Abmeldewelle wegen Corona im Musikverein?
Dankenswerter Weise meldeten sich 14 Vereinsverantwortliche auf meine Frage in Facebook, wer von der momentanen Situation in seinem Blasorchester auf dem Blasmusikblog.com berichten möchte. Eine von drei Fragen an die Vereinsverantwortlichen war: „Habt Ihr von Seiten der MusikerInnen bereits Abmeldungen oder befürchtest Du, dass welche kommen?“ Diese Frage wird in diesem Beitrag beantwortet.
Unter den Antwortenden sind auch zwei Blasorchester aus der Schweiz und eines aus Österreich.
Sandra Behrens, Junges Orchester Auenland JOA
Abmeldungen gab es bisher lediglich ein paar ganz wenige in den Nachwuchsgruppen der Kinder. Allerdings haben auch schon Eltern angekündigt, dass sie nach Corona ihre Kinder gerne anmelden würden.
Von den Orchestermusikern hat sich bisher noch kein einziger abgemeldet. Wir sind sehr dankbar für unsere disziplinierten Orchestermitglieder, die angesichts der anvisierten Lockerungen zwar bereits alle freudig mit den Hufen scharren und dennoch mit Geduld die Entscheidungen der Verantwortlichen mittragen.
Martin Dirrigl, Stadtkapelle Rosenheim
Wir haben bisher noch keine Abmeldungen, aber ich denke das wir bei den Bläserschlümpfen und der Jugendbigband von vorne anfangen müssen. Bei den anderen Ensembles werden wir den einen oder anderen Musiker, der eh schon ans Aufhören dachte, nicht mehr wiedersehen aber das ist ja auch die natürliche Fluktuation.
Rolf Geisler, Sinfonische Blasorchester Wehdel, „artemosso“ Bremen
Überlegungen, das Instrument an den Nagel zu hängen sind mir von niemandem bekannt, eher im Gegenteil. Wir können es kaum erwarten, dass die Infektionszahlen sinken und wir zu mindesten im Freien mit Abstand und Konzept proben können. Dafür haben die Wehdeler extra getrennte Stücke für Holz und Blech aufgelegt. In Bremen gibt es leider keine geeignete Location.
Norbert Goldhardt, Blasmusikverein Carl Zeiss Jena e. V.
Es gab bislang keine Abmeldungen wegen Corona. Aus den bisherigen Gesprächen ist auch nicht erkennbar, dass ein Mitglied ausgerechnet dann aufhören wird, wenn es endlich wieder losgeht.
Wenn Mitglieder aufhören, ist das immer eine sehr persönliche Entscheidung, die von vielen Faktoren abhängt. Wir reden hier über Musiker mit hoher Motivation und Bindung an einen leistungsfähigen Verein. Sollte tatsächlich jemand demnächst aufhören, mag Corona ein Hintergrundrauschen sein, aber es wäre niemals der Auslöser.
Anders mag es im Bereich Orchesterschule und musikalischer Früherziehung sein. Eltern halten aus Solidarität noch die Stange, aber wenn der Druck nachlässt, hören sie auf…? Ich halte das aber für Spekulation.
Manfred Hirtenlehner, Stadtmusikkapelle Waidhofen an der Ybbs (Österreich)
Habe ich bei uns überhaupt keine. Wir haben uns durchgehend bemüht immer wieder über unsere Kanäle regelmäßig etwas an die Musiker zu senden und dadurch einen “laufenden Kontakt” zu erhalten. Verlassen wird uns niemand. Es ist eher so, dass viele in Babypause gehen, weil im Lockdown anscheinend viel Zeit für die Familienplanung war. =)
Eine Musikerin kommt aus der Babypause zurück und auch die Jungmusiker haben ja ein Jahr gewonnen. Es werden heuer wieder einige zu uns dazukommen und ich finde den Zeitpunkt gut. Sie sind dabei, wenn es heißt, es geht wieder los es muss jetzt geprobt werden. Da kommen viele wertvolle Erfahrungen auf die jungen Musiker zu.
