Randnotiz: Alkohol und Blasmusik

Dieser Beitrag ist komplett überflüssig. Denn, wenn es um den Konsum und den Verkauf von Alkohol geht, halten wir uns in den Musikvereinen in Deutschland an diese Regeln (kann in den anderen europäischen Ländern abweichen):

Jugendliche unter 16 Jahren: dürfen weder Alkohol kaufen noch in der Öffentlichkeit Alkohol konsumieren. Der Konsum von Alkohol in der Öffentlichkeit ist ihnen ab 14 Jahren nur gestattet, wenn sie in Begleitung eines Personensorgeberechtigten, z. B. Vater oder Mutter, sind.

Jugendliche ab 16 Jahren: dürfen Bier, Wein oder Sekt in der Öffentlichkeit trinken und kaufen – es sei denn, sie sind erkennbar betrunken. Getränke und Lebensmittel, die Spirituosen, also Hochprozentiges enthalten, dürfen sie weder konsumieren noch kaufen. Dies gilt nicht nur z. B. für Schnaps, sondern für alle Mixgetränke mit Spirituosen, auch dann, wenn der Alkoholgehalt nicht höher liegt als bei Bier oder Wein.

Doch auch wenn das Gesetz hier sehr eindeutig ist und sich die meisten Musikvereine bzw. Vereinsverantwortlichen auch strikt an die Regeln halten, gibt es immer noch Musikvereine, die es nicht so genau nehmen.

Oder, korrekter geschrieben: Es halten sich zwar nahezu alle an die Regeln, aber als Vorbilder in Sachen Alkohol taugen sie nicht. Es gibt beispielsweise immer noch Musikvereine, wo in den Proben Alkohol getrunken wird. „Wenn ich mein Schorle während der Probe nicht mehr trinken darf, komm‘ ich nimmer.“ Bei Sommerprogramm-Auftritten wird schon vor Beginn eine Halbe bestellt und bis zum Ende sammeln sich die Gläser und Flaschen auf der Bühne an. Am 1. Mai wird durch’s Dorf marschiert und nach 2 Stunden sind alle angeheitert, weil es überall schon frühmorgens Alkohol gibt. Wenn Präsente als Bedankung nach dem Konzert oder für Jubilare verteilt werden, was bekommen sie meist? Etwas Flüssiges mit Alkohol… Und nach dem Konzert wird gefeiert die ganze Nacht. Nicht mit Paulaner Spezi… Es gibt schlimme Geschichten von besoffenen Musiker:innen…

Von Beginn ihrer Karriere im Musikverein bekommen also die Jugendlichen mit: Musikverein und Alkohol gehört zusammen.

Wie wirkt das? Und vor allem, welches Bild geben die Musikvereine da in der Öffentlichkeit ab?

Ich möchte keinesfalls alle Musikvereine über einen Kamm scheren. Aber dazu aufrufen, sich in puncto Alkohol im Musikverein selbst zu reflektieren. Denn, wenn der Musikverein in der Gemeinde den Ruf eines „Schluckvereins“ hat, ist es sehr schwierig, diesen wieder loszuwerden.

Der Wunsch nach Kindern und Jugendlichen, die ein Instrument lernen und letztendlich im Musikverein musizieren, ist groß. Aber es gibt gewiss Eltern, die sich vom speziellen Ruf des Musikvereins abschrecken lassen.

Zwei Diskussionen, eine in einer Zukunftswerkstatt in einem Musikverein und eine bei einem Workshop Zukunft der Musikvereine mit Vereinsverantwortlichen aus einem Verband, sind mir zum Thema Alkohol im Musikverein noch in lebhafter Erinnerung.

In der Zukunftswerkstatt ging es um das Teambasierte Vereinsmanagement. Ein Musiker brachte den Punkt zur Sprache, wenn er einen Teamleiter-Job übernimmt und als Vorstand im Vereinsregister steht, würde er ja schließlich haften, wenn auf Grund von Alkoholgenuss von Jugendlichen unter 16 Jahren im Musikverein etwas passieren würde oder wenn eine Kontrolle käme. Mein Hinweis, dass hier das Gesetz eindeutig ist und wir uns sowieso dran halten müssen, wollte er nicht gelten lassen. Denn schließlich „wäre es ja die Realität, dass Jugendliche bei Festen trinken“. Nun, ja, wenn das so ist und wir es als Vereinsverantwortliche zulassen, dann hat man mit den Konsequenzen zu rechnen. Leider war die Person da nicht einsichtig.

