6 Fragen an Bernhard Volk vom Symphonischen Blasorchester Norderstedt zur Teilnahme am DOW 2016
Mit Bernhard Volk vom Symphonischen Blasorchester Norderstedt endet die kleine Reihe „6 Fragen an…“ zum DOW 2016.
Diese Reihe kommt extrem gut bei den Lesern des Blasmusikblog.com an – die Zahlen der „Views“ belegen dies. Ein herzliches Dankeschön für alle positiven Rückmeldungen, die ich per Mail erhalten habe!
Nun aber zu den Antworten von Bernhard Volk:
Wie und wann hat sich Dein Orchester für den DOW qualifiziert? Was waren die Voraussetzungen zur Teilnahme am DOW?
„Beim Landesorchesterwettbewerb Orchestrale, der am 3. + 4. Oktober 2015 in Hamburg stattfand, nahm das Symphonische Blasorchester Norderstedt am Wertungsspiel in der Höchststufe teil und erzielte das Ergebnis „mit hervorragendem Erfolg teilgenommen“ und damit den 1. Preis in der Kategorie Blasorchester mit Harmoniebesetzung. Die drei Jury-Mitglieder vergaben 24 von möglichen 25 Punkten für das Pflichtstück „Suite voor Harmonieorkest“ von Bob Vos sowie die Wahlstücke „Aurora Awakes“ von John Mackey und „Awayday“ von Adam Gorb.
Ich bin sehr stolz, dass wir damit das hervorragende Ergebnis von vor vier Jahren wiederholen konnten. Verbunden mit der Auszeichnung war die Weiterleitung zum Deutschen Orchesterwettbewerb in Ulm.“
Mit welchen Werken tretet Ihr in Ulm beim DOW an und warum hast Du für Dein Orchester gerade diese Werke ausgesucht?
„Siehe oben.
Ich halte es für sehr wichtig, sehr intensiv nach möglichen Stücken für den DOW zu suchen. Dafür benötige ich in etwa ein Jahr an Recherche und beginne direkt nach dem vorangegangenen DOW. Eine kluge Stückauswahl ist per se schon ein wichtiger Punkt der Wertung, auch wenn das nicht in der Wertungsordnung formuliert ist. Stücke, die schon sehr bekannt sind und oft gespielt werden, halte ich für keine gute Wahl. Dazu ist mir wichtig, dass die Dramaturgie des Wettbewerbsvortrags in sich schlüssig ist und in etwa einem kurzen Konzert gleicht. Nur unglaublich schwer, virtuos, harmonisch kompliziert und bombastisch im Klang ist langweilig. So ist in unserem Programm das Pflichtstück eher der klassische, kammermusikalische Teil. Aurora Awakes hat eine wunderschöne, sehr ruhige und epische Einleitung, wird dann klanglich und rhythmisch sehr interessant im schnellen Teil und endet mit großen Entwicklungsphasen strahlend hell. Ich habe auch noch nicht gehört, dass dieses Stück des äußerst talentierten jungen Komponisten John Mackey in Deutschland schon mal aufgeführt worden ist. Awayday – eines der komplexesten Stücke, was Zusammenspiel und Rhythmus angeht – ist dann so etwas wie die Zugabe, ein Rausschmeißer voller Spielfreude. Es vereint in beispielloser Weise schwierigste technische und rhythmische Ansprüche und klingt dabei ganz simpel, unbeschwert und gut gelaunt.
Damit ist das Programm nicht nur sehr anspruchsvoll, sondern auch abwechslungsreich, interessant und kurzweilig für das Publikum.“
Was ist Dir in der Wettbewerbsvorbereitung besonders wichtig und wie bereitest Du Dein Orchester ganz speziell auf diesen wichtigen Wettbewerb vor?
„Die Vorbereitung auf den DOW muss genau auf das Profil des Orchesters zugeschnitten sein. Ich bin mir sicher, dass hier jedes Orchester einen eigenen spezifischen Weg finden muss. Das SBN ist ganz anders strukturiert wie etwa eine Stadtkapelle mit angeschlossener Musikschule und anderen gut organisierten und etablierten Strukturen.
Da wir in der Regel nur in unserem Probenraum und unserem städtischen Konzertsaal TriBühne Norderstedt spielen, versuchen wir vor dem Wettbewerb in anderen Räumlichkeiten zu spielen, um zu trainieren, sich auf ungewohnte akustische und räumliche Situationen einzustellen. So wechseln wir noch 2x den Probenraum und haben 2 Wochen vor dem Wettbewerb ein Gemeinschaftskonzert mit dem Musikkorps der Bundeswehr in der Hamburger Musikhalle (Laeiszhalle), die akustisch besonders kniffelig ist.
