Motivationsschub für Jungmusiker: 1•1•1
Das Jugendwochenende für junge Musiker:innen aus Schönau und drum herum
Ein Interview mit Joachim Pfläging
Zu Eurer Inspiration bin ich immer auf der Suche nach vorbildlichen Projekten, Events und besonderen Konzerten. Ein tolles Projekt-Wochenende fand kürzlich im Südschwarzwald für alle jungen Musiker:innen aus Schönau (dem Geburtsort von Jogi Löw) statt. Das sei Euch zum Nachahmen herzlich empfohlen!
Mit dem “geistigen Vater” und Organisator Joachim Pfläging habe ich ein Interview zum Jugend-Projektwochenende 1•1•1 geführt:
Was verbirgt sich genau hinter 1•1•1? Wie sieht das Konzept Eures Jugendwochenendes genau aus?
Joachim Pfläging: “1•1•1 heißt 1 Wochenende, 1 Orchester, 1 Konzert.
Wir haben direkt nach den Sommerferien alle Jungmusiker bis ca. 45 Minuten Fahrtzeit um Schönau herum eingeladen auf ein Wochenende mit viel Musik, Motivation, coolen Stücken und Freude am gemeinsamen Hobby.
Zielgruppe sind die Kids VOR JMLA Bronze mit Instrumentalunterricht von 1,5 -3 Jahren, Alter zwischen 9 und 13. Ausnahmen bestätigen immer die Regel.
Also alle, die höchstwahrscheinlich noch nicht in Jugendkapellen spielen und nach 2 COVID-Jahren dringend einen Motivationsschub brauchen. Viele Kids (20 von 54) hatten noch nie in einer Gruppe oder mit einem Dirigenten zusammen gespielt…
Wichtig ist mir auch, dass das Event für die Eltern und Kids kostenlos ist (und nicht umsonst), auch die Verpflegung!”
Was und wer steckt hinter dem Konzept? Wer sind die Organisator:innen?
Joachim Pfläging: “Ausgedacht habe ich mir das Konzept vor knapp 6 Jahren. Ein Schlüsselerlebnis war die Begrüßung einer meiner damaligen Wehrer Schüler zu einer Hornstunde: „Da sitzt man seit 3 Jahren in der 7. Klasse in Englisch nebeneinander und weiß nicht, dass man das gleiche Hobby hat, oder sogar das gleiche Instrument beim gleichen Lehrer lernt. Mann, jetzt können wir zusammen ablästern.“
Mir ist es wichtig, gerade die Jüngsten für das Orchesterspiel zu begeistern. Wir sind ein tolles Team aus Musiker:nnen der Stadtmusik Schönau und der Trachtenkapelle Todtnauberg.”
Wie lief das Jugendwochenende ab? Wie habt Ihr das Programm des Wochenendes gestaltet?
Joachim Pfläging: “Musik, Musik, Musik…..
Wir haben allen Teilnehmern ca. 4 Wochen vor dem Event die Noten und Youtube-Links zum Anhören der Stücke zugeschickt, mit der Bitte sie mit dem Ausbilder zu Hause einzuüben.
Aber wir haben nicht das ganze Wochenende das Programm vom Konzert eingepaukt, es ist uns wichtig Musik „ganzheitlich“, mit allen Sinnen und Körperteilen zu erleben. Wir hatten Sprechkanons im Programm, eine interessante Improvisationsübung, Bodypercussion, und einiges mehr. Und, ich hab noch coole Ideen für die nächsten Jahre…
Es gab eine gute Mischung aus Registerproben (ca. 5 Kids pro Registerleiter) und Tuttiproben.
Wie ich aus meiner eigenen in ach so ferner Vergangenheit liegender Jugend noch gut in Erinnerung habe, ist auch die Zeit vor und nach der Probe sehr wichtig. Quatschen (Quatsch machen), sich kennenlernen und feststellen, dass man mit seinem Hobby, Musik machen, in einer großen „Community of nerds“ ist. Deshalb wurden auch die Pausen geschickt gesetzt.
Wir hatten das große Glück, das am selben Wochenende in Grießen im Blasmusikverband Hochrhein auch ein 1-1-1 stattfand. Da haben wir uns immer kleine Videos zur Motivation hin- und hergeschickt (per Facebook). Das war für die Kids natürlich auch cool, eine kleine Battle oder Challenge…”
Was war den Organisator:innen dieses Wochenendes wichtig und welche Ziele wurden damit verfolgt?
Joachim Pfläging: “Im großen Orchester Musik machen, sich über die Dorf- oder Stadtgrenzen hinaus kennenlernen. Spaß an und mit Musik haben, ein einprägsames und motivierendes Konzerterlebnis.”
