Die Auswirkungen der Corona-Krise auf die Musikvereine

Eine Zwischenbilanz

Mittlerweile dürfen Blasorchester (theoretisch) unter bestimmten Auflagen und unter Einhaltung vieler Hygiene-Vorschriften in bestimmtem Rahmen wieder proben und auftreten. Und obwohl wir immer noch mit vielen Unsicherheiten zu kämpfen haben, ist es Zeit für eine kurze Zwischenbilanz: Welche Auswirkungen hat Corona auf die Musikvereine?

Nach einem Aufruf in Facebook haben sich 20 Vereinsvertreter dankenswerterweise bereit erklärt, fünf Fragen zu beantworten. Die fünf Fragen waren:

  1. Auf welche Konzerte und Events musste / muss Dein Musikverein verzichten?
  2. Welche Aktionen habt Ihr während der Corona-Zeit durchgeführt?
  3. Was hat die Corona-Zeit für finanzielle Folgen für Deinen Musikverein?
  4. Wie ist Euer Musikverein mit der Lohnfortzahlung des Dirigenten umgegangen und warum habt Ihr so entschieden / verfahren?
  5. Welche Auswirkungen der Corona-Krise siehst Du (a) für Deinen Musikverein und (b) für die Musikvereine / die Blasorchesterszene im Allgemeinen?

Nachfolgend eine Zusammenfassung der Antworten.

1. Auf welche Konzerte und Events musste / muss Dein Musikverein verzichten?

Die Liste der Konzerte und Events, die auf Grund von Corona ausfallen musste, ist bei den befragten Musikvereinen teilweise sehr lang! Darunter Oster- bzw. Frühjahrskonzerte, Kinderkonzerte, Instrumentenvorstellungen, Hauptversammlungen, Wertungsspiele und Wettbewerbe usw. Viele traditionelle Gemeindeanlässe sind Corona zum Opfer gefallen, bei denen sich der Musikverein zeigt: Maibaum aufstellen, Dorffeste, kirchliche Auftritte (z. B. Prozessionen zu Fronleichnam, musikalische Begleitung von Erstkommunion, o. ä.), Feuerwehrfeste, Vatertagsfeste, uvm. Teilweise Feste, bei denen der Musikverein nicht nur musiziert, sondern auch bewirtet und sich damit zum großen Teil finanziert.

Besonders schmerzhaft ist es, wenn es um Kinder und Jugendliche geht, die sich wochen- und monatelang auf ein Event vorbereitet haben – das dann letztendlich nicht stattfinden konnte.

Joachim Hofmann, erster Vorsitzender des Musikvereins Röllbach 1927 e. V. berichtet beispielsweise:

„Besonders weh getan hat uns der Ausfall unseres „Jugend musiziert“, das wir bereits seit 30 Jahren veranstalten und dies gleich in zweierlei Hinsicht. Normalerweise bieten wir unseren Musikschülern, aber auch welchen von außerhalb des Vereins, jedes Jahr die Möglichkeit, ihr Können vor einem größeren Publikum zu präsentieren. Nebenher läuft noch eine Instrumentenvorstellung, bei der sich interessierte Kinder und auch Erwachsene zu einer musikalischen Ausbildung informieren können. Dies alles ist eingebunden in ein kleines, eintägiges Fest, das uns sonst einen Großteil unserer jährlichen Einnahmen sichert. Der Ausfall dieser Veranstaltung war und ist für uns sowohl ideell als auch wirtschaftlich ein großer Schaden.“

Musikverein Röllbach 1927 e. V.
Musikverein Röllbach 1927 e. V.

Auch Nicole Maack vom Sinfonischen Blasorchester Flutissima Bardowick e. V. berichtet von einem großen Jugend-Event, das ausfallen musste:

„Ganz besonders hat es uns ganz zu Beginn der Corona-Zeit getroffen. An dem Wochenende vor dem Lockdown – also am Samstag, den 14. und Sonntag, den 15. März – hätte unsere Jugendabteilung ein Musical aufgeführt. Die Proben liefen im Vorfeld drei Monate, wunderbare Kostüme waren geschneidert worden, Bühnenrequisiten erstellt. Alle waren auf den Punkt vorbereitet. Am Freitag vor der Aufführung kam die schreckliche Nachricht der Behörden, dass die Aufführungen nicht stattfinden dürfen. 25 enttäuschte Schauspieler, dazu 15 Musiker warten nun darauf, das Musical zu einer anderen Zeit aufführen zu können.“

Das Sinfonische Blasorchester Ludwigshafen hat sich auf den Deutschen Orchesterwettbewerb vorbereitet. Dieser hätte im Mai stattfinden sollen. Im Vorfeld dazu ist das Frühlingskonzert ausgefallen. Der Ausfall des DOW bereitet dem SBO Ludwigshafen große finanzielle Probleme. Marco Mertz, der 1. Vorsitzende, dazu:

„Die finanziellen Folgen wären also alles in allem für das SBO Ludwigshafen gut zu stemmen, wenn da nicht eine große Sorge offen bliebe: seit der Absage des Deutschen Orchesterwettbewerbes erhält unser Verein die Anzahlung für die Übernachtungen im Hotel in Höhe von etwa 18.000€ vom Deutschen Musikrat nicht zurück. Bleibt die Rückzahlung noch länger aus, hätte das existenzielle Konsequenzen für uns! Ein Fortführen der musikalischen Arbeit, wie vor „Corona“, wäre nicht mehr möglich!“ (Anm. AL: Nach Veröffentlichung des Beitrags hat das SBO gemeldet, dass der Betrag inzwischen vom Deutschen Musikrat zurückbezahlt wurde.)

