Montag, Oktober 13, 2025
Musikbranche

Keilwerth – der Sound von heute und spannende Einblicke in die Geschichte!

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Nürnberg, Musikmesse akustika, im April 2025. Coole Saxophonmusik…. Doch wo kommt die nur her? Ich glaube es nicht… Von der Rolltreppe! Da fahren fünf Kerle in schicken Anzügen spielend mit ihren Saxophonen in der Hand die offene Rolltreppe im Lichthof der Messehalle hinauf. Cool. Ich muss es nochmals schreiben. Einfach coole Musik, die keinen der staunenden Messebesucher stillstehen lässt. What the hell.. Wo kommen die her? Ziel des ungewöhnlichen Saxophonquintetts ist der Keilwerth-Saxophon-Stand von der Firma Buffet Crampon gleich neben meinem Komponistentreffpunkt, den ich für die akustika und den NBMB organisiert habe.

Die fünf Herren haben mich und die vielen Besucher:innen während der Messetage noch öfter musikalisch erfreut. Ich wäre nicht ich, wenn ich nicht auf die Jungs zugegangen wäre und mit ihnen geplaudert hätte…

Sax Royal nennen sie sich. Schon seit 2009. Der Mann mit den goldenen Schuhen, Wolfram Dullnig, ist der Chef der Truppe und spielt Altsaxophon. Mit ihm habe ich mich länger über Sax Royal, ihre Geschichte, ihre Philosophie und ihre Keilwerth-Saxphone unterhalten. Dazu aber später mehr.

Sax Royal @akustika
Sax Royal @akustika 2025

Dass Sax Royal die Messebesucher:innen in Nürnberg erfreut hat war für sie ein Geschenk zum 100-jährigen Jubiläum von Keilwerth-Saxophonen. Geschichtsinteressiert wie ich bin, hat mich diese Zahl getriggert, mich mit der Geschichte von Keilwerth näher zu befassen. Keilwerth hatte in meinem früheren Musikalienhändler-Leben, das ich von 1989 bis 1996 geführt habe, keinen allzugroßen Stellenwert. Denn was haben wir damals im Gillhaus-Laden verkauft? Yamaha, Yanagisawa und Selmer. Aber ich erinnere mich, dass ich im Rahmen meiner Musikalienhändlerausbildung im Jahr 1990 ca. in Nauheim die Keilwerth-Produktion besichtigt habe. Erst Jahre später bin ich mit der Marke Keilwerth wieder in Berührung gekommen, als ich 2016, 2018 und 2019 in Markneukirchen war und u. a. die dortige Keilwerth-Produktion besichtigt habe. (Im Tal der 100 Musikinstrumentenhersteller)

Streng genommen ist Keilwerth eine tschechische Gründung. Denn im Gründungsjahr 1925 war es erst ein paar Jahre her, seit aus der Stadt des ersten Firmensitzes Graslitz im österreich-ungarischen Teil Böhmens, Kraslice geworden war. Julius Keilwerth hieß der Gründer und dieser absolvierte davor eine Instrumentenmacher-Lehre bei der Firma Kohlert in Graslitz – Kohlert, ein Name, der geschichtsinteressierten Musikern ebenfalls bekannt ist. Bald setzte eine große Firmenexpansion einhergehend mit zunehmendem Erfolg ein und bis zum Jahr 1938 war die Firma Keilwerth in Graslitz (wie es im Dritten Reich wieder hieß) einer der größten Saxophonhersteller Europas mit 150 Beschäftigten.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Familie Keilwerth – wie der Großteil der deutschsprachigen Bevölkerung in Böhmen – gezwungen, Graslitz zu verlassen. Zunächst ging Julius Keilwerth mit seiner Familie nach Nordhessen und ließ sich 1947 in Nauheim bei Frankfurt nieder.

Die ehemaligen Produktionsstätten der Firma Julius Keilwerth in Kraslice – wie es nach dem Krieg wieder hieß – wurden im Jahr 1948 Teil des tschechischen Amati-Kollektivs – ein Zusammenschluss aller regionalen Wettbewerber. Die ersten von Amati verkauften Saxophone trugen noch die Prägung „JGK – Best in the World“, die Modellbezeichnung „Toneking“ und Keilwerth-Seriennummern.

Im Jahr 1953 beschäftigte die Firma Julius Keilwerth in Nauheim wieder rund 50 Mitarbeiter (inkl. Heimarbeiter), stellte neben Saxophonen auch Trompeten und Posaunen her und reparierte alle Arten von Blasinstrumenten. Viele der Angestellten waren frühere Mitarbeiter aus Graslitz. In den frühen 1950er-Jahren entbrannte ein Rechtsstreit über die Namensrechte an den Bezeichnungen „Toneking“ und „New King“. Amati beanspruchte 1954 ebenfalls diese Namen, da sie sich als Rechtsnachfolger der Firma Keilwerth in Kraslice sahen. 1955 entschied dann der Europäische Gerichtshof in Den Haag, dass allein Julius Keilwerth den Namen „Toneking“ rechtmäßig führen durfte.

