Marcel Poot – Komponist zwischen überschwänglicher Vitalität und tragischer Lyrik

Ein Gastbeitrag von Dirk Verholle

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Marcel Poot wurde als einer der markantesten flämischen Komponisten des 20. Jahrhunderts bezeichnet. Er schrieb Musik mit universalen Qualitäten. Überschwängliche Vitalität und tragische Lyrik sind die beiden Gegensätze seines gemäßigt modernen Stils.

Foto(s): Privatarchiv Familie Marcel Poot

Leben

Marcel Poot
Marcel Poot

Marcel Poot wurde am 7. Mai 1901 in Vilvoorde als Sohn von Jan Poot, dem Direktor des Königlichen Flämischen Theaters in Brüssel, geboren. Seinen ersten Unterricht erhielt er von dem Organisten Gerard Nauwelaers, der ihn als Pianist auf die Aufnahmeprüfung für Klavier am Königlichen Musikkonservatorium in Brüssel vorbereitete. Dort studierte er Klavier bei José Sevenants und Arthur De Greef sowie Harmonielehre bei Martin Lunssens. Ein Klavierdiplom erhielt er nie, aber er blieb von der Musik besessen und komponierte seine ersten Werke, zunächst ohne das Wissen seines Vaters. 1920 lernte Poot Paul Gilson kennen, der sich um seine jugendlichen Werke kümmerte und ihm Privatunterricht in Kontrapunkt, Fuge und vor allem Komposition und Orchestrierung gab. Am Antwerpener Konservatorium erlangte er anschließend einen ersten Preis in Kontrapunkt und Fuge in der Klasse von Lodewijk Mortelmans.

Im Jahr 1930 erhielt er den Rubens-Preis, ein Stipendium, das ihm ein dreimonatiges Studium an der École Normale de Musique in Paris bei Paul Dukas ermöglichte. Poot begann seine musikpädagogische Laufbahn als Musiklehrer am Gymnasium und an der Musikakademie seiner Heimatstadt. 1930 wurde er Musikredakteur am NIR (Nationales Institut für Rundfunk), und bald darauf wurde er vom Brüsseler Konservatorium berufen. Ab 1939 unterrichtete er praktische Harmonielehre und später Kontrapunkt. Er war auch ein geschätzter Musikkritiker für die Zeitungen Le Peuple und La Nation Belge. 1949 trat Marcel Poot die Nachfolge von Léon Jongen als Direktor des Brüsseler Konservatoriums an. Poot wurde auch Vorsitzender zahlreicher Gremien wie Sabam, dem Verband der belgischen Komponisten, und genoss als Vorsitzender des Königin-Elisabeth-Wettbewerbs großes Ansehen.

Mensch und Künstler

Diskretion und Höflichkeit gegenüber seinen Mitmenschen waren für Poot stets eine Richtschnur. In seiner Studienzeit begann er mit seinen ersten Kompositionen. Sein Schwerpunkt war die Filmmusik, das aktuelle Genre der Zeit. So schrieb er für dokumentarische Rollenspiele und der große Komiker Charlie Chaplin inspirierte ihn zu seinen drei symphonischen Skizzen Charlot (1926). Mit Ausnahme des Liedes, das ihm nicht besonders lag, komponiert er in fast allen Gattungen und Formen.

Der Synthetiker: Der Beginn seiner Karierre

Regelmäßig traf sich eine Gruppe von Freunden in einem Café. Anlässlich des 60. Geburtstags von Paul Gilson und auf seine Anregung hin wurde die Gruppe “Les Synthétistes” gegründet. Zu dieser Gruppe um Meister Gilson gehörten auch Gaston Brenta, Théo Dejoncker, René Bernier, Robert Otlet, Jules Strens, Maurits Schoemaker und später Francis De Bourguignon. Die Gründung der Synthetisten ist nicht als künstlerisches Manifest wie die der Russischen Fünf zu sehen, sondern eher als eine Art französischer Groupe des Six, die einer neuen Generation von Komponisten Aufmerksamkeit schenken wollte. Eine typische „haute-bourgeoise Lokomotive” wie die Figur von Jean Cocteau in der Groupe des Six fehlte, und der internationale Durchbruch ist der Bewegung nicht gelungen. Sie hat jedoch die begabtesten Komponisten der Gruppe individuell zusammengeführt. Das Manifest der Gruppe lautete “eine klare und lebendige Kunst mit der Synthese der Errungenschaften der zeitgenössischen Musik zu schaffen”. Ihr Hauptziel war es, für sich selbst einzustehen und Mittel zu finden, um ihre Werke als Komponisten zur Aufführung zu bringen. Zu dieser Zeit gab es noch keinen Rundfunk und auch Schallplatten wurden quasi noch nicht hergestellt. Sie waren gezwungen, ihre symphonischen Werke selbst für Blasorchester umzuarbeiten, um eine Chance zu haben, dass die Musikkapelle der Gidsen (Koninklijke Muziekkapel van de Gidsen, im Folgenden kurz „Gidsen“) unter der Leitung von Arthur Prévost sie aufführen würde. Als die Gidsen das Werk der Synthetists aufnahmen, war dies der Startpunkt von Poots Karriere als Komponist.

