Woodstock der Blasmusik – Love, Peace & Blasmusik 2023

Jan Epp, Tobias Hauenstein und ihre Erlebnisse beim Woodstock der Blasmusik und als Musiker der Kapelle Gefällt Mir 2023

„Was für ein Woodstock 2023!“ heißt es in der Pressemeldung zum diesjährigen Woodstock der Blasmusik, die mir kürzlich ins Mail-Fach gespült wurde. Und weiter: „Mehr als 80.000 Festivalgäste an vier Tagen (also täglich ca. 20.000), 19.000 Musiker:innen beim Gesamtspiel und ein Wochenende, das nicht schöner sein hätte können!  Das elfte Woodstock der Blasmusik ist Geschichte – und es wird in die Geschichte eingehen. Besucherrekorde, gelungene Premieren und ganz viel von dem, was das Woodstock ausmacht: Love, Peace & Blasmusik.“

Love, Peace & Blasmusik haben auch zwei Blasmusikblog-Leser bei Woodstock erlebt: Jan Epp (Geschäftsführer des Landesmusikverbands Rheinland-Pfalz, Dirigent des Musikvereins 1957 Reichenbach e. V. und Trompeter) und Tobias Hauenstein (Dirigent des Stadtorchesters Schwäbisch Hall, Dirigent der Blaskapelle Dürrwangen, Musikalischer Leiter der „Hesselberg Böhmischen“, Funktionär im Nordbayerischen Musikbund und Tenorhornist). Beide gewannen jeweils einen der begehrten Plätze bei der Kapelle Gefällt Mir 2023, kurz KGM. Ich bat sie schon lange vor dem großen Ereignis, ihre Eindrücke auf Papier zu bringen, bzw. in den Computer zu tippen und bedanke mich hiermit herzlich bei beiden, dass sie uns hier auf dem Blasmusikblog an ihren Erlebnissen teilhaben lassen!

Jan Epp, Geschäftsführer des Landesmusikverbands Rheinland-Pfalz, Dirigent des Musikvereins 1957 Reichenbach e. V. und Trompeter erzählt:

Jan Epp, Manuel Edelmann, Annika Deutsch und Rudolf Bernd
Jan Epp, Manuel Edelmann, Annika Deutsch und Rudolf Bernd

„Wir sitzen hinter der Bühne im Backstagebereich und ich merke dabei, dass Anspannung und Vorfreude nach und nach vorherrschen. Für einen Moment vergesse ich die ausgelassene und entspannte Stimmung, die normalerweise mein fester Begleiter als Besucher des Woodstock der Blasmusik ist. Eine Satzgruppe nach der anderen wird nach und nach zur Bühne gerufen. Klarinetten, Flöten, Saxophone, Hörner… ich scharre mit den Füßen. Als endlich das erlösende Signal: „Blechbläser“ ertönt, laufen wir langsam, aber zielgerichtet aus dem Backstagebereich Richtung Bühne. Wir bewegen uns unsicher und fremdeln noch etwas mit der Atmosphäre. Auf den letzten Stufen zur Bühne scheine ich zu schweben, getragen von dem Geräusch von tausenden von „Verrückten“, die unseren Auftritt herbeisehnen. Wir nehmen unsere Plätze ein, gewöhnen uns an die Sitzposition und an die Eindrücke, die nun im Sekundentakt auf uns einprasseln. Kurzer Soundcheck und dann folgt das Ereignis, das wir alle so herbeiersehnt haben: Wir sind die Kapelle Gefällt Mir 2023 auf der Mainstage beim legendären Festival Woodstock der Blasmusik.

So spektakulär und aufregend der Auftritt verlief, so unspektakulär der erste Schritt dahin. Mit dem Wissen um das Pilotprojekt der KGM im Jahr 2022, vernahm ich mit großer Freude die Ankündigung, dass es auch im Jahr 2023 wieder eine KGM geben wird und dass die Bewerbung in Kürze erfolgen kann. Diesen Termin habe ich mir fett im Kalender markiert, denn diese Chance muss man einfach ergreifen. Welcher Musikant, der einmal die Vibes auf diesem grandiosen Festival erlebt hat, wünscht sich nicht (zumindest für einen ganz kleinen Moment), einmal im Leben auf dieser Bühne zu stehen und in einem Atemzug mit den absoluten Stars unserer Szene genannt zu werden?

Als der Startschuss ertönte, konnte man auf einer Homepage ganz simpel seine persönlichen Daten hinterlegen. Zu dem Bewerbungsprozess gehörte dann noch das Hinterlegen eines Fotos und einer Selbsteinschätzung der persönlichen Leistungsstärke anhand von drei Leistungsstufen. Das wars auch schon!

Nun galt es, die Daumen zu drücken, um die erste Hürde der Vorauswahl durch eine Jury zu überstehen.