Joachim Hofmann, Musikverein Röllbach 1927 e. V.
Ja, die erste Abmeldung aus dem Jugendbereich liegt bereits vor und ähnliches befürchten wir durchaus auch bei den Aktiven. Bereits nach der deutlich kürzeren Pause im vergangenen Jahr, sind mehrere Jungmusiker nicht mehr erschienen bzw. haben ihre Ausbildung abgebrochen.
Roland Hürlimann, Musikgesellschaft Walchwil (Schweiz)
Glücklicherweise sind wir vor Austritten wegen der anhaltenden Covid-Situation verschont geblieben. Was dies mittelfristig bedeutet, bleibt abzuwarten. Wir sehen nach wie vor die Gefahr von Austritten, wenn wir wieder in der Normalität sind. Gleichzeitig hoffen wir aber auch, dass es positive Effekte dieser Krise geben könnte. Daher laufen auch Planungen im Bereich der Mitgliederwerbung, damit wir, sobald wieder einigermaßen Normalität herrscht, im positiven Sinne auf uns aufmerksam machen können.
Carsten Klein, MUSAS Musik aus Seevetal
Während wir in Zeiten der Pandemie unsere Mitgliederstärke halten konnten, verlassen uns nun – nachdem das Ende der Beschränkung sichtbar wird – zunehmend Mitglieder. Dies ist nicht nur im Bereich des Hauptorchesters der Fall, sondern auch im Bereich des Ausbildungsorchesters, unserer Bläserklasse und der Blockflötengruppe. Auch im Bereich der Führungsebene haben wir leider Verluste zu beklagen. Ob dies nun das Ende der Fahnenstange war oder ob weitere Mitglieder den Verein verlassen bleibt abzuwarten. Die Befürchtung ist auf jeden Fall vorhanden und auch die Sorge, dass die Spielfähigkeit weiter leidet.
Jedoch wissen wir auch – bei jeder Tür, die sich schließt, öffnen sich zeitgleich zwei neue. Daher bleibt die Hoffnung, dass neue Kollegen den Weg nach fast zwei Jahren Musikentzug in den Verein finden werden.
Nicole Maack, Sinfonisches Blasorchester „Flutissimo“ Bardowick
Dadurch, dass wir strukturiert und kontinuierlich den kompletten Probenbetrieb online aufrechterhalten haben, sind wir von Abmeldungen nicht betroffen. Ganz im Gegenteil: alle freuen sich, wenn wir endlich wieder „in Echt“ zusammenspielen können. Die übliche Fluktuation – Kinder wechseln das Hobby, Abiturienten gehen zum Studieren, andere kommen wieder – findet statt.
Christine Narewski (1. Vorsitzende) und Sophie Plötz (2. Vorsitzende), Blasmusikverein Oranienburg e.V.
Natürlich ist es trotz unserer unterschiedlichen Bemühungen nicht möglich, alle Orchestermitglieder zu erreichen – bei manchen mangelt es an entsprechender Infrastruktur oder am Willen, an digitalen Proben teilzunehmen, manche können abends in der Wohnung aus Lärmgründen nicht musizieren und bei anderen steht die Kinderbetreuung im Vordergrund. Dennoch verzeichnen wir bisher keine Vereinsaustritte oder Abmeldungen außerhalb der üblichen (sehr geringen) Menge.
Frank Reuber, Klangwerk Morsbach
Bisher haben wir zum Glück keine Abmeldungen. Wir sind guter Dinge, dass alle Musiker weiter dabeibleiben werden. Es warten eher alle darauf, dass wir endlich wieder gemeinsam Musik machen und unserem Hobby nachgehen können. Ob dann tatsächlich alle zurück in den Probenbetrieb finden, werden die kommenden Monate zeigen. Wir sind sehr zuversichtlich.
In der Nachwuchsausbildung rechnen wir eher mit einigen Abmeldungen, da es für die Anfänger bisher nicht möglich war, das normale Vereinsleben mit seinen vielen unterschiedlichen Aktivitäten kennenzulernen und eine Bindung zum Orchester aufzubauen.
