Sitzordnungen für Blasorchester – Beispiele bis 40 Musiker:innen
Insgesamt 9 Dirigenten beschreiben in zwei Beiträgen die Sitzordnungen ihrer Blasorchester, warum sie sich für diese Sitzordnung entschieden haben und den Einfluss der Sitzordnung auf das Zusammenspiel, die Intonation, den Klangausgleich sowie auf den Klang und das Hörerlebnis des Publikums.
In diesem ersten Beitrag geht es um Blasorchester mit bis zu 40 Musiker:innen. In einem zweiten Beitrag geht es um Blasorchester ab 40 Musiker:innen.
Jannik Webel
Musikverein „Edelweiß“ Asweiler-Eitzweiler e.V., DE
Anzahl Musiker:innen: 26
Zunächst einmal muss ich sagen, dass wir ein Blasorchester sind, welches sich rein auf die böhmisch-mährische Blasmusik konzentriert. Daher sitzt das Tenorsaxophon bei den Tenorhörnern, da es die gleichen Stimmen sind. Durch diese Sitzordnung sind einerseits meine Musiker:innen gefordert, genauer auf einander zu hören (da bspw. Flügelhörner und Tenorhörner nicht direkt miteinander kommunizieren können) und zum anderen ist es so, dass der Klangkörper besser gemischt und ins Publikum getragen werden kann.
Die hintere Reihe (tiefes Blech + Schlagzeug) gibt den hohen Registern (Flöten, Klarinetten, Flügelhörner und Trompete) den nötigen „Rückenwind“, damit sich die hohen ersten Stimmen elegant bewegen können. Gleichzeitig können die Flügelhörner besser einschätzen, wo sie intonatorisch hinmüssen, wenn sie mit den Tenorhörnern parallel zu spielen haben. Auch von der Dynamik, können die Gruppen (vorne hohe Register, hinten tiefe Register) besser zusammenfinden.
Das Publikum erhält einen – so finde ich – besser gemischten Klangkörper. Weil die Tenorhörner ins Orchester spielen und niemand direkt in gerade Linie zum Publikum sitzt, können sich die Klänge der einzelnen Register besser als Klangkugel formen.
Ralph Dinu-Biringer
KKMV Fehlheim, DE
Anzahl Musiker:innen: 29
Mein Orchester, der KKMV Fehlheim, besteht momentan aus 29 Musiker und Musikerinnen:
3 Flöten, 2 Fagotte, 3 Klarinetten, 1 Bassklarinette, 2 Altsaxophone, 1 Tenorsaxophon, 1 Waldhorn, 6 Trompeten (von denen einige nach Bedarf Flügelhorn spielen), 4 Posaunen, 2 Tenorhörner bzw Tenorhorn/ Bariton, 2 Tuben und 2 Schlagwerker
Erklärung:
Die Bläser des Orchesters sitzen normalerweise immer in 3 halbkreis-förmigen Reihen, dahinter ist das Schlagwerk positioniert.
Die erste Reihe besteht aus dem hohen Holz. Links vom Dirigenten die drei Querflöten, rechts vom Dirigenten die drei Klarinetten (1. Klarinette sitzt außen → hat quasi die Rolle des Konzertmeisters).
In der zweiten Reihe sitzen rechts vom Dirigenten die Saxophone (außen zuerst Altsaxophone, dann das Tenorsaxophon). Das Waldhorn als verbindendes Element zwischen Holz und Blech ist hier mittig positioniert, dann kommt die Bassklarinette und hinter den Flöten die beiden Fagotte.
In der dritten Reihe ist das weitere Blech platziert. Links vom Dirigenten (hinter den Fagotten) sitzen die beiden Tuben, gefolgt von Bariton und Tenorhorn. Tuben, Fagotte und Bassklarinette sitzen deswegen relativ nah beieinander, damit sich diese Musiker gut hören und gemeinsam für ein stabiles klangliches Fundament sorgen können. Als ich den Verein übernahm, saßen die Fagotte noch vor den Posaunen und haben sich beschwert, dass sie die Tuba überhaupt nicht hören.
In der Mitte der dritten Reihe sitzt das hohe Blech (6 Trompeten, von denen bei Bedarf einige auch Flügelhorn spielen), wobei die 1. Trompete neben der 1. Posaune sitzt. Rechts außen sitzt dann die Bassposaune, um ein bisschen ein Gegengewicht zu den Tuben auf der anderen Seite zu haben (sonst kommt alles Tiefe nur aus einer Ecke des Orchesters).
Die Sitzordnung hat durchaus einen großen Einfluss auf das Zusammenspiel und somit auch auf die Intonation. Bei meiner Vorgängerin saßen die Fagotte auf der rechten Seite vor den Posaunen. Dadurch haben sie sich selbst schlecht gehört, zum anderen war auch das Zusammenspiel mit den Tuben und der Bassklarinette schwierig (bei vielen Stücken ähneln sich die Stimmen sehr). Seitdem diese Musiker zusammensitzen, ist das Bassregister wesentlich besser zusammen – sowohl rhythmisch als auch von der Intonation her. Das weitmensurierte tiefe Blech sitzt bei den Tuben und spielt ins Orchester rein, was ebenfalls für das Zusammenspiel wichtig ist. Die Trompeten als oftmals melodieführendes Register sitzen mittig. Da bei moderner Literatur oftmals nur ein Trompetenregister zu besetzen ist, gibt es da auch keine große Unterscheidung in Trompeten/ Flügelhörner. Nach Bedarf spielen einige Trompeten die Flügelhornstimmen (wenn möglich dann auch mit Flügelhorn, anderenfalls mit Trompeten). An die Trompeten schließen die Posaunen an (1. Trompete und 1. Posaune nebeneinander), sodass das engmensurierte Blech zusammensitzt. Die Bassposaune ist bewusst gegenüber den Tuben platziert, um ein Gegengewicht zu haben und einen ausgewogenen Klang zu gewährleisten.
