Donnerstag, November 21, 2024
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Die Triangel Dirigent – Musiker – Publikum Teil 3

Die Antwort von Annette Burkhardt

Vor einiger Zeit habe ich insgesamt sieben Dirigent:innen die Frage gestellt: “Wie vereinbart man seine eigenen Vorstellungen als Dirigent:in und Künstler:in mit der Erwartungshaltung von Musiker:innen und Publikum?” Die Antworten sind so interessant, dass ich mich entschlossen habe, sie jeweils separat in einem Blog-Beitrag zu veröffentlichen. Den Anfang machte Alexander Beer (DE), dann folgte Sandro Blank (CH). Heute können wir die Antwort von Annette Burkhardt (DE) lesen. Demnächst folgen die Antworten von Stefan Kiefer (DE), Michael Kummer (DE), Dietmar Rainer (IT, Südtirol) und Meinhard Windisch (IT, Südtirol).

Derzeit arbeitet Annette Burkhardt als Dirigentin der Bergkapelle der SWS AG, der Blaskapelle Eberstal und dem MSV Bachenau und hat einen Lehrauftrag an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg im instrumental-gesangspädagogischen  Bereich des Fachs Musik für Trompete.

Gedanken zum Thema

Punkt Eins: Der Dirigent

Schon bei der Auswahl des zu dirigierenden Orchesters sollte ein Dirigent darauf achten, dass ihm Genre und Stil des Orchesters liegen. Es macht einen großen Unterschied, ob man eine traditionell orientierte Dorfkapelle, oder ein sinfonisches Blasorchester mit Vorliebe für zeitgenössische Originalliteratur übernimmt. Es ist m.E. unglaublich wichtig, sich vor Amtseintritt bei einem Auftritt oder einem Konzert einen Höreindruck des Orchesters zu verschaffen um zu beurteilen, ob der Klangkörper mit seiner Besetzung zu den eigenen Vorstellungen passt.

Ebenso wichtig ist es für die Musiker, den Dirigenten mit seinen Vorstellungen „In welche Richtung soll es gehen?“, seiner Art und seinen Kommunikationsmitteln kennenzulernen und sich aktiv für ihn zu entscheiden. Eine voreilige Entscheidung mangels Bewerbern kann schnell Unmut auf beiden Seiten zur Folge haben.

Jedes Genre hat seinen eigenen Interpretationsstil, seine eigenen ungeschriebenen Gesetze; und nur wenn diese vom Dirigenten verinnerlicht sind und gut vermittelt werden können, kann er sich mit seinem Orchester auch nach seinen Vorstellungen entfalten.

Punkt Zwei: Die Musiker

Um die Erwartungshaltung der Musiker zu erfüllen, ermutige ich meine Mitspieler immer dazu Stücke vorzuschlagen, auch gehe ich aktiv auf jüngere Mitspieler zu, die meist mit Wünschen gegenüber dem Dirigenten eher zurückhaltend sind und spreche sie direkt auf ihre derzeitigen, spielbaren Lieblingsstücke an.

In einem meiner Orchester haben wir einen Spender gefunden, der anonym bleiben möchte, welcher die, von Kapellenmitgliedern gespendeten Stücke, zu 100% bis zu einem Gesamtbetrag von 1000€ noch einmal zusätzlich fördert.

Das bedeutet, das Stück wird von der Person bezahlt, die es ausgesucht hat und das Orchester bekommt dann von unserem Gönner zusätzlich noch den Preis für das Stück auf das Vereinskonto.

Dies ist für uns natürlich ein absoluter Glücksfall! Vielleicht lassen sich in ihrem Verein auch Sponsoren und Gönner finden, die sich auf dieses Modell der Förderung einlassen. Uns tut diese Abmachung sehr gut, da sich nun auch passive Mitglieder und somit auch ein Großteil des Publikums mehr denn je mit einbringen.

Um die Spielfreude der Musiker zu gewähren, setze ich auf, zur Besetzung und dem Leistungsstand passende Arrangements. Hierfür sollte sich der Dirigent sehr gut mit den Tonumfängen der einzelnen Instrumentengruppen an sich, aber auch den Fähigkeiten der einzelnen Musiker auf ihrem Instrument auskennen und dies beim Aussuchen der passenden Bearbeitungen dann auch berücksichtigen.

Viele Verlage haben mittlerweile Youtube Videos, bei denen, während das Klangbeispiel ertönt, die Partitur mitgelesen werden kann. Dies erleichtert eine Auswahl ungemein.

Punkt Drei: Das Publikum

Die Erwartungshaltung des Publikums ist meist ein kurzweiliges, abwechslungsreiches Konzert. Nur wenige Musikvereine haben ein Publikum, das nur zeitgenössische sinfonische Blasorchesterliteratur hören möchte, hingegen kommt eine Mischung aus traditioneller Blasmusik, Film- und Musicalbearbeitungen und dem ein oder anderen Originalwerk meist sehr gut an.

Wir hatten mit meiner Blaskapelle Eberstal vor Corona immer als Höhepunkt des Jahres ein Doppelkonzert gemeinsam mit einer anderen Oberstufenkapelle. Die Zuhörer hatten quasi 2 Konzerte in einem, mit überwiegend originaler sinfonischer Blasmusik. Nach den Lockerungen der Coronaregelungen und nachdem 2 Jahreskonzerte coronabedingt ausfallen mussten, starteten wir, unterstützt vom NEUSTART AMATEURMUSIK Programm mit unterschiedlichen Ensembles. Aus den eigenen Reihen wurde eine unechte Oberkrainer Besetzung, eine Big Band, ein Holz- und ein Blechbläserensemble formiert. Im vergangenen Jahr bestritten dann diese Ensembles in jeweils passenden Outfits die erste Hälfte des Konzertprogramms. Eher „aus der Not geboren“  kam diese neue Konzertstruktur überraschender Weise beim Publikum sehr gut an. Nach diesem positiven Feedback des Publikums werden wir natürlich unsere weiteren Konzertprogramme dementsprechend anpassen.

Das Publikum bemerkt auch, ob etwa ein Stück mit Leib und Seele musiziert wird, oder ob es irgendwie herunter gespielt wird, weil im Vorfeld etwas nicht passte.

Für Dirigenten und Musiker gilt gleichermaßen:

„Nur wer selbst brennt, kann Feuer in anderen entfachen.“ (Aurelius Augustinus)

In diesem Sinne wünsche ich allen Lesern des Blasmusikblogs viel Freude beim „Zündeln”.

Herzlichst,
Annette Burkhardt

Ein herzliches Dankeschön an Annette für ihre Antwort auf die Frage “Wie vereinbart man seine eigenen Vorstellungen als Dirigent:in und Künstler:in mit der Erwartungshaltung von Musiker:innen und Publikum?”

Beitragsbild © dieatemraeuber.de 

Hier die Links zu allen Dirigenten-Statements zum Thema “Wie vereinbart man seine eigenen Vorstellungen als Dirigent:in und Künstler:in mit der Erwartungshaltung von Musiker:innen und Publikum?”
Teil 1 Alexander Beer
Teil 2 Sandro Blank
Teil 3 Annette Burkhardt
Teil 4 Stefan Kiefer
Teil 5 Michael Kummer
Teil 6 Dietmar Rainer
Teil 7 Meinhard Windisch

Alexandra Link

Musik ist ein sehr wichtiger Bestandteil meines Lebens. Musizierende Menschen zusammen zu bringen meine Leidenschaft.

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