Keilwerth Saxophone
Keilwerth Saxophone

Bis zum Jahr 1989 war die Firma Keilwerth durch Julius Keilwerth und seine Nachkommen ein inhabergeführtes Unternehmen. An der Firma Keilwerth ging der weltweite Rückgang der Nachfrage durch die aufkommenden Firmen aus den asiatischen Ländern und die immer beliebter werdenden Selmer-Saxophone nicht spurlos vorüber. 1989 wurde Keilwerth von Boosey & Hawkes übernommen. 1996 fusionierte Keilwerth als Boosey & Hawkes-Firma mit der Firma Schreiber (hauptsächlich Klarinetten). Bis dahin waren immerhin 100.000 Saxophone produziert worden. Im Jahr 2003 wurde das kombinierte Unternehmen an The Music Group verkauft, das wiederum im Jahr 2006 aufgelöst wurde und Schreiber & Keilwerth ein unabhängiges Unternehmen wurde. Die Produktion von Keilwerth wurde daraufhin nach Markneukirchen verlegt – unter Protest der Belegschaft. Im Jahr 2010 sollte es jedoch wieder einen Umbruch in der turbulenten Zeit nach 1989 geben: Die Firma Schreiber & Keilwerth meldete Insolvenz an. Am 1. August 2010 wurde das Unternehmen schließlich von der Firma Buffet Crampon übernommen, die seither die Marken Keilwerth für Saxophone und Schreiber für Klarinetten hegt und pflegt.

Über den Stellenwert von Keilwerth-Saxophonen habe ich lange mit Wolfram von Sax Royal gesprochen. Seit 2011 spielen alle fünf Sax-Royaler ein Keilwerth-Saxophon (bis heute immer noch das gleiche…). „Als wir alle in der Band Keilwerth-Saxophone gespielt haben, wurde der Sound im Quintett viel homogener, viel einheitlicher. Die Klangfarben mischen sich viel besser untereinander“ erzählte mir Wolfram. Die Zusammenarbeit mit Keilwerth ist eher lockerer Art. Wenn es Anlässe wie z. B. Messen gibt, bei denen die Musik von Sax Royal gut passt, werden sie von Buffet Crampon angefragt. Oft werden die Auftritte auch mit einem Workshop mit Wolfram Dullnig kombiniert, beispielsweise über Jazz Phrasierung.

Die Frage nach einer unterschiedlichen Qualität von Keilwerth im Vergleich zu Yamaha, Yanagisawa oder Selmer stellt sich für Wolfram nicht. Seiner Meinung nach sind das alles Top-Marken im Saxophon-Bereich. Allerdings gibt er in Bezug zu seinem Tenorsaxophon sehr offen zu: „Ich hab noch keins gefunden, das mir so gut gefällt wie mein Keilwerth. Ich kann aber nicht sagen, was es genau ist. Es ist einfach der Sound. Das sag ich wirklich aus Überzeugung. … Der Sound ist weiter, nicht so französisch eng wie zum Beispiel bei einem MarkVI, etwas offener, was mir viel mehr zusagt.“ Wenn wir weiter die Marken etwas vergleichen, dann stellt Wolfram fest, dass Keilwerth-Saxophone hauptsächlich in der Jazz- bzw. U-Musik-Szene und nicht so sehr in der klassischen und Blasmusik-Szene vertreten sind. Aber was heute so ist, muss ja nicht in alle Zukunft so sein… Für Wolfram sind solche Glaubenssätze wie z. B. „Ein Klassiker muss ein Selmer spielen. Ein Jazzer ein Keilwerth“ No-Goes. Musiker sollten offen sein, probieren und testen und jeder für sich selbst entscheiden „was einem taugt“. Laut Wolfram haben Keilwerth-Saxophone das Pech gehabt, in den 80er- und Anfang 90er-Jahren des letzten Jahrhunderts kein gutes Standing zu haben. „Deshalb ist der Markenname etwas unter die Räder gekommen. Damit haben sie etwas den Anschluss verpasst – vor allem weil zur gleichen Zeit die ‚billigen‘ Asiaten auf den Markt gedrängt sind,“ wie Wolfram bedauert, „und negative Nachrichten hängen ewig nach.“

Nochmals zurück zu Sax Royal. Ich habe Wolfram gefragt, ob sie auch mal ein „klassisches“ Konzert im Sitzen spielen. Doch genau das tut die Band nicht. Sie ist immer in Bewegung. Zu den ersten Auftritten gehörten Straßenkonzerte in der Toskana – wo die fünf Saxophon-Freunde gerne zusammen Saxophon-Ferien verbringen. Im Repertoire haben die Sax-Royaler übrigens etwa 100 Stücke – alle auswendig! Anders würde es für diese spezielle Art Musik in Bewegung auch nicht funktionieren. Die Band ist maximal flexibel…, weil sie passend zum Publikum auf Knopfdruck eines der 100 Stücke spielen kann. Zum Repertoire gehören Jazz- und Latin-Standards ebenso wie Popsongs und andere lässige Musik. Alle Arrangements werden übrigens von Bandmitglied Klaus den fünf Saxophonisten (2 Alt, 2 Tenor, Bari) auf den Leib geschneidert. Und nein, die gibt es nicht im Verkauf – wie manch einer von Euch, geschätzte Leser:innen, sich jetzt fragen wird. Das behält die Exklusivität dieses speziellen, einzigartigen, bewegten Sax-Quintetts.

