40+ Möglichkeiten um junge Musiker:innen aus unseren Musikvereinen zu vergraulen
Bei diesem Beitrag möchte ich mich nicht mit fremden Federn schmücken… Die Liste der 40+ Möglichkeiten, junge Musiker:innen zu vergraulen, stammt nicht von mir. Sie ist ein Ergebnis eines Allegro con Fuoco – Das musikalische Speed-Dating©, das ich kürzlich beim Jugendreferent:innen-Tag im Salzburger Blasmusikverband durchgeführt habe.
Auf die Frage: „Was können wir in unseren Musikkapellen tun, um die jungen Musiker:innen zu vergraulen?“ wurden folgende Antworten auf die Papiertischdecke geschrieben:
- Alleine lassen – Überforderung
- Langeweile (Fadheit) – Unterforderung
- Keine Gespräche
- Zu strenge Führung
- Nur Musik, keine Freizeit
- Fehlender Anschluss
- Leistungsdruck / Überforderung
- Die Namen nicht kennen
- Schlechte Fehlerkultur
- Fehlende Aufstiegschancen
- Schlechte Kameradschaft
- Keine Integration
- Keine Ansprechperson
- Keine eigene Entscheidung über Instrument (Schlagzeug, usw.)
- Schlechte Kommunikation
- Mobbing – Yes!
- Hierarchisches Denken im Register
- Runtermachen
- Ständiges Kritisieren
- Fehlende Gleichaltrige
- Überforderung
- Alteingesessener Verein
- Kein Verständnis (Schule etc.)
- Keine jugendangepassten Veranstaltungen!
- Keine Vorbereitung
- Keine Unterstützung
- Keine Jugendarbeit
- Sinnlose Kritik
- Alleine lassen
- Kein Gesprächsaufbau
- Keine Akzeptanz
- Vertrauensbrüche
- Zu viel Zeitaufwand
- Keine konstruktive Kritik
- Ignoranz
- Schlechtes Instrument
- Keine passenden außermusikalischen Aktivitäten
- Nichts zutrauen, nicht fordern
- Keine passende / ordentliche / neue Tracht
- Zu oft allein im Register
- Kein ordentliches Instrument – fehlende finanzielle Unterstützung
- Alleine Vorspielen / bloßstellen
- Blöde Arbeiten: Tombola oder Klodienst
- Keine Aufgaben
- Mehr „sinnlose“ Ausrückungen
- Keine Aufstiegschancen
- Jungmusikern wird nichts zugetraut
- Schlechte Stück-Auswahl
- Ausgrenzen
Warum veröffentliche ich diese Liste hier? Um auf humorvolle Weise uns allen die Wichtigkeit klarzumachen, dass wir unsere jungen Musikerinnen und Musiker auf wertschätzende Weise in unseren Musikvereinen begrüßen, dass wir ihnen den Start im „großen Orchester“ erleichtern und sie mit positiver, respektvoller und verständnisvoller Art in unseren Reihen aufnehmen sollten. Wir haben selbst eventuell schon längst vergessen, wie hilflos und verloren wir uns in der ersten Probe im Erwachsenen-Orchester gefühlt haben. Wir müssen uns jedoch nur in uns selbst hinein versetzen, wie es uns ergangen ist und was wir uns selbst beim Start ins „richtige“ Blasmusiker:innen-Leben im Großen Blasorchester gewünscht hätten, um richtig zu agieren. Die Jugend ist unsere Zukunft. Sie stellt den Fortbestand unserer Musikvereine sicher. Geben wir der Jugend die nötige Unterstützung, den Respekt und das Verständnis, das sie braucht. Und darüber hinaus: Entfachen wir das Feuer, die Motivation und Begeisterung für die Blasmusik in den jungen Musiker:innen durch unser eigenes Verhalten, Sprechen und Tun! Wir sind Vorbilder.
Beim Jugendreferent:innen-Tag im Salzburger Blasmusikverband kam in der Diskussion eine sehr interessante Frage auf’s Tableau: Warum haben der Obmann/die Obfrau (= der/die 1. Vorsitzende) und die Dirigent:in in der Gemeinde ein höheres Ansehen als die Jugendreferent:in (Jugendleiter:in)?
Eine Frage, auf die wir keine vernünftige Antwort gefunden haben. Ein bisschen zeigt das, dass in unserer Gesellschaft das hierarchische Denken noch sehr weit verbreitet ist. Es sitzt so tief in uns drin. Wie beispielsweise auch die Phrase „Einer muss den Hut auf haben“ zeigt. Wer steht in der Gemeinde „für den Musikverein“? Der 1. Vorsitzende. Warum? Weil es schon immer so war.
Jugendreferent:innen bzw. Jugendleiter sind in der Regel zwar Vorstandsmitglieder, zählen aber nicht zum geschäftsführenden Vorstand. Im Teambasierten Vereinsmanagement gibt es keinen „Jugendleiter“. Hier ist ein gleichberechtigter „Vorstand Jugend“, (Bereichsmanager Jugend, Ressortleiter Jugend, oder wie auch immer man den Vorstandsposten Jugend nennen möchte) vorgesehen. Gleichberechtigt zum Vorstand Organisation, Vorstand Verwaltung, Vorstand Musik, Vorstand Musik und Vorstand Marketing. Ja, genau Marketing. In den meisten Musikvereinen auch ein unterrepräsentierter und unwichtiger Bereich innerhalb der Vorstandschaft. (siehe Beitrag Warum das Marketing im Musikverein immer wichtiger wird)
Die Aufgaben, die eine gute Jugendarbeit im Musikverein ausmachen, sind sehr vielfältig. Von der Akquise der Kinder und Jugendlichen, über die Ausbildung (Organisation der Ausbilder, Abzeichen, außermusikalische Aktivitäten, u. v. m.), die Jugendensembles wie Bläserklasse, Kinderorchester, Jugendorchester bis hin zu den Jugendlichen in unseren Musikkapellen bzw. Blasorchestern, gibt es unendlich viel zu tun. So viel, dass es für eine:n Jugendleiter:in, selbst wenn diese eine:n sogenannten „Stellvertreter“ hat, viel zu viel ist!!!! Hier braucht es ein Team von Leuten, die sich insgesamt um die Jugendarbeit kümmern.
