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Von FotografInnen und KomponistInnen

„Jeder kann ein Fotograf sein, sofern er eine Kamera hat, diese bedienen kann und sich mit Photoshop auskennt“!??

Spätestens seit Einführung der digitalen Fotografie haben es ausgebildete Fotografen bzw. Meister des Fotografenhandwerks zunehmend schwerer, sich auf dem Markt zu behaupten. Selbst Profi-Ausrüstung ist für Hobby-Fotografen heutzutage zu erschwinglichen Preisen zu bekommen. Zum Unglück vieler professionellen Fotografenbetriebe ist im Jahr 2004 auch noch die Meisterpflicht gefallen. Bemühungen, diese im Jahr 2019 bzw. 2020 wieder einzuführen, sind gescheitert.

Zur 2019 gewollten Wiedereinführung ist auf der Plattform profifoto.de zu lesen:

„Seit Abschaffung der Meisterpflicht (im Jahr 2004) stieg die Zahl der als Einzelkämpfer gewerblich tätigen Fotografen von rund 1.000 auf rund 14.000!“

Und weiter ist im Artikel zu lesen:

„Eine Rückkehr zur Meisterpflicht für Fotografen stellt einen Eingriff in das Grundrecht der Berufsfreiheit dar, wie es sie in keinem anderen Land in- und außerhalb der Europäischen Union gibt.
Einen solchen Grundrechtseingriff würde nur eine Gefahr für Leib und Leben Dritter in Folge mangelnder Ausführung von fotografischen Arbeiten rechtfertigen. Dieser Fall ist in der Praxis nicht vorstellbar.
Für Fotografen ist die Wiedereinführung des Meistervorbehalts daher nicht sinnvoll.“

Jeder kann also Fotograf sein, der sich so nennt. Ob sich ein ungelernter Fotograf ohne Meisterbrief gegen einen Fotografenmeister auf dem Markt durchsetzt, hängt allein von seiner Qualität und dem Preis ab. Der Markt entscheidet. Den Satz „Mit dem richtigen Equipment und etwas Übung kann ein Foto von einem ungelernten Fotografen genauso gut sein wie von einem Fotografenmeister“ wird ein Meister mit seiner jahrelangen Ausbildung und Erfahrung verneinen. Ob das wirklich so ist, oder man sich das Fotografenhandwerk auch „nebenberuflich“ durch Lesen, Ausprobieren, Fortbildung und letztendlich einfach durch das Tun an sich beibringen kann, wenn man nur genug Eigenmotivation hat? Wie schon oben geschrieben: Letztendlich entscheidet der Markt, bzw. der Kunde, ob er den Fotografenmeister wählt oder den Hobby-Fotografen, der sich eigenständig fortgebildet hat und seine Dienste gewerbsmäßig anbietet.

„Jeder kann ein Komponist sein, sofern er ein Instrument hat, dieses spielen kann und sich mit einem Notationsprogramm auskennt“ !??

Der Beruf des „Komponisten“ war noch nie geschützt. Nirgendwo steht, dass man nur Komponist sein darf, wenn man eine entsprechende Ausbildung, also ein Kompositionsstudium, vorweisen kann. Mit der Fortentwicklung von Computern und Einführung der Notationsprogramme haben wir ähnlich wie bei den Fotografen eine Schwemme von Komponisten in unserer Blasorchester-Szene erlebt. Und wer einen Kopierer oder Digitaldrucker hatte, wurde gleichzeitig noch Verleger.

Mit den Komponisten sehe ich es ähnlich, wie bei den Fotografen. Natürlich ist es möglich, ohne Kompositionsstudium Kompositionen zu schreiben. Durch Lesen, Hören, Partituren anderer studieren, Ausprobieren, Fortbildung und letztendlich einfach durch das Tun an sich. Allerdings nicht für jedermann, aber für Musiker mit einer langjährigen Instrumentalausbildung. Was alle Komponisten – mit und ohne Studium – in der Regel haben. Und sicher kann es ein Komponist ohne Studium auch schaffen, erfolgreich mit seinen Werken zu werden. Aber ganz ehrlich: Ich denke, eine Komposition ist sehr viel komplexer als ein Foto. Und vor aller Kreativität, Individualität und vor allem Ehrgeiz steht doch wirklich zuerst das Lernen des kompositorischen Handwerks!

Der Blasmusikmarkt ist durch seine Anzahl an Orchestern / Ensembles theoretisch begrenzt (nicht aus globaler Sicht, deshalb ‚theoretisch‘). Es entscheidet jedoch immer der Markt, welche Werke gespielt werden und welche nicht.

