Blasorchesterrepertoire: Naturkatastrophen
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Flutkatastrophen, Überschwemmungen, Stürme, Orkane, Vulkanausbrüche, Tsunamis, Waldbrände, Erdbeben und andere Naturkatastrophen: Zeitweise denke ich, die Natur spielt komplett verrückt. Jetzt auch noch diese langanhaltende Pandemie – in gewisser Weise doch auch eine Naturkatastrophe. Oder wie seht Ihr das?
Bei all der Zerstörung von Landschaft, Haus, Hab und Gut beklagen wir vor allen Dingen bei jeder Schreckensmeldung Menschenleben. Sind diese Naturkatastrophen durch uns Menschen gemacht? Oder der natürliche Lauf der Dinge? Fragen, die nur Naturwissenschaftler und Philosophen beantworten können.
Es ist noch nicht lange her, dass wir in Deutschland von Flutkatastrophen heimgesucht worden sind. Wenn auch im Blickfeld der Medien nicht mehr so präsent – die schrecklichen Bilder sind uns vor Augen. Die Trauer um die Opfer und die Verluste werden in den betroffenen Gebieten auf ewig bleiben. Finanzielle und tatkräftige Unterstützung lindern den Schmerz etwas aber heilen die betroffenen Menschen nicht.
Der Landesmusikrat Rheinland-Pfalz hat ein Spendenkonto für die von der Flut betroffenen Musikvereinigungen eingerichtet. Wer spenden möchte findet hier alle Informationen:
Doch kommen wir zur Musik. Die Musik kann heilsam für die Seele sein. In der Musik verarbeiten Komponisten sehr oft ihre Erlebnisse – so auch ihre Erlebnisse unter dem Eindruck von Naturkatastrophen. Die Kompositionen für Blasorchester, die Naturkatastrophen beschreiben, haben zwei Dinge gemeinsam: Das Betrauern der Opfer und die Hoffnung auf bessere Zeiten. Zu diesem Schluss bin ich während meiner Recherche zu Blasorchesterwerken, die Naturkatastrophen beschreiben, gekommen.
Unter dem Eindruck der momentanen Vulkanausbrüche auf La Palma beginne ich mit einem Vulkanausbruch. Den Ausbruch des Krakataus vor der Küste von Indonesien hat der Komponist Kah Chun Wong nicht selbst erlebt. Dieser Vulkan – Krakatoa – war Ende des 19. Jahrhunderts sehr aktiv. Beim Ausbruch im Jahr 1883 wurde nahezu die ganze Insel zerstört. 36.000 Menschen verloren durch den Vulkanausbruch und den damit verursachten Tsunami ihr Leben. In der Komposition Krakatoa beschreibt Kah Chun Wong, wie er sich das Leben auf der Insel vor der Katastrophe vorstellt und wie den Ausbruch des Vulkans. Gegen Ende der Komposition gedenkt er der Menschenopfer.
Über die Zerstörung von Pompeij durch den Ausbruch des Vesuvs haben mehrere Komponisten eine Komposition geschrieben: Filip Ceunen, José Alberto Pina, Satoshi Yagisawa und Mario Bürki. Nicht zu vergessen Vesuvius von Frank Ticheli.
„Normalerweise“ finden Naturkatastrophen irgendwo weit weg statt. Wir sind entsetzt auf Grund der Fernseh- und Internetbilder. Tage und Wochen später haben wir sie „vergessen“, weil sie aus den Medien verschwunden sind. Die Flutkatastrophe im Ahrtal und in anderen Regionen von Deutschland hat uns vor Augen geführt, dass uns eine Naturkatastrophe auch treffen kann.
Zum Thema Flut und Überschwemmung habe ich drei Kompositionen gefunden. Wütende Wasser von Armin Kofler, Flumen von Marco Somadossi und The Flood von Mario Bürki. Von Wütende Wasser habe ich leider keine Aufnahme in Youtube gefunden. Flumen von Marco Somadossi ist im Grad 5 geschrieben und somit für nicht sehr viele Blasorchester spielbar. Deshalb hier stellvertretend für die drei Werke zum Thema Flut und Überschwemmungen The Flood von Mario Bürki (im Grad 3):
Die Erde ist in Bewegung. Ständig. Die Erdplatten reiben sich aneinander und schieben sich übereinander. Täglich gibt es Erdbeben. Manche spürbar, viele nicht, einige haben große menschliche Opfer und Zerstörung zur Folge. Das eindrücklichste Werk, das ein Erbeben beschreibt, ist Earthquake von Jan de Haan:
Weitere Erdbeben-Werke sind Amid the Great Displace von Cory McBride, The Submerged City von Ferrer Ferran und Tellus von Andrea Mastroeni.