Wie sah das musikalische Programm aus? Welche Stücke wurden gespielt? Und warum habt Ihr Euch für diese Werke entschieden?
Joachim Pfläging:
- Also sprach Zarathustra (auch in Rock) Manuskript
- Celtic Air and Dance Michael Sweeney
- Theme from Jurassic Park Arr.: Michael Sweeney
- Waterdrops come spring Richard L. Saucedo
- From now on Arr.: Paul Murtha
- Havana Arr.: Johnny Vinson
- The lion sleeps tonight Manuskript
Alle Werke sind im Grad 1-1,5. Sie repräsentieren fast die gesamte Bandbreite unserer geblasenen Musik. Schnelle und langsame Musik, Musical, Chart-Hits, Filmmusik, Konzertwerke. Sie klingen trotz einfacher Bearbeitung und reduzierter Instrumentierung sehr „erwachsen“.
Sieben Stücke mit einer Gesamtdauer von ca. 30 Minuten war schon etwas gewagt, besonders weil das bereits Anfang September bestellte „Celtic Air…“ erst am Donnerstagabend vor dem Wochenende ankam. (Hallo, Hal Leonard, schlaft ihr alle? )”
Welche Kosten sind entstanden und wie habt Ihr das Jugendwochenende finanziert?
Joachim Pfläging: “Alle Dozenten und Dirigenten haben ehrenamtlich gearbeitet, wir haben Förderung durch das Programm „Aufholen nach Corona“ beantragt und hoffen, dass wir diese bewilligt bekommen. Kosten entstanden „nur“ für Noten und Verpflegung.”
Wie viele Teilnehmer:innen waren dabei? Und wie war die Resonanz der Jugendlichen auf das Wochenende?
Joachim Pfläging: “Wir waren mit 54 Kids auf der Bühne. Einer der Teilnehmer musste in der darauffolgenden Schulwoche ein Gedicht verfassen. Das kam dabei heraus:
„Ob groß oder auch ob klein
Jeder liebt seinen Musikverein.
Und gemeinsam tun es alle
Beim 1-1-1 im Wiesentale
Diesmal man in Schönau sich traf
Dort übte man zwei Tage brav
Der Lohn der Arbeit so vieler Hände
War ein Beifall, da wackelten die Wände“
Was habt Ihr Euch für das Abschlußkonzert vorgenommen? Wie ist das Konzert beim Publikum angekommen?
Joachim Pfläging: “Das Konzert war der Hammer! Spielfreude pur!
Wichtig ist mir, dass „das perfekte Konzert” nicht das unbedingte Ziel des Wochenendes war, sondern „nur“ der Abschluss. Das Konzert war gleichzeitig der musikalische Auftakt zur Jahreshauptversammlung des allemannischen Musikverbandes und nicht nur das „normale“ Konzertpublikum, auch die Delegierten und das Präsidium des AMV waren begeistert.
Für die Kids war es natürlich ein besonderes Erlebnis ihr (teilweise erstes) Konzert vor mehr als 200 Zuschauern spielen zu können.”
Beim Projekt waren junge Musiker:innen aus vielen verschiedenen Musikvereinen dabei. Wie war die Zusammenarbeit mit und die Unterstützung durch diese Musikvereine? Welche Rolle spielte der Alemannische Musikverband AMV?
Joachim Pfläging: “Die Unterstützung vor allem durch die Ausbilder war wirklich super. Die Kids kamen alle gut vorbereitet in die erste Probe. So konnten wir uns sehr gut auch auf die anderen musikalischen Herausforderungen konzentrieren. Der AMV stand uns u.a. durch die Verbandslogistik gut zur Seite.”
Welche Tipps und Empfehlungen könnt Ihr Organisatoren geben, die in Zukunft auch so ein Projekt für die jugendlichen Musiker:innen der Region durchführen möchten? Was erscheint Euch bei der Organisation extrem wichtig?
Joachim Pfläging: “Ui, das ist Einiges.
Aber… Wir haben durch die Erfahrung von jetzt fünf 1-1-1 Wochenenden (3x in der Region Wehr, jetzt 1x in Schönau, 1x in Grießen) eine Checkliste und To-Do-Liste erarbeitet, die auch durch die Erfahrungen jedes neuen Wochenends erweitert und verbessert wird. So kann jeder, der so etwas oder Ähnliches plant auf eine große Community-Erfahrung zurückgreifen. Letztendlich ist es dann doch überschaubar.
Verteilt die Arbeit auf mehrere Schultern, sprecht miteinander, helft einander!”
Ein herzliches Dankeschön an Joachim Pfläging für das Teilen dieser tollen Idee und die Beantwortung der Fragen!