Die Triangel Dirigent – Musiker – Publikum Teil 6

Gedanken zum Thema von Dietmar Rainer

Dietmar Rainer ist der vorletzte in der Runde, der die Frage “Wie vereinbart man seine eigenen Vorstellungen als Dirigent:in und Künstler:in mit der Erwartungshaltung von Musiker:innen und Publikum?” beantwortet. Alexander Beer schrieb Teil 1, Sandro Blank Teil 2, Annette Burkhardt Teil 3, Stefan Kiefer Teil 4 und Michael Kummer Teil 5. Demnächst folget noch Meinhard Windisch (IT, Südtirol).

Dietmar Rainer ist Organist in Schnals und dirigiert die Musikkapelle Naturns und die Musikkapelle Kortsch. Er ist Musiklehrer, Referent und Arrangeur. Seine 7 Minuten Warm-Ups sind zum kostenfreien Download hier auf dem Blasmusikblog erhältlich.

Die Gedanken von Dietmar Rainer zum Thema:

“Programmgestaltung ist für mich eine spannende, künstlerische und kreative Tätigkeit, mit welcher ich mich das ganze Jahr über beschäftige.

Das Endergebnis dieser wundervollen Arbeit vergleiche ich mit dem Menü eines Sternekochs.

Bei der Programmauswahl denke ich konsequent an ein Degustationsmenü. Ausgehend vom Hauptgericht kreiere ich drumherum Vorspeisen, Nachspeisen, Zwischengerichte, Sorbets, Gruß aus der Küche usw.

Musikalisch übersetzt: das komplette Programm hat, gegebenenfalls über Umwege, einen Bezug zum Hauptwerk. Unabhängig davon, ob es im ersten Teil des Konzertes oder als Höhepunkt zum Schluss angesetzt wird. Leider erleben wir immer wieder Konzerte mit einem Sammelsurium aus Vorspeisen, nach dem Motto „für jeden etwas“.

Parallel dazu gibt es auch die Konzerte mit mehreren Hauptspeisen hintereinander, das liegt sowohl den Musiker:innen, als auch dem Publikum auf dem Magen und macht müde.

In diesem Zusammenhang spielen auch die Zugaben eine wichtige Rolle. Führen die Zugaben das Programm weiter? Greifen sie ein Element des vorher Dargebotenen noch einmal auf?

Den viel diskutierten Marsch am Ende empfinde ich häufig so, als wenn nach einem ausgeklügelten Fischmenü noch ein Speckbrettl oder eine Weißwurst zur Zufriedenheit all jener serviert wird, denen es nicht geschmeckt hat.

Wichtige Parameter einer Programmauswahl sind immer die klassischen: Wo wird gespielt? Konzertsaal, Kirche, Pavillon, Zelt, Wiese?

Wann? Vormittags, abends, Jahreszeit, Anlass?

Und das wichtigste: Mit wem und für wen? Ist mein Team fähig, meine Vorstellungen in hoher Qualität zu bewältigen und ist mein Publikum in der Lage, das Vorgetragene aufzunehmen und einigermaßen zu verstehen?

Die Musiker:innen sollen den Großteil des Programmes souverän bewältigen können, das Publikum darf weder unter- noch überfordert werden.

Allerdings wird durch permanentes Ausreizen der Spiel- und Hörgewohnheiten nicht nur die spieltechnische Qualität gesteigert, sondern auch der musikalische Horizont erweitert und der Geschmack verändert.

Dies gilt gleichermaßen für Musiker:innen und Publikum.

Zurück zur Speisekarte: das wohl „Unkreativste“ in den meisten Restaurants ist normalerweise die Seite „Für unsere kleinen Gäste“. Wenn wir unsere Kinder nicht ermutigen, auch mal was Neues zu probieren, essen sie bis an ihr Lebensende Schnitzel mit Pommes, Würstel mit Ketchup oder Spaghetti mit Tomatensoße.

Ein wichtiger Aspekt ist die Präsentation des Dargebotenen, sprich: die Moderation. Das kreativste und ausgeklügelte Menü ist nur die Hälfte wert, wenn es von unfreundlichen Kellner:innen serviert wird, im Umkehrschluss können kleine Defizite der Küche durch eine sympathische Servierkraft durchaus wettgemacht werden.

Im Konzert muss die Moderation das Publikum mitnehmen und eventuell schwer Verständliches gut erfassbar machen. In der Probe ist das die Aufgabe der Dirigent:innen.

Wenn ein Programm also schlüssig gestaltet, nachvollziehbar präsentiert und überzeugend vorgetragen wird, ist es ein Kunstwerk, das gefallen kann oder auch nicht.

Die Diskussion darüber tut selbstverständlich gut, erweitert den Horizont und verändert den Geschmack.”

Ein herzliches Dankeschön an Dietmar Rainer für seine Antwort auf die Frage “Wie vereinbart man seine eigenen Vorstellungen als Dirigent:in und Künstler:in mit der Erwartungshaltung von Musiker:innen und Publikum?”

Hier die Links zu allen Dirigenten-Statements zum Thema “Wie vereinbart man seine eigenen Vorstellungen als Dirigent:in und Künstler:in mit der Erwartungshaltung von Musiker:innen und Publikum?”
Teil 1 Alexander Beer
Teil 2 Sandro Blank
Teil 3 Annette Burkhardt
Teil 4 Stefan Kiefer
Teil 5 Michael Kummer
Teil 6 Dietmar Rainer
Teil 7 Meinhard Windisch

Alexandra Link

Musik ist ein sehr wichtiger Bestandteil meines Lebens. Musizierende Menschen zusammen zu bringen meine Leidenschaft.

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