Warum das Marketing im Musikverein immer wichtiger wird

Marketing im Zusammenhang mit dem Musikverein klingt für manche etwas seltsam. Kommt der Begriff doch eher aus der Unternehmenswelt… Brauchen wir das? Für was soll das gut sein? Reicht es nicht, wenn wir „Öffentlichkeitsarbeit“ machen?

Meist gibt es in den Vereinen eine/n sogenannte/n Schriftführer:in, die für die „Öffentlichkeitsarbeit“ zuständig ist. Oder im besseren Fall einen „Referenten bzw. Beisitzer für Öffentlichkeitsarbeit“. Der Begriff „Öffentlichkeitsarbeit“ ist für mich allerdings etwas zu eng für das, was heute in der Außendarstellung des Musikvereins tatsächlich notwendig ist.

Es ist bei allen Musikvereinen nur allzu gut bekannt, dass wir uns in einem hart umkämpften Freizeitmarkt behaupten müssen. Erschwerend kommt hinzu, dass vor dem Applaus jahrelanger Unterricht, tägliches Üben und stundenlanges Proben kommt. Und wir müssen heutzutage nicht nur attraktiver als beispielweise jeder Turn- und Sportverein und jedes Fitnessstudio sein, sondern auch mit den heimischen Bildschirmen aller Art und Inhalt konkurrieren. Gefühlt kommt außerdem eine Mehrbelastung in Schule und Beruf hinzu, die davon abhält, zu musizieren. Inwieweit auch die Pandemie zu einem geänderten Freizeitverhalten geführt hat, können wir noch nicht abschließend sagen. Kurzum: Wir müssen uns in den Musikvereinen sehr viel mehr überlegen um uns „behaupten“ zu können als „früher“. Mehr, als jeweils vor dem Konzert Flyer, Plakate und Pressemitteilungen zu erstellen. Wir müssen uns ständig zeigen und präsentieren. Und das auch noch mit einem hohen Qualitätsanspruch. Qualität in unserer Musik, der Jugendarbeit, der Organisation und in der Stärkung der Gemeinschaft.

Trotz ausgeklügelten und dadurch auch attraktiven Ausbildungskonzepten, zum Beispiel mit Bläserklassen in Kooperation von Musikverein mit (Grund-)Schule und Musikschule, wird es immer schwieriger, Kinder dazu zu animieren, ein Blas- bzw. Schlaginstrumenten zu lernen. Es gibt immer weniger Kinder. In manchen Gemeinden nicht genügend Neubaugebiete für junge Familien. Besonders schwierig ist es außerdem, Eltern, die selbst kein Instrument spielen, davon zu überzeugen, dass Musizieren in der Gemeinschaft eine absolute Bereicherung für ihr(e) Kind(er) ist. So haben wir es bisher auch kaum geschafft, Kindern und Jugendlichen aus Familien mit Migrationshintergrund unsere Blasmusikkultur näher zu bringen.

In den letzten beiden Jahren konnten wir kaum Werbung für neue Bläserklassen bzw. überhaupt für das Erlernen eines Instruments machen. Hier sind dringend gute Ideen gefragt, wie wir diese Kinder, die wir in dieser Zeit nicht gewinnen konnten, doch noch überzeugen können, ein Instrument bei uns zu lernen.

Corona hat den Trend verstärkt, dass die Musikvereine schrumpfen. In jedem Ort, jeder Stadt, jeder Gemeinde muss es theoretisch ein Heer von Leuten geben, die irgendwann einmal ein Musikinstrument gelernt haben. Meines Erachtens ein großes Potential um das wir uns – mit Konzept – bemühen sollten.

Die fördernden Mitglieder „sterben“ uns weg. Überall höre ich von sinkenden Zahlen fördernder Mitglieder. Wir können selbstverständlich diesen Trend nicht aufhalten. Sterben gehört zum Leben. Ich sehe aber kaum Bemühungen in den Vereinen, neue fördernde Mitglieder zu gewinnen. Fördernde Mitglieder sind unsere besten Kunden: Wenn sie gehegt und gepflegt werden, zahlen sie nicht nur einen Jahresbeitrag, sondern kommen zu unseren Veranstaltungen (konsumieren da natürlich auch), sie unterstützen uns bei unseren Festivitäten und Arbeitseinsätzen und lassen dann auch mal den ein oder anderen Schein in die Spendentuba fallen. Für diese Art von „Kundenbetreuung“ braucht es jedoch auch Personen in unseren Musikvereinen, die sich um die fördernden Mitglieder und die permanente Akquise kümmern.

