In Memoriam Reinhold Rogg

Wenn ein Mensch in jüngeren Jahren stirbt, erinnern sich noch sehr viele Menschen an seine guten Taten und Verdienste. Ist die aktive Zeit ein paar Jahre vorbei, besteht die Gefahr, dass Geschichte und Bedeutung eines Menschen nicht mehr sehr präsent sind.

Ende Februar 2024 verstarb im hohen Alter von 95 Jahren Reinhold Rogg. Er gehört für mich zu den Persönlichkeiten der Blasmusik-Szene, dessen Verdienste nicht in Vergessenheit geraten dürfen. Deshalb bekommt er auch hier auf dem Blasmusikblog nochmals sein verdientes Rampenlicht! Vermutlich wäre ihm selbst das gar nicht so recht… Mit den „Medien“ hatte er es nicht so… Ich habe vor ca. 7-8 Jahren einmal den Anlauf genommen, Reinhold Rogg für die Zeitschrift Eurowinds zu interviewen. Freundlich, aber bestimmt, sagte er zu mir: „Liebe Alexandra, ich möchte mein altes Gesicht nicht mehr in der Zeitung sehen.“ Schon damals wäre es mir ein großes Anliegen gewesen, seine Verdienste um die Blasorchester-Szene zu würdigen. Jetzt, da er nicht mehr unter uns Lebenden weilt, kann er sich nicht mehr wehren… Und da ich sicher bin, dass im Blasmusikhimmel kein Blasmusikblog gelesen wird, bekommt er es auch nicht mit ;-). Bisschen spitzbübisch vielleicht, aber nicht so sehr, wie er ein heimlicher „Spitzbube“ (im Rest von Deutschland sagt man vermutlich „Schlitzohr“) war… Menschen, die ihn persönlich kannten, wissen, warum ich das so schreibe… Alle anderen werden ihn in diesem Beitrag ein bisschen kennen lernen.

Reinhold Rogg wurde im Jahr 1928 in Rheinfelden geboren. Und obwohl er von 1972 – 1993 in Geldern bzw. Krefeld lebte, hat er seinen alemannischen Akzent nie verloren. Ich selbst habe ihn tatsächlich erst im Jahre 1993 (oder 1994?) kennen gelernt. Da war sein eigentliches Arbeitsleben schon vorbei. Seine Pension wollte er in südlichen, heimatlichen Gefilden verbringen. Wohl auch auf vielfachen Wunsch von Verbandsverantworlichen aus dem Badischen, wie mir sein Sohn Gerhard erzählte. Ich kann mich noch gut an mein erstes Treffen mit Reinhold erinnern. Klaus Schulz, Verlegerpersönlichkeit und damals Geschäftsführer des BDB – Bund Deutscher Blasmusikverbände – sowie Herausgeber der Verbandszeitschrift Die Blasmusik, kam eines Tages zusammen mit Reinhold Rogg, damals erst kurz zuvor nach Bahlingen am Kaiserstuhl gezogen, zu Musik Gillhaus in Freiburg, wo ich derzeit arbeitete: „Frau Link, ich möchte Ihnen gerne Reinhold Rogg vorstellen“. Wir kamen gleich ins Gespräch – wie Blasmusiker:innen unter sich immer gleich einen guten Draht zueinander haben. Und unser guter Draht blieb bestehen, bis er sich vor ca. 10 Jahren aus dem blasmusikalischen Geschehen schleichend verabschiedete. Regelmäßig besuchte er mich zuerst in Freiburg bei Gillhaus, später beim De Haske-Verlag. Manchmal nur „auf ein Schwätzchen und einen Kaffee“, meistens aber zum Fachsimpeln, Werke anhören und diskutieren. Er wollte immer auf dem Laufenden sein, welche neuen Werke erschienen sind und natürlich auch den ein oder anderen Geheimtipp von mir, welche Werke demnächst erscheinen werden. Sein Ziel: die bestmöglichen Werke für Wertungsspiele und Wettbewerbe finden. Diese brauchte er für seine Arbeit als Bundesmusikdirektor im BDB, als Literaturkommissionsvorsitzender der BDMV und als Verantwortlicher für den Jugendblasorchesterwettbewerb „Musikpreis der Stadt Bühl“. Beim reinen Literatur-Stöbern blieb es natürlich nicht. Er war oft stundenlang im Showroom bei De Haske in Eschbach und wir „verhackten“ die ganze Blasmusikszene. Ich nahm mir die Zeit mit ihm immer sehr gerne! Von Natur aus ein wunderfitziger Mensch konnte ich durch ihn viel aus der Szene und der Blasmusikgeschichte erfahren und lernen!