Außerdem hat es sich sehr bewährt, die Wettbewerbsstücke schon sehr früh einzustudieren, zwischendurch ruhen zu lassen und dann immer wieder Möglichkeiten zu finden, Teile des Programms wiederholt aufzuführen. Am Ende ergibt sich so der nötige Raum, um immer weniger Fokus auf Grundvoraussetzungen wie Technik, Intonation, Balance und Zusammenspiel legen zu müssen und an der musikalischen Interpretation, der Präsentation und der Spielfreude zu arbeiten.“
Welchen Stellenwert haben Wettbewerbe und Wertungsspiele einmal für Dich selbst und andererseits für die Musikerinnen und Musiker in Deinem Orchester?
„Speziell der DOW ist vor allen Dingen ein tolles soziales, gemeinschaftliches Erlebnis. Die Qualifikationsphase, der 4-jährige Turnus und der Austragungsort mit Anreise und Übernachtungen macht ihn zu etwas ganz Besonderem. Für uns stellt er immer ein Highlight dar, für das wir gerne einiges an zusätzlichem Aufwand und Engagement investieren.“
Was spricht Deiner Meinung nach generell für Wertungsspiele bzw. Wettbewerbe, was dagegen?
“Wettbewerbe sind eine wunderbare Gelegenheit, über den eigenen Tellerrand hinauszublicken. Zu leicht gewöhnt man sich an die üblichen heimischen Gegebenheiten und Ansprüche. Wettbewerbe ermöglichen immer wieder neue Betrachtungsweisen der eigenen Arbeit, der eigenen Strukturen und bringen neue Impulse und eine große Portion Motivation mit sich. So lange der reine Wettbewerbsgedanke, der Druck gut abzuschneiden oder gewinnen zu wollen nicht überwiegt, man sich die Wettbewerbe genau aussucht und nicht zu oft daran teilnimmt, spricht gar nichts dagegen.”
Mit welchen Erwartungen gehen Du und Deine Musikerinnen und Musiker nach Ulm?
“Wir freuen uns auf ein schönes gemeinsames Erlebnis. Der DOW in Hildesheim 2012 hallt und wirkt immer noch sehr positiv nach. So ein besonderes Ereignis wollen wir gerne wiederholen. Der Wettbewerbsehrgeiz ist gezündet, aber in erster Linie wollen wir uns gut präsentieren und mit uns selbst zufrieden sein. Wenn wir zeigen können, dass unser letztes sehr gutes Ergebnis kein Zufallstreffer war, sondern wir uns auf diesem Niveau etabliert haben, wäre das eine tolle Sache.”
Über das Symphonische Blasorchester Norderstedt
Das Symphonische Blasorchester Norderstedt (SBN) gehört zu den besten Amateurblasorchestern in Deutschland. Gegründet wurde es im Jahre 1974 von achtzehn engagierten Musikern und Musikerinnen als Bläserkreis Norderstedt. Das daraus entstandene Symphonische Blasorchester Norderstedt ist heute auf rund 70 aktive Musiker und Musikerinnen angewachsen und bildet gemeinsam mit dem Nachwuchsorchester JuBlaNo sowie der Fishhead Horns Big Band den Musikverein Norderstedt e.V.
Unter der Leitung von Dirigent Bernhard Volk präsentiert das SBN u. a. drei Mal jährlich bei Konzerten in der Norderstedter TriBühne sein Repertoire, das von anspruchsvoller, zeitgenössischer symphonischer Blasmusik über Filmmusik und Musicals bis hin zu hochwertigen Arrangements klassischer Werke reicht. Für sein künstlerisches Schaffen erhielt das Orchester 2009 den Kulturpreis der Stadt Norderstedt. Im Oktober 2015 qualifizierte sich das Ensemble in Hamburg zum wiederholten Male für den Deutschen Orchesterwettbewerb, der im Mai 2016 in Ulm ausgetragen wird. Mit großer Spielfreude und Musikalität sowie tiefer Emotion will das Symphonische Blasorchester Norderstedt dort an seinen Erfolg aus dem Jahr 2012 anknüpfen und die Jury und das Publikum überzeugen.
Über Bernhard Volk
Schon während der Schulzeit erhielt Bernhard Volk seine umfassende musikalische Ausbildung. Mit sieben Jahren begann er, im Blasorchester mitzuspielen. Es folgte ein Studium an der staatlichen Hochschule für Musik in Karlsruhe mit den Fächern Musikpädagogik und dem Hauptfach Orchester- und Chorleitung, im Anschluss folgte ein Aufbaustudium zum Kapellmeister in Stuttgart. Beide Studien schloss er mit Auszeichnung ab.
