Die Demo-CD hat ausgedient….

Die gute alte Demo-CD ist für die Blasorchester-Repertoire-Suche nahezu überflüssig geworden. Die Demo-CDs bzw. -Kataloge, die in den letzten 30 Jahren so zahlreich an die Dirigentinnen und Dirigenten verschickt wurden, haben quasi ausgedient.

Altpapier – Sondermüll.

Wie ich darauf komme?

Vor einiger Zeit habe ich auf dem Blasmusikblog.com die Umfrage gestartet “Welche Tools / Quellen nutzt Du für die Zusammenstellung Deiner Konzertprogramme?” Die Quelle “Alte Kataloge & Demo-CDs der Verlage” nutzen nach diese Umfrage nur noch 3,6% der Teilnehmer. Die aktuellen Kataloge und Demo-CDs bekommen immerhin noch von 9,4% der Umfrageteilnehmer Beachtung.

Wie bekommen die Verlage die neuen Werke der Komponisten dann heutzutage noch an die Dirigentin / den Dirigenten? Und wie die Werke, die es schon eine längere Zeit gibt?

Ich wäre nicht wer ich bin, hätte ich nach meiner jahrzehntelangen Erfahrung als Blasorchester-Literatur-Verkäuferin nicht meine eigenen Ideen dazu. Dazu jedoch bitte bis zum Ende des Beitrags lesen…

Sehen wir uns einmal an, wo die Dirigentinnen und Dirigenten heutzutage ihre Inspirationen und Informationen für die Konzertprogramme erhalten. An erster Stelle stehen die Websites der Verlage und Vertriebe mit 18,6%. Verlagen und Vertrieben sei also empfohlen, ihre Websites auf Vordermann zu bringen. Standard sollten neben den bibliographischen Angaben (bitte vollständig, auch mit Dauer, Schwierigkeitsgrad, genaue Besetzung – besonders falls abweichend) weitergehende Informationen über das Werk (ein Promotext oder besser noch ausführliche Programmnotizen bei Originalwerken), ein Hörbeispiel und eine Miniscore sein. Auch eine Biographie des Komponisten sollte auf der Website zu finden sein. Links zu entsprechenden Youtube-Videos sind von Vorteil (sofern sie nicht von einem Kauf abschrecken).

In letzter Zeit habe ich viele Verlags- und Vertriebswebsites besucht und studiert. Leider hängen viele Verlage und Vertriebe dem aktuellen Stand hinterher. Allein aus Titel, Komponist, Besetzung, Cover und Preis können nun wirklich keine Kaufentscheidungen getroffen werden. Die Strategie, die Werke “bestellbar” zu machen, hilft beim aktiven Verkaufen der Werke nicht wirklich. Dadurch werden die Komponisten, die möchten, dass ihre Werke (nicht nur die neusten) gespielt werden, nicht wirklich unterstützt. Besonders bei den Originalwerken für Blasorchester ist ein Text mit Hintergrundinformationen von besonderer Wichtigkeit. Ich verstehe nicht, warum auf erklärende Texte zum Werk so wenig Wert gelegt wird.

Bis auf ein paar mehr oder weniger gute Newsletter sehe ich bei den Verlagen auch nicht sehr viele kreative Online-Marketingmaßnahmen und -aktionen für ihre Komponisten und deren Werke.

Auch im Social-Media-Bereich habe ich noch keine strukturierten, langfristig angelegte Kampagnen von Verlagen und Vertrieben entdeckt. Mal hier ein Post und da ein Link hat mit einer professionellen Online-Marketing-Strategie ja nichts zu tun. Die meisten Blasmusikverlage und -vertriebe haben noch nicht einmal damit begonnen, sich eine Social-Media-Community aufzubauen. Ich lass mich hier jedoch gerne belehren – alles sehe ich auf Facebook, Instagram, Twitter und Co. auch nicht… Vielleicht gibt es dafür ja auch keine Notwendigkeit.