Der Musikverein Leinzell e. V. hat sich eine neue Uniform zugelegt. Im Mai sollte die Auslieferung der neuen Einheitskleidung mit Fotoshooting und Präsentation in der Bevölkerung stattfinden. Mittlerweile haben die Musikerinnen und Musiker ihre neue Uniform – aber leider konnte sie der Öffentlichkeit noch nicht präsentiert werden. Wann und wie das stattfinden wird, wird in den nächsten Wochen überlegt.

Einige Musikvereine haben ihre für Herbst geplanten Konzerte und Anlässe bereits jetzt abgesagt. Es ist einfach nicht mehr genügend Zeit für die Orchester, die Konzerte gut vorzubereiten. Planungsunsicherheit führt dazu, dass viele Events abgesagt werden. Das finanzielle Risiko wäre zu groß. Vorbereitungen zu treffen, die bei einer Absage vergebens wären, ist ein zu großer Aufwand. Ein paar Vereinsvertreter haben geschrieben, dass ihre Konzerte noch in der Planung sind – aber es ganz und gar ungewiss ist, dass sie auch wirklich stattfinden. Selbst über die Absage von Weihnachtskonzerten wird nachgedacht und Aktivitäten der Fasnachts-Saison 2021 stehen auf der Kippe.

2. Welche Aktionen habt Ihr während der Corona-Zeit durchgeführt?

Unglaublich wie kreativ manche Musikvereine während des Lockdowns waren! Einige haben bei den sonntäglichen Fensterkonzerten mitgemacht. Viele ein Klopapier-Challenge-Video gedreht (manche sogar zwei oder drei – mit dem Großen Orchester und den Jugendensembles). Vorstandssitzungen wurden online abgehalten. Zoom-Meetings zum Diskutieren, geselligem Austausch oder zum Spielen genutzt. Einige Dirigenten haben sich sehr große Mühe gegeben, musikalische Inhalte den Musikerinnen und Musikern zur Verfügung zu stellen.

Ein paar Beispiele im Folgenden.

Sehr umfangreich waren die musikalischen Aktionen im Sinfonischen Blasorchester Ludwigshafen. Dirigent Dorian Wagner hat mit großem Aufwand sein Orchester mit Aktivitäten versorgt. Der erste Vorsitzende Marco Mertz berichtet:

„Von Anfang an war klar, dass eine „echte“ musikalische Probe online nicht funktionieren wird. So fand unsere erste virtuelle Probe am 27.04. zu gewohnter Zeit (Montag abends, 19.30-21.30 Uhr) als Infoabend über WebEx statt. Wir nutzten die Probe, um alle Musiker auf den neuesten Stand zu bringen und ins Gespräch zu kommen. Der Termin wurde zu unserer Überraschung von über 40 Musikern wahrgenommen und es kamen einige gute Vorschläge, wie wir die Corona-Zeit überbrücken könnten. Hier stichpunktartig alle Aktionen des SBO-LU, um in der Corona-Zeit das Orchester weiterleben zu lassen:

  • „Wie ein Orchester von Zuhause aus klingt…“ – Aufnahme eines Ausschnittes des Stückes The Sun Will Rise Again von Philip Sparke.
  • „Virtuelle Probe“ im 14tägigen Rhythmus mit verschiedenen Schwerpunkten vom Quizz Abend, über kleine Workshops bis hin zum gemütlichen „Stammtisch“.
  • SBO Summerschool. Ein vom Dirigenten Dorian Wagner sehr aufwendig gestaltetes Projekt mit mehreren Videobotschaften, Gastrednern und Dozenten verschiedener Instrumente. Ziel ist es, mit diesen Kursen den Wiedereinstieg in die gemeinsamen Proben vorzubereiten. Zitat: „Eine EXIT-Strategie also ;-)“:
    • #0 Einleitung
    • #1 Reinigung der Instrumente
    • #3 Die Atmung
    • #4 Einspielen feat. Benni Grän              (Tuba)
    • #4 Einspielen feat. Bernd Jörg               (Trompete)
    • #4 Einspielen feat. Laurance Mahedy    (Horn)
    • #4 Einspielen feat. Mariana Chacin       (Querflöte)
    • #4 Einspielen feat. Willi Fischer             (Saxofon)
    • #5 Einstimmen
    • #6 Intonation

Zu einigen Kursen schickten Musiker Bilder von zerlegten Instrumenten, Einspielübungen oder dem Musizieren jeden Sonntag 18.00 Uhr in die gemeinsame WhatsApp-Gruppe, was das virtuelle Vereinsleben bereicherte. Natürlich konnten wir nicht über die komplette Dauer der Maßnahmen die anfänglichen 45 Teilnehmer im Videochat halten. Dennoch haben wir es geschafft, aus der Corona-Zeit für uns das Beste heraus zu holen und die Musiker immer wieder zu motivieren Neues auszuprobieren.“

Virtuelle Probe des Sinfonischen Blasorchesters Ludwigshafen
Virtuelle Probe des Sinfonischen Blasorchesters Ludwigshafen

Auch das Sinfonische Blasorchester Flutissima Bardowick e. V. war während des Lockdowns musikalisch außerordentlich aktiv:

„WIR ÜBEN ZUHAUSE – hinter dieses Motto hat sich unser Musikverein sofort gestellt. Dazu gehörten umfangreiche Maßnahmen und Aktionen

Maßnahmen – Es war uns wichtig, dass wir weiterhin wöchentliche Proben und Unterricht anbieten. Dafür haben wir komplett auf „digital“ umgestellt.