Das zweite Beispiel kommt aus dem Workshop Zukunft der Musikvereine aus einer Vereinsverantwortlichen-Runde. Das Thema Alkohol kam auf und die Auswirkungen, wenn wir den Ruf haben, dass zu viel Alkohol getrunken wird. Ich machte darauf aufmerksam, dass das ein sensibles Thema ist, wenn wir die Jugendarbeit im Musikverein verstärken wollen. Ein Vorstand erzählte daraufhin, dass sich ein Vater bei ihm beschwert hätte, dass sein Sohn (gerademal 14 Jahre alt) im Musikverein kein Bier bekommen hätte… Tja, was sagt man als Dozentin dazu??

Einen weiteren Punkt möchte ich noch gerne zu bedenken geben. Achtet unbedingt in den Sozialen Medien darauf, dass ihr keine Fotos und Videos ins Netz stellt, auf denen die Follower sehen, dass übermäßig Alkohol genossen wird. Das kommt wirklich nicht gut und das Netz vergisst nichts…

Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass man als Person, die keinen Alkohol trinkt, im Musikverein schräg angeschaut wird. Für viele ist es ganz normal, dass in Gesellschaft Alkohol getrunken wird. Manchmal ist auch der Gruppenzwang sehr groß. Leute, die keinen Alkohol trinken, sind meist Einzelpersonen. Es gibt unterschiedliche Gründe, keinen Alkohol zu trinken. Ich trinke fast keinen Alkohol. Wenn, dann nur ein Schlückchen Wein zum Anstoßen bei einem guten Essen. Und das, ohne dass ich jemals ein Problem mit Alkohol gehabt hätte. Es gibt aber auch Musikvereine, da spielen trockene Alkoholiker mit. Das stelle ich mir sehr schwer vor. Der Unterschied ist: Ich habe gar keine Lust auf Alkohol, die trockenen Alkoholiker müssen sich davor bewahren.

Vor ein paar Jahren war ich auf dem Festival Woodstock der Blasmusik. Ich war mittags schon da und habe den Aufenthalt sehr genossen. Tolle Bands, hervorragende Blasmusik – meist traditionell oder poppig oder beides. Coole Feierstimmung. Aber gegen halb zehn abends habe ich es nicht mehr ausgehalten. Als gefühlt einzige Nüchterne unter lauter alkoholisierten Menschen, ja Menschenmassen, habe ich mich sehr unwohl gefühlt.

Wir Blasmusiker:innen haben den Ruf Bierzelt-Musik zu machen. Das machen viele Blaskapellen auch und das ist gut so. Aber das öffentliche Bild, das wir haben, trifft nicht auf alle Blasorchester zu. Und für die ist es ganz besonders schwer, nicht in die gleiche Schublade gesteckt zu werden.

Ich möchte mit diesem Beitrag keinesfalls den Zeigefinger heben. Nur auf das Thema aufmerksam machen und Euch sensibilisieren. Wenn ihr selbst eine Person seid, die sagt „ich lass mir doch mein Bier nicht vermiesen“, geht bitte in Euch und überlegt, ob es nicht vielleicht möglich ist, den Konsum einzuschränken, wenn Kinder und Jugendliche dabei sind. Wir sind Vorbilder. Und für Spaß und gute Laune haben wir die Musik. Wir brauchen den Alkohol nicht.

Eine kleine Anekdote aus meiner Verlagszeit bei De Haske zum Schluss: Die Redaktion hat in Zusammenarbeit mit Dizzy Stratford ein Play-Along-Buch mit verschiedenen modernen Stilen entwickelt. Das Cover zeigte einen Cocktail mit einem Cocktail-Glas, an dem Instrumente hingen. Die Zielgruppe des Buches: Kinder und Jugendliche. Wir Verkaufs- und Marketing-Leute haben uns vehement dagegen gewehrt – die Redaktionsleute waren nicht sehr einsichtig. Für den nicht-niederländischen Markt wurde die Play-Along-Ausgabe dann „Let’s Play“ genannt – als Titel eher 08-15, leider. Das Buch bekam auch ein anderes Cover, auch das nicht sehr ansprechend. Schade, denn die Play-Alongs sind richtig klasse…

Wie steht Ihr zum Thema Alkohol und Musikverein? Schreibt Eure Meinung gerne in die Kommentare!

Alexandra Link

Musik ist ein sehr wichtiger Bestandteil meines Lebens. Musizierende Menschen zusammen zu bringen meine Leidenschaft.