Youtube als Repertoire-Quelle gaben 17,8% der Teilnehmer an. Wichtig im Zusammenhang mit Youtube sind dabei ganz bestimmt die “offiziellen” Videos der Verlage, bei denen die Partitur zu einer professionellen Aufnahme mitgelesen werden kann. Eine gute Einrichtung – sofern die Partituren leserlich dargestellt werden. Auf der Verlags- und Vertriebswebsite diese Youtube-Videos zu verlinken bzw. zu integrieren stellt einerseits einen Mehrwert für die Kundinnen und Kunden dar, belastet die eigene Datenbank nicht mit überflüssigen Gigabites und stellt auch Gema-technisch kein Problem dar (AKM, Suissa, Buma-Stemra, usw. entzieht sich meiner Kenntnis – Infos aus unseren Nachbarländern sind herzlich willkommen: alexandra@kulturservice.link).

Natürlich sind wir alle froh um die Youtube-Liveaufnahmen. Auch ich stöbere viel und gerne auf Youtube. Aber seien wir ehrlich: Man kann schon ganz schön viele Negativbeispiele auf Youtube hören. Liveaufnahmen auf Youtube sind als Inspirationsquellen für Konzertprogramme doch manchmal eher kontraproduktiv.

Nicht zu unterschätzen sind Empfehlungen bei der Auswahl der Werke für die Programme der Blasorchester. Sowohl die Antwort “Empfehlungen von Kollegen” mit 14,2% als auch “Konzertprogramme anderer Blasorchester” mit 15% gehören in diese Kategorie. Was andere schon erfolgreich erprobt haben, wird also gerne als Inspiration genommen. Nun, das ist natürlich nichts Neues. Das war schon so, als die Demo-CDs noch einen höheren Stellenwert hatten als heutzutage. Beachtenswert sind diese beiden Prozentzahlen jedoch schon. Rechnet man sie zusammen, haben Empfehlungen, egal ob persönlich oder als Ausdruck auf dem Konzertprogramm, eine fast 30-prozentige Auswirkung auf die Auswahl der Literatur.

Die Notendatenbank musicainfo.net gewinnt an Bedeutung. Sie ist jetzt schon Repetoire-Quelle für 11,9% der Teilnehmer. Dort findet man überwiegend die Informationen über das Werk, die ich weiter oben im Text als Standard definiert habe. Außerdem sind die Vereinsmitglieder stets bemüht, alle Werke mit den entsprechenden Informationen und auch Youtube-Aufnahmen zu ergänzen. Eine Sysiphus-Arbeit, die allerdings schon jahrelang praktiziert wird und diese Notendatenbank zu einer großartigen Quelle gemacht hat. Für mich und meine Arbeit hier auf dem Blasmusikblog.com (und bei anderen Projekten) ist musicainfo.net immer die erste Website auf der ich suche und recherchiere. Vielen Dank für ihre unermüdliche, unschätzbare Arbeit vor allem an Helmut, Lore und Robbin!

Wer von Euch kauft eigentlich noch CDs? Auf CDs als Repertoire-Quelle greifen nur noch 7,4% der Umfrage-Teilnehmer zurück. Das ist eine Entwicklung die ich sehr, sehr bedaure! Dadurch, dass immer weniger CDs verkauft werden, gehen die Investitionen der Verlage im Bereich professionelle Aufnahmen zurück. Der Return on Investment wird geringer, die Finanzierbarkeit einer professionellen Aufnahme ist also nicht von vorneherein gesichert – wie das früher war. Es wird in Zukunft immer weniger hochwertige, professionelle Aufnahmen von Blasorchesterwerken geben. Leider ist das auch für die (professionellen) Orchester schlecht. Aufnahmen für Verlage waren früher doch durchaus eine mehr oder weniger lukrative Finanzierungsmaßnahme für das Orchester. Schade. Aber Jammern und Bedauern hält diese Entwicklung nicht auf.
Obwohl noch vor wenigen Jahren sehr viele CDs verkauft wurden, die ja auch heute noch in den CD-Regalen der Dirigentinnen und Dirigenten stehen, haben die CDs als Repertoirequelle offensichtlich keinen hohen Stellenwert mehr. Ob das daran liegt, dass der Blasmusikblog.com nur von jüngeren Dirigentinnen und Dirigenten gelesen wird? Nun, über die Altersstruktur der Leserinnen und Leser habe ich leider keine Statistik. Vielleicht sollte ich über die Profile der Blasmusikblogleserinnen und -leser einmal eine Umfrage entwickeln…