Als nach einer gefühlten Ewigkeit die erlösende Mail mit der Botschaft ankam, dass man es geschafft habe und dann ab einem bestimmten Datum die Voting-Phase auf Facebook läuft, habe ich alle Freunde und Verwandten darüber informiert und um Unterstützung geworben.

Die Aktualisierungstaste auf dem Computer war fortan mein Freund und ich konnte dabei zusehen, welch unglaubliche Unterstützung mir zuteilwurde. Ich verspüre eine riesengroße Dankbarkeit, wenn ich daran denke…

Gegen Ende der Voting-Phase war es schon recht deutlich, dass es klappen könnte und nach einem Kopf-an-Kopf-Rennen mit dem lieben Manuel Edelmann, hatte ich die Gewissheit: mein Traum wird sich erfüllen…Wahnsinn!

Nun hieß es: warten auf die Noten. Diese kamen etwa zwei Wochen vor dem Festival an und das Sichten fühlte sich aufgrund der Vorfreude und Spannung ein bisschen nach Weihnachten an. Das fleißige Üben und Vorbereiten begann…

Donnerstag, der 29. Juni 2023 – Auf zum Woodstock

Am ersten Tag des Festivals, nach zäher Anreise am Ort des Wahnsinns angekommen, fand um 16 Uhr die erste und einzige Probe der KGM 2023 statt. Unter der Leitung des Bundeskapellmeisters des Österreichischen Blasmusikverbandes Helmut Schmid, der die Musiker persönlich vor dem Proberaum empfing, starteten wir nun wirklich in dieses einmalige Erlebnis. Zunächst einmal: Leute begrüßen, kennenlernen, kurzer Smalltalk, unsicheres Herantasten im Proberaum des Musikverein St. Martin, sind alle Noten da, wo sitze ich….

Nach und nach füllte sich der Saal und die KGM war gegen 16 Uhr vollzählig angetreten und bereit, alles zu geben. Dieses Gefühl mit all diesen tollen Musikerinnen und Musikern und all diesen Stars gemeinsam zu musizieren – unbeschreiblich!

Geprobt und schließlich aufgeführt wurden:

  • Wir lieben Blasmusik Manfred Hirtenlehner
  • On Fire* Michael Geisler
  • Pumuckl-Polka Franz Gerstbrein
  • Coldplay in Symphony arr. Bert Appermont
  • Ehrenwert Martin Scharnagl
  • Se bastasse una canzone arr. Dominik Glöbl
  • Eine letzte Runde Markus Nentwich
  • 2x Wien und zurück Franz Gerstbrein
  • Maschin arr. Manfred Hirtenlehner
  • Kapelle Gefäält Mir meets die Fäaschtbänkler arr. Manfred Hirtenlehner
  • Rauschende Feste Harald Eitzinger
  • Montana Marsch arr. Heinz Herrmannsdörfer

Die perfekte Organisation der KGM lag in den Händen von Manfred Hirtenlehner, der auch einige der Stücke beigesteuert hat.“

Zu ihren Erlebnissen habe ich Jan Epp und Tobias Hauenstein befragt:

Welche speziellen Erlebnisse hattest Du beim Festival? Was ist bemerkenswert?

Jan Epp: „Was mir in diesem Jahr besonders in Erinnerung bleiben wird, ist natürlich dieser besondere Auftritt meines Lebens. Das hat sich eingebrannt. Ein Vorzug der Mitgliedschaft in der KGM war die Möglichkeit, sich im Backstage-Bereich aufzuhalten. Diese besondere Atmosphäre dort hat mich in ihren Bann gezogen. Ich hatte das Gefühl, dass auch für die großen Starts der Auftritt beim Woodstock ein ganz besonderes Highlight ist und entsprechend euphorisch und aufgeladen war die Atmosphäre dort. Alle waren einfach richtig gut drauf, alle freuten sich füreinander, alle waren Freunde.“

Tobias Hauenstein und Alex Wurz
Tobias Hauenstein und Alex Wurz

Tobias Hauenstein: „Wie jedes Jahr bin ich einfach vom Gesamterlebnis Woodstock begeistert. Man trifft einfach unglaublich viele Bekannte und Freunde, aus vielen Woodstock-Bekanntschaften haben sich mittlerweile Freundschaften entwickelt (Liebe Grüße ins Elsass).

Ich bin einfach jedes Jahr aufs Neue begeistert, wie das Team vom Woodstock, trotz der Größe des Festivals, es schafft, eine familiäre Atmosphäre beizubehalten.“ 

Welche Bands waren Deine Favoriten?

Jan Epp: „Ich habe mich besonders gefreut auf Querbeat, Kaiser Musikanten, Lucky Chops, Too many zooz und Brassaranka. Was ich aber in jedem Jahr wieder feststelle, ist, dass man mehr oder weniger zufällig fantastische Kapellen erlebt, die man zuvor nicht auf dem Schirm hatte.“

Tobias Hauenstein: „Kapelle So&So, Michael Klostermann (endlich wieder) und Happaranka.“ 

Wie hast Du die Proben und den Auftritt der Kapelle Gefällt mir erlebt? Was wird dir auf ewig in Erinnerung bleiben?