Reinhold Rogg hatte schon bevor ich ihn kannte große Energie in die Blasmusik-Szene gesteckt. Bevor er im Jahre 1972 dem Ruf der Musikschule nach Geldern und ab 1974 Krefeld folgte, war er neben seinem Beruf als u. a. Musiklehrer bei uns im Badischen Dirigent von verschiedenen Blasorchestern: Eisenbahnermusik Basel (Jahre nicht bekannt), Trachtenkapelle Niederrimsingen (1959 – 1964, Reinhold war Gründungsmitglied, Vorstand und Dirigent), Winzerkapelle Freiburg-Munzingen (1960 – 1968) und Winzerkapelle Bischoffingen (1963 – 1972).

Reinhold Rogg hat sich schon immer für die überregionale, nationale und internationale Blasorchester-Szene interessiert. Und besonders die englische und niederländische Brass Band-Szene hat es ihm angetan. So hat er gleich in seiner Anfangszeit als Musikschulleiter in Geldern Musiker zusammengesucht, die er für eine Brass Band begeisterte. Im Jahr 1972! Es muss eine der ersten, wenn nicht sogar die erste Brass Band in Deutschland gewesen sein. Er wollte eine „echte“ Brass Band gründen. Also mussten englische Instrumente her. Wie weiß man nicht, aber er konnte die Stadt Geldern davon überzeugen, die Instrumente dafür zu kaufen! Erfolg hatte die Brass Band Geldern auch: Gerhard Rogg erinnert sich daran, im Jahr 1974 beim WMC in Kerkrade dabei gewesen zu sein.

Reinhold Rogg, Leiter der Musikschule Krefeld, 1974
Reinhold Rogg, Leiter der Musikschule Krefeld, 1974 – ©Obj. Nr. 39680 Stadtarchiv Krefeld

Die Musikschule in Krefeld, deren Leitung er ab 1974 innehatte, baute Reinhold Rogg von ca. 700 – 800 Schülerinnen und Schüler bis zu seiner Pensionierung im Jahr 1993 aus. Bei seinem Weggang erlernten ca. 3000 Schüler ein Instrument an der Musikschule Krefeld. Er beschränkte sich nicht nur darauf, den Bläser-Bereich auszubauen, sondern bot als eine der ersten Musikschulen in Deutschland die Musikalische Früherziehung und Unterricht an elektronischen Instrumenten, wie z. B. das Keyboard, an. Von einer sehr speziellen Neuerung an der Musikschule erzählte mir sein Sohn Gerhard: „Mein Vater bemerkte, dass die Mütter, deren Kinder in den Unterricht an der Musikschule gingen, draußen warteten. Für diese Mütter schaffte er einen Kaffeeautomaten an.“

Im Jahr 1986 gründete er von der Musikschule Krefeld ausgehend das Landesjugendblasorchester NRW, Vorgängerorchester der heutigen Jungen Bläserphilharmonie NRW (in Trägerschaft des Landesmusikrat NRW). Die musikalische Leitung dieses LJBO – eines der ersten sinfonischen Auswahljugendblasorchester in Deutschland – hatte Reinhold Rogg bis im Jahr 1995 inne (danach folgte Pierre Kuijpers, auf seine Anregung hin).

Ein Weggefährte aus der Krefelder Zeit von Reinhold Rogg ist Matthias Pannes, der heutige Geschäftsführer des Verbands Deutscher Musikschulen VDM (bis Ende September 2024). Ich habe ihn gebeten, für diesen Beitrag seine Erinnerungen an Reinhold Rogg aufzuschreiben. Aus seinen Zeilen lernen wir noch einiges aus der Krefelder Zeit.