Aus Verlagskreisen habe ich gehört dass sich zahlungspflichtige Downloads bzw. Streams eher noch in Grenzen halten und mit den früheren CD-Umsätzen nicht zu vergleichen sind. Aber den kompletten monetären Einblick habe ich da selbstverständlich nicht. Obwohl ich selbst sehr viel online unterwegs bin, freue ich mich noch über jede CD, die mir von Verlagen, Vertrieben, Komponisten und Orchestern zugeschickt wird.

Hier nun für alle Interessierten die Ergebnisse in der Übersicht:

Blasmusik Repertoirequellen

Unter “Sonstiges” wurden übrigens hauptsächlich Dirigierkurse und Meisterklassen genannt und persönliche Gespräche mit Komponisten. Beides gehört auch in den Bereich “Empfehlungen”. Der erste Internationale Blasmusik Kongress IBK wurde einmal genannt. Schön. Der nächste findet vom 16. – 19. Januar 2020 in Neu-Ulm statt (Save the Date!). Reading Sessions werden auf jeden Fall wieder angeboten!

Was ich bei Konzertprogrammen immer wieder bemerke ist, dass überall sehr oft die gleichen Werke gespielt werden. Nach dieser Umfrage ist mir auch sonnenklar, warum das so ist – Empfehlungen! Was irgendwo anders erfolgreich und erprobt ist, kann vielleicht am ehesten im eigenen Verein erfolgreich sein. Die Auswahl für das eigene Konzertprogramm ist auch viel schneller getroffen. Das mühsame Recherchieren, Hören, Prüfen, Studieren, Entscheiden und Auswählen wird dadurch erheblich erleichtert.

Dabei können wir über die wahnsinnig große Vielfalt der Werke doch froh sein! Diese Vielfalt sollte doch eigentlich auch nur einzigartige Konzertprogramme hervorbringen können. Und obwohl ich versuche, das Wort “eigentlich” zu meiden, ist es hier genau an der richtigen Stelle verwendet. Die Blasorchesterprogramme sind es vielerorts einfach nicht. Sie sind nicht einzigartig und manchmal wenig spannend. Nur auf Empfehlungen – persönlich und auf dem “Papier” – zu achten schränkt die Vielfalt ein. Was dem Publikum vor Ort allerdings auch völlig egal ist – wenn es sich nicht um Personen handelt, die auch mal anderswo ins Konzert gehen. (Ich stelle mir gerade die Verbandspräsidenten vor, die immer wieder die gleichen Werke anhören müssen…)

Was lernen wir aus dieser Umfrage?

Verlage und Vertriebe können aus dieser Umfrage Schlüsse auf die Vermarktung der eigenen Blasorchesterwerke ziehen. Empfehlungsmarketing kann auch in Verlagen und Vertrieben umgesetzt werden.

Dirigentinnen und Dirigenten sehen eventuell Alternativen zu ihren eigenen bisherigen Quellen. Hier sei nochmals die Website musicainfo.net genannt. Auf dieser Website steht die Information im Vordergrund, nicht der Verkauf.