Christian Schärer, Symphonisches Blasorchester Kreuzlingen (Schweiz)
Einige Mitglieder haben die Situation genutzt um sich persönlich weiter zu entwickeln, zum Beispiel mit beruflichen Weiterbildungen. Teilweise überschneiden sich diese nun mit unserer Proben- und Konzertplanung. Austritte aufgrund der aktuellen Situation haben wir bisher keine erhalten. Wir hoffen und glauben daran, dass dies auch so bleiben wird.
Daniela Schliebs, Musikverein Kyllburg
Eine direkte Abmeldung habe ich tatsächlich erhalten. Unser ältestes Mitglied hat sich bei mir für einen regelmäßigen Probebetrieb abgemeldet. Allerdings hat das in meinen Augen weniger mit Corona als mit seinem Alter und seiner Sehschwäche zu tun.
Bei einigen Jugendlichen bin ich mir nicht sicher, ob sie „nach Corona“ wieder regelmäßig zu den Proben erscheinen. Aufgrund der „Funkstille“ steht das leider auch bei einigen Erwachsenen vollkommen offen.
Ich glaube, wir müssen einfach abwarten wie viele Musiker zu den ersten Proben erscheinen.
Allerdings haben wir auch zwei Zugänge zu verzeichnen. Zwei ehemalige Musikerinnen haben in der Corona Zeit ihr Instrument wiederentdeckt und bereits angefragt, ob sie nochmal zu uns stoßen dürfen.
Da wir im Rahmen unseres Jubiläums neue Uniformen anschaffen, werde ich wohl kurzfristig eine Antwort auf diese Frage haben. Denn in diesem Zusammenhang muss mir jeder Musiker eine verbindliche Zu- oder Absage abgeben.
Daniel Seemann, Musikverein Westerstetten e.V.
Nein, wir haben noch keine Abmeldung erhalten.
Auf Seiten der aktiven Musiker ist eher das Gegenteil der Fall. Alle freuen sich, wenn es wieder losgeht und keiner möchte gehen. Natürlich ist der Gedanke verlockend und jeder weiß die zusätzliche Freizeit zu schätzen, aber die Kameradschaft, das Miteinander und das Verlangen auch mal wieder unter Leute zu kommen ist einfach stärker. Anders sieht es leider bei der Jugend aus. Gerade hier sind die Musiker zum Teil in einem kritischen Alter und machen oft mehrere Aktivitäten gleichzeitig, bei dem vorher schon die Musik nur die zweitliebste Freizeitbeschäftigung war. Hier ist auf unserer Seite besonderen Fokus zu legen, da die Jugend unsere Zukunft des Vereins ist. Unsere Dirigentin Lisa Nanz ist hier auch mit ihren Jugendleitern schwer am Kämpfen und gibt sich alle Mühe die Jungs und Mädels bei Laune zu halten. Aber auch hier haben wir noch keine Abmeldung erhalten.
Durch unsere jahrelange sehr gute Jugendarbeit und mit dem Wissen, was wir alles den Kindern bieten und was sie bei uns lernen können, sind wir auch hier positiv gestimmt!
Ein herzliches Dankeschön an Sandra Behrens, Martin Dirrigl, Rolf Geisler, Norbert Goldhardt, Manfred Hirtenlehner, Joachim Hofmann, Roland Hürlimann, Carsten Klein, Nicole Maack, Sophie Plötz & Christine Narewski, Frank Reuber, Christian Schärer, Daniela Schliebs und Daniel Seemann für ihre Beiträge!
Insgesamt drei Fragen habe ich an diese Vereinsverantwortlichen gestellt. Hier die Serie im Überblick:
Zur momentanen Situation der Musikvereine
Abmeldewelle im Musikverein nach Corona?
Zur finanziellen Lage der Musikvereine nach Corona
Pingback: Zur finanzielle Lage der Musikvereine nach Corona – Blasmusik
Pingback: Blasmusikblog Monatsrückblick Juni 2021 – Blasmusik
Pingback: Mitgliederschwund durch Corona? – Blasmusik