Matthias Pannes

„Das LJBO war (1986 gegründet) erst in Trägerschaft der Musikschule Krefeld, dann kurzzeitig beim Landesverband der Musikschulen in NRW gewesen und ab ca. 1991 bis heute beim Landesmusikrat NRW bzw. dem daraus abgeleiteten Verein zur Förderung der Landesjugendensembles. Reinhold Rogg wurde in den Jahren, in denen er das LJBO geleitet hat (bis 1995), organisatorisch auch von Heribert Munsters, dem damaligen Geschäftsführer des Blasmusikverband NRW (dessen Landesdirigent Reinhold Rogg war) unterstützt. Reinhold war in seiner gewinnend-optimistischen, lebensfrohen, den Menschen zugewandten, alemannisch-idiomatisierten, sympathischen Art ein Glücksfall für die Gründung eines solchen sinfonischen Blasorchesters, ebenso in seiner zielbewussten, fast schlitzohrigen Art, Dinge auf den Weg zu bringen und Schwierigkeiten im Vorfeld ihrer Entstehung aus dem Weg zu räumen. Bei der Gewinnung von Fördermitteln aus dem Kultusministerium hat ihn der damalige Präsident des Landesmusikrates, Johannes Read, stark unterstützt. Reinholds Musikschule der Stadt Krefeld war immer eine Bläser-Hochburg, besonders im gesamten Blech und in den Saxophonen. Reinhold hat sich auch immer mit dem Wettbewerb ‚Jugend musiziert‘ identifiziert. Andererseits hat er sich nicht nur auf die Bläserarbeit fokussiert, sondern auch (damals) neue Entwicklungen in der Musikschullandschaft initiiert und begleitet – so hat er das Keyboard als Unterrichtsfach eingeführt und quasi als Modellangebot im Kontext des VdM/LVdM entwickelt. Es gab in NRW nur wenige herausragende Leitungspositionen an Musikschulen, die entsprechend A16 vergütet wurden – Reinhold Rogg hatte mit seiner strategischen Vorgehensweise, die Musikschule mit ihrer Angebotspalette in Krefeld wirksam zu platzieren und zu profilieren und ihr mit den damals tollen Gebäuden Haus Schönhausen und Haus Sollbrüggen ein Gesicht in der Stadt zu verleihen, mit Recht eine solche Position inne.

Eine Phase als “Rentner” konnte man sich bei Reinhold nie wirklich vorstellen – er war ja auch noch mehrere Jahre in seiner Wohnheimat Bahlingen musikalisch aktiv. Ich habe in meinen Anfangsjahren als Geschäftsführer des Landesmusikrates NRW (seit 1986) immer gern mit Reinhold zusammengearbeitet und bin traurig, von seinem Tod zu erfahren, hoffe aber, dass er sein hohes Alter gesund und aktiv (er)leben konnte.
Matthias Pannes“

Reinhold Rogg erhielt für seine Verdienste für die Musik im Jahr 1989 das Bundesverdienstkreuz.

Bundesverdienstkreuz an Reinhold Rogg durch Oberstadtdirektor Hans Josef Vogt am 7. Juni 1989
Bundesverdienstkreuz an Reinhold Rogg durch Oberstadtdirektor Hans Josef Vogt am 7. Juni 1989 – ©Obj. Nr. 37347 Stadtarchiv Krefeld

Von 1992 bis 1998 war Reinhold Rogg im BDBBund Deutscher Blasmusikverbände Bundesmusikdirektor. Der Nachruf des BDB erinnert an seine Verdienste in diesem Verband (Offizieller Nachruf aus blasmusik 04-24, Seite 45): 

