Jugendkonzept des Modern Sound(s) Orchestra Seelze

„Best Practice“ – vorbildliche Modelle in der Jugendarbeit im Musikverein

In der Reihe „Best Practice“- vorbildliche Modelle in der Jugendarbeit im Musikverein möchte ich heute das Ausbildungsprogramm im Modern Sound(s) Orchestra Seelze mit den drei Stufen „Musik macht stark“, JBO-Beginners und JBO-YoungStars vorstellen. Ich habe dem Projektleiter Steffen Hospodarz einige Fragen gestellt, die das Ausbildungskonzept erklären.

Können Sie bitte ausführlich beschreiben, wie die Jugendarbeit bei Ihnen organisiert ist?

“Unsere Jugendarbeit ist mehrstufig gegliedert:

Stufe 1 ist unser Projekt „Musik macht stark“, für das wir über zwei Trägerverbände eine Förderung durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) erhalten. Hier erreichen wir in der Phase „Instrumente kennenlernen“ pro Jahr rund 70 Kinder, von denen mindestens 30 an der darauffolgenden Bläserklassenphase teilnehmen können. Mit dem Projekt möchten wir insbesondere Kinder aus bildungsbenachteiligten Elternhäusern ansprechen. Aufgrund der Förderung durch das BMBF können wir die Teilnahme kostenlos anbieten. Auch ein Instrument wird gestellt.

JBO Beginners Seelze
JBO-Beginners Seelze

In Stufe 2 bieten wir allen Projektteilnehmern an, ihr Instrument unter dem Dach unseres Vereins weiter zu erlernen. Da die Kinder das Instrument aus dem Projekt wieder abgeben müssen, können sie über den Verein ein Instrument mieten oder mietkaufen. Die meisten Teilnehmer (jährlich mehr als 20 Teilnehmer) wählen den Mietkauf über zwei Jahre. In dieser Zeit finanziert der Verein das Instrument vor, und die Teilnehmer zahlen nur die Mietraten. Der Unterricht ist in dieser Zeit für die Teilnehmer kostenlos und umfasst die wöchentliche Mitwirkung in unserem Ausbildungsorchester „Jbo-Beginners“ sowie Instrumentalunterricht bei professionellen und ehrenamtlichen Lehrkräften.

JBO JoungStars Seelze
JBO JoungStars Seelze

Die Stufe 3 greift in diesem Jahr erstmals, da der erste Jahrgang aus der „Instrumentenfinanzierungphase“ herauswächst. In der Regel ist das Instrument jetzt abbezahlt. Dafür gibt es jetzt ein Unterrichtsangebot bei professionellen Dozenten in kleineren Gruppen. Diesen Unterricht zahlen die Teilnehmer in den ersten beiden Jahren nur anteilig. Den Rest übernimmt der Verein. Ab dem dritten Jahr ist der volle Stundensatz durch den Teilnehmer zu entrichten.

Unsere gesamten Ausbildungsaktivitäten fassen wir in diesem Jahr unter dem Begriff „Bläserakademie im Jugendblasorchester Seelze“ zusammen.”

Wie bringen Sie jährlich 30 Kinder dazu ein Instrument zu spielen?

“Von besonderer Bedeutung ist hier die gute Zusammenarbeit innerhalb des „Seelzer Bündnisses für Bildung“. Die Zusammenarbeit ist im inzwischen dritten Projektjahr sehr vertrauensvoll. Ohne den direkten Kontakt zu den Schulen wäre der Zugang zu den Kindern und Familien wesentlich schwieriger. Wir können so direkt in die Schulen gehen. Und natürlich ist es ein Vorteil, die Teilnahme kostenlos anbieten zu können. Dazu kommt der Mix unserer Maßnahmen. Über unsere Unterrichtsbesuche erreichen wir in jedem Jahr 300 Kinder. Danach melden sich immer rund 70 Kinder für die erste Projektphase „Instrumente kennenlernen“ an. Hier können die Kinder alle Instrumente ausprobieren und drei Wunschinstrumente für die Bläserklassenphase nennen.”

Ist eine eigene Bläserschule dem Verein angegliedert oder wie werden die Instrumentallehrer organisiert?

“Wir arbeiten zum Teil mit der örtlichen städtischen Musikschule zusammen, setzen aber auch externe Honorarkräfte ein. Der wesentliche Teil der Ausbildungsarbeit der Stufen 1 und 2 (s.o.) wird aber durch ehrenamtliche Kräfte unseres Vereins geleistet. Erst ab Stufe 3 setzen wir überwiegend professionelle Kräfte ein. Unsere Ausbildungsaktivitäten werden wir in diesem Jahr unter der Bezeichnung „Bläserakademie im Jugendblasorchester Seelze“ zusammenfassen. Daran möchten wir gerne die örtliche Musikschule in Form einer Kooperation beteiligen.
”

Wie sieht die Kooperation zwischen Schule und Verein konkret aus? System Bläserklasse? Grundschule oder weiterführende Schule? Welche Schulen sind involviert?