  1. Wöchentlich stattfindender Online Unterricht per Zoom für alle Kurse: Blockflöten, BläserKlassen für Kinder und Erwachsene
  2. Wöchentliche Registerproben per Zoom
  3. Alle zwei Wochen Orchesterprobe per Zoom
  4. Einrichtung eines Padlets (digitale Pinwand im Internet) für die verschiedenen Abteilungen des Musikvereins. Hier wurde den Musikern bedarfsorientiert Material (Noten, Tutorials) zur Verfügung gestellt.
  5. Neue Noten zum Musizieren zu Hause für alle Gruppen.
  6. Selbst erstellte Tutorials (YouTube) zu verschiedenen Theoriethemen und Pflegeworkshops.
  7. Selbst erstellte Tutorials (YouTube) für das Orchester zu den Stücken des wöchentlichen Probenplans.

Aktionen

  1. WIR ÜBEN ZUHAUSE – Auf diesem Kanal haben wir über die sozialen Medien Instagram und Facebook jeden Tag einen musikalischen Gruß unserer Musiker aus dem Homeoffice veröffentlicht. Insgesamt sind 100 Videos zusammengekommen. Das letzte haben wir am Dienstag, den 23.06. veröffentlicht. Die Kreativität unserer Musiker war beeindruckend. https://www.youtube.com/playlist?list=PLQ62Vqzh2KCHyXPPJAsGi18HqUMPN7wlh
  2. Musik am Balkon – Bei der deutschlandweiten Aktion waren auch unsere Musiker dabei. Nach dem ersten Wochenende haben wir auf YouTube einen Film mit „Ode an die Freude“ veröffentlicht. https://www.youtube.com/watch?v=CurkLlZAE2s&t=3s
  3. Imagefilm WIR ÜBEN ZUHAUSE – Es war uns wichtig, uns aus dem Homeoffice zu melden und unseren Freunden zu zeigen, dass wir trotz allem musizieren. So entstand der Imagefilm WIR ÜBEN ZUHAUSE, der auf unserem YouTube Kanal und in unseren sozialen Medien veröffentlicht wurde. https://www.youtube.com/watch?v=mI1bKp1gRMs&t=30s
  4. WIND OF CHANGE, ein gemeinsames Musikstück aus dem Homeoffice – Bei dieser Aktion hat unser Orchester das Stück „Wind of Change“ jeder für sich zu Hause eingespielt. Als Vorlage für die Kopfhörer wurde eine Aufnahme eines unserer Konzerte benutzt. Außerdem haben wir ein Tutorial erstellt, bei dem die Dirigentin zu sehen war. Die insgesamt 40 eingesandten Videos der Musiker wurden zu einem großen Video zusammengeschnitten und auf YouTube veröffentlicht. https://www.youtube.com/watch?v=APAVvLMXTV4
  5. Filme unserer BläserKlassen und des Jugendorchesters – Auch unsere jungen Musiker haben jeweils einen Film auf YouTube aus dem Homeoffice veröffentlicht. Getrennt und doch gemeinsam sind hier die Stücke „Old Mac Donald“ und „Wer hat an der Uhr gedreht“ zu hören.
  • Mini-Auftritt im Altenheim am Muttertag – Der Auftritt beim Altenheim mit Genehmigung der Gemeinde am Muttertag in einer ganz kleinen Besetzung von 5 Musikern war ein besonderes Erlebnis. Für uns, weil wir nach so langer Zeit gemeinsam musizieren konnten und für die Altenheim-Bewohner, die für eine unglaublich lange Zeit, keinen Besuch empfangen konnten.
  • Orchesterfoto als Collage, ein Zeitzeugnis – Jedes Jahr im Mai lassen wir uns bei einem Probentag als Orchester fotografieren. Da wir uns nicht treffen konnten, hat jedes Orchestermitglied ein Foto geschickt, das wir zu einem großen Orchesterfoto als Collage zusammengestellt haben. Bei diesem Zeitzeugnis wird man auch in 50 Jahren noch wissen, wann es aufgenommen wurde. (Foto als Anlage)
  • Vorspielnachmittag – Auch der Vorspielnachmittag unserer Ausbildungsabteilung vor den Sommerferien kann nicht stattfinden. Deshalb wird in den Proben, die inzwischen wieder draußen stattfinden dürfen, ein Film gedreht.
  • Konzert digital – Im Juni/Juli finden traditionell unsere Sommerkonzerte des Orchesters statt. Dieses Jahr nehmen wir einen kleinen Konzertteil als Film auf und veröffentlichen ihn. So können unsere Musikfreunde trotzdem ein bisschen Konzertatmosphäre genießen.
  • Instrumentenkarussell als Film – Das Instrumentenkarussell für unsere BläserKlasse, die nach den Sommerferien startet, kann nicht so stattfinden, wie wir es uns wünschen würden. Deshalb haben unsere Musiker ihre Instrumente in einem kleinen Videoclip vorgestellt, den wir zu einem Film zusammengestellt haben. Die Musiker sind so überzeugend, dass es den Aspiranten sicher schwerfallen wird, ihr Instrument zu finden. Es sind einfach alle großartig. Das Ausprobieren der Instrumente findet derzeit nur über besondere Mundstücke aus Plastik statt, die man in die Geschirrspülmaschine stecken kann. Link zum Film noch einfügen!

Bei Flutissima in Bardowick (bei Lüneburg) musizieren übrigens etwa 140 Musikerinnen und Musikern in verschiedenen Ensembles.