Nicht zuletzt haben wir auch immer mehr Mühe, unsere Konzertsäle voll zu bekommen (falls sie denn überhaupt einmal voll waren). Einerseits braucht es hier kreative Veranstaltungskonzepte, andererseits natürlich die entsprechende Bewerbung. Ich habe schon mehrmals hier auf dem Blasmusikblog in Frage gestellt, ob unsere sogenannten „Jahreskonzerte“ mit Fruchtsalat-Programmen (von allem etwas) ohne Konzept und rotem Faden und ohne überraschende, visuelle Momente in Zukunft das Publikum noch von zuhause fort lockt…

Ihr seht, es gibt viel zu tun…

Zur Erfüllung all dieser Aufgaben stehen uns glücklicherweise mittlerweile jede Menge Medien zur Verfügung: Printmedien wie Gemeindeblatt, Tageszeitung, Wochenblätter, Online-Veranstaltungsplattformen, unsere Website und Social-Media-Kanäle. Außerdem können (und müssen) wir Videos, Flyer, Plakate, Banner, Beachflags, Roll-Ups usw. zur Außendarstellung erstellen. Aber wir brauchen auch Leute, die all diese Aufgaben erledigen und diese Medien auch für unsere Werbemaßnahmen nutzen. Es ist klar, so wie früher funktioniert das alles nicht mehr. Ein Schriftführer allein kann diese Aufgaben nicht bewältigen. Ebenso wenig übrigens, wie ein einziger Jugendleiter heutzutage die komplette Jugendarbeit wuppen kann. Oder es bleibt einiges auf der Strecke… was dem Musikverein in keinster Weise gut tut.

Wie eingangs schon geschrieben, gibt es in den meisten Musikvereinen nur eine Person, die sich um die „Werbung“ kümmert. Vielleicht noch jemanden, der die Homepage erstellt hat (jedoch kaum zu Aktualisierungsmaßnahmen kommt). Und einer der Vorstandsmitglieder postet gelegentlich etwas, weil er zufällig einen privaten Facebook- und/oder Insta-Account hat und sich deshalb etwas auf diesen Plattformen auskennt. Von einer strukturellen permanenten positiven Außendarstellung ist in den meisten Musikvereinen jedoch nicht zu reden und nichts zu sehen. Das „Marketing“ ist das Stiefkind in den Musikvereinen und dabei ist es heutzutage so wichtig, wie ich oben schon ausführlich beschrieben habe.

Nicht umsonst ist im Modell des Teambasierten Vereinsmanagements das Marketing ein eigener Bereich. Es muss den gleichen Stellenwert bekommen wie beispielsweise der Finanzmanager, der Jugendmanager, usw. Und wie im Teambasierten Vereinsmanagement vorgesehen, braucht es ein Team von Leuten, die sich um all die Marketing-Aufgaben kümmern. Strukturell, mit Plan, kümmern. Denn es nutzt nichts, nur kurz vor einer Veranstaltung in die Öffentlichkeit zu treten, weil wir wollen, dass die Leute kommen. Oder nur Insel-mäßig, da und dort mal in Erscheinung treten. Social Media ist das beste Beispiel dafür: Wenn wir nicht kontinuierlich posten, können wir keine Reichweite mit unserer Zielgruppe aufbauen. Wenn es darauf ankommt, sehen viel zu wenige Menschen unsere Posts, als dass sich der Aufwand lohnt.

Also, wir brauchen ein Team, das sich regelmäßig trifft und die permanente positive Außendarstellung sicherstellt. In allen Medien, mit allen Möglichkeiten, dem Thema angepasst. Und wir brauchen einen Plan. Einen sogenannten Redaktionsplan. In diesen tragen wir alle zu bewerbenden Veranstaltungen ein und überlegen uns für die freien Zeiten, wie wir in Erscheinung treten und in welchem Medium.

Bitte vergesst nicht, dass das Musizieren in der Öffentlichkeit, in unserer Gemeinde, zu den besten Werbemaßnahmen gehört. Stellt sicher, dass Eure Jugendensembles regelmäßig da spielen, wo auch die Familien mit den Kindern sind. Macht Euch bewusst, dass jeder Unterhaltungsauftritt – beispielsweise bei Gemeinde- oder Pfarrgemeindeanlässen – Werbung für Euren Verein ist. Wenn Ihr da mit einem kläglichen Häuflein sitzt und auch noch langweilige Musik macht, dann ist es sicherlich keine gute Werbung für Euch (wenn Ihr z. B. neue Mitglieder sucht) und das nächste Konzert, das Ihr spielt. Nutzt auch mal andere Anlässe in der Gemeinde, um zu spielen oder schafft Euch Anlässe. Zeigt Präsenz. Auf dem Marktplatz oder in einem Park o. ä. Eine kleine Serenade zu spielen ist sehr schnell organisiert.