„Der Bund Deutscher Blasmusikverbände trauert um sein Ehrenmitglied Reinhold Rogg. Im gesegneten Alter von 95 Jahren hat sich am 24. Februar 2024 sein Lebenskreis geschlossen. Musik hat darin eine große Rolle gespielt. Mit Geige und Klavier in Rheinfelden groß geworden, führte ihn das Leben an den Tuniberg. Dort gehörte er 1959 bei der Neugründung des Musikvereins zu den Gründungsmitgliedern der Trachtenkapelle Niederrimsingen und übernahm als Dirigent und Schriftführer schon früh Verantwortung. Neben seinem Beruf als Musiklehrer war er als Dirigent bei verschiedenen Blasorchestern sowie als Wertungsrichter in der Blasmusik tätig und erfüllte sich nebenbei den Traum, Trompete zu lernen. Seine Tätigkeiten in der Blasmusik brachten ihn auch mit dem BDB in Berührung. Im Jahre 1992 übernahm er das Amt des Musikbeiratsvorsitzenden, das er bis 1998 engagiert und gewissenhaft ausfüllte. In seine Amtszeit fällt das 7. Bundesmusikfest, das 1997 vom Alemannischen Musikverband ausgerichtet im Dreiländereck Frankreich, Deutschland und der Schweiz stattfand. Als Bundesmusikdirektor war Reinhold Rogg nicht nur in die Organisation involviert. Vielmehr war er Initiator des bundesweit ersten Höchstklassenwettbewerbs. Auf seine Idee hin wurde im Rahmen des Bundesmusikfestes erstmalig in Deutschland und mit großem Erfolg ein solcher Höchstklassenwettbewerb veranstaltet, der zum Vorbild für viele andere Veranstaltungen wurde. Auch über seine Amtszeit als Bundesmusikdirektor hinaus blieb er dem Musikbeirat noch einige Jahre weiter verbunden und verantwortete den Fachbereich Literatur. Als Juror war er im In- und Ausland sehr erfolgreich und unter anderem als Verbandsdirigent im Blasmusikverband Nordrhein-Westfalen tätig. Für seine großen Verdienste um die Blasmusik wurde er mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. Bereits 1998, nach seinem offiziellen Ausscheiden aus dem Musikbeirat des BDB, wurde Reinhold Rogg zum Ehrenmitglied des Bundes Deutscher Blasmusikverbände ernannt. Voller Dankbarkeit blicken wir auf das langjährige Wirken von Reinhold Rogg zurück und verneigen uns voller Respekt vor seinem lebenslangen Engagement für die Musik.
Wir werden ihm ein ehrendes Andenken bewahren.
Bund Deutscher Blasmusikverbände“

Bei besagtem Höchstklassenwettbewerb im Jahr 1997 habe ich im Verbandsblasorchester Markgräflerland mitgespielt. Pflichtstück war Il Fiume von Juriaan Andriessen, Selbstwahlstück Mosaici Bizantini von Franco Cesarini. Es waren bis dahin die schwierigsten Werke, die ich in meiner Jugend gespielt hatte… Deshalb ist mir das noch so gut in Erinnerung.

Christoph Mild-Ruf

Einer, der ein paar Jahre mit Reinhold Rogg in der Musikkommission des BDB zusammengearbeitet hat, war Christoph Mild-Ruf (1992-1997). Zur gleichen Zeit war Christoph Mild-Ruf Dirigent im Musikverein Freiburg-Opfingen, in dem ich teilweise mitgespielt habe.

„Die Zusammenarbeit mit Reinhold Rogg während meiner Opfinger Zeit habe ich sehr geschätzt. Er war ein sehr gebildeter und sehr geduldiger Zuhörer für uns Jüngere. Er hatte gespürt, dass wir schon damals die „antiquierten“ Traditionen in den Musikvereinen hinter uns lassen bzw. die Blasmusikbewegung nach vorne bringen wollten und sich immer sehr interessiert für die Gedanken der Jugend. Ich saß einige Male bei ihm im Wohnzimmer und wir haben uns über die Pädagogik der Orchesterleitung und die Musik im Allgemeinen ausgetauscht. Inhaltlich kann ich leider nicht mehr viel berichten. Es ist einfach zu lange her.

