nicht deutschlandweit beantwortet werden. Natürlich sehen und hören wir nur den Moment, die anwesenden Orchester unter den gerade herrschenden Bedingungen, bewertet von den speziellen Leuten, die gerade mehr oder weniger zufällig in der Jury sitzen. Juroren, durchweg mit einem vollen Rucksack an Erfahrung, jedoch sehr unterschiedlicher und (!) internationaler Art waren es in diesem Wettbewerb. Mit Namen: Bernhard Stopp (Jury-Vorsitzender, Stellv. Bundesmusikdirektor der BDMV), Prof. Hermann Pallhuber (Musikhochschule Mannheim), Jan van den Eijnden (aus den Niederlanden), Miro Saje (aus Slowenien) und Frank De Vuyst (Belgien, wohnhaft in Spanien).
Gewünscht hätte ich mir weit mehr als nur sieben Orchester in der Kategorie 4 und sechs Orchester in der Kategorie 5. Zum Vergleich: In Kategorie 4 der Wertungsspiele haben 32 Orchester teilgenommen, in Kategorie 5 haben 16 Orchester teilgenommen. Sich sportlich-musikalisch zu messen ist den Orchestern offensichtlich weit weniger wert, als eine fundierte Experten-Meinung für das Geleistete inklusive Verbesserungsvorschlägen zu erhalten. Ich versuche das wertfrei zu schreiben und weiß gleichzeitig, das mir das nicht so gut gelingt…. Ein gesunder Sportsgeist fehlt mir bei den Blasorchestern immer etwas. Was die Brass Bands bis zum Exzess und somit manchmal etwas zu weit treiben, fehlt in gesundem Maß bei den Blasorchestern. Aber bitte, meine Meinung!
Die besten (angetretenen) Blasorchester in der Kategorie 4 mit dem Pflichtstück Satiric Dances von Norman Dello Jojo:
1. Platz: Sinfonisches Jugendblasorchester der Stuttgarter Musikschule unter der Leitung von Alexander Beer. Selbstwahlstück: Der Traum des Oehngus I von Rolf Rudin.
2. Platz: Stadtkapelle Friedberg e. V. unter der Leitung von Michael Meininger. Selbstwahlstück: New York Overture von Kees Vlak.
3.Platz: Jugendorchester der kath. Kirche Meerholz-Hailer unter der Leitung von Philip Bräutigam. Selbstwahlstück: Tore der Sonne von Rolf Rudin.
Die besten (angetretenen) Blasorchester in der Kategorie 5 mit dem Pflichtstück The Land of Zarathustra von Amir Molookpour:
1.Platz: Jugendorchester Havixbeck e. V. unter der Leitung von Rainer Becker. Selbstwahlstück: Improvisation & Fugato von Marco Pütz.
2. Platz: Symphonisches Blasorchester Obere Nahe unter der Leitung von Jochen Lorenz. Selbstwahlstück: Abraham von Ferrer Ferran.
3. Platz: Stadtkapelle Radolfzell 1772 e.V. unter der Leitung von Kuno Rauch. Selbstwahlstück: Yiddish Dances von Adam Gorb.
So, das war es nun, mit meinen Beiträgen zum Deutschen Musikfest 2019 in Osnabrück.
Für das folgende Deutsche Musikfest wünsche ich mir:
- Dass die Bundesvereinigung Deutscher Musikverbände BDMV dazu steht, dass es ein Fest der Blasmusik in allen Besetzungsformen und allen Stilrichtungen ist.
- Dass es irgendwo im Süden stattfindet (Michael, Karlsruhe ist doch ein guter Ort!)
- Dass sich mehr Orchester trauen im Wettbewerb anzutreten und dies mit einem gesunden Sportsgeist tun.
- Dass sich die Spielleute-Szene im gleichen Tempo bis dahin weiterentwickelt, wie sie es in den letzten Jahren getan hat.
- Dass es noch mehr Musikvereine und Blasorchester als Wichtig und Selbstverständlich erachten, beim Deutschen Blasmusikfest dabei zu sein (Zum Vergleich: Beim Eidgenössischen Musikfest in der Schweiz machen regelmäßig mehr als 500 Vereine mit!)