Und: Es braucht sehr viel mehr Unterstützung von uns „Alten“. Denn: Jeder im Musikverein hat ein Interesse daran, dass auch in Zukunft noch links und rechts von ihm jemand sitzt und musiziert! Ich erlebe es in Zukunftswerkstätten immer wieder, dass die Musiker:innen im Musikverein gar nicht wissen, was in der Jugendarbeit so alles läuft. Immer wieder höre ich, dass die Musiker:innen des eigenen Orchesters nicht zu den Vorspielen und Konzerten der jungen Generation kommen.
Die Möglichkeiten, die jungen Musiker:innen zu vergraulen, die oben aufgelistet sind, kommen nicht aus der Luft. Sie sind keine Erfindung und entspringen nicht der Phantasie der Jugendreferent:innen im Salzburger Blasmusikverband. Es sind Erfahrungen, die gemacht wurden und werden! Denkt mal darüber nach…
Wie es richtig geht, wissen wir. Und die Jugendreferent:innen im Salzburger Blasmusikverband selbstverständlich auch. Jedoch fehlt manchmal die nötige Unterstützung bzw. die „Manpower“, um eine optimale Jugendarbeit im Musikverein zu leisten.
Auf die Frage: „Willkommenskultur: Was können wir als Jugendleiter tun, dass sich die Neuankömmlinge in unseren Blaskapellen wohl fühlen?“ wurden folgende Ideen auf die Tischdecke geschrieben:
- Willkommenspaket / -heft
- Tracht, Ausrückungsplan, Ansprechpartner, usw.
- Elterngespräche
- Notenmaterial vorab
- Fehler sind okay
- Integration außermusikalisch
- Gefühl der Zugehörigkeit vermitteln!
- Einbinden ins Vereinsleben
- Kontinuierlicher Austausch
- Registerproben
- Vorbereitete Übe-Portionen (nicht gleich alles auf einmal)
- Wertschätzende Begrüßung
- Wertschätzung der erbrachten Leistungen
- Interesse an aktuellem Ausbildungsstand
- Auf Wünsche eingehen
- „keiner ist fehlerfrei!“
- Leitfaden
- Registerausflug
- Patenschaften
- Buddy
- Pate
- Challenges
- Wettbewerbe
- guter Registerführer
- Miteinander von Jung und Alt
- Gemeinschaftsspiele (z. B. Tischfußball, …)
- Jungmusiker-Brief
- Gastauftritte
- Schnupperproben
- Noten-Mappe etc. vorbereiten
- Gemeinsam üben
- Kindertaxi
- Richtiges Maß an Fordern und Fördern
- Willkommen heißen
- Godi (Pate)
- Vorstellung
- Namenschilder für alle Musiker in den ersten Proben
- Mithelfen
- Außermusikalische Aktivitäten
- (echtes) Speed-Dating
- Vor Eintritt schon zu Aktivitäten/Festen (Weihnachtsfeier etc.) einladen
- Ausflüge
- Vorstellen der MK im Allgemeinen – Tag der offenen Tür – öffentlich Proben (gute Organisation wichtig)
- Rituale in der ersten Probe
Über die Willkommenskultur habe ich bereits diesen Beitrag veröffentlicht: Integration von jungen Musikern im Musikverein – Willkommenskultur.
Übrigens: Allegro con Fuoco – Das musikalische Speed-Dating© ist immer dann ideal, wenn große Gruppen zielgeführt diskutieren und Ideen generieren möchten.
Hervorragend geeignet für:
- Musikvereine bzw. Blasorchester, die sich einen Abend lang einmal Gedanken über die Zukunft, die Ziele, die Ausrichtung und die Verbesserungsmöglichkeiten machen möchten.
- Jugendleiter-Treffen (Jugendreferent:innen-Treffen) in Blasmusikverbänden.
- Zur Auflockerung von Hauptversammlungen von Blasmusikverbänden.
- Treffen von Dirigent:innen und Vereinsverantwortlichen in Blasmusikverbänden.
- Immer dann, wenn viele Musiker:innen aus unterschiedlichen Musikvereinen zusammen kommen um zielgeführt zu diskutieren.
Für das Allegro con Fuoco – Das musikalische Speed-Dating© brauchen wir etwa 2,5 – 3 Stunden Zeit. Richtig gut geeignet ist Allegro con Fuoco – Das musikalische Speed-Dating© ab ca. 40 bis ungefähr 120 Personen.
Wer Interesse an einem Allegro con Fuoco – Das musikalische Speed-Dating© hat, kann sich gerne bei mir melden: alexandra@kulturservice.link oder +49 (0) 171 3588300. Passgenau auf Eure Wünsche und die Ziele der Veranstaltung gestalte und moderiere ich für Euch das Allegro con Fuoco – Das musikalische Speed-Dating©. Selbstverständlich bekommen alle Teilnehmer:innen danach eine schriftliche Dokumentation der Arbeitsergebnisse.