Die Bläserklasse für Erwachsene im Stadtorchester Winsen / Luhe
Ein Interview mit Jan Krüger
Mit einigen Praxisbeispielen möchten wir Euch hier auf dem Blasmusikblog.com das Ausbildungskonzept Bläserklasse für Erwachsene näherbringen. Neben der obligatorischen Jugendarbeit im Musikverein entdecken immer mehr Musikvereine das Potential, das in der Zielgruppe der Erwachsenen liegt. Es gibt viele Menschen, die “schon immer mal Saxophon spielen” lernen wollten. Oder eben überhaupt ein Musikinstrument. Und dann gibt es viele, die in ihrer Jugend ein Blas- oder Schlaginstrument gelernt haben, es dann aber irgendwann in jüngeren Jahren aufgehört haben. Es ist auch nicht selten, dass Blasmusiker:innen Lust haben, ein zweites Instrument zu lernen. Zum Beispiel Tuba, weil im Musikverein dringend eine Tuba gebraucht wird. All diese Menschen sind in einer Bläserklasse für Erwachsene mit zusätzlichem Einzel- oder Kleingruppenunterricht sehr gut aufgehoben. Über die verschiedenen Konzepte, Vorteile und Herausforderungen könnt Ihr Euch in der Beitragsserie Bläserklasse für Erwachsene informieren. Die komplette Übersicht über die Serie findet Ihr am Ende des Interviews.
Was hat Euch bewogen, eine Bläserklasse für Erwachsene ins Leben zu rufen, wann habt Ihr begonnen und welche Ziele möchtet Ihr erreichen?
“Nachdem wir zehn Jahre lang eine Kooperation mit einem Gymnasium hatten und dort in den Klassen 5 und 6 jeweils zweijährige Arbeitsgemeinschaften für eine Bläserklasse angeboten hatten, stellten wir fest, dass sich Jahr für Jahr weniger Jugendliche dazu entschlossen, nach der AG im Musikverein weiter zu machen. So haben wir 2015 das Konzept umgestellt und in Zusammenarbeit mit der örtlichen Musikschule erstmals eine Bläserklasse für Erwachsene angeboten. Aktuell läuft die dritte „BfE“ mit zwölf Teilnehmenden. Aus den ersten beiden Durchläufen sind nahezu alle Anfängerinnen und Anfänger in das Vereinsorchester übergetreten.”
Wie sieht das Konzept Eurer Bläserklasse für Erwachsene aus? Wer ist für die Organisation und wer ist für die musikalische Ausbildung am Instrument verantwortlich? Welche (Kooperations-)Partner sind beteiligt? Wie sieht der Unterricht im Einzelnen aus?
“Wir bieten Interessierten zunächst ein Instrumentenkarussell an, um persönliche Wünsche mit den Bedarfen des Orchesters zu harmonisieren. Durch den Verein werden bei Bedarf Mietinstrumente zur Verfügung gestellt. Den Instrumentalunterricht erhalten die Schülerinnen und Schüler bei der örtlichen Musikschule, mit der wir dazu eine Kooperation geschlossen haben. Wie bei Bläserklassen üblich, starten die Orchesterproben nahezu parallel zum ersten Instrumentalunterricht. Diese Orchesterproben werden im Musikverein durchgeführt. Im Unterricht wird vorrangig das Material genutzt, das wir auch in den Orchesterproben der „BfE“ nutzen (Essential Elements). So gibt es keinen Bruch in der Methodik. Gegen Ende des ersten Jahres werden zusätzlich erste einfache Arrangements aus dem Repertoire des Hauptorchesters mit einbezogen, sodass dann auch gemeinsame Proben und ein musikalisches Kennenlernen des „großen“ Orchesters stattfinden kann.”
Was waren die besonderen Herausforderungen vor dem Start des Projekts Bläserklasse für Erwachsene und welche Schwierigkeiten gibt es im laufenden Betrieb?
“Wichtig war uns, einen verlässlichen Partner für die Unterrichtsgestaltung zu finden. Ohne die Kooperation mit der Musikschule hätten wir als Verein dafür individuell Lehrkräfte verpflichten müssen, was für uns einen enormen Verwaltungsaufwand bedeutet hätte. Im laufenden Betrieb ist die Herausforderung – wie bei Bläserklassen mit Kindern und Jugendlichen auch – die Gruppe gemeinsam weiterzuentwickeln. Im zweiten Jahr werden Lernunterschiede sehr deutlich. Dann gilt es, individuell Maßnahmen zu verabreden, damit die Gruppe möglichst geschlossen den Anschluss ins Hauptorchester findet.”
Wo liegen für Euch die Vorteile der Bläserklasse für Erwachsene und welche Auswirkungen hat sie für Euer Hauptorchester?
“Die Vorteile liegen aus unserer Sicht darin, dass es Erwachsenen leichter fällt, in einer Gruppe Gleichgesinnter noch einmal etwas Neues anzufangen. So ist eine strukturierte Nachwuchsgewinnung über verschiedene Altersstufen möglich. Hinzu kommen die bekannten Vorteile, die das Bläserklassenkonzept ohnehin bietet. Für das Hauptorchester bedeutet dies natürlich, alle zwei Jahre eine ganze Gruppe neuer Erwachsener – musikalisch wie sozial – in das Orchester zu integrieren. Bislang hat das aber sehr gut funktioniert und wurde als Gewinn für alle wahrgenommen.”
Gibt es jemanden in Eurer Bläserklasse für Erwachsene, der gerne ein paar Sätze zu seinen eigenen Erfahrungen für diesen Beitrag schreiben möchte?
Susanne Wenck-Waldau, 2015 Teilnehmerin der ersten BfE und seitdem als Posaunistin im Musikverein: “Mich hat die Idee überzeugt, gemeinsam in einer Gruppe Erwachsener mit dem Musikmachen zu beginnen. Durch unsere Kinder hatten wir schon viele Jahre Musikinstrumente im Haus, aber ich fand nie den Weg, mich allein bei einer Musikschule anzumelden und für mich Unterricht zu nehmen. Über die Bläserklasse für Erwachsene, in der dann auch mein Mann gemeinsam mit mir angefangen hat, habe ich den Weg in ein Orchester gefunden und bin seitdem glücklich, in der Gemeinschaft musizieren zu können.”
Herzlichen Dank an Jan Krüger, Dirigent des Stadtorchesters Winsen / Luhe, für das Beantworten der Fragen und an Susanne Wenck-Waldau für ihren Erfahrungsbericht.
Übersicht über die Beitragsserie Bläserklasse für Erwachsene
Die Bläserklasse für Erwachsene im Stadtorchester Winsen / Luhe
Die Bläserklasse für Erwachsene in der Stadtkapelle Zweibrücken
Die Bläserklasse für Erwachsene der Stadtkapelle Buchloe
Die Bläserklasse für Erwachsene der Trachtenmusikkapelle Neukirchen am Großvenediger
Pingback: Blasmusikblog Rückblick & Ausblick… – Blasmusik