Das Waldhorn stellt in vielen Fällen ein Bindeglied zwischen Holz und Blech dar, daher sitzt es am besten in der Mitte. In meinem Fall habe ich die Saxophone daneben gesetzt, um eine bessere Unterstützung gewährleisten zu können (Altsax hat oftmals Stichnoten vom Horn in den Noten).
Thomas Drost
Musikverein Dermbach e.V., DE
Anzahl MusikerInnen: 32
Der Musikverein Dermbach ist ein relativ kleines Orchester. Tenöre und Sax sitzen nahe beieinander, da die Stimmen oft ähnlich sind.
Das Holz in 2 Reihen, aber nur wegen der Symmetrie. Horn in der rechten Ecke, um besser zu mischen. Orchester eher tief wie breit, wegen der Form des Probenraums. Oft sind es ja auch äußere Einflüsse und nicht der Klang, der diktiert.
Prinzipiell sollte man ja davon ausgehen, dass der beste Platz im Publikum eigentlich am Dirigentenpult ist. Vertikale Balance also die homogene Mischung des musikalischen Produktes durch alle Instrumentengruppen wird ja maßgeblich vom Dirigenten beeinflusst.
Daher hat die Sitzordnung einen großen Einfluss.
Intonation über die Grundstimmung hinweg funktioniert ja nur durch Hören. Und selbst das nur bedingt. Um Instrumentengruppen die Möglichkeit zu geben aufeinander zu hören muss der Interferenzraum betrachtet sein. Z.B. Trompeten direkt hinter Klarinetten. Klangausgleich ist ein ähnliches Thema. Hörner und Posaunen sind oft rhythmisch gleichgesetzt. Tenöre und Saxophone folgen oft dem gleichen Musikverlauf. etc. Die Sitzordnung trägt auch zur Stimmung bei. Wenn Gruppen kontinuierlich durch gegenlaufende Melodien oder Lautstärke gestört werden, trägt das definitiv zur schlechten Laune bei.
Bezugnehmend auf das obengenannte sollte es ja nach Möglichkeit überall im Saal so klingen wie am Dirigentenpult. Es gibt Studien, die sich mit der Tragweite von Instrumenten im Saal beschäftigen. Daraus resultierend versuche ich Schall nicht ungehindert in den Saal dringen zu lassen. Z.B Tenöre vom Pult aus Links damit der Trichter ins Orchester zeigt.
Christian Kriegl
TMK Sonntagberg, AT
Anzahl MusikerInnen: 38
Warum diese Sitzordnung? Größtenteils durch das bestehende Musikheim vorgegeben (mangelnde Breite bzw Tiefe).
Im Gegensatz zur Grafik werden ab Reihe 2 die Reihen immer gerader, die letzte ist komplett in einer Linie. Wie erwähnt, baulich bedingt. Bassregister sitzt bei mir deshalb in der Mitte der Reihe, da Posaunen nur zum Konzert besetzt sind.
Für das Zusammenspiel und den Klangausgleich im Orchester selbst hat die Sitzordnung einen großen Einfluss. Auch für das „Zusammenhören“ sehr wichtig. Daher bei mir bewusst die Entscheidung nicht alle ersten Flöten in der ersten Reihe und die zweiten dahinter, sondern eine Mischung, damit auch die jüngeren/noch nicht ganz so guten jemanden haben an dem sie sich orientieren können. Zusätzlich haben wir innerhalb der Flöten bei uns ein Rotationsprinzip eingeführt, dh. es wird ständig gewechselt wer wo sitzt.
Für die Intonation hat die Sitzordnung – meiner Meinung nach – eher weniger Einfluss, da diese von vielen anderen Faktoren deutlich mehr abhängig ist. Nur um einige Punkte zu nennen: schlechte Qualität beim Instrument, wenig/keine Übezeit zuhause, fehlendes Wissen über das Gesamtbild hinter einem bestimmen Ton (sprich Dur-Terz oder Moll-Terz) etc.
Auf das Hörerlebnis des Publikus hat die Sitzordung einen sehr wesentlichen Einfluss! Zumindest für die Besucher:innen die sich auskennen 😉 Falsche Position der Flöte bzw. Piccolo oder der Tenorhörner kann ab einer gewissen Lautstärke kritisch werden, daher ist es meiner Ansicht nach besser, wenn diese Instrumentengruppen in das Orchester spielen.
Herzlichen Dank an Jannik Webel, Ralph Dinu-Biringer, Thomas Drost und Christian Kriegl für ihre Sitzordnung-Beispiele und Erklärungen. Im kommenden Beitrag – Beispiele ab 40 Musiker:innen – beschreiben die Dirigenten Julien Meisenzahl, Joachim Pfläging, Simon Scheiwiller, Maximilian Weninger und Michael Vikoler die Sitzordnungen ihrer Blasorchester.
Warum sitzen bei den meisten Aufstellungen die Flöten links und spielen so aus dem Orchester heraus? Das ergibt für mich wenig Sinn. Trompeten und Posaunen sollten doch eigentlich, aufgrund ihrer Charakteristik, nach vorne spielen? Jede Sitzordnung hat natürlich eigene Problemlösungen, aber physikalische Gesetze kann man doch nicht ignorieren ?
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