Ein strukturelles Marketing, mit dem Prinzip der permanenten positiven Außendarstellung auf allen Kanälen und selbstverständlich auch direkt durch Musizieren in der Öffentlichkeit, ist schlichtweg der Lösungsansatz Nr. 1, ja sogar die Basis der Lösung, wenn Ihr im Musikverein mit Besetzungslücken zu kämpfen habt und es auch an „Zöglingen“ mangelt. Immer vorausgesetzt, dass bei allem, was Ihr macht, die Qualität im Vordergrund steht. Die Qualität in der Musik, der Jugendarbeit, der Organisation und in der Stärkung der Gemeinschaft. Ja, auch der Gemeinschaft. Denn, ebenso wichtig wie die Musik, ist uns in den Musikvereinen die Kameradschaft und die Geselligkeit. Das soziale Miteinander möchte gepflegt werden und sein.

Wenn es Euch an zündenden attraktiven Ideen für das Marketing in Euren Musikvereinen und/oder die Durchführung mangelt, habe ich drei Vorschläge für Euch:

  1. Abonniert den Blasmusikblog und lest regelmäßig die Beiträge. Es sind mittlerweile sehr viele Artikel mit sogenannten „Best-Practice“-Beispielen erschienen und es folgen noch weitere. Denn ich bin immer auf der Suche nach tollen Marketing- und Social-Media-Aktionen, Konzertformaten, Jugendwerbung und sonstigen kreativen Veranstaltungen der Musikvereine und schreibe darüber oder veröffentliche Gastbeiträge dieser Vereine.
  2. Abonniert in Facebook und Instagram die Seiten der Musikvereine und lasst Euch durch Eure Kolleg:innen inspirieren. Abonniert vor allem länderübergreifend die Pages. (Ganz nebenbei helft Ihr Euch damit gegenseitig bei Euren Social-Media-Bemühungen in punkto Reichweite.)
  3. Gerne führe ich mit Eurem Marketingteam im Musikverein einen Online- oder Präsenz-Workshop zum Thema Attraktives Marketing im Musikverein und wie Ihr eine permanente positive Außendarstellung hinbekommt durch. Fragt gerne die Konditionen an: alexandra@kulturservice.link

Zum Thema Marketing für Musikvereine sind bisher folgende Beiträge auf dem Blasmusikblog.com erschienen:

Marketing im Musikverein – die Definition!
Pressearbeit für Vereine – ein Gastbeitrag von Alexander Huber
Das Orchester-Marketingkonzept des SBO Ludwigshafen
Wie interne Kommunikation im Musikverein gelingt
Wie eine permanente positive Außendarstellung im Musikverein gelingt
Konzerte erfolg-bringend bewerben
Konzerte attraktiv gestalten
Hat die Musikvereins-Website in Zeiten von Facebook ausgedient?
Konzertberichterstattung in Tageszeitungen
Social-Media für Musikvereine – 20 Ideen für Post-Serien
Social Media für Musikvereine – So bringt’s was!

Und es gibt auch ein Whitepaper (PDF, 36 Seiten) zum praktischen Download:

Includes 19% tax

Wenn Ihr im Musikverein selbst eine attraktive Marketingaktion, ein tolles Veranstaltungsformat, eine coole Jugendaktion oder ähnliches durchgeführt habt, schreibt mir bitte: alexandra@kulturservice.link. Gerne stelle ich Euer Projekt vor!

Und denkt daran, dieses Jahr gibt es für spezielle musikalische Aktionen und auch beispielsweise für die Durchführung einer Zukunftswerkstatt mit allen Musiker:innen oder die Durchführung eines Marketingworkshops noch jede Menge Fördergelder. Z. B. vom Bundesverband Chor und Orchester BMCO (Impuls) und der Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt auf Bundesebene und weiteren Institutionen auf Landesebene (fragt bei Euren jeweiligen Verbandsgeschäftsstellen nach!!!).

Alexandra Link

Musik ist ein sehr wichtiger Bestandteil meines Lebens. Musizierende Menschen zusammen zu bringen meine Leidenschaft.

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