- Dass die Verpflegung bei den Wettbewerben, Wertungsspielen und am zentralen Konzert- und Ausstellungsort vielfältiger wird (oder überhaupt stattfindet).
Als wär’s ein Wunschkonzert…. Aber „wünschen“ darf man sich ja alles…
Nochmals ein herzliches Dankeschön, an alle, die mich unterstützt haben! Und nicht vergessen: Für Eure Eindrücke, Wünsche und Erlebnisse gibt es weiter unten auf der Seite ein Feld, wo Ihr alles rein schreiben könnt…. Nutzt das sehr gerne!
Nun habe ich mit unserem Orchester ( sinfonisches blasorchester wehdel ) als aktives Mitglied erst an zwei Musikfesten und Konzertwettbewerben teilgenommen und kann nur Vergleiche zwischen Chemnitz 2013 und Osnabrück 2019 anstellen. Voraussetzung für den Konzertwettbewerb ist grundsätzlich, dass mindestens 3 Orchester pro Katagorie eine Meldung abgegeben haben.
In Chemnitz hatten noch 6 Orchester für die Kategorie 3 gemeldet, in Osnabrück offenbar so wenig, dass in dieser Kategorie kein Wettbewerb stattfinden konnte. Für die Katagorie 4 gab es in Chemnitz noch 9 Meldungen, in Osnabrück nur noch 7. Bei der Kategorie 5 waren es in Chemnitz noch 8 Meldungen, in Osnabrück auch weniger, nämlich nur noch 6. Offenbar war man auch in Europa der Meinung, dass eine Fahrt nach Chemnitz sich mehr lohnen würde als nach Osnabrück, denn 2013 gab es immerhin noch 3 ausländische Orchester aus Italien, Belgien und der Schweiz, die an dem Konzertwettbewerb teilnahmen. Diese fehlten in diesem Jahr völlig.
Vergleiche ich nun beide Spielstätten miteinander, muss ich sagen, dass die Aula der Hochschule am Westerberg in Osnabrück dem Vergleich mit der Oper Chemnitz in keinster Weise das Wasser reichen konnte. Akkustik, Bühnengröße, örtliche Lage, Einspielräume und Verpflegungsmöglichkeiten in der Nähe zur Spielstätte waren in Osnabrück schlicht dem Anspruch an einen Konzertwettbewerb nicht andeutungsweise gewachsen. Wenn wir unsere Einspielprobe aufgrund der klimatischen und engen Verhältnisse im Vorlesungsraum abbrechen mussten, da schon eine unserer Klarinettistinnen einen Kreislaufkollaps bekommen hatte, wäre so etwas in Chemnitz undenkbar gewesen. Da sich auch die Luft in der Aula im Laufe des Nachmittags immer mehr aufheizte ( ich hatte mir schon am Samstagvormittag einige Vorträge angehört und meine das beurteilen zu können ), konnte von einem fairen Wettbewerb insgesamt keine Rede mehr sein. Umsomehr muss man dem Jugendorchester Havixbeck großen Respekt aussprechen, das direkt vor uns an der Reihe waren und dann noch den Wettbewerb gewann. Für die Jury war der Samstag mit der noch größeren Hitze im Saal als am Freitag sicher auch kein Zuckerschlecken. Was hätte der Veranstalter eigentlich gemacht, wenn wir, wie in Kerkrade zuletzt, nicht mit nur mit 61 Musikern, sondern mit über 70 Musikern angetreten wären. In Kerkrade hatten einige Orchester aus Spanien (mit Celli) sogar mehr als 80 Musiker in ihren Reihen! Dann wäre schlicht kein Platz für ein so großes Orchester auf der Bühne vorhanden gewesen. In Chemnitz wäre auch das kein Problem gewesen. Für 2025 kann man nur hoffen, dass sich so etwas nicht wiederholen wird und der Veranstalter diesen Wettbewerb wieder ernster nimmt.
Danke lieber Jürgen für Deinen Kommentar! Viele Grüße Alexandra
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