Am 11. März 2011 ereignete sich östlich vor Honshû, der größten Insel Japans (quasi das „Kernland“), eines der bislang schrecklichsten Erdbeben überhaupt. Etwa 18.500 Menschen starben und um die 450.000 Menschen wurden obdachlos. Das Erdbeben löste einen Tsunami aus, der unter anderem zur Fukushima-Katastrophe führte. Um Geld für die Erdbeben- und Tsunami-Opfer zu sammeln, schrieb Philip Sparke das gefühlvolle Werk The Sun will Rise Again.
Zwei Jahre später schrieb Philip Sparke das hoffnungsfrohe Looking Up, Moving On, als Anerkennung der gewaltigen Fähigkeit der Menschheit, über Katastrophen hinwegzukommen und voll Optimismus in die Zukunft zu blicken. Er zitiert darin sein The Sun will Rise Again.
James Barnes gedenkt in seinem Werk A Prayer for Higashi Nikon aller Opfer dieser furchtbaren Katastrophe rund um das Erdbeben, den Tsunami und der daraus folgenden Nuklearkatastrophe von Fukushima.
Ebenso voller Zerstörungskraft wie das Wasser ist Feuer. The Black Saturday ist der Name einer Serie von Waldbränden in Australien im Jahr 2009. Der belgische Komponist Stijn Aertgeerts machte diese Waldbrände in seiner Komposition Black Saturday zum Thema.
Ein fiktiver Waldbrand wird in From these Ashes von Chuck Elledge dargestellt. Bemerkenswert die stilistischen Mittel, die er für das Brennen, Lodern, Zischen und die Zerstörungskraft des Feuers verwendet.
Zuviel Wasser bedroht Menschen, Tiere, Haus und Hof, zu wenig aber auch… Erinnern wir uns an die großen Dürreperioden in Afrika, die große Hungersnöte zur Folge hatten und haben.
Im Gedenken an die Opfer afrikanischer Hungersnöte auf Grund anhaltender Trockenheit schrieb Peter Meechan Hymn for Africa. Leider habe ich nur eine Brass-Band-Aufnahme für Euch, es ist aber für Blasorchester lieferbar.
„William Kamkwamba wuchs in Malawi auf, einem afrikanischen Land, in dem magische Geister herrschten, moderne Technologie jedoch ein Mysterium war. Aus Büchern, die er las, stellte sich der junge William vor, eine Windmühle zu bauen, die eines Tages Strom und Wasser in sein Dorf bringen und das Leben seiner Nachbarn drastisch verändern könnte. In der Hoffnung, eines Tages die Wissenschaft zu studieren, wurde sein Land durch eine Hungersnot geschwächt, die William zwang, die Schule zu verlassen und nach Nahrung zu suchen, während Tausende im ganzen Land verhungerten. Wilhelms Leidenschaft blieb jedoch unermüdlich und baute aus Schrott, Traktorteilen und Fahrradhälften geschickt ein primitives, aber funktionsfähiges Windrad, das vier Lichter und sein Radio antrieb. Die Nachricht von William’s Leistung verbreitete sich bald über die Grenzen seines Landes hinaus und der Junge, der einmal für verrückt gehalten wurde, wurde zu einem Helden für viele Menschen auf der ganzen Welt.“ So geht die Geschichte, die Brant Karrick in seinem Werk African Dreams vertonte.
Als ich im Dezember 1999 bei der MidWest in Chicago war erreichte mich ein unglaublicher Anruf von meinen De-Haske-Kollegen aus Eschbach: „Alexandra, vom Lager ist das halbe Dach weggeflogen.“ Ein Sturm fegte kurz vor Weihnachten über das Markgräflerland. Wir wollten eigentlich über Weihnachten in den USA bleiben und die Weihnachtsfeiertage in New Orleans verbringen. Auf diese Schreckensnachricht flogen wir natürlich zurück. Zu diesem Zeitpunkt wussten wir noch nicht, dass es noch schlimmer kommen würde. Am zweiten Weihnachtsfeiertag fegte Lothar über uns hinweg und riss die zweite Dachhälfte des De-Haske-Lagerhauses auch noch runter.
