6 Fragen an Henning Klingemann zur Teilnahme des Modern Sound[s] Orchestra aus Seelze am DOW 2016
Und weiter geht es mit den „6 Fragen an…“ mit Henning Klingemann vom Modern Sound(s) Orchestra aus Seelze. Die Spannung und die Vorfreude auf den Deutschen Orchesterwettbewerb steigt!
Wie und wann hat sich Ihr Orchester für den DOW qualifiziert? Was waren die Voraussetzungen zur Teilnahme am DOW?
„Mein Orchester, das Modern Sound[s] Orchestra aus Seelze (bei Hannover), hat sich im Sommer 2015 bei der Teilnahme am niedersächsischen Orchesterwettbewerb in Rotenburg an der Wümme bei 36 °C auf der Wettbewerbsbühne für den DOW qualifiziert.
Die tatsächliche Teilnahme am DOW war nicht selbstverständlich, da – anders als beim letzten DOW in Hildesheim – der DOW nun einerseits mit Ulm eine lange Fahrt für uns bedeutet und andererseits unsere Wertungskategorie in der ersten Wettbewerbshälfte liegt, so dass sich alle Musikerinnen und Musiker ein Wochenende (um den 1. Mai mit vielen musikalischen Veranstaltungen in unserer Gegend) und 2-3 Arbeitstage frei nehmen müssen. Bedingung für die Teilnahme war für mich selbstverständlich auch, dass möglichst das gesamte Orchester mitkommt und wir nicht in mehreren Sätzen Aushilfen benötigen. Schließlich wollen wir unser Orchester präsentieren und zu unserer Leistung eine Rückmeldung bekommen. Umso mehr freut es mich, dass es durch den hohen persönlichen Einsatz meiner Musikerinnen und Musiker möglich ist, dass wir gut besetzt nach Ulm fahren können.“
Mit welchen Werken treten Sie in Ulm beim DOW an und warum haben Sie für Ihr Orchester gerade diese Werke ausgesucht?
„Wir werden als Pflichtstück die „Suite voor Harmonieorkest“ von Bob Vos spielen. Gerade im Bereich dynamischer Abstufungen ist dieses Werk eine große Herausforderung für mein Orchester und mich, daher ist es spannend und gewinnbringend für uns.
Als Wahlstück spielen wir „subTERRA“ von Daniel Weinberger. Ausgesucht haben wir dieses programmatische Werk einerseits, weil es einen starken Kontrast zum Pflichtstück bildet und andererseits, weil es sehr abwechslungs- und facettenreich ist. Bei diesem Werk erlebe ich immer wieder die Spielfreude meiner Musikerinnen und Musiker.
Beide Werke Zusammen repräsentieren sehr gut das Repertoire der Originalkompositionen des Modern Sound[s] Orchestra: eine gute Mischung aus klassischen und modern, programmatischen Werken.“
Was ist Ihnen in der Wettbewerbsvorbereitung besonders wichtig und wie bereiten Sie Ihr Orchester ganz speziell auf diesen wichtigen Wettbewerb vor?
„Besonders wichtig ist mir bei der Wettbewerbsvorbereitung, dass wir Zeit haben. Zeit, uns sehr intensiv mit zwei Werken auseinander zu setzen. Es ist eben nicht ein volles Konzertprogramm, das alle im Blick haben, sondern es sind „nur“ zwei Werke, auf die man sich intensiv konzentrieren, einlassen und an denen man möglichst viel entdecken kann. Gerade das aufeinander Hören und das Entdecken der anderen Stimmen, der Möglichkeiten die anderen Instrumentengruppen zu unterstützen und von ihnen unterstützt zu werden ist etwas, das Zeit braucht und zu wunderbaren Klangerlebnissen führt. Und diese Zeit können wir uns bei der Vorbereitung auf den DOW nehmen – vielleicht auch ein wenig mehr, als es sonst bei einem kompletten Konzertprogramm möglich ist.
Bei der Vorbereitung habe ich versucht möglichst zielgerichtet auf die Werke hin zu proben und dennoch losgelöste Übungen zu machen, die das Orchester auch darüber hinaus weiterbringen (beispielsweise im Bereich der Intonation und der Dynamik). Zusätzlich habe ich regelmäßig auch andere Werke mit in die Probenarbeit einfließen lassen, um die Proben dennoch abwechslungsreich zu gestalten.“
Welchen Stellenwert haben Wettbewerbe und Wertungsspiele einmal für Sie selbst und andererseits für die Musikerinnen und Musiker in Ihrem Orchester?
