Die Konzert-Zugabe – Aspekte und Vorschläge Teil 2

Ein Round-Up-Post mit Beiträgen von Celine Pellmont, Oliver Nickel und Tobias Hauenstein

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In insgesamt drei Blog-Beiträgen teilen acht erfahrene Dirigentinnen und Dirigenten ihre Gedanken, Ideen und Empfehlungen zum Thema „Konzert-Zugabe“. Sie alle haben folgende beiden Fragen beantwortet:

  • Nach welchen Kriterien wählst Du eine Konzert-Zugabe aus?
  • Welche Zugaben-Werke sind Deine Favoriten und weshalb?

Die drei Blog-Beiträge sollen Euch immer dann eine Hilfe sein, wenn Ihr eine passende Zugabe für Euer nächstes Konzert sucht.

Céline Pellmont

Céline Pellmont
Céline Pellmont

Die Französin Celine Pellmont dirigiert zurzeit den Musikverein Fahrnau (Südbaden). Sie ist Mitgründerin des Europäischen Vereins für Dirigentinnen EAWBC – European Association for Women Band Conductors.

(1) Nach welchen Kriterien wählst Du eine Konzert-Zugabe aus?

So wie mein gesamtes Programm, wähle ich auch meine Zugaben aufgrund verschiedener Kriterien, welche insgesamt über den Erfolg eines Konzertes entscheiden. Entscheidende Faktoren sind zum Beispiel der Ort und die vorherrschende Akustik, der Anlass bzw. der festliche Rahmen des Konzertes. Ein Weihnachtskonzert muss einen anderen Abschluss finden als ein Frühlingskonzert, ein Gedenktag oder ein Bierfest. Es sollte in einem engen musikalischen und inhaltlichen Zusammenhang zum Konzert stehen und das zuvor Gespielte ergänzen und abrunden. Die Zugabe bleibt als zuletzt Gehörtes den Zuhörern im Ohr. Es ist der abschließende Eindruck des Konzertes und sollte deshalb freudvoll, spritzig und vielleicht überraschend den musikalischen Rahmen beschließen. Idealerweise berührt die Zugabe die Gäste emotional und weckt die Lust auf das nächste Konzert oder den nächsten Auftritt. 

In einem Galakonzert bevorzuge ich als Abschluss ein kurzes, lebendiges, flottes und freudvolles Charakterstück. Es sollte ein Stück sein, das die Gäste kennen, das ihnen Freude bereitet und welches trotzdem auf eine besondere Weise neu und überraschend ist. Möglicherweise nimmt es Bezug auf die Solisten des Konzertes oder vielleicht bindet es ungewöhnliche Instrumente ein. (Zum Beispiel ein Amboss, spezielle perkussive Instrumente oder ein ungewöhnliches Bühnenobjekt, wie eine Schreibmaschine zum Beispiel.) Eine Überraschung erzeugen, einen letzten Höhepunkt generieren und dabei Freude, Emotionen und Spaß bei Musikern und Publikum gleichermaßen zu erreichen, das wäre eine ideale Zugabe.

Bei einem Kirchenkonzert würde ich mich vorzugsweise einem Stück zuwenden, bei dem die Harmonie den Vorrang vor dem Rhythmus hat, und welches vielleicht eine Hinwendung zu klassischen Transkriptionen bietet. Möglich ist auch, dass man ein langsames und meditatives Stück spielt, um einen Kontrast zum letzten Stück zu schaffen, das sehr rhythmisch und fröhlich sein sollte. Auch hier ist es das Ziel, einen Kontrast oder eine Überraschung zu erzeugen und am Ende des Konzerts die Besucher mit einer schönen Melodie im Kopf zu verabschieden.

(2) Welche Zugaben-Werke sind Deine Favoriten und weshalb?

Galop de Genevieve de Brabant von Jacques Offenbach: klassisch, fröhlich, lustig
Pitri 160 Hardy Mertens: Freies Tempo, feierlich und volkstümlich und rythmisch
Cavallierra Rusticana von Mascagni: lento, meditativ, bekannt (ein Meisterwerk)
Tico Tico: Schnell technisch und pfiffig
Typewriter von Leroy Andersen:  szenisch
Oder ein schöner und geübter Marsch, aber immer kreativ bleiben!


Oliver Nickel

Oliver Nickel
Oliver Nickel

Oliver Nickel dirigiert den Musikverein „Viktoria“ Altenmittlau sowie das Landesblasorchester des Hessischen Turnerbunds.

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Die Zugabe muss mehrere Kriterien erfüllen. Um die richtige Zugabe auszuwählen, stelle ich in der Regel die folgenden Überlegungen an:

– Passt die Zugabe zum Programm, d.h. bleibt der rote Faden, der sich durch jedes Konzertprogramm zieht, erhalten? Wenn ich bspw. ein englisch orientiertes Programm spiele, sollte die Zugabe ebenfalls ein englisches Stück sein. Es wäre klanglich, interpretatorisch und teils auch ideologisch eine ganz andere Welt, wenn ich dieses englische Programm z.B. mit einer lateinamerikanischen Zugabe schließen würde. An welche Art von Musik soll sich das Publikum dann nachher erinnern? Ebenso muss die Zugabe eine ähnliche kompositorische Grundlage aufweisen wie das zuvor Gehörte. Niemand würde auf die Idee kommen, ein sinfonisches Bläserkonzert mit einem Straßenmarsch zu schließen, oder einen böhmischen Abend mit einer Opernarie zu beenden. Und hier lassen sich die Nuancen oftmals noch genauer definieren.