Wer ist „der Markt“? Letztendlich ist „der Markt“ nicht in erster Linie die Summe der Blasorchester, sondern diejenigen, die für ihr Blasorchester die Werke aussuchen: die DirigentInnen. Gute DirigentInnen haben gelernt, anhand der Partitur die Spreu vom Weizen zu trennen. Sie erkennen gute bzw. gut gemachte Werke, wissen, was für ihr Orchester spielbar ist, haben einen Plan für die Konzertgestaltung und verstehen es, ihr Orchester für die gewählte Partitur zu begeistern. Gut ausgebildete DirigentInnen sind der Schlüssel für erfolgreiche Blasorchester. Deshalb ist die Dirigentenaus- und -fortbildung auch so wichtig. Die Qualität eines Blasorchesters steht und fällt mir dem/der DirigentIn. Dies gilt für die musikalische Seite, aber auch im Zusammenspiel mit der Organisation, der Jugendausbildung und der Gemeinschaft bzw. Kameradschaft. Ein/e gute bzw. gut ausgebildete/r DirigentIn stellt somit eine Investition in die Zukunft des Orchesters dar.

In der Szene höre ich immer wieder Klagen von Komponisten, dass ihre Werke nicht verkauft werden. Oft werden dafür Gründe „von außen“ angegeben: Es gibt zu viel Literatur, manche Verlage sind zu mächtig, usw. Das ist jedoch nur eine Betrachtungsweise.

Wenn eine Komposition von den DirigentInnen nicht ausgewählt wird, gibt es eine ganze Reihe von möglichen Gründen:

  • Sie ist handwerklich nicht gut
  • Sie ist nicht originell, kreativ bzw. speziell, hat keine eigene Klangsprache und/oder imitiert ein schon vorhandenes Werk / schon vorhandene Werke
  • Sie gefällt dem/der DirigentIn bzw. der Musikkommission nicht
  • Der/Die DirigentIn ist nicht in der Lage, die Qualität des Werkes anhand der Partitur zu bewerten
  • Sie passt nicht ins jeweilige Programm des Blasorchesters
  • Sie ist zu leicht oder zu schwer für das jeweilige Blasorchester

Wenn ein/e DirigentIn ein Werk eines Komponisten nicht kennt, gibt es diese Gründe zur Auswahl:

  • Der/Die DirigentIn informiert sich nicht regelmäßig über Neuerscheinungen
  • Der/Die DirgentIn recherchiert nicht gründlich genug und erweitert nicht permanent seine Repertoirekenntnisse
  • Der/Die KomponistIn knüpft im Markt keine eigenständigen Netzwerke
  • Dem/Der VerlegerIn fehlt es in den Bereichen Netzwerken, Marketing und Verkauf an den nötigen Kompetenzen

Bitte beachtet: Je mehr Transkriptionen und Bearbeitungen gespielt werden, desto weniger Kompositionen werden gespielt. Die Plätze auf den Konzertprogrammen der Blasorchester sind begrenzt.

Verbände werden bei der Entwicklung von neuem Repertoire dringend gebraucht (Kompositionswettbewerbe und -aufträge). Sie sind aber niemals für den Verkauf eines Werkes verantwortlich. Das sind allein der/die KomponistIn und sein/ihr Verlag.

Die Aufgabe des Komponisten ist die Erstellung von qualitativ guten, kreativen, einzigartigen und handwerklich einwandfreien Werken. Außerdem das Netzwerken mit DirigentInnen, Orchestern und Verbänden.

Die Aufgabe des Verlages ist die ganzheitliche Betreuung des Komponisten / der Komponistin, die Herstellung und die Bereitstellung des Notensatzes der Werke für den Verkauf, das Marketing, der Verkauf und selbstverständlich auch das Netzwerken mit DirigentInnen, Orchestern und Verbänden. Das Oevre des Komponisten ist immer als Ganzes zu sehen und der Komponist steht immer im Mittelpunkt. Welche Komponisten in sein Verlagsprogramm passen und wer dafür eine Ergänzung und Bereicherung ist, entscheidet der / die VerlegerIn.

So mein Verständnis aus meiner mehr als 30-jährigen beruflichen Erfahrung in der Blasmusikszene und der Musikbranche.

Alexandra Link

Musik ist ein sehr wichtiger Bestandteil meines Lebens. Musizierende Menschen zusammen zu bringen meine Leidenschaft.

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