Spezielles auch im JOA – der Orchestergemeinschaft Junges Orchester Auenland. Die musikalische Leiterin Sandra Behrens schreibt:

„Für die hochmotivierten gab es über das Teamplanbuch etwas Notentheorie sowie ausführliche Spieltipps zum neuen Repertoire mit entsprechenden Links zum Üben daheim.

Nach den Osterferien, also Mitte April gab es dann eine Aufgabe, für welche die Musiker zwei Wochen Zeit hatten.

Diese bestand aus drei Teilen:

  1. aus einer den Musikern zur Verfügung gestellten MP3, die zwei von mir verarbeiteten Stücke herauszuhören (Lösung: Pachelbel-Kanon und Memori von Maroon 5)
  2. die Akkordfolge dieser Aufnahme zu bestimmen (Lösung: Bb-F-g-d-Eb-Bb-Eb-F)
  3. eine achttaktige Komposition (vierstimmig) registerweise zu schreiben.

So entstanden zwei kleine JOA-Mut-Mach-Hymnen.“

Der Musikverein Breitenthal hat die probenfreie Zeit dazu genutzt den ganzen Verein neu zu strukturieren: Ein neues Vorstandsmodell wurde entwickelt, die Neufassung der Satzung erstellt und eine außerordentliche Generalversammlung vorbereitet. Ein neues Marketingteam hat ein „Musikerblättle“ erstellt und in der Gemeinde verteilt. Für die Jugendwerbung wurden Musiker-Interviews für Facebook und die Homepage erstellt. Die neue Arbeitsgruppe „Konzert- und Eventplanung“ hat eine Ideensammlung für künftige Anlässe erstellt. Vorstandsitzungen wurden per Skype abgehalten. Der Dirigent hat ein Marschmusik-Skript verfasst.

Damit die musikalische Tradition des Weckrufs am 1. Mai nicht verloren geht hat sich der Musikverein Leinzell folgendes überlegt:

„Eine unserer Musikerinnen hatte die schöne Idee, einen MVL-Maibaum in ihrem Garten aufzustellen, nachdem es ja auf den Dörfern keine gab. Die Musikerinnen und Musiker samt Anhang waren eingeladen, dort beim Wandern ein Schnäpsle zu trinken und dem Mai ein Lied zu singen. Texte und Hochprozentiges samt Einwegbecher standen bereit. Die Bilder wurden dann in unserer Whats App Gruppe gepostet, damit wir uns nicht ganz aus den Augen verlieren.“

Maibaum-Aktion des Musikvereins Leinzell
Maibaum-Aktion des Musikvereins Leinzell

Bewirtungen bei Festivitäten aller Art tragen in den meisten Musikvereinen zur Finanzierung bei. Damit noch ein wenig Geld in die Kasse kommt, hat zum Beispiel der Musikverein Bisingen ein Schnitzellieferservice organisiert. Der erste Vorsitzende Wolfram Dehner schreibt:

„Anstelle unserer Vatertagshockete organisierten wir einen Schnitzellieferservice. Wir waren von der Resonanz total überwältigt, denn es wurden 615 Schnitzel mit Kartoffelsalat bestellt, was ca. 150 kg Schnitzel und 205 kg Kartoffelsalat entspricht. Die Kunst dabei war es in einem Zeitfenster von 2 Stunden diese Portionen zuzubereiten und an die Besteller auszuliefern und das Ganze mit extrem wenig Personal.“

Schnitzelaktion Musikverein Bisingen
Schnitzelaktion Musikverein Bisingen

Toll auch die verschiedenen Aktionen, bei denen kleinere Gruppen des Musikvereins vor Senioren- und Pflegeheimen – unter Einhaltung der Regeln und mit Genehmigung selbstverständlich – gespielt haben.

Das alles sind nur Beispiele der vielfältigen Aktionen die stattgefunden haben!

3. Was hat die Corona-Zeit für finanzielle Folgen für Deinen Musikverein?

Die befragten 20 Musikvereine melden fast durchweg: Hohe wirtschaftliche Einbußen durch das Ausfallen von Konzerten, Events und Festivitäten, aber keine finanzielle Bedrohung des Musikvereins. Allerdings berichten auch alle, dass die Reserven und Rücklagen entweder schon angegriffen werden mussten oder dass man auf diese demnächst zugreifen muss. Sparmaßen stehen überall auf dem Plan.

Frank Bott vom Familien-Flötenorchester Schöne Töne Hagen e. V. berichtet beispielsweise, dass Ausgaben für Instrumentenneuanschaffungen gestrichen wurden. Bei Flutissima Bardowick fehlen Gelder für eine geplante Konzertreise im Jahr 2021. Beim Musikverein Iggingen wurde leider der Antrag auf Soforthilfe ohne Rückfragen abgelehnt: „Der Musikverein Iggingen hat aktuell kein existenzbedrohendes Problem.“ Joachim Hofmann vom Musikverein Röllbach weist darauf hin, dass die Einhaltung der Hygienevorschriften zusätzliche Kosten verursacht, zum Beispiel für Desinfektionsmittel u. ä. Der Musikverein Ludwigsburg- Oßweil erhält von der Stadt Ludwigsburg nur noch 50% des üblichen Zuschusses. Außerdem muss der Verein Stornogebühren von 2.000 Euro für das ausgefallene Musikfest bezahlen. Der Musikverein Bisingen gehört zu den Vereinen, die Verpflichtungen aus dem (Neu-)Bau des Vereinsheims hat. Hier sind Einnahmen aus Vermietungen für externe Veranstalter ausgefallen.