    10 thoughts on “Randnotiz: Alkohol und Blasmusik

    • 16. August 2023 at 22:49
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      Alkohol sollte für Kinder ein Tabu sein. Für Erwachsene sollte ein maßvoller Umgang Pflicht sein. Nach der Probe gerne in der Probe sollte man auf Alkohol verzichten wegen der Konzentration, was nicht bei allen Musikern gelingt. Leider ist das so. Ich könnte als Dirigent nichts an Alkohol konsumieren, da gute Probenarbeit nur ohne Alkohol geht.

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    • 16. August 2023 at 23:44
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      Das erste woran man merkt, dass jemand zu viel getrunken hat, ist dass derjenige anfängt zu lallen. Die Zunge wird dann langsamer. Schon aus dem Grund hat Alkohol in den Proben und erst recht auf der Bühne eigentlich nichts verloren. Ich brauch meine präzise Zunge, schon deshalb passen Alkohol und Blasmusik nicht zusammen. Ich hab mich als Dirigent echt schon ein paar mal darüber aufgeregt, dass wir so viel schlechter spielen, weil die halbe Mannschaft zu besoffen ist. Schon krass wie diese Droge die ganze Gesellschaft durchdringt.

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      • 27. Februar 2024 at 18:51
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        Wenn die halbe Mannschaft zu besoffen ist, um noch 3 saubere Töne zu spielen, dann läuft da wohl etwas vollkommen schief! Ich mache nun seit 50 Jahren Blasmusik in diversen Orchestern und Musikvereinen. Dieses Szenario ist mir allerdings noch nicht untergekommen …….

        Bei einer Konzertveranstaltung hat Alkohol auf der Bühne nichts zu suchen, bei einer Bierzeltveranstaltung darf es m.E. aber durchaus auch mal ein Glas Bier sein. Auch bei der Probe ist m.E. gegen eine Flasche Bier auf 2 Stunden Probe nichts einzuwenden. Bin derzeit in mehreren Vereinen aktiv und da hat an der Qualität der Musik ein Bier noch nicht zu Qualitätsverlusten in der Probe geführt. Sorry, wer da ein Problem mit der Intonation oder Konzentration hat, kommt dann wohl schon angeglüht zur Probe oder Veranstaltung oder ist eh ein mäßiger Musiker.

        Für Kinder und Jugendliche gilt grundsätzlich Alkoholverbot!

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    • 17. August 2023 at 7:56
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      Ich betreue morgens meine Kinder, nachmittags unterrichte ich, und da kommt es vor, dass ich mir dann doch um 22 uhr, nach der Musikprobe (dirigent!), ein oder manchmal 2 biere (0,33 l) gönne. Dies sollte schon möglich sein… wenn alle meine Musikanten sonst auch meinem Vorbild folgen (siehe oben), dann sind sie weiß Gott nicht so schlechte Menschen. Wir kommen als Verein ca. 100 x jährlich zusammen, wo Jung und Alt einem gemeinsamen Hobby frönen. Dabei geht es vielleicht bei 3-4 Treffen (4 %) auch mal gesellig (zugegebenermaßen mit Alkohol) her. Die restlichen 96 Male bleibt es bei dem einen bier (wer will und natürlich über 16…)… Dafür haben die Jugendliche eine mehr als sinnvolle Freizeiztbeschäftigung. Ich finde, dass wir als Verein also sehr nachhaltig zur Entwicklung von Jugendlichen beitragen. Ich habe in meiner 20jährigen Dirigententätigkeit keinen jugendlichen Musikanten erlebt, der zum Alkoholiker mutierte. Das Einzige Suchtverhalten, dass manche entwickelten, ist die “Musiksucht”. Diese “Süchtigen” sind jetzt Obmann, Jugendleiter etc… Ich verweigere mich, meinen Verein abzustempeln als Saufverein. Ich würde sogar soweit gehen zu behaupten, dass sich die Gesellschaft durchs Vereinswesen Unsummen an Geldern für Jugendarbeit und Suchtprävention erspart. Jugendliche erlernen, dass man einem einem gemeinsamen Ziel nur durch gemeinsamer Kooperation und durch viel Arbeit näherkommt. Sie lernen, dass gemeinsame Erfolge mehr Genugtuung verleihen als die ganze Evemthascherei. Außerdem kommen Jung und als zusammen und zudem pflegen wir eine der größten kulturellen Errungenschaften der Menschheit: die Musik. Und ich konnte nocht feststellen, dass Jugendliche ohne Vereine weniger Suchtmittel konsumieren; im Gegemteil: Gefühlt sogar mehr!

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      • 27. Februar 2024 at 18:54
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        Danke für diesen Post ……, genau den sozialen Aspekt gibt nämlich der Musikverein. Die Kinder und Jugendlichen hängen nicht auf der Straße ab und sind hier in der Regel mit verantwortungsvollen Menschen zusammen.

