In Memoriam Franz Cibulka
Wieder müssen wir Abschied nehmen von einem, der sein Leben größtenteils mit und für die Blasmusik gelebt hat. Wiederum verlässt uns ein freundlicher, liebenswürdiger Zeitgenosse unserer Blasmusikwelt viel zu früh. Letzte Woche machte die Nachricht vom Tod des österreichischen Komponisten Franz Cibulka in Windeseile die Runde unter uns Musikern und Blasmusikern in den Sozialen Netzwerken. Wir alle hätten gerne noch mehr von ihm gehabt. Es bleibt uns sein Oeuvre von über 500 Kompositionen – nicht wenige davon für Blasorchester.
Ich selbst habe Franz Cibulka und seine Frau Eva erst 2008 in Groningen bei den niederländischen Brass-Band-Meisterschaften kennen gelernt, obwohl ich ihn vom Sehen her schon länger als jahrelanger Messebesucher der MidEurope her kannte. Er war als Juror in Groningen eingeladen, weil sein Werk Suite Montreux Pflichtstück war. Die Suite Montreux schrieb er als Auftrag für den Schweizer Brass Band Wettbewerb im Jahr zuvor.
Beim Recherchieren für diesen Beitrag habe ich mich durch einige seiner Werke gehört. Hängen geblieben bin ich an Tubaphonic, einem Konzert für Tuba und Sinfonischem Blasorchester. In diesem Werk ist alles drin, was ein Solowerk lebendig, groovie, jazzy und grandios macht. Sämtliche neue Techniken mit Singen, Beat-Boxing und vielem mehr verlangt Cibulka in diesem Werk vom Tubisten. Gefunden habe ich diese großartige Aufnahme mit Jon Sass als Solist und dem Konzertblasorchester der Bundeswehr unter der Leitung seines guten Freundes Walter Ratzek:
Typischer für ihn als Klarinettist ist sicherlich Clarinova, das er für Klarinettenensemble in verschiedenen Besetzungen und Blasorchester geschrieben hat. Hier eine Aufnahme für 2 B-Klarinetten, Bassetthorn und Bassklarinette plus Blasorchester:
Jemand, der Franz Cibulka von der „Klarinetten-Seite“ und als Komponist kannte, ist die österreichische Klarinettistin und Klarinettenpädagogin Michaela Arnhold. Sie eröffnet nun den Reigen der Freunde von Franz Cibulka, die ich um eine Würdigung und einen Nachruf gebeten habe.
„Ich durfte Franz Cibulka 2007 bei der Österreichischen Klarinettengesellschaft kennenlernen. Er hat stets mit viel Liebe zum Detail aus den Menschen das Bestmögliche herausgeholt. Seine Art zu proben und zu dirigieren haben mich sehr inspiriert. So konnte ich etwas von ihm in meinen Unterricht mitnehmen. Aber nicht nur als Musiker und Komponist war er feinfühlig, er war Mensch. Er ließ andere nie spüren, dass er etwas Besonderes ist. Ich lauschte gerne seinen Erzählungen von den Reisen ins hinterste Russland. Ja, Franz wurde zu einem Freund, dem ich gerne noch öfters zugehört hätte. Am 25.6. 2016 führte der Österreichische Klarinettenchor das letzte Werk Franz Cibulkas in Eisenerz auf…”Stille Gedanken”, welches er dem Betreuungsteam auf der Palliativstation im LKH Graz gewidmet hat. Ein sehr berührendes Stück.“
Michaela Arnold
Im Namen seiner Komponistenkollegen habe ich Otto M. Schwarz und Thomas Doss gebeten, einige Worte zu Franz Cibulka zu formulieren.
„Gedanken zu Franz Cibulka:
Ich traf Franz Cibulka zum ersten Mal bei der Mid Europe.
Ein liebenswerter Mensch und toller Kollege. Ich kann mich noch genau erinnern, als er meinen Kompositionsstil lobte und mich als jungen Komponisten sehr schätzte.
Ebenso werde ich nie seine Auftritte bei verschiedenen Konzerten vergessen, wo er sich über eine gelungene Aufführung wie ein kleines Kind freuen konnte.
Ein absolut großartiger Musiker und feinsinniger Komponist, der jeden Tag zu neuen Ufern aufbrach, ein Mensch mit großem Herzen, Verstand und großer musikalischer Sensibilität ist leider von uns gegangen. Er hat mich letzten Donnerstag, ein paar Tage vor seinem Tod noch angerufen und mich über den Status seiner Rechte nach seinem Tod befragt. Immer in Sorge um seine Familie, nie ein böses Wort und immer die anderen auf Händen tragend – so wird mir Franz in Erinnerung bleiben.