Das größte finanzielle Problem ist bei allen in der Tat die fehlenden Einnahmen aus Festen – die fast überall zu den Haupteinnahmequellen der Vereine gehören.

Einigermaßen gut stehen Musikvereine da, die aus Mitgliedsbeiträgen (passiv und aktiv) die laufenden Kosten decken können.

4. Wie ist Euer Musikverein mit der Lohnfortzahlung des Dirigenten umgegangen und warum habt Ihr so entschieden/verfahren?

Die gute Nachricht: 15 von 20 Vereinsverantworliche die befragt wurden berichten, dass in ihrem Musikverein die Honorare für die DirigentInnen weiterbezahlt wurden. Die Gründe:

  • Soziale Verpflichtung
  • „In guten wie in schlechten Tagen“
  • Solidarität
  • „Wir wollen unsere Dirigentin nicht verlieren“
  • Dirigent kompensiert die Zeit durch Erstellung von digitalen Angeboten und anderen Aufgaben

Wolfram Dehner schreibt dazu: „Wir haben für unsere Orchester insgesamt 5 Dirigenten. Alle Dirigenten wurden ganz normal weiterbezahlt. Unsere Dirigenten sind sehr engagiert und immer für uns da und stets für alles zu haben. Ich sehe keinen Grund, warum man hier etwas ändern sollte und verstehe auch die Vereine nicht, die hier gekürzt oder womöglich die Zahlung komplett eingestellt haben. Es gibt auch wieder eine Zeit nach Corona und was ist das dann für ein Vertrauensverhältnis. Bei mir gilt das Motto GEMEINSAM SIND WIR STARK und das gilt für gute und erst recht für schlechte Zeiten.“

Jessica und Victoria vom Musikverein Leinzell zu diesem Thema: „Zunächst haben wir leider vertraglich nicht geregelt, wie im Falle einer solchen Pandemie verfahren wird – damit hat ja keiner gerechnet. Wir haben jedoch keine Zahlungen gestoppt. Sicherlich ist das ein schwieriges Thema, aber für uns war klar, dass Geld in dieser absoluten und nie dagewesenen Ausnahmesituation nicht das Wichtigste ist, sondern die Aufrechterhaltung aller Abläufe und das Vermeiden, irgendjemanden zu verlieren. Dirigenten, Ausbilder, Musiker(innen) und natürlich die Jugend. All das ist lebenswichtig für einen Verein. Für diese Situation konnten und können wir alle nichts und doch müssen wir sie gemeinsam meistern.

Wir haben Wege gesucht und gefunden, das Ausgefallene über die kommende Zeit auszugleichen und nachzuholen.  Hier ist mit offener Kommunikation und Vertrauen so Einiges machbar. Zum Beispiel werden Unterricht und evtl. auch Proben in den sonst probefreien Sommerferien teilweise nachgeholt – Pause war ja dieses Jahr schon lange genug. Die Sporthalle bleibt über den Sommer geöffnet, sodass wir immer proben können, wenn wir möchten.

Auch haben sowohl unser Dirigent, als auch unsere Jugenddirigentin aus eigenem Antrieb und unabhängig voneinander jeweils eine Spende an den Verein gemacht für die Uniform und in Form von Noten – dadurch kam ein Teil dann wieder bestens angelegt zurück und es hat uns bestätigt, dass wir richtig gehandelt haben.

Wir sind ohnehin und ganz allgemein keine Freunde davon, immer alles aufzurechnen. Jede und jeder gibt ihr oder sein Bestes. Das ist mal mehr und mal weniger – am Ende gleicht es sich in der Regel immer wieder aus und das ist die Hauptsache. Wir setzen da lieber auf Vertrauen als auf den Taschenrechner. Erst recht in Situationen, für die keiner etwas kann.

Wir haben auch das große Glück, dass die Frau unseres Dirigenten ebenfalls Dirigentin ist. Sie steht uns seit Jahren für Register- und Ensembleproben jederzeit und gerne zur Verfügung – insbesondere in den Konzertphasen. Wenn Not an der Frau ist, ist sie bei unseren Auftritten dabei oder springt auch mal als Dirigentin ein, damit Proben oder Auftritte nicht abgesagt werden müssen.

Das kompensiert ein paar zwangsweise Corona-bedingt ausgefallene Proben allemal und auch da hat noch nie eine(r) den Taschenrechner gezückt.“

Und Joachim Graf, Musikkapelle Biberach, schreibt: „Wir haben unsere Dirigentin erstmal auf Basis eines „Vorschusses“ weiterbezahlt während der probenfreien Zeit. Dies war für uns selbstverständlich, weil sie für uns mehr ist als eine „Angestellte“. Aus der Bindung, die in den letzten Jahren entstanden ist, und aus Solidarität war es keine Frage, die Zahlungen einzustellen, zumal wir auch keinesfalls riskieren wollten, unsere Dirigentin dadurch zu verlieren. Gleichzeitig wurde jedoch eine Vereinbarung geschlossen, durch zusätzliche Arbeiten die Zahlungen zu „kompensieren“. So stehen aktuell statt der bisher gewohnten einen Probe pro Woche nun vier Probeeinheiten mit Klein-Ensembles auf dem Plan, weil die Größe unseres Proberaumes noch keine Gesamtproben hergibt. Zudem stehen Arbeiten im Notenarchiv an, denen sich unsere Dirigentin mit Nachdruck bereits in den letzten Wochen widmete und noch tut.“

5. Welche Auswirkungen der Corona-Krise siehst Du (a) für Deinen Musikverein und (b) für die Musikvereine / die Blasorchesterszene im Allgemeinen?

