Donnerstag, November 21, 2024
FührungOrganisationVereinsmanagement

Die Einführung des Teambasierten Vereinsmanagements im Musikverein

Bevor ein Musikverein das Teambasierte Vereinsmanagement einführt, gibt es einiges zu beachten. Das Wichtigste: die breite Unterstützung aller Musikerinnen und Musikern! An dieser Stelle erinnere ich gerne nochmals an die vier Grundprinzipien des Teambasierten Vereinsmanagements:

  1. Wir arbeiten gemeinsam am Verein – musikalisch und organisatorisch
  2. Jeder hat eine außermusikalische Aufgabe gemäß seinen Kompetenzen und seiner Zeit, die er aufbringen kann
  3. Wir erledigen die übernommenen Aufgaben selbstorganisiert
  4. Es gibt keine Hierarchie

Die Einführung hat weitreichende Folgen für alle. Ab Einführung sollte jedem bewusst sein, dass nicht nur im musikalischen Zusammenspiel als Orchester jeder einzelne eine wichtige, unverzichtbare „Stimme“ hat, sondern auch bei der Zukunftssicherung des Vereins. Alle haben schließlich Interesse daran, dass sein jeweiliges Register auch in Zukunft (noch) voll besetzt ist. Alle wollen Konzerte spielen, die einiges an organisatorischem Aufwand bedürfen. Und diese Konzerte sollten auch gut besucht sein – jeder ist dafür verantwortlich, dass Konzerttickets verkauft werden bzw. Besucher ins Konzert kommen. Und so weiter. Ergo muss auch jeder an der Organisation und Verwaltung des Vereins mitarbeiten. Nicht leicht, den Geist des Miteinanders in einen Musikverein zu bekommen, bei dem es die Musiker:innen gewohnt waren, dass die Vorstandschaft „schafft“ und die meisten anderen nur zum Muszieren kommen. Wenn wir wollen, dass die Arbeit gleichmäßiger auf viele Schultern verteilt wird, müssen sehr viel mehr Leute Aufgaben übernehmen. Die Einführung des Teambasierten Vereinsmanagements kommt einem Kulturwandel gleich. Wie der Kulturwandel gelingen kann, werde ich im Folgenden erläutern.

Ist die Dringlichkeit gegeben?