Synthetisten
Synthetisten

Jazz-Music

Jazz-Music (vergriffen) wurde 1929 auf Wunsch von Arthur Prévost für die Musikkapelle der Gidsen geschrieben. Während einer Tournee der Gidsen in Amerika stand dieses Werk auf dem Programm. Es wurde ein sofortiger Erfolg und wurde sofort auf LP veröffentlicht. Auch danach führten die Gidsen immer wieder Jazz-Music auf. Bei einem ihrer Pavillon-Konzerten (“Kioskconcert”) in Brüssel hörte auch Pierre Monteux, der berühmte französische Orchesterleiter, dieses Werk. Er fragte Poot daraufhin, ob er es für Sinfonieorchester umarbeiten würde. Das ist eine Seltenheit: Normalerweise wird ein sinfonisches Werk für Harmonieorchester bearbeitet. So waren fast alle Werke, die die Gidsen aufführten, Transkriptionen von symphonischen Werken. Mit diesem Werk hat er also das Gegenteil getan, genau wie Paul Gilson mit seinen Variations Symphoniques. Es sind, zumindest damals, die einzigen beiden Werke, die in Belgien bekannt waren.

In Mode?

In der Harmonie Royale in Vilvoorde hatte Poot seine ersten Noten gelernt. Er hatte also Verständnis und Zuneigung für ihre Aktivitäten, und sie forderten seine Werke an. Poots frühe Werke waren sicherlich von der musikalischen Mode der Zeit beeinflusst. Ein Beispiel dafür sind seine Variations en forme de Danses. Aber ganz am Anfang schrieb Marcel Poot in Anlehnung an Gilson. Wenn er populäre Unterhaltungsmusik für zweckmäßig hielt, verwendete er sie, wie in seinem Ballett Paris et les trois Divines, wo er eine Samba einfügte.

Vielseitigkeit

Marcel Poots umfangreiches Werk umfasst Werke für Sinfonieorchester (Sinfonien, Konzerte für Instrumente und Orchester, andere Orchesterwerke), Werke für Blasorchester, Blaskapelle und Fanfarenorchester, Oratorien, Musiktheater (Oper, Operette, Ballett), Vokalmusik, Werke für Chor, Orgel, Klavier, Harfe, Kammermusik und Hörspiele (Hörspiele), Erkennungsmelodien für Radiosendungen usw.

International

Der persönliche und internationale Durchbruch von Marcel Poot erfolgte 1930 mit der Ouverture Joyeuse, die zwar einen kaleidoskopischen Überblick über seinen Stil gibt, aber keineswegs die Synthese seiner Kunst darstellt. Infolgedessen wird er allzu leicht als belgischer Chabrier katalogisiert. Der schelmisch-humorvolle Unterton seines Werks wird als typisch flämische Individualität angesehen, wie in der Musik von Flor Alpaerts und Jef Van Hoof. Angeregt durch Paul Gilson, blieb Poots Werk jedoch nicht in den flämischen romantisch-nationalistischen Tendenzen der Nach-Benoit-Ära stecken. Poot war auch einer der ersten, der sich von den strengen kompositorischen Traditionen Gilsons löste. Er strebte nach Unabhängigkeit und folgte seiner eigenen Vitalität, inspiriert durch neue Ansichten, die von internationalen Bewegungen eingebracht wurden.

Die wichtigsten, momentan erhältlichen Werke von Marcel Poot:

Choreographische Fantasie (Grad 6)
Burlesca (Grad 6)
Bacchanten (Scherzo for Band) (Grad 5)
Capriccio (Grad 6)
Divertimento (Grad 3)
Concertante Beweging
Ballade
Concertmuziek
Dionysos Bachanale (Grad 5)
Charlot
Diptiek
Humoresque
Laetare (Grad 4+)

Dieser Beitrag von Dirk Verholle ist ursprünglich in der flämischen Verbandszeitschrift Vlamo Klankbord erschienen. Ein herzliches Dankeschön an Dirk und die Vlamo, dass ich diesen übersetzen und hier auf dem Blasmusikblog veröffentlichen durfte!

Alexandra Link

Musik ist ein sehr wichtiger Bestandteil meines Lebens. Musizierende Menschen zusammen zu bringen meine Leidenschaft.

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