Viele der befragten Vereinsverantwortlichen äußerten zur Frage 5a für ihren Musikverein die Befürchtung, dass nicht mehr alle MusikerInnen den Weg zurück in das Blasorchester finden. Das hat mich dazu veranlasst, den Beitrag Warum bin ich immer noch dabei? zu schreiben.

Über die finanziellen Auswirkungen auf den jeweiligen Verein habe ich unter Frage 3 schon einiges geschrieben.

Dadurch, dass momentan die Jugendwerbung nicht wie gewohnt stattfinden kann, befürchten manche Vereine, dass nach den Sommerferien weniger Kinder und Jugendliche damit beginnen, ein Instrument zu lernen. Birgit Lecheler und Lisa Doll, die beiden Vorständinnen des Musikvereins Breitenthal dazu: „Da keine Jugendwerbung mit persönlichem Kontakt wie geplant möglich war, vermuten wir mit wenig bis kaum Anmeldungen für das neue Schuljahr.“ Einige Musikvereine und Musikschulen sind auch in diesem Bereich digital kreativ geworden.

Für große Aufregung sorgt in Baden-Württemberg in den letzten Tagen ein Brief des Kultusministeriums an die Schulen: Es darf nach den Sommerferien weder Chor- noch Bläserangebote an den Schulen geben! Ein Wahnsinn, der mich nur noch den Kopf schütteln lässt… (https://km-bw.de/,Lde/Startseite/Service/2020+07+08+Konzept+Schuljahr+2020-2021 Download unter dem Beitrag: Konzept für einen Regelbetrieb unter Pandemiebedingungen an den auf der Grundschule aufbauenden Schularten in Baden-Württemberg (7. Juli 2020, PDF))

Doch nicht alle sehen die Auswirkungen von Corona nur negativ. Joachim Hofmann vom Musikverein Röllbach schreibt beispielsweise: „Im eigenen Verein sehe ich, nach Wiederaufnahme der Proben, bereits jetzt negative, aber auch durchaus positive Aspekte.

Leider haben sich im Jugendbereich gleich mehrere Jugendliche abgemeldet. Allerdings handelte es sich hierbei durchgehend um Wackelkandidaten, bei denen dies bereits zu Jahresbeginn fast abzusehen war. Der Zusammenhalt der verbliebenen Mitglieder der Jugendkapelle ist, frei nach dem Motto „jetzt erst recht!“, allerdings noch besser geworden. 
Bei den Aktiven sind meine Befürchtungen, der/die ein oder andere könnte sich an die zusätzliche Freizeit gewöhnt haben, bislang nicht eingetreten. Im Gegenteil! Bei den ersten beiden Proben sind einige Aktive erschienen, die sich zu Jahresbeginn noch sehr rar gemacht hatten. Insgesamt ist die Probenbeteiligung bislang besser als unmittelbar „vor Corona“.  Bleibt zu hoffen, dass dies auch nach dem avisierten Konzert noch so sein wird.“

Auch Uwe Appel, 1. Vorsitzender des Musikvereins Ludwigsburg-Oßweil e. V. meldet: „Wir hoffen gestärkt aus dieser Krise herauszukommen. Die Musiker freuen sich sehr, dass wir uns wieder treffen dürfen und gemeinsam Musik zu machen, sei es in Probe oder Auftritten.“

Auch Frank Bott, der 1. Vorsitzende des Familien-Flötenorchesters Schöne Töne Hagen sieht nicht nur negative Auswirkungen auf seinen Musikverein: „Unser Orchester hat in der noch jungen Geschichte eine stetige Weiterentwicklung erlebt, sowohl in der Qualität als auch in der Quantität. Aufgrund nun fehlender Probemöglichkeiten im Register als auch im Orchester sehe ich hier schon einen möglichen Rückschritt in der musikalischen Qualität, da doch einige Instrumentalisten keinen laufenden Unterricht mehr bekommen. Dies wird eine geraume Zeit an Probearbeit brauchen, sodass an gute Konzerte etc. in diesem Jahr nicht mehr zu denken ist.

Bisher sind alle Mitglieder noch an Bord, weiterer Zuwachs in der Musikschule findet statt. Allerdings sind die so wichtigen sozialen Kontakte bisher noch sehr eingeschränkt, insbesondere bei den nicht so technisch affinen Mitgliedern. Die Hoffnung ist, dass sich das bei weiterer Lockerung der Maßnahmen zu alter Form zurückfindet.

Die krisenbedingte Beschäftigung mit den Online-Möglichkeiten für Unterricht / Vorstandssitzungen etc. sehe ich als einer der wenigen Vorteile der Krise.

Insgesamt sehe ich die Corona-Krise als vorübergehenden Einschnitt, der aber bis Ende 2021 überwunden sein sollte.  Wenn auch ungewöhnlich und unerwartet, hat die derzeitige Situation doch gezeigt, dass wir MusikerInnen in sehr kurzer Zeit viel Energie freisetzen können, wenn wir ein gemeinsames Ziel haben.“

Bei den Auswirkungen auf die Blasorchesterszene an sich (Frage 5b), möchte ich hier die Statements von Joachim Graf (Musikkapelle Biberach), Sandra Behrens (Junges Orchester Auenland) und Marco Mertz (Sinfonisches Blasorchester Ludwigshafen) veröffentlichen.