Sein vielseitiges Werk wird aber weiter bestehen, genauso wie die Erinnerung an diesen großartigen Komponisten und Menschen.“
Otto M. Schwarz
„Franz Cibulka hat sein Leben der Komposition in einer Leidenschaft verschrieben, wie ich sie noch bei kaum einen anderen gesehen habe!
Ein unglaublich fleißiger und enthusiastischer Künstler der aus seinem Talent wirklich etwas gemacht hat und es zu keiner Sekunde verschwendet hat.
Vor allem in dieser Hinsicht wird er mir ein Vorbild bleiben.
Der freundschaftliche Umgang mit den Kollegen und seine liebenswürdige, wertschätzende Art mir gegenüber bleibt mir genauso unvergessen wie die schier unzerbrechliche Bindung zu seiner lieben Frau die ihn so oft begleitet hat.
Wir hatten fast bis zuletzt Kontakt und er hat, denke ich, sehr tapfer gekämpft. Egal wo er jetzt ist, wird er diesen Ort mit seinem Wesen bereichern.
Ich trauere um ihn und wünsche seiner Frau und Familie viel Kraft in diesen schweren Stunden.“
Thomas Doss
Im Orchestral Art-Musikverlag sind zwei der Werke von Franz Cibulka erschienen. Der Verleger Walter Weinzierl erinnert in seinem Text für Franz Cibulka an seine weiteren Werke für Blasorchester:
„Franz Cibulkas UA des Konzerts für Tubaquartett und Blasorchester, aufgeführt 2004 bei der MIDEUROPE vom Junction Tubaquartett und dem sinfonischen Blasorchester der Deutschen Bundeswehr, war die Initialzündung für mein großes Interesse an der Musik Cibulkas.
Dieser unglaubliche „Flash“ in der brütend heißen Dachstein Tauernhalle ist mir bis heute in bester Erinnerung.
Bei den Probenvorbereitungen zu „Über Nacht unter Tage“ intensivierte sich der Kontakt zu Franz, ich durfte einen herzlichen, dankbaren, aber auch bescheidenen Menschen kennenlernen, der sich über jede hochwertige Aufführung sehr freute.
Als die Entscheidung anstand, an wen die Auftragskomposition „50 Jahre voestalpine Blasorchester“ vergeben werden sollte, gab es keine Frage, dass Franz Cibulka für diese Aufgabe gewonnen werden sollte. So entstand „Ferrum“, 2008 uraufgeführt.
Seitdem standen wir immer in Kontakt, einmal mehr, einmal weniger. Manchmal ärgerte er sich, dass viele seine „Tonsprache“ nicht verstanden – oder verstehen wollten, dass er in der Gegenwartsblasmusik in Österreich nicht in dem ihm zustehenden Maße reüssieren konnte.
Weltweite Einladungen zu Konzerten seiner Kompositionen und Auftragswerken kompensierten jedoch etwas diesen Umstand und stimmten ihn zuversichtlich und glücklich.
So ist leider noch immer zu befürchten, dass nicht alle wissen, welch großer Verlust Franz Cibulka für die österreichische (Blas)musik ist.
Es bleibt zu hoffen, dass viele Orchester, besonders in Österreich, das Andenken an Franz Cibulka nachhaltig pflegen werden. Ich jedenfalls bin dankbar, diesen großartigen Menschen und Komponisten kennengelernt zu haben.
Er wird uns fehlen.“
Walter Weinzierl
Der langjährige musikalische Leiter der MidEurope in Schladming und Chefdirigent der Bayerischen Polizeimusik Johann Mösenbichler ist nicht nur ein Freund von Franz Cibulka, er hat ihm auch immer wieder bei der MidEurope in Schladming ein Podium zur Verfügung gestellt und somit die Werke Franz Cibulkas einem breiten Fachpublikum näher gebracht:
“Prof. Mag. Franz Cibulka ist am 27. Juni 2016 Verstorben.
Ja, es ist eine sehr, sehr traurige Nachricht!
Franz und ich hatten sowohl menschlich als auch musikalisch sehr viele übereinstimmende Berührungspunkte und ich hatte das Glück einige seiner Kompositionen aus der Taufe zu heben, bzw. interpretieren zu dürfen.
Noch vor wenigen Wochen hatten wir telefonischen Kontakt und er war überaus positiv gestimmt: „Es geht jetzt steil bergauf“ waren seine Worte zur Verabschiedung. Der nun doch sehr schnelle Tod hat mich daher noch schmerzlicher getroffen und mich auch persönlich sehr betroffen gemacht.