„Wertungsspiele haben für mich (und ich glaube auch für meine Musikerinnen und Musiker), sofern sie nicht zu häufig stattfinden, einen recht hohen Stellenwert und sind sehr sinnvoll. Zum einen bekommen wir, Orchester und Dirigent, eine gute Rückmeldung darüber, wo wir stehen und wie die Zusammenarbeit zwischen Dirigent und Orchester „funktioniert“ und woran man arbeiten sollte um sich musikalisch weiterzuentwickeln.
Zum anderen bekomme ich als Dirigent eine fachliche Rückmeldung über das Ergebnis meiner Probenarbeit, meine Interpretation und mein Dirigat.“
Was spricht Ihrer Meinung nach generell für Wertungsspiele bzw. Wettbewerbe, was dagegen?
„Die Bewertung von Musik mit Punkten ist ja grundsätzlich schon etwas skurril. Was nicht heißt, dass ich musikalische Wettbewerbe nicht sinnvoll finde, aber für mich ist das Messen miteinander in Form einer Platzierung nicht entscheidend. Wichtiger ist für mich, die intensive Auseinandersetzung mit zwei Werken und die Rückmeldung einer Fachjury zum Stand der gemeinsamen Arbeit mit Hinweisen zur Verbesserung.
Zusätzlich hat diese intensive und teilweise auch anstrengende gemeinsame Arbeit häufig auch eine besonders positive Auswirkung auf die Orchestergemeinschaft und das Miteinander im Orchester.
Gegen die Teilnahme an Wettbewerben spricht meiner Meinung nach etwas, wenn diese zu häufig stattfinden und ein Orchester nichts Anderes macht, als an Wettbewerben teilzunehmen. Ein Orchester braucht auch die Zeit Dinge umzusetzen und sich musikalisch weiter zu entwickeln. In den meisten Orchestern, so auch in meinem, gibt es auch Musikerinnen und Musiker, die meist aus beruflichen Gründen nicht mitfahren können oder einfach keine Lust auf Wettbewerbe haben. Für diese Musikerinnen und Musiker sind die Proben in der Vorbereitungszeit eher langweilig und führen häufig zu Demotivation, gerade weil ein Dirigent spätestens kurz vor dem Wettbewerb die Besetzung in den Proben braucht, die dann auch auf der Wertungsbühne sitzt. Für mein Orchester ist die Teilnahme am niedersächsischen Orchesterwettbewerb alle vier Jahre (und gegebenenfalls die Weiterleitung zum DOW im darauffolgenden Jahr) ein wunderbar passender Zeitraum, um an Wettbewerben teilzunehmen.“
Mit welchen Erwartungen gehen Sie und Ihre Musikerinnen und Musiker nach Ulm?
„Da mein Orchester und ich in den letzten Jahren intensiv an der Verbesserung unseres musikalischen Niveaus und unseres „Klangs“ gearbeitet haben, hoffe ich, dass wir es gemeinsam schaffen können alles in dem Moment des Vortrags abzurufen, woran wir in den letzten Wochen und Monaten gearbeitet haben. Wir erhoffen uns im Vergleich mit uns selbst eine Verbesserung der Punktzahl zum DOW 2012 in Hildesheim.
Von der Jury erhoffe ich mir eine faire Beurteilung und noch viel wichtiger eine konstruktive Rückmeldung zu unserem Vortrag.
Weiterhin hoffe ich, dass wir als Orchester einmal mehr ein tolles musikalisches Erlebnis haben werden und mit vielen Musikerinnen und Musikern aus anderen Orchestern ins Gespräch kommen können.“
Über das Modern Sound(s) Orchestra Seelze
Sechs Abiturienten gründeten 1994 das Jugendblasorchester Seelze. Das Orchester, 2001 in Modern Sound[s] Orchestra (MSO) umbenannt und seit 2008 von Henning Klingemann geleitet, umfasst heute 65 Musiker zwischen 18 und 60 Jahren und hat sich zu einem über die Grenzen von Hannover hinaus bekannten sinfonischen Blasorchester entwickelt. Höhepunkte der letzten Jahre waren die Neujahrskonzerte 2016 vor 1.200 Zuhörern, Auftritte in Delmenhorst im Rahmen der dk-Sommerkonzerte und bei den Special Olympics, ein Kirchenkonzert mit dem Opernsänger Stefan Adam sowie eine Orchesterreise nach China.