“Ursprung unserer Nachwuchsarbeit ist die Kooperationsvereinbarung mit drei Grundschulen, der Musikschule Seelze und der Bürgerstiftung Seelze. Hier wurde das Projekt „Musik macht stark“ erdacht und in regelmäßigen Treffen weiterentwickelt. Inzwischen läuft das Projekt und insbesondere die Zusammenarbeit mit den Schulen so gut, dass nur noch wenige Treffen notwendig sind. Vieles läuft per Mail oder telefonisch. Das Projekt ist ein Bestandteil des Schulalltags und hat sich an den Schulen etabliert. Die Einführung der „Ganztagesschule“ bei zweien der beteiligten Grundschulen hat unser Projekt nicht wesentlich beeinflusst. Bei Problemen haben wir gemeinsam Lösungen erarbeitet. Auch bei den Eltern ist das Projekt inzwischen „ein Begriff“, so dass die Schulen nur noch in Einzelfällen zur Teilnahme ermutigen müssen.

Das Projekt selbst findet außerhalb des Unterrichts statt. Zur Phase „Instrumente ausprobieren“ reisen unsere Dozenten noch an die drei Schulstandorte, in der Bläserklassenphase müssen alle Teilnehmer zentral nach Seelze kommen. Es gibt also keine echten „Bläserklassen“ an den Schulen, sondern eher eine Art „Bläser-AG“, die nach dem Bläserklassenprinzip ausbildet.

Die Kooperation mit den Schulen endet nicht beim Projekt „Musik macht stark“. Viele Teilnehmer entscheiden sich ja dazu, das Instrument weiter zu erlernen und bei unseren „Jbo-Beginners“ einzusteigen. Glücklicherweise hat uns die Grundschule Seelze für dieses Angebot Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt.”

Welche Kriterien haben Sie aufgestellt für den Wechsel der Kinder und Jugendliche von einem Orchester zum nächst „höheren“?

“An dieser Stelle befinden wir uns noch in der Entwicklungsphase. In diesem Jahr werden wir ein weiteres Orchester einrichten, das die Fortgeschrittener Anfänger aufnehmen soll (Stufe 3, s.o.). Die Musiker sollen hier auf den Wechsel in unser Jugendorchester „Jbo-YoungStars“ vorbereitet werden. Kriterium für einen Wechsel in ein höheres Orchester ist natürlich immer der Ausbildungstand. Als weiteres Kriterium muss man natürlich auch das Alter bzw. die persönliche Entwicklung berücksichtigen. Ein Elfjähriges Kind fühlt sich vielleicht in einer Gruppe von 15 bis 18jährigen Jugendlichen nicht wohl, auch wenn es musikalisch mithalten könnte.”

Wer ist für die Jugendarbeit und Nachwuchsgewinnung insgesamt verantwortlich?

“Die Organisation der Nachwuchsarbeit erfolgt durch ehrenamtliche Kräfte unseres Vereins. Inzwischen hat sich eine kleine Gruppe gefunden, die dieses Thema vorantreibt. Unsere Jugend- und Ausbildungsleiterin hat einen Sitz im Vorstand, und kann so auch auf der Entscheidungsebene des Vereins mitwirken und Einfluss nehmen. Auch der musikalische Leiter unseres Ausbildungsorchesters hat Sitz und Stimme im Vorstand.”

Wie viele Kinder und Jugendliche sind zur Zeit in Ausbildung?

“Das Projekt „Musik macht stark“ ist im Dezember mit 32 Kindern in die Bläserklassenphase gestartet und bei unseren Jbo-Beginners sind zur Zeit rund 40 Musiker aktiv. Dazu kommen noch die Musiker unter 18 Jahren, die zur Zeit schon bei unseren „Jbo-YoungStars“ mitspielen, ihre Ausbildung aber selbst organisieren.”

Wie organisieren Sie die „Verzahnung“ der 4 Orchester?

“Auch dieses Thema steht zur Zeit innerhalb des Vereins im Fokus. Im Moment arbeiten wir intensiv daran, die Zusammengehörigkeit unserer Musikgruppen nach Außen transparenter darzustellen. Vieles ist eben auch einfach historisch gewachsen, und das sieht man im Moment auch noch. Das ist uns bewusst.

In der Alltagsarbeit ist eine regelmäßige Terminabstimmung erforderlich.”

Ein herzliches Dankeschön für die ausführliche Beantwortung an Steffen Hospodarz. Weitere Informationen zum Ausbildungskonzept in Seelze (bei Hannover) auf der Homepage des Modern Sound(s) Orchestra. Weitere Fragen können wir direkt hier auf dem Blasmusikblog klären: Eure Fragen bitte einfach unten in die Kommentarfunktion schreiben. So können wir alle davon profitieren!

Wenn auch Du / Sie hier auf dem Blasmusikblog.com von Eurer erfolgreichen Jugendarbeit im Musikverein berichten möchtet, nehmt gerne Kontakt mit mir auf! Vielen Dank!

 

 

Alexandra Link

Musik ist ein sehr wichtiger Bestandteil meines Lebens. Musizierende Menschen zusammen zu bringen meine Leidenschaft.

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