Seine wunderbare Musik hat schon so vielen Menschen Kraft und Energie gegeben. In seinen Kompositionen war immer etwas Besonderes enthalten. Getragen von melodischer Sensibilität und rhythmischer Komplexität verstand er es immer wieder neue und zukunftsweisende Elemente und Klangfarben zu erschaffen. Dadurch entwickelte sich ein ganz individueller Stil.
Sein Schaffen wurde international hoch geschätzt und er hat sich weit über die österreichischen Grenzen hinaus große Anerkennung, Beachtung und vor allem Wertschätzung durch seine wunderbare Musik, aber auch durch seinen unermüdlichen Fleiß erarbeitet.
Die Musik von Franz Cibulka wird bleiben und damit ist er weiterhin unter uns!
Das Kulturland Steiermark und das Musikland Österreich haben einen Visionär, der unermüdlich für die Anerkennung der konzertanten Blasmusik gekämpft hat, verloren.
Ich persönlich habe darüber hinaus auch einen lieben Freund verloren. Die inhaltsreichen Diskussionen über Musik, über das Sein und das Leben, über Werte werde ich nie vergessen. Meine höchste Wertschätzung dem Menschen und Musiker Franz Cibulka. – Danke, dass ich dich kennen durfte!
In großer Dankbarkeit, Demut und Anerkennung für Franz!”
Johann Mösenbichler
Sehr persönlich ist auch der Nachruf von Helmut Hubov, dem Stadtmusikdirektor von Stockach. Er war Franz Cibulka in jahrelanger musikalischer Freundschaft verbunden.
„Lieber Franz, ich schaue dankbar und mit Wertschätzung zurück und erinnere mich an viele gemeinsame Begegnungen mit Dir und Deiner lieben Frau Eva.
Unsere erste Begegnung in Schaffhausen……. Du mit einer großen Tasche voller Partituren die Du mir geschenkt hast……. ein Mensch mit vielen Ideen und Plänen, ein sehr positiver, lebensfroher und herzensguter Mensch.
Wir hatten beide die gleiche Wellenlänge, als würden wir uns schon eine Ewigkeit kennen.
Im Rahmen der AVANT ART Serie in Stockach habe ich dann 2009 ein Franz Cibulka Komponistenportrait unter dem Motto AVANT ART MEETS CIBULKA organisiert.
Ich habe Deine Stücke mit Elekronik aufgeführt, Du und Eva waren zu Gast bei mir und meiner Familie und der Konzertabend war ein wunderbares Erlebnis.
Deine Art zu komponieren – weg von dem alltäglichen „Mainstream“ – hat mir sehr gut gefallen und mich auch veranlasst, Dich zu fragen, zum 300 – jährigen Jubiläum der Stadtmusik Stockach ein Auftragswerk zu komponieren. Ja, und was für ein großartiges Werk ist entstanden.
Die Rhapsodie Nr. 4, „zugeschnitten“ auf die Besetzung meines Stadtorchesters.
Die Uraufführung fand dann auch in Deiner Anwesenheit am 7. Mai 2011 in Stockach statt.
Auch hier hatten wir wieder eine ausgesprochen schöne Zeit zusammen.
Du hast mich mit Deiner Freundschaft reich beschenkt und dafür danke ich Dir von ganzem Herzen.
Dein großartiges Wirken hinterlässt Spuren.
Du und Deine Musik werden in uns allen weiterleben.
Ba, ba Franz
Dein Helmut“
Helmut Hubov
Ein Freund, der die letzten Tage von Franz Cibulka bei ihm verbracht hat, ist Walter Ratzek, der ehemalige Chefdirigent des Konzertblasorchesters der Bundeswehr. Walter Ratzek hat viele Werke von Franz Cibulka mit verschiedenen Orchestern und auch am Klavier, doch hauptsächlich mit dem Konzertblasorchester aufgeführt. Die Freundschaft zu Franz Cibulka lässt Walter Ratzek in seinem Nachruf aufleben:
„Ein großartiger Freund, Mensch, Komponist, Lehrer, Dirigent und Klarinettist hat sich für immer verabschiedet. Ich durfte ihn die letzten Tage begleiten, eigentlich wollten wir zu viert Urlaub machen.