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    • 17. August 2023 at 12:31
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      Ich spiele in mehreren Vereinen, und meine Erfahrung ist: In manchen Kapellen wird mehrheitlich alkoholfrei getrunken, in anderen erreichen die Musiker ohne Bier noch nicht mal ihren Stuhl auf der Bühne. Entsprechend klingt die Musik dann auch. Gut, dass dieses Thema hier mal angesprochen wird.
      Wobei man das Rauchen sicher auch mal kritisch bedenken sollte.

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    • 18. August 2023 at 7:50
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      Sehr guter Artikel!
      Als trockener Alkoholiker finde ich mich sehr “häufig fehl am Platze”. Der Alkohol und Party ist oft wichtiger als das Musizieren, in Probe und Auftritt.
      Was meines Erachtens das wichtigste ist: Die musikalische Leistung lässt mit jedem Glas Alkohol nach. Die Präzision und Aufmerksamkeit lassen nach, Lautstärke, Tempo und Fehler nehmen zu. In unserem Verein hatten wir “dank Alkohol” erst vor Kurzem den schlechtesten Auftritt seit langem hingelegt. Ich hatte mich geschämt für den Verein!
      Und das ist noch schädlicher für das Image, als wenn die Bühne nach dem Auftritt voller Bierkrüge steht, weil schlechte musikalische Quailtät jeder im Publikum hört.
      Und in jedem Verein gibt es auch Musiker mit Alkoholproblemen. Das ist reine Statistik. In Deutschland gibt einen nicht vernachlässigbaren Anteil an Leuten mit Alkoholproblemen. Der Musikverein ist da auch 1 Puzzelteil auf dem Weg zum Alkoholiker. So auch passiert bei mir.

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      • 18. August 2023 at 7:53
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        Sehr herzlichen Dank, lieber Kommentarschreiber, für diese Bestätigung und Deinen offenen Text! Viele Grüße, Alexandra

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    • 20. August 2023 at 23:00
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      Wir praktizieren es so, dass die Regeln des Jugendschutzgesetzes streng angewendet werden. Alles andere lässt sich mit einer verantwortungsvollen Jugendarbeit nicht vereinbaren. In den Proben wird eher wenig Bier getrunken, bei den Auftritten hält es sich in Grenzen. Zu viel Bier ist ohnehin schlecht für die Leistung. Man kommt ja schließlich zum Musikmachen zusammen, nicht zum Biertrinken.

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    • 27. Februar 2024 at 19:18
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      Hallo, irgendwie bin ich arg verwundert über diesen Artikel, Frau Link …….

      Wenn ich das so lese, entsteht der Eindruck, alle Musikvereine sind ein Sammelbecken von Säufern und Alkoholikern. Aus meiner 50-Jährigen Erfahrung als Musiker -auch als Kind/Jugendlicher- und musikalischer Leiter in Orchestern und Musikvereinen kann ich Ihnen versichern, dass ich derartige von Ihnen beschriebenen Umstände nicht erlebt habe. Gerade auch der Umgang mit den Jugendlichen erfolgte stets äusserst verantwortungsbewußt und den Regeln des Jugensschutzes gemäß.

      Leute, die evtl. Probleme mit Alkohol haben gibt es leider in allen Gesellschaftsschichten und Lebenslagen ……. privat, im Verein und sogar am Arbeitsplatz. LEIDER!

      Liebe Frau Link, Sie schreiben, dass Sie mit Ihrem Beitrag keinesfalls den Zeigefinger heben wollen, tun dies jedoch sehr deutlich und scheren sogar alle Musikvereine regelrecht als Saufclubs über einen Kamm. Ein Bier auf einer 2-stündigen Probe macht keinen zum Alkoholgefährdeten und hat in den Vereinen in denen ich aktiv sein durfte nie der musikalischen Qualität geschadet. Derjenige, der ein Problem mit Alkohol hat, muss ja keinen trinken. Auf den Proben, an denen ich teilnehme, gibt es auch antialkoholische Getränke -insbesondere für die Jugend und den Antialkoholiker-.

      Ganz klar auch meine Meinung: Für Kinder und Jugendliche ist Alkohol im Musikverein tabu!

      Was ich für ein NO GO halte: Mein Antwortpost auf den Post von Julian Waibel wurde anscheinend nicht veröffentlicht, weil er nicht Ihrem Denkmuster entspricht. Das spricht dann allerdings für die Qualität dieses Blogs ……………

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