Daneben unterrichtete er Klarinette, Saxophon, Klavier, Musiktheorie, musikalische Früherziehung und leitete das Streich- und das Blasorchester seiner Musikschule.
Bernhard Volk dirigierte mehrere Orchester und nahm als musikalischer Leiter des Markgräfler Verbandsblasorchesters mehrere CDs auf. Darüber hinaus arbeitete er als Gastdirigent bei verschiedenen professionellen Symphonieorchestern und symphonischen Blasorchestern. Vom deutschen Musikrat und von der Richard Wagner Stiftung erhielt er Stipendien zur weiteren Fortbildung. Seit 1991 ist er regelmäßig Dozent bei Seminaren und Kursen für Blasmusikverbände und nimmt an zahlreichen Blasorchesterwettbewerben teil.
Unter anderem war er 1995 Assistent des Komponisten und Dirigenten Johan de Meij beim Blasorchesterprojekt “Musik und Kultur für andere e.V.” in Waldkirch.
Seit April 1997 arbeitet Bernhard Volk hauptberuflich in Musicaltheatern. Nach zweijähriger Anstellung als Assistent des Musikalischen Leiters wurde er 1999 Musikalischer Direktor am Theater Neue Flora in Hamburg. In dieser Funktion war er verantwortlich für die Produktionen Das Phantom der Oper, Mozart!, Titanic und Tanz der Vampire. Ab 2006 folgten dann in gleicher Funktion Dirty Dancing, Ich war noch niemals in New York, Sister Act, Rocky und Liebe stirbt nie – Phantom II im Operettenhaus. 2010 und 2012 war er erfolgreich mit “Best of Musical” in ganz Deutschland unterwegs. Durch seine Arbeit am Musicaltheater trifft er auf Persönlichkeiten wie Maury Yeston, Leonore Bernstein, Michael Kosarin, Alex Timbers, Stephen Flagherty, Simon Phillips, Andrew Lloyd Webber.
Nach seinem Umzug nach Hamburg schien seine Leidenschaft, das Blasorchester, mit einem Mal auf den Urlaub und einige verlängerte Wochenenden beschränkt. Umso erfreuter war er, als er erfuhr, dass das Symphonische Blasorchester Norderstedt einen Dirigenten suchte. Seit Herbst 2002 leitet Bernhard Volk nun das Symphonische Blasorchester Norderstedt musikalisch.
Das Orchester profitiert sehr von seinen ausgeprägten musikpädagogischen Fähigkeiten, von seiner Erfahrung als Dirigent, insbesondere auch als Dirigent anderer Blasorchester, und die Musiker schätzen seine effektive, stets ausgeglichene und humorvolle Art.
Danke!
Ein herzliches Dankeschön an Bernhard Volk für die Beantwortung der Fragen zum DOW 2016. Viel Glück und Erfolg mit dem Symphonischen Blasorchester Norderstedt! Den Wettbewerbsbeitrag des SBN könnt Ihr am Sonntag, den 1. Mai um 16.50 Uhr im Edwin-Scharff-Haus in Neu-Ulm hören.
Auf Bernhard Volk freue ich mich besonders! Er war der erste Dirigent des Sinfonischen Verbandsblasorchester Markgräflerland, das ich 1991 mitgegründet habe und in dem ich heute noch mitspiele! Wir teilen viele schöne und gute gemeinsame Erinnerungen, nicht nur mit dem VBO sondern auch von drei Orchesterwochen in Waldkirch und Emmendingen (Benefiz – Musik und Kultur für andere). Ganz besonders freut es mich, dass er unser VBO im Oktober wieder einmal dirigiert: Zum 25-jährigen Bestehen des Markgräfler VBO wird es ein Jubiläumskonzert mit allen drei Dirigenten, also ihm, Hans-Peter Blaser und Helmut Hubov geben.
Zur Information für Herrn Volk und zur Richtigstellung: Aurora Awakes von John Mackey wurde in Deutschland bereits aufgeführt. Etwa das LandesJugendBlasOrchester Rheinland-Pfalz präsentierte das Stück im Herbst 2014 in der Deutschen Staatsphilharmonie Ludwigshafen und dem SWR-Studio Kaiserslautern unter Stefan Barth. (Einen Eindruck davon bietet diese Aufnahme: https://www.youtube.com/watch?v=yw8kvc1mJ7s)
Ich wünsche Herrn Volk und dem SBO Norderstedt dennoch viel Erfolg beim DOW!
Beste Grüße
Leon Ory