Reinhold Rogg war Vorsitzender der Musikkommission während ich Verbandsdirigent am Kaiserstuhl-Tuniberg war. Es war die Zeit, in der ich mit Bernhard Volk und Michael Stecher die Konzeption der C3-Kurse überarbeitet habe. An der (damals) neuen Akademie in Staufen wurde dann im Prinzip der C3-Kurs vom Kaiserstuhl-Tuniberg / Markgräflerland übernommen, später dann mit Markus Mauderer und Uli Winzer.
Christoph Mild-Ruf”

Michael Weber

Michael Weber, Vizepräsident im BDB, 1. Vizepräsident in der BDMV und Ehrenpräsident des Karlsruher Blasmusikverbands, hat Reinhold Rogg sehr gut gekannt. “Er hat mir auch einmal sehr geholfen, als unser erster Dirigent unseres SJBO Karlsruhe überraschend am Totensonntag gestorben war und unsere Dreikönigskonzerte anstanden hat er das Gedenkkonzert an dem Tag für Manfred als Dirigent übernommen.”

Programm Gedenkkonzert VJOK Karlsruhe 1996
Programm Gedenkkonzert VJOK Karlsruhe 1996
Zeitungsausschnitt Badische Neueste Nachrichten vom 5. Januar 1996
Zeitungsausschnitt Badische Neueste Nachrichten vom 5. Januar 1996

In der BDMVBundesvereinigung Deutscher Musikverbände – war Reinhold Rogg in der Literaturkommission tätig als Vorsitzender. Die beiden Wegbegleiter Stephan Ametsbichler und Wolfgang Wössner erinnern sich noch gerne an die gemeinsamen Arbeitssitzungen.

Stephan Ametsbichler

„Seit ich Reinhold Rogg Mitte der 90er Jahre, als Bundesdirigent des MON und Landesdirigent des heutigen BBMV, kennengelernt habe und ihm nach 2000 auch noch in der Literaturkommission des BDMV regelmäßig wiederbegegnet bin, habe ich ihn immer als unerschütterlich fröhlichen, ja beinahe spitzbübischen und absolut musikbegeisterten Menschenfreund erlebt. Und diese Lebensfreude war nicht der Ausdruck oberflächlicher Sorglosigkeit. Reinhold Rogg hat sich ernsthaft auch mit den Problemen dieser Welt auseinandergesetzt, aber eben ohne darüber gleich verbittert zu sein. Ganz im Gegenteil, er hat mit Zuversicht und Optimismus versucht, aus dieser Welt mit seinen Möglichkeiten eine bessere und lebenswertere zu machen.

Reinhold Rogg war ein unglaublich kompetenter, vielseitiger und ebenso vielseitig gebildeter Musiker, der uns mit seinem großen Sachverstand und seiner enormen Literaturkenntnis, nicht nur auf dem Gebiet der Blasorchestermusik, immer wieder beeindruckt hat.
Wir, das waren die damals und zum Teil heute noch aktiven kritischen Augen und Ohren, die wenigstens zweimal im Jahr die von den Verlagen eingereichten Stapel an Blasorchesterpartituren auf ihre Tauglichkeit für Wertungsspiele und Wettbewerbe durchforsten und insgesamt den sechs international üblichen Schwierigkeitsstufen zuordnen. Und hier war Reinhold Rogg immer der sorgfältig abwägende, keinesfalls vorschnelle Ratgeber, der mit der Autorität eines scheinbar unerreichbaren Literaturkenners sein „aber“ lieber einmal zu oft als zu wenig auf den Tisch gelegt hat und die uns auferlegte Sorgfaltspflicht noch ernster genommen hat, als wir es eh schon taten. Ihm lag unsere Klientel zuallererst am Herzen. Wie würden die Orchester mit einem Werk, das wir in der Stufe x oder y einstufen wollten, tatsächlich auch umgehen und umgehen können. Und so hatten seine bisweilen angebrachten Bedenken, da wo sie ihm tatsächlich angebracht schienen, in unseren Köpfen ihre Wirkung nicht verfehlt. Was wir auf eine Apothekerwaage gelegt hatten, hatte Reinhold Rogg noch einmal auf die Goldwaage der Apotheker gelegt.

Mit seiner Heiterkeit und seiner weltoffenen toleranten Lebenseinstellung und vor allem seiner menschlich liebenswürdigen Art wird er mir immer in Erinnerung bleiben.