Jan Epp: „Die Probe verlief recht zielgerichtet. Es ging eigentlich nicht darum, dass wir die Stücke „lernen“. Die Musiker:innen waren perfekt vorbereitet. Es ging vielmehr und das Einspielen miteinander. Bei uns Trompeten war dann zusätzlich während der Probe noch die Herausforderung, die Stimmen zu verteilen. Wir haben uns abgewechselt, was uns im Vorfeld noch nicht klar war.

In Erinnerung bleiben wird mir, dass es immer wieder schön zu erleben ist, wie sehr Musik über alle Sprachbarrieren und kulturellen Prägungen hinaus verbindet. Und natürlich die Profis live in Aktion zu erleben ist eine großartige Erfahrung.“

Tobias Hauenstein: „Was mir auf jeden Fall in Erinnerung bleiben wird, ist die sehr entspannte und kollegiale Stimmung im gesamten Orchester, egal ob Profi oder Amateur, jeder hatte seinen Spass und wurde herzlich empfangen.

Und trotz des ganzen Spaßes, und der „aufgeheizten“ Festivalstimmung gelang es, einen guten Auftritt abzuliefern.

Natürlich darf man auch das Publikum nicht vergessen, welches einfach jedes Stück gefeiert und bejubelt hat.“

Was ist Deiner Meinung nach das Geheimnis von „Woodstock der Blasmusik“ – warum pilgern jährlich mehr und mehr nach Oberösterreich zu diesem Festival?

Jan Epp: „Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass Blasmusik wieder „in“ ist. Jahr für Jahr kommen mehr junge und jung gebliebene Menschen zum Woodstock der Blasmusik und frönen ihrer Leidenschaft.

Ich denke, das liegt sehr viel an der Tatsache, wie die Bands und Kapellen sich präsentieren. Sie machen Blasmusik „cool“ und schaffen eine unglaublich freundschaftliche und kameradschaftliche Atmosphäre. Man hat das Gefühl, mitgenommen zu werden und ein Freund zu sein. Sicher spielt auch der gesellschaftliche Wandel eine Rolle. Ich glaube die Menschen sehen sich nach diesem Zusammenhalt und diesem Gemeinschaftssinn, der auf dem Festival bei jeder Gelegenheit greifbar ist.“

Tobias Hauenstein: „Zum einen ist dies sicherlich die familiäre Atmosphäre, aber auch in Sachen Organisation gibt es eigentlich fast nichts zu bemängeln.

Des weiteren sollte man auch nicht die Vielfalt des Festivals vergessen, es gibt eigentlich für jeden etwas zu hören, egal ob Tanzlmusik, traditionelle Blasmusik, Bigband, Oberkrainer, klassische Ensembles… eine schier unendliche Auswahl.“

Was denkst Du, welchen Einfluss hat Woodstock der Blasmusik auf die Blasmusik-Szene allgemein?

Jan Epp: „Ich glaube, dass die Blasmusik total von dem Festival profitiert. Das Festival erzeugt u.a. auch durch ein unglaublich smartes Marketing, eine riesige öffentliche Wahrnehmung der Blasmusik-Szene allgemein. Durch die Strahlkraft reisen auch Menschen zum Festival, die in erster Linie nichts mit der Blasmusik am Hut haben an. Allein in meiner Gruppe, waren drei Menschen, die keine oder nur wenig Berührung damit haben.

Die Blasmusik hatte, bzw. hat ein etwas verstaubtes Image und das Festival als Riesen-Multiplikator trägt entscheidend dazu bei, dieses Image zu verändern.“

Tobias Hauenstein: „Ich denke, dass das Woodstock einen ganz großen Teil zum Blasmusikhype beigetragen hat.

Wenn ich an die „Vorwoodstockzeit“ denke, galt Blasmusik ja lange als Nischengenre, welches aber mittlerweile wieder voll akzeptiert ist.

Überall wird Blasmusik gehört und gewünscht.“

Nun, wenn Du, geschätzter Blasmusikblog-Leser, geschätzte Blasmusik-Leserin noch nie bei Woodstock der Blasmusik wart, dann müsst Ihr den Termin 27. bis 30. Juni 2024 dick in den Kalender schreiben und nächstes Mal hinfahren! Bei diesem Festival muss jeder Blasmusiker einmal gewesen sein! Selbst ich – obwohl jetzt nicht so ein ausgesprochener Fan der dort gespielten Musik – war schon da!

©Beitragsbild: Klaus Mittermayr
Alle anderen Bilder sind von Tobias und Jan.

*Werbung: Ein Teil der Titel sind mit Affiliate-Links hinterlegt.

Alexandra Link

Musik ist ein sehr wichtiger Bestandteil meines Lebens. Musizierende Menschen zusammen zu bringen meine Leidenschaft.

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