Das MSO steht für Konzerte mit einem modernen und vielfältigen Programm, bei denen es dem Publikum den Facettenreichtum und die Klangvielfalt sinfonischer Blasmusik näherbringen möchte. Das Repertoire reicht von Originalkompositionen über Transkriptionen klassischer Werke und Bearbeitungen aus den Bereichen Film, Musical, Rock und Pop bis hin zum Big Band Sound. Im vergangenen Jahr erhielt das MSO beim Niedersächsischen Orchesterwettbewerb neben dem Prädikat „mit hervorragendem Erfolg teilgenommen“ den Sonderpreis in der Kategorie „Interpretation zeitgenössischer Musik“.
Besonders stolz ist das MSO auf seine gelungene Nachwuchsarbeit. Mittlerweile gehören zum Verein auch ein Jugendorchester, ein Ausbildungsorchester, sowie das Projekt „Musik macht stark“, das bildungsbenachteiligten Kindern das Erlernen eines Instruments ermöglicht.
Über Henning Klingemann
Der Dirigent des Modern Sound[s] Orchestras, Henning Klingemann, wurde am 4. April 1979 geboren. Bereits im Alter von 6 Jahren erhielt er seinen ersten Musikunterricht (Akkordeon). Als Zehnjähriger begann er Querflöte spielen zu lernen und bald darauf kamen Klarinette und Klavier hinzu. Kurz vor dem Abitur legte er den Schwerpunkt auf das Saxofon mit dem Ziel, dies als instrumentales Hauptfach im Musikstudium zu belegen.
Nach seinem Abitur absolvierte er den Wehrdienst beim Heeresmusikkorps 1 in Hannover und begann 1999 eine Ausbildung zum Bankkaufmann. 2001 schloss er diese ab und studierte gymnasiales Lehramt mit den Fächern Musik und Mathematik. Im Fach Musik belegte er die Schwerpunkte Saxofon, Dirigieren, Klavier und Gesang. Zusätzlich besuchte er von 2006 bis 2008 erfolgreich den B-Lehrgang zur Leitung von Blasorchestern beim Rundfunk Blasorchester Leipzig. Dirigier-Unterricht bekam er bei den Professoren Frank Löhr, Lorenz Nordmeyer und Jan Cober, Hospitationen bei Eiji Oue, Sir Simon Rattle und Scott Lawton. 2007 begann er sein Referendariat an der Herschelschule Hannover, einem Ganztagsgymnasium mit Musikzweig, das er im Juli 2009 mit dem zweiten Staatsexamen abschloss. Schon während dieser Zeit leitete er das Oberstufenorchester und zahlreiche Bläserklassen. Seit August 2009 ist er als Lehrer an der Herschelschule tätig.
Er dirigiert seit 2007 das Blasorchester Burgstemmen und seit 2008 das Modern Sound[s] Orchestra Seelze. In seiner Arbeit als Dirigent ist ihm vor allem die Nähe zur Originalmusik wichtig: “Viele Arrangements sind so gemacht, dass die Titelmelodie das einzige ist, was vom Original erhalten geblieben ist. Gegenüber dem Original geht aber so vieles verloren. Mit einem Orchester wie dem MSO möchte ich ein wenig mehr Arbeit in ausgefeiltere, dichter am Original angesiedelte Arrangements stecken. Dabei können und sollten wir die Wurzeln der sinfonischen Blasmusik in Form von Originalkompositionen, beispielsweise von Gustav Holst, Ralph Vaughan Williams, Alfred Reed und vielen anderen, nicht aus den Augen verlieren.”
Für ihn ist es eine „reizvolle Aufgabe, mit einem ambitionierten Orchester wie dem MSO zu arbeiten.“ Sein Ziel ist dabei immer: beste Unterhaltung auf hohem Niveau.
Danke!
Herzlichen Dank an Henning Klingemann für die Beantwortung der Fragen zum Deutschen Orchesterwettbewerb. Dem Modern Sound(s) Orchestra viel Glück, Spaß und Erfolg in Neu-Ulm!
Den Wettbewerbsbeitrag des Modern Sound(s) Orchestra könnt Ihr am Montag, den 2. Mai um 15.10 Uhr im Edwin-Scharff-Haus in Neu-Ulm hören.
Morgen endet diese Reihe mit dem Beitrag von Bernhard Volk, dem musikalischen Leiter des Symphonischen Blasorchester Norderstedt. Leider konnte ich zum 10. Orchester in der Kategorie B.1, der Stadtkapelle Bad Griesbach, keinen Kontakt herstellen.
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