Zwei Empfehlungen zum Schluss.

An die Saxphonist:innen: Probiert die Keilwerth-Saxophone einfach mal aus, wenn Ihr sie nicht sowieso schon kennt.

Und an alle: Hört und seht Euch Sax Royal unbedingt einmal an. Hier gibt’s weitere Informationen: Sax Royal

Der Marke Keilwerth zum 100. Geburtstag herzlichen Glückwunsch und dem Inhaber Buffet Crampon viel Spaß bei allen Feierlichkeiten zu diesem Jubiläum! Ebenso an die Firma Buffet Crampon ein herzliches Dankeschön, dass ich diesen Beitrag schreiben durfte! Ganz lieben Dank für die Unterstützung und für das Interview an Wolfram Dullnig von Sax Royal. Wir sehen uns!

Zu den Feierlichkeiten veröffentlichte Buffet Crampon jüngst folgende Pressemitteilung:

100 Jahre Julius Keilwerth Saxophone – Jubiläumsfeier auf der Brawo Messe Stuttgart

Seit 100 Jahren steht die Marke Julius Keilwerth für traditionelle Handwerkskunst in Symbiose mit Innovation im Saxophonbau. Dieses Jubiläum wird am 22. November 2025 von der Buffet Crampon Deutschland GmbH auf der Brawo Messe gefeiert. Der gesamte Messetag ist für das Unternehmen dem Saxophon gewidmet und bietet ein abwechslungsreiches Programm aus Workshops und Vorträgen mit renommierten Künstlerinnen und Künstlern.

In der eigens eingerichteten Keilwerth Lounge (Raum C6.2) erwartet die Besucherinnen und Besucher der Messe ein spannender Ablauf: Den Auftakt macht von 9:30 bis 11 Uhr der Workshop „Groove-Patrouille“ mit Johannes Müller, Saxophonist der Big Band der Bundeswehr und Dozent an der HfM Saar. Im Anschluss lädt Dieter Kraus von 11:30 bis 13 Uhr mit „Let your Sax Sing“ dazu ein, den eigenen Ton zu verfeinern und ausdrucksstärker zu gestalten. Am Nachmittag spricht von 13:30 bis 14:30 Uhr Julian Hutter im Workshop „Musik & Organisation“ über Themen rund um Planung, Social Media und den Musikeralltag. Um 15 Uhr berichtet die Schweizer Saxophon-Legende Pepe Lienhard in einem einstündigen Gespräch aus seinem Leben als Musiker und Bandleader. Den Abschluss des Tages bildet von 16:30 bis 18 Uhr der Workshop „Saxophonspielen entwickeln und gestalten“ mit Angela Puxi, die mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern an Ausdruck, Dynamik und Klanggestaltung arbeitet.

Für die Teilnahme an den aktiven Workshops ist das eigene Instrument erforderlich. Mitgebracht werden sollten Saxophon samt Mundstück und Zubehör sowie ein Notenständer.

Neben dem Workshop-Programm bietet Buffet Crampon am Stand 2G03 einen besonderen Service: Christian Hartmuth, Holzblasinstrumentenmacher und Saxophonist, checkt Instrumente aller Marken kostenfrei durch und übernimmt kleinere Reparaturen direkt vor Ort. Dieser Service steht von 10 bis 12 Uhr sowie von 13 bis 17 Uhr zur Verfügung.

Zum feierlichen Abschluss des Jubiläumstags lädt Buffet Crampon am Abend ab 19.30 Uhr zu einer exklusiven Jubiläumsparty im Mövenpick Hotel Stuttgart Airport & Messe ein. Musikalisches Highlight dabei ist das Konzert des Weniger/Morello US Quartet feat. John Goldsby & Adam Nussbaum. Die Teilnahme an allen Workshops und am Service ist für Messebesucherinnen und -besucher kostenfrei. 

Alexandra Link

Musik ist ein sehr wichtiger Bestandteil meines Lebens. Musizierende Menschen zusammen zu bringen meine Leidenschaft.

    One thought on “Keilwerth – der Sound von heute und spannende Einblicke in die Geschichte!

    • Ich spiele auch auf einem Keilwerth Tenorsax, allerdings ein Richard Keilwerth.
      Schade, dass dieser keinen Einzug in den Beitrag erhalten hat. Schließlich waren sie Brüder und haben einen gemeinsamen Anfang. Auch wenn sie sich entzweit haben. Ansonsten aber wieder ein gelungener Beitrag 🙂

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