Joachim Graf: „Insgesamt betrachtet wird die Krise der Blasmusikszene jedoch durchaus Mitglieder kosten. Auch die Wahrnehmung der Blasmusik in der Öffentlichkeit hat spürbar gelitten. Wir müssen nun wieder verstärkt Präsenz zeigen und für unser schönes Hobby und die Blasmusikkultur werben. Leider ist vielen Verantwortlichen in der Krise aber auch bewusst geworden, wie schwach die Lobby der Laienmusikszene insgesamt doch bei den Entscheidungsträgern der Regierung ist. Andere Sparten (wie bspw. der Sport) stehen hier weiter vorne in der Wahrnehmung, was sich mehr als einmal spürbar in den Entscheidungen der Staatsregierung zur Unterstützung in der Krise oder bei den Lockerungen aus dem Lockdown gezeigt hat.“

Sandra Behrens: „Bei allem Hoffen schwingt jedoch auch immer der Gedanke mit, ob man alles das, was man nach und nach wieder darf, auch unbedingt gleich wieder umsetzen muss. Insbesondere wir Bläser haben zurzeit ja einen ganz eigenen Sonderstatus. Ich habe mich in den ganzen letzten Wochen/Monaten nicht zu einer Prognose hinreißen lassen und wüsste auch nicht, welche ich abgeben soll. Es ändert sich gerade derart viel in der Welt und Dinge, die uns leider nicht mehr viel bedeutet hatten, treten wieder verstärkt in unser Bewusstsein. Das reicht von dem Bewusstsein für die Natur, für die Landwirtschaft etc. und eben auch für die Musik. Handgemachte Musik hat derart positive Auswirkungen für die Musiker und auch für die Zuhörer. Man stelle sich nur einen Film ohne Musik vor, eine Party ohne Musik (und Tanz), eine Trauung (oder auch Beerdigung) uvm. Auch die Musik wurde in den letzten Wochen von immer mehr Menschen als absolut notwendiges Gut erkannt, welches aus unserer Gesellschaft nicht wegzudenken ist. Das Bewusstsein, dass es sich bei Musikschaffenden nicht nur um irgendwelche „Künstler“ handelt, die nichts „besseres“ gelernt haben, sondern um Menschen, die für und in unserer Gesellschaft einen sehr wichtigen Ausgleich und eine Balance schaffen, ist immer größer geworden. Unsere immer mehr leistungsbezogene Gesellschaft, deren Gleichgewicht und Balance bestehend aus Körper, Geist und Seele oder auch aus Beruf, Familie, Freunde immer mehr ins Wanken gerät, braucht Musik und Kunst als Balsam für die Seele.

Vielleicht war eine gewisse Entschleunigung in unserer Gesellschaft notwendig für ein Umdenken. Ich habe viele Gespräche geführt und bin mir der Misere in diversen Bereich auch wirklich bewusst. Dennoch haben alle Gesprächspartner, unter denen auch viele Musiker und andere Künstler waren, übereinstimmend festgestellt, dass diese Entschleunigung auch etwas Gutes für sich hatte. Vorübergehend!!!

Wie nun können wir die Szene wiederbeleben? Wo gibt es Proben- und Konzertsäle, in denen die Abstandsregeln eingehalten werden können? Wenn es den Firmen/Sponsoren wirtschaftlich schlechter geht, ist es schwer, sie zu halten, insbesondere dann, wenn die Konzerte weiter wegfallen. Wie kann dem entgegengewirkt werden? Es bleiben viele offene Fragen.

Ich wünsche mir sehr, dass wir gemeinsam mit allen Verantwortlichen einen verantwortungsbewussten und sinnvollen Weg finden, die gesamte Veranstaltungsszene wieder durchstarten zu lassen. Auch gern mit der Frage, ob alles immer nach dem Motto „größer, weiter, schneller“ veranstaltet werden muss. Ist es also vielleicht sinnvoll zu mehreren kleinen Veranstaltungen zu wechseln.

Sicher ist eines: Die Auswirkungen der Krise werden alle Beteiligten der Veranstaltungsbranche noch in den kommenden Jahren spüren.

Bleibt uns also nur: zusammenrücken, zusammenhalten und uns gegenseitig unterstützen.“ Sandra spricht mir sehr aus dem Herzen…

Ebenso wie Marco Mertz:

„Mit Blick auf die allgemeine Orchesterszene der Sinfonischen Blasmusik bin ich vorsichtig optimistisch. Sinfonische Blasorchester, welche sich lediglich durch Konzertveranstaltungen finanzieren, haben grundsätzlich andere Fixkosten und können ein Jahr ohne Veranstaltungen eher überstehen als ein Verein, der von Festivitäten lebt. Nicht bei uns, aber viele kleinere Blasorchester decken einen Großteil ihrer laufenden Kosten mit Einnahmen aus Speise- und Getränkeverkauf. Fallen diese nun gänzlich weg, kommen viele Finanzierungskonzepte schnell an ihre Grenzen.