Die Einführung des Teambasierten Vereinsmanagements ist spätestens dann unausweichlich, wenn ein oder mehrere Vorstandsposten des bisherigen hierarchischen Vorstandsmodell mit 1. Vorstand, 2. Vorstand, Schriftführer, Kassier und mehreren Beisitzern nicht mehr besetzen lassen. Mehr „Dringlichkeit“ geht dann quasi nicht mehr. Allerdings braucht es diese Dringlichkeit auch, um allen Musiker:innen klar zu machen, dass das bisherige Modell nicht mehr funktioniert. Es wäre sehr schwierig, ohne schwerwiegenden Grund die Vorstandsstruktur zu verändern. In vielen Musikvereinen funktioniert das bisherige Modell und alle sind zufrieden. Es gibt Vorstände oder Präsidenten, die sind das gerne. Sie setzen sich mit Leib und Seele für den Verein ein. Manchen gefällt vielleicht auch das damit einhergehenden „Prestige“. Einige tun sich damit schwer, Verantwortung zu übertragen und Vertrauen zu haben, dass die Aufgaben auch dann im Sinne des Musikvereins gut erledigt werden. Wenn das so funktioniert: warum also nicht? Wir müssen uns aber schon im Klaren darüber sein, dass, wenn diese Persönlichkeit wegfällt, es vielleicht nicht so einfach ist, jemanden zu finden der in diese Fußstapfen treten will. Also, wenn die Vereinsorganisation und -verwaltung reibungslos läuft, macht es erst einmal keinen Sinn, die Struktur zu verändern. Die Musiker:innen würden es nicht verstehen. Die Dringlichkeit muss vorhanden sein. Ein Grund der Dringlichkeit habe ich schon genannt: Es findet sich niemand, der einen gewissen Posten übernehmen will. Ein anderer Impuls kann von den Vorstandsmitgliedern selbst ausgehen. In vielen Vereinen gibt es nur einen Jugendleiter beispielsweise. Mittlerweile ist die Jugendarbeit im Musikverein – will man sie richtig und nachhaltig machen – von ein oder zwei Personen nicht mehr leistbar. Hier braucht es ein Team von Leuten, die sich um die Akquise (Instrumentenkarusell, Instrumentenvorstellung), die Instrumentallehrer, die Kooperation mit Grundschule und Musikschule, die Eltern, die außermusikalischen Aktivitäten, die Leistungsabzeichen, die Auftritte der Juka, usw. kümmern. Selbiges gilt beispielweise für das Marketing. In vielen Vereinen ein „Stiefkind“. Die Schriftführerin schreibt, wenn nötig, einen Pressetext, der erste Vorstand hat die Website erstellt, macht vielleicht noch ein wenig Facebook. Jeder ein bisschen was, längst nicht alles, was heutzutage notwendig ist und schon gar nicht strukturell oder organisiert. Die Vorstandsmitglieder haben schlichtweg zu wenig Kapazität, um tatsächlich alle Aufgaben zu erledigen und dabei auch vorausschauend zu handeln. Ich erinnere mich immer an eine der ersten Zukunftswerkstätten, die ich moderiert habe. In der Vorstellungsrunde sind einer Dame die Tränen gekommen. Sie stellte sich als die Jugendleiterin des Musikvereins vor und erzählte, dass sie sich damit extrem überfordert fühlt. Gott sei Dank hatte sie am Ende des Tages 3 Unterstützer, die sie von da an im Jugendteam unterstützt haben. Oder erst vor kurzem ein Kassierer, der sagte, dass er das Amt aus Kapazitätsgründen nicht mehr ausfüllen kann. Er hat dann im neu gegründeten Finanzteam dennoch eine Teilaufgabe übernommen. Er erstellt weiterhin die Jahresrechnung.

Zukunftswerkstatt / Klausurtag: Aktivierung und Motivation der Musiker:innen, erste Teams und AGs.

Wie bekommen wir nun alle Musiker:innen bei unserem Vorhaben mit? Wie machen wir es jedem klar, dass jeder eine außermusikalische Aufgabe haben wird? Wie bringen wir die Musiker:innen dazu, sich in der einen oder anderen Arbeitsgruppe zu engagieren? Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es bei einer Zukunftswerkstatt fast von selbst geht. Liegt die Organisation im Argen, kommt das bei Zukunftswerkstätten automatisch auf den Tisch. Ebenso quasi von selbst kommen die Musiker:innen drauf, dass mehr in Teams und Arbeitsgruppen gearbeitet werden muss. Auf Grund von tatsächlich auf dem Tisch liegenden Problemen kommen die Lösungsideen in den Arbeitsgruppen direkt von den Musiker:innen. Nachdem sich die Vorstandschaft über die Möglichkeiten des Teambasierten Vereinsmanagements auf dem Blasmusikblog, in einem Online-Seminar zum Teambasierten Vereinsmanagement oder in Gesprächen informiert hat, ist der nächste Schritt also die Aktivierung und Motivation aller Musiker:innen in einer Zukunftswerkstatt. Vereine, die schon entschieden haben, dass das Teambasierte Vereinsmanagement die Zukunft der Vereinsorganisation und -verwaltung ist, hängen an diese Zukunftswerkstatt noch einen halben Tag dran, in dem sich die bisherige Vorstandschaft, die Registerleiter und Interessierte um die Aufgabenverteilung und künftige Struktur kümmert.

Weitere Informationen zur Zukunftswerkstatt könnt Ihr in diesen beiden Beiträgen nachlesen:
Zukunftswerkstatt – Der Boost für Ihren Musikverein
Zukunftswerkstatt im Musikverein – Und wie geht es danach weiter?