Ich werde mich weiterhin um alte und neue Literatur kümmern. So wie es meinem Geschmack entspricht hauptsächlich um die originale Literatur und da vorwiegend um Kompositionen von Komponisten, die noch fröhlich am Leben sind. Bearbeitungen und Transkriptionen interessieren mich einfach nicht so sehr. Ich bin auch keine Spezialistin im Bereich traditionelle Blasmusik – obwohl ich die Polkas von Franz Watz sehr liebe (vielleicht doch ein Beitrag wert?).

Nicht nur auf Grund dieser Umfrage werde ich auch in Zukunft meine persönlichen Empfehlungen hier auf dem Blasmusikblog.com veröffentlichen. Vor allem weil ich sehe, dass sich meine Listen mit Empfehlungen größter Beliebtheit erfreuen. Gerne gebe ich mein umfangreiches, in dreißig Jahren erarbeitetes und in verschiedenen Orchestern selbst erspieltes Repertoirewissen an Euch weiter.

Hier eine kleine Übersicht der bisher erschienenen Empfehlungs-Listen:

Meine Blasorchester-Gute-Laune-Musik-Top-Liste! (4.187mal gelesen)
12 Blasorchesterwerke die mich geprägt haben (7.022mal gelesen)
Konzertmärsche – Meine Top-Liste! (5.060mal gelesen)
12 Blasorchesterwerke mit literarischen Vorlagen (2.356mal gelesen)
Komponist im Rampenlicht: 10 Werke von Siegmund Andraschek (2.010mal gelesen)
12 Blasorchesterwerke mit einem gewissen “Extra” (1.042mal gelesen)

In den Quizzes “Teste Dein Blasorchester-Repertoire-Wissen” kann man auch einige Anregungen mitnehmen:

Quiz Nr. 1
Quiz Nr. 2
Quiz Nr. 3

Der Blasmusikblog.com wird auch in Zukunft ein zuverlässiger Lieferant von Inspirationen für alte und neue Blasorchesterwerke sein. Ich achte dabei auf Vielfalt in Stilen, Komponisten, Verlagen. Bitte habt aber Verständnis dafür, dass dabei mein persönlicher Geschmack immer wieder durchkommt und nur Werke vorstelle, die ich mit meinem Gewissen in Einklang bringe.

Vielleicht nutzt diese Arbeit hier auf dem Blasmusikblog.com ja auch meinem langfristigen Ziel: mehr originale Blasorchesterwerke in die Konzertprogramme der Musikvereine und Blasorchester zu bringen und dadurch die zeitgenössischen Komponisten zu unterstützen.

 

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Alexandra Link

Musik ist ein sehr wichtiger Bestandteil meines Lebens. Musizierende Menschen zusammen zu bringen meine Leidenschaft.

    3 thoughts on “Die Demo-CD hat ausgedient….

    • 4. Mai 2018 at 20:52
      Permalink

      Liebe Alexandra,
      ich bin eher zufällig beim Blasmusik Shop auf einen Seitenbereich gestoßen, auf welchem man seinKonzertprogramm veröffentlichen kann, habe unser Konzertprogramm dort veröffentlichen lassen im Bereich Unterstufe und jetzt ist das auch veröffentlicht – fällt für mich unter die arubrik Empfehlungen anderer Dirigenten – und wenn jemand ein Stück aufruft, wird im unteren Bereich darauf verwiesen dass der Titel schon mal von einem Orchester beim Konzert gespielt wurde …
      Super Idee und Umsetzung, oder!!

      Hier der Link:

      https://www.blasmusik-shop.de/Tipps-fuer-Ihr-Konzertprogramm

      Liebe Grüße
      Markus

      PS: … eine gelungene Sache waren m. E. auch die Repertoire Wochenende vom De Haske Musikverlag, bei denen wir musizierend neue Titel unter Anleitung von Verlag und Komponisten kennenlernen konnten – ist zwar schon länger her, war aber super!

      Reply
    • Pingback: Blasmusikblog Monatsrückblick Mai 2018 – Blasmusik

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