– Bietet die Zugabe eine klangliche Abwechslung zu dem vorher Gehörten? Wenn ich im offiziell letzten Stück des Programms einen spektakulären Schluss habe und dieser sich noch in einer ordentlichen Länge ausdehnt, wäre es kontraproduktiv, das Gleiche wieder anzubieten. Ein klanglicher Kontrast, in diesem Fall wohl ein ruhigeres Stück, bietet dann sicher mehr Chancen, um dem Ohr zu schmeicheln. Damit kann auch vermieden werden, dass sich das klangliche Erlebnis beim Publikum abnutzt.

– Ist die Zugabe in der Lage, das Publikum noch einmal zu fesseln? Egal, ob schnell oder langsam, das Publikum muss Lust auf die Zugabe haben und sich daran erfreuen können. Es ist ein „Encore” und sollte auch so gespielt und verkauft werden. Dementsprechend darf es auch nicht zu lang sein. Und in der Kürze muss die Art und Weise von ansprechender Musikalität stecken, die eben das zu leisten vermag, was ich mir erhoffe.

Eine Zugabe ist wie ein gutes Dessert, das einem überraschend im Restaurant angeboten wird. Man ist vorher noch nicht so satt, dass man keine Lust mehr darauf hat, sondern ist neugierig. Wenn das Dessert dann serviert wird, ist es so interessant, dass man es gerne und genüsslich konsumiert. Dabei harmoniert es mit dem gesamten Menü. Nach dem Dessert ist man angenehm gesättigt, ohne überfüllt zu sein. Ich denke, in diesem Vergleich kommt die grundsätzliche Idee gut zum Vorschein. Und ein Dessert genügt in der Regel. Wenn der Gast vor Fülle nach dem Mahl nicht mehr laufen kann, wird er die konsumierten Aromen gar nicht mehr schmecken. 

(2)

Ich kann nicht sagen, dass ich bestimmte Favoriten habe. Auf jeden Fall müssen die Stücke zu dem passen, was ich bei der Beantwortung der ersten Frage aufgeführt habe. Dann gibt es sehr viele Möglichkeiten, was ja auch gerade das Interessante ist. Wenn ich hier beispielhaft einige Stücke aufzählen darf, die ich in den letzten Jahren unter anderem als Zugabe gespielt habe, dann sind dies folgende: Fliegermarsch (Dostal), Irish Tune from County Derry (Grainger), Galopp aus First Suite for Band (A. Reed), Mein Regiment (Blankenburg) oder Oblivion (Piazzolla).


Tobias Hauenstein

Tobias Hauenstein
Tobias Hauenstein

Tobias Hauenstein ist Leiter des Stadtorchesters Schwäbisch Hall, Dirigent der Blaskapelle Dürrwangen und Musikalischer Leiter der „Hesselberg Böhmischen“. Er engagiert sich außerdem in verschiedenen Funktionen im Nordbayerischen Musikbund.

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Bei der Auswahl von „Zugaben“ gibt es für mich zwei Kategorien, zwischen denen ich wähle. Möchte ich mein Konzert eher ruhig und „bedächtig“ beenden, oder die Zuhörer mit einem „Rausschmeißer“ verabschieden. Bestenfalls sollte die Zugabe auch noch im passenden Kontext zum Gesamtprogramm stehen.

(2)

Kategorie „Ruhig“:                                                                        
Irish Tune from Count Derry, Percy Grainger
Gabriellas Song, Stefan Nillson/ Kurt Gäble

Kategorie „Rausschmeißer traditionell“:                              
Radetzky Marsch, Johann Strauss
Böhmische Liebe, Mathias Rauch

Kategorie „Rausschmeißer sinf. Blasorchester“:               
Soul Bossa Nova, Quincy Jones/Masato Myokoin
El Cumbanchero, Rafael Hernandez, Naohiro Iwai


Ein herzliches Dankeschön an Celine Pellmont, Oliver Nickel und Tobias Hauenstein für ihre Aspekte und Vorschläge zum Thema Zugabe!

Die 3 Teile dieser Serie im Überblick

Die Konzert-Zugabe – Aspekte und Vorschläge Teil 1: Dee Boyd, Norman Grüneberg, Michael Euler
Die Konzert-Zugabe – Aspekte und Vorschläge Teil 2: Celine Pellmont, Oliver Nickel, Tobias Hauenstein
Die Konzert-Zugabe – Aspekte und Vorschläge Teil 3: Gordon Hein, Mathias Pfläging

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Alexandra Link

Musik ist ein sehr wichtiger Bestandteil meines Lebens. Musizierende Menschen zusammen zu bringen meine Leidenschaft.

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