Ich gehe nicht davon aus, dass Konzerte dieses Jahr noch im großen Stil stattfinden können. Ziel sollte es sein, 2021 wieder voll durchzustarten und langsam zu einem „vor Corona“ Status zurück zu kehren. Schwieriger wird es hier jedoch mit der musikalischen Arbeit. Sinfonische Blasorchester leben vom Klang, der hauptsächlich durch besondere Raumakustik entsteht. Proben unter freiem Himmel eignen sich für einen Großteil der Literatur nicht. Leider proben aber die meisten Sinfonischen Blasorchester in Räumlichkeiten, die dem Verein selbst nicht gehören und sind somit auf die Entscheidung Dritter (Schulen, Gemeinden, Landkreise usw.) angewiesen. So lange hier keine Entscheidungen zur Nutzung von Proberäumen getroffen werden, ist eine Vereinsarbeit wie gewohnt nicht möglich. Hier empfehle ich den Blick über den eigenen Tellerrand hinaus. Projekte wie die „kleine Blasmusik“ (Anm. AL: quasi eine „Polka-Besetzung“, ein Projekt des SBO LU) könnten ein Anfang sein und zumindest das gemeinschaftliche Musizieren zurück ins Orchester bringen. Wenn wir aber ohne musikalische Einbußen wieder musizieren wollen (wie klingt denn ein Orchester, das ein Jahr lang nicht auf dem gewohnten Niveau gearbeitet hat?), dann müssten wir, aus meiner Sicht, spätestens Beginn 2021, besser früher, wieder in die sinfonische Probenarbeit zurückkehren.

Mit mehr Sorgen blicke ich auf die allgemeine Musikvereinsszene im ländlichen Raum. Leider befinden sich nicht alle Vereine in einer sicheren finanziellen Lage. Viele sind auf Einnahmen von Konzerten, Volks-, Wein- oder Musikfesten angewiesen, welche jetzt alle wegfallen. Eine umfangreiche Jugendarbeit und die Struktur in dörflichen Vereinen setzen diese Einnahmen voraus, um den Verein am Leben zu erhalten. Eine Förderung durch Bundesmittel ist erst nach Aufbrauchen der Rücklagen und teilweise nach Entlassung des Dirigenten möglich. Diese Tatsache ist meines Erachtens nicht zu vertreten und muss auf andere Art und Weise zu lösen sein!

Die Grundlage zum Fortbestehen der Vereine mit Jugendarbeit ist jene selbst. Ohne die qualifizierte Ausbildung von Nachwuchs kann schnell eine Lücke im Orchester entstehen. Für viele Jugendliche ist zudem die Arbeit im Verein ein Ausgleich zum Alltag und bringt nicht selten einen Großteil des Freundeskreises mit sich. Es ist sehr schwer, als Verein hier eine adäquate Lösung zu finden. Man kann nur hoffen, dass die Arbeit in Jugendorchestern und Bläserensembles schnellstmöglich unter Einhaltung der Hygienemaßnahmen wieder aufgenommen werden kann.

Ich hoffe, dass wir die Blasmusikszene bald flächendeckend wiederaufleben lassen können. Kleinere Projekte sind Übergangslösungen bis zum Ende des Sommers. Spätestens dann müssen Voraussetzungen geschaffen werden, um eine Vereinsarbeit innerhalb von Gebäuden wieder durchführen zu können. Nur so können wir auch die nächsten Jahre alle in unserem gewohnten Umfeld musizieren und die Spielfreude beibehalten.“

Ein herzliches Dankeschön an alle Vereinsverantwortlichen, die die fünf Fragen zur Auswirkung der Corona-Krise auf ihre Musikvereine beantwortet haben.

Da uns die Corona-Krise in der Blasmusikwelt auch weiterhin noch beschäftigen wird, werde auch ich mich weiterhin zur Unterstützung von Euch und Euren Musikvereinen damit befassen. Am Sonntag, 12. Juli 2020 fand die erste Diskussionrunde zum Thema „Nach dem Corona-Lockdown: Wie geht es in den Musikvereinen weiter?“ statt. Kommenden Sonntag findet die zweite Runde zum gleichen Thema statt. Über beide Diskussionsrunden werde ich in einem Blog-Beitrag berichten.

Ich bin gebeten worden eine Sammlung von Ideen zu veröffentlichen, wie das blasmusikalische Leben nach den Sommerferien gestaltet werden kann. Und zwar was sowohl die Probenarbeit als auch die Konzerte und Events betrifft. Hier werde ich Augen und Ohren offen halten und Euch die – meiner Meinung nach – besten Ideen in einem Blogbeitrag präsentieren. Wenn Ihr für Euch in Euren Musikvereinen schon gute Wege der Probenarbeit gefunden habt und auch schon wisst, wie Ihr den Herbst musikalisch gestaltet, dann könnt Ihr Euch gerne bei mir melden: alexandra@kulturservice.link. Eure Ideen können Inspiration für andere sein und somit dazu beitragen, dass unsere Blasorchesterszene auch weiterhin blüht und gedeiht.

Wer sich zu der Diskussionsrunde am Sonntag, den 19. Juli 2020 anmelden möchte, kann das über diesen Link tun: https://elopage.com/s/KulturserviceLink/online-meeting-nach-dem-corona-lockdown-wie-geht-s-in-den-musikvereinen-weiter-sonntag-19-juli-2020 Aber bitte schnell anmelden, es gibt Stand jetzt nur noch 3 freie Plätze!

Jeder der sich zum Thema „Auswirkungen der Corona-Krise auf den Musikverein“ äußern möchte, ist herzlich eingeladen, dies unter diesem Beitrag in den Kommentaren zu tun! Ihr könnt gerne auch Fragen stellen oder von Eurem Blasorchester berichten. Herzlichen Dank dafür.

©Beitragsbild: „KLANGWERK Morsbach e.V.“

Alexandra Link

Musik ist ein sehr wichtiger Bestandteil meines Lebens. Musizierende Menschen zusammen zu bringen meine Leidenschaft.

    2 thoughts on “Die Auswirkungen der Corona-Krise auf die Musikvereine

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