Gründung einer Taskforce

Die Umstellung auf das Teambasierte Vereinsmanagement geht nicht von heute auf morgen. Damit die Umstrukturierung im Fluß bleibt, am optimalen Modell für den eigenen Verein gearbeitet wird, damit es voran geht und alles in die richtigen Bahnen kommt, ist die Gründung einer Taskforce entscheidend. Diese Taskforce kümmert sich, bis die Teams gebildet sind und weit darüber hinaus. Diese Taskforce bildet sich idealerweise während der Zukunftswerkstatt und begleitet sowie gestaltet den kompletten Umstrukturierungsprozess.

Manager finden

Zunächst scheint es schwierig, geeignete Personen für die sechs Managerposten (Ressortleiter, Bereichsleiter, Vorstände – egal wie Ihr die Posten nennt) zu finden. Gewisse Posten sind jedoch schon von vorneherein besetzt. Der Kassierer zum Beispiel. Viele Aufgaben, die im Bereich der Verwaltung angesiedelt sind, werden bisher schon vom Schriftführer erledigt. Ein möglicher Manager Verwaltung kann also im Schriftführer gefunden werden. Der bisherige erste Vorstand (wenn er weiterhin tätig sein will) kann sich auf den Bereich des Managers Organisation beschränken. Und der bisherige zweite Vorstand kann beispielsweise den Bereich Musik oder Marketing übernehmen. Je nach Neigung.

Es ist vergleichsweise sehr viel einfacher, „Vorstände“ für einen Teilbereich der Aufgaben und einer Teil-Verantwortung zu finden. Es muss dabei von vorneherein klar sein, welche Aufgaben in welchen Bereich gehören. Eine ganz klare Abgrenzung also. Wenn für die einzelnen Bereiche schon Arbeitsgruppen und Einzelpersonen für die Erledigung der Aufgaben bereitstehen, um so besser. In vielen Musikvereinen wird ja sowieso schon ansatzweise teambasiert gearbeitet. Es gibt beispielsweise schon einen Festausschuss (neben der bisherigen Vorstandschaft), der das jährliche Schnitzelfest organisiert. Oder ein Dekoteam, das bei jedem Konzert für das gestalterische Ambiente sorgt. Beide Arbeitsgruppen gehören selbstverständlich in den Bereich des Managers Organisation. Oder es gibt beispielsweise ein funktionierendes Registerleiter-System. Die Registerleiterrunde ist dann quasi eine Arbeitsgruppe innerhalb des Bereichs des Managers Musik. Eine Musikkommission, die zumindest in der Schweiz üblich ist und zusammen mit dem/der Dirigent:in das musikalische Programm zusammenstellt. Auch das eine Arbeitsgruppe innerhalb des Bereichs der Musik. Usw.

Sammlung der Aufgaben und Zuordnung zum Resort (Bisherige “Amtsträger“, Speed-Dating)

In vielen Musikvereinen gibt es schon Stellenbeschreibungen der einzelnen Vorstandsposten. Das ist eine gute Ausgangsbasis bei der Neuorganisation der Aufgabenbereiche. Wenn es das noch nicht gibt, erhalten die bisherigen Amtsinhaber den Auftrag, die Aufgaben, die sie erledigen, aufzuschreiben.

Oder der Musikverein veranstaltet ein Speed-Dating. Das geht so: Sechs Tische werden im Saal verteilt. Auf jeden Tisch kommt eine Papiertischdecke oder ein Flipchart-Papier. Darauf werden jeweils ein Schild mit dem Bereich gelegt: Musik, Organisation, Verwaltung, Jugend, Finanzen und Marketing. Die Musiker:innen verteilen sich an den Tischen. Die Gruppen bekommen den Auftrag, die Aufgaben, von denen sie denken, dass sie in den Bereich gehören, auf