Stephan Ametsbichler“

Wolfgang Wössner

„Ich kannte Reinhold Rogg vor allem durch die Literaturkommission der BDMV und durch verschiedene Treffen als Juror. Obwohl er 40 Jahre älter war als ich, ist er in dieser kurzen Zeit ein guter Freund geworden.
Er war ein ganz feiner Mensch, vor dem ich großen Respekt hatte. Seine fachliche Kompetenz in der Literaturkommission war überwältigend, dabei habe ich viel von ihm gelernt.
Wir waren ein paar Mal gemeinsam Juror im Saarland, auch hier hat er fachlich überzeugt, konnte den Dirigenten aber auch deutlich seine Meinung sagen. Immer sachlich fundiert und nie böse.
Am meisten hat mich immer begeistert, dass er selbst noch im Alter von 80 Jahren mit seinem Mercedes SLK und “flottem Reifen” vorgefahren ist.

Wolfgang Wössner“

Ja, den Mercedes SLK kannte ich auch… Der stand des Öfteren auf dem Hof von De Haske in Eschbach…

Reinhold Rogg als Juror
Reinhold Rogg als Juror – Von links nach rechts: Prof. Alois Wille (Landeck), Komponist Gottfried Veit (Bozen), Musikdirektor Manfred-Andreas Lipp (Wertingen) und Musikdirektor Reinhold Rogg (Freiburg). Herzlichen Dank an Manfred-Andreas Lipp für das Foto!
Urkunde
Diese Urkunde erreichte mich aus Südtirol von Stephan Niederegger, Medienreferent im Verband Südtiroler Musikkapellen, mit den Worten: “… in lieber Erinnerung … mein erstes Wertungsspiel als Kapellmeister”. Das Wertungsgespräch hatte Stephan mit Reinhold.

Reinhold Rogg war nicht nur in Deutschland Juror verschiedenster Wettbewerbe und Wertungsspiele. Er war der erste deutsche Juror beim WMC in Kerkrade (das Jahr konnte ich noch nicht herausbekommen). Im Jahr 2003 und 2007 saß er in der Jury beim Flicorno d’oro in Riva del Garda. Wo er überall in der Jury saß, ist nicht mehr nachzuvollziehen. Er war in der Zeit, in der noch nicht alles haarklein in den Sozialen Medien veröffentlicht wurde, aktiv in der Blasmusikszene… Aus meinen Gesprächen mit ihm weiß ich, dass er keinesfalls ein Punkte-Schleuderer war. Ganz im Gegenteil. Er war – so ist er mir vorgekommen – ein strenger und gerechter unter den Juroren gewesen, was auch teilweise sein Ruf in der Szene war, wie ich so hörte…

Verabschiedung vom Orgeldienst in der Nimburger Kirche ©Frau Jäger-Schenk
Verabschiedung vom Orgeldienst in der Nimburger Kirche ©Frau Jäger-Schenk

Weit länger als blasmusikalisch war er an der Kirchenorgel aktiv. Bis ins hohe Alter ging er täglich in die Nimburger evangelische Kirche und spielte Orgel. Vor ca. 3 Jahren ließ seine Gesundheit nach, deshalb übersiedelte er nach Endingen in ein Pflegeheim. Seine zweite Frau Dina zog in ein Seniorenstift. Im Pflegeheim in Endingen ist Reinhold Rogg am 24. Februar 2024 in seinem Sessel eingeschlafen. Musikalisch verabschiedet haben ihn die Musiker:innen der Trachtenkapelle Niederrimsingen. Seine letzte Ruhestätte liegt im Friedwald in Endingen.

Ein herzliches Dankeschön an alle, die mich bei diesem Beitrag unterstützt haben, vor allem an seinen Sohn Gerhard Rogg.

Wer sich noch an ihn erinnert darf gerne seine Erlebnisse unter diesem Beitrag in das Kommentarfeld schreiben.

Mit diesem Beitrag halte ich mein Versprechen, Reinhold Rogg immer ein ehrendes Andenken zu bewahren.
Im Kreise aller, die ihn betrauern, Alexandra

Alexandra Link

Musik ist ein sehr wichtiger Bestandteil meines Lebens. Musizierende Menschen zusammen zu bringen meine Leidenschaft.

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