Apropos New Orleans. Da der Weihnachtsurlaub in dieser fantastischen Stadt auf Grund des Sturms ausgefallen war, haben wir dort unsere Sommerferien im Jahr 2000 verbracht. Wenige Jahre später wurde New Orleans von einem Hurrikan heimgesucht. Die Zerstörung durch Katrina war verheerend. Mehr als 1.800 Menschen verloren ihr Leben. Der Komponist Robert W. Smith wurde von der United States Marine Forces Reserve Band of New Orleans beauftragt, die sinfonische Dichtung Promising Skies zu komponieren und damit der Katrina-Katastrophe zu gedenken. In der Partitur ist zu lesen: „Ende August 2005 begann sich der normalerweise fröhliche Himmel über der Stadt New Orleans zu verdunkeln. Während der Wirbelsturm Katrina auf die Stadt zuraste, verhieß der Himmel ein Klimaereignis nie erlebten Ausmaßes. Das Werk beginnt mit ‘Blue Sky’ – der Jazz der historischen Altstadt sorgt hier für die musikalische Inspiration. Bald zieht ein ‘Threatening Sky’ (bedrohlicher Himmel) auf und macht Platz für den ‘Raging Sky’ (tobender Himmel). Schließlich bringt der ‘Dawn of a New Sky’ die Hoffnung zurück – die Stadt wird wiedergeboren und nimmt wieder Anteil an ihrem musikalischen Erbe.“
Unter dem Einfluss des Orkans Kyrill, der im Januar 2007 über (Nord-)Europa hinwegfegte, schrieb Otto M. Schwarz sein gleichnamiges Werk Kyrill – Storm of the Century. Wie bei jedem seiner Werke gibt es auch zu Kyrill – Storm of the Century ein Drehbuch:
Takt 1:
KYRILL – Bedrohung durch den Orkan
Takt 41:
Neufundland bei Nacht – es regnet, es ist kalt.
Durch kleine Wirbel entsteht weit, weit weg die Grundlage zu einem Orkan. Er schwillt an und…. begibt sich auf seine Reise.
Takt 61:
Ruhe herrscht im Sauerland. Die Schönheit von Hügeln und Wäldern sind ein Abbild der Harmonie der Natur.
Takt 113:
Es beginnt zu regnen. Von ferne hört man Sirenen.
Takt 117:
Die Gefahr nähert sich.
Takt 121:
Der Sturm ist da – man hört Zweige brechen und den Wind pfeifen…
Takt 129:
Der Höhepunkt ist nah.
Takt 133:
Alarm!
Die ganze Kraft der Natur bricht sich Bahn.
Takt 163:
Der Wind ebbt ab. Das Ausmaß der Schäden wird sichtbar. Die Menschen fassen wieder Mut.
Takt 178:
Die Gefahr ist vorüber und die Menschen gehen wieder ans Werk. Neues entsteht und bringt Hoffnung für die Zukunft.
Eingangs habe ich es schon geschrieben: In gewisser Weise ist die Corona-Pandemie auch eine Naturkatastrophe. Eine Zerstörung von Leben, die nicht von Wasser, Feuer, Erdbewegungen oder Wind hervorgerufen wird, sondern von einem Virus, das sich verbreitet wie ein Lauffeuer.
Quarantine von Thomas Doss beschreibt die Zeit während der Pandemie, in der wir an unser zuhause „gefesselt“ waren. Ausgebremst durch ein winziges, unsichtbares Etwas. Zunächst war es ja ganz nett, endlich mal wieder Zeit für sich zu haben. Aber keine Familie und Freunde treffen? Beschränkt auf die eigenen vier Wände und die im eigenen Haushalt lebenden Personen – das hat uns alle irgendwann an unsere Grenzen gebracht. Wie sehr wir unsere engste Familie auch lieben.
Und schon wieder setzen wir auf die Hoffnung: Die Hoffnung, dass die Einschränkungen, die wir immer noch haben, bald ein Ende haben. Die Hoffnung, auch tatsächlich alle Konzerte aufzuführen und sie nicht wieder absagen zu müssen. Die Hoffnung, wieder unbeschwert an Großereignisse mit vielen Menschen zu gehen und beispielsweise Musikfeste durchführen zu können. Die Hoffnung auf „Normalität“.
Hoffnung – Hope. Zum Abschluss dieses Beitrags die Hoffnung – Hope von Hubert Hoche:
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Hallo Alexandra,
Vielen Dank für die regelmäßigen Informationen. Ich würde vielleicht noch “Schmelzende Riesen” von Armin Kofler dazu nehmen. Ist zwar keine Naturkatastrophe im eigentlichen Sinne, aber eine Katastrophe, die mit der Natur geschieht.
LG Alexander Schedlberger, Oberösterreich
Hallo Alexandra,
von “Wütende Wasser” gibt es eine Aufnahme direkt auf der Homepage von Armin Kofler.
https://www.arminkofler.com/resources_wrk/wuetende-wasser.mp3
LG Jürgen Darkow, Bremen
Herzlichen Dank für diese Zusammenstellung. Ist sehr inspirierend. Für mich fehlt hier noch “Pompej” von Mario Bürki, das den Ausbruch des Vesuvs 72 n. Chr. zur Thematik hat. Es fehlt mir in dieser Auflistung, da es ein Werk mit niedrigem Schwierigkeitsgrad ist und deshalb hier, neben den erwähnten schwierigen Brocken, erwähnenswert ist.
Hallo Markus,
dieses Werk wird im Beitrag erwähnt, es fehlt also nicht…
Gruß
Alexandra
Hallo Alexandra,
zum Thema “Erdbeben” gibt es mit der Symphony No 1 ein größeres Werk von Steven Reineke.
Danke für den Hinweis / die Anregung, Volker!
Viele Grüße
Alexandra