Er hatte noch so viele Pläne und akzeptierte seine Krankheit bis zum Schluss nicht. Noch eine Woche vor seinem Tot hat er der Stationsleitung (Palleativstation des LKH Graz) aus Dankbarkeit für die fürsorgliche Betreuung die Komposition Stille Gedanken/Sehnsucht gewidmet mit terminierter Uraufführung im November. Feierlich hatte ich das Ganze am Klavier begleitet. Ebenso wurden gleich Termine für Proben und Konzert des Warschauer Konzertes mit ihm am Pult im Dezember festgeschrieben.
Bis zum Schluss hatte er seinen Humor nicht verloren. Im Kreise seiner lieben Frau Eva, Familie und Freunden erinnerte er humorvoll immer wieder an so manche musikalische, als auch private Begebenheit.
Seine Musik ist ganz sicher nicht “mainstream” und unterscheidet sich auch in den Kompositionen für Blasorchester wohltuend von der sogenannten originalen sinfonischen Blasmusik. Er war in der Lage sowohl sehr einfach, als auch komplex zu komponieren ohne seinen persönlichen Stil aufzugeben. Bei Auftragswerken hatte er immer auch die Ausführenden und deren Möglichkeiten in Betracht gezogen. In den über 500 Werken finden sich so ganz unterschiedliche Besetzungsformen und spieltechnische An- und Herausforderungen vom Sinfonischen Orchester über Blasorchester, Brass-Band, elektronische Musik, kammermusikalische Besetzungen auch mit Solist(en) oder auch Sprecher. Selbst ein komplettes Konzert mit ausschließlich Werken von ihm war niemals eintönig, sondern überaus spannend und abwechslungsreich. Dies gelang nicht nur mit professionellen Orchestern. Im Werkschaffen von Cibulka gibt es noch vieles Interessantes zu entdecken.
Magister Franz Cibulka war seit 2002 freischaffender Komponist, nachdem er bis dahin als Professor für Klarinette, Kammermusik und Musiktheorie am Johann Joseph Fux Konservatorium in Graz lehrte. Er saß täglich über viele Stunden am Computer, getrieben von einer inneren Unruhe, und schien die Musik einfach nur aufzuschreiben. Befragt nach seinem Vorgehen oder Konzept beim Komponieren äußerte er einmal sinngemäß: “Ich fange immer vorne an zu komponieren. Die Werke entwickeln sich dann wie von selbst. Sie fangen an zu leben.”
Eine seiner umfangreichsten Kompositionen wird im Oktober in Vilnius (Litauen) uraufgeführt: via crucis – die Vertonung des Kreuzweges für Orchester, Chor und Solisten nach Texten von Walter Schaufler.
Das Werk wird eine geschätzte Aufführungsdauer von 45′ – 50′ haben.
Lieber Franz Du lebst in Deinen Kompositionen weiter. Wir werden Dich immer in guter Erinnerung behalten.“
Walter Ratzek
Da ich selbst Franz Cibulka nicht sehr gut gekannt habe bin ich sehr froh, Menschen für diesen Beitrag gefunden zu haben, die ihm freundschaftlich jahrelang verbunden waren. Sie bringen uns Franz Cibulka als Komponist, Musiker und Dirigent näher.
Erst der Tod von Franz Cibulka hat mich dazu gebracht, mich intensiver mit seinen Werken auseinanderzusetzen und vieles von ihm anzuhören. Auch ich möchte Euch seine Werke empfehlen und lege Euch die Aufnahmen, die auf seiner Homepage http://www.artofcibulka.com/, auf Youtube und in itunes zu finden sind, ans Herz. Er ist nicht mehr unter uns, er hat uns aber seine Musik hinterlassen und viele Werke, die es wert sind aufgeführt zu werden. In der Tonsprache war er vielleicht seiner Zeit etwas voraus – es ist spätestens jetzt an der Zeit, dass seinen Werken mehr Platz in den Konzertprogrammen bei den Blasorchestern dieser Welt eingeräumt wird.
Die Trauerfeier für Franz Cibulka findet am Donnerstag, dem 07. Juli 2016 um 14.00 Uhr in der Pfarrkirche Graz-St.Veit, Österreich statt.
Seiner Frau Eva und seiner Familie meine herzliche Anteilnahme und viel Kraft in dieser schweren Zeit. Ich hoffe, dass die Familie Trost in der Tatsache findet, dass Franz Cibulka nicht nur in ihren Herzen sondern auch in seiner Musik weiterlebt.
Ein herzliches Dankeschön an Michaela Arnhold, Otto M. Schwarz, Thomas Doss, Walter Weinzierl, Johann Mösenbichler, Helmut Hubov und Walter Ratzek für die sehr emotionalen und berührenden Beiträge. Ein spezieller Dank nochmals an Walter Ratzek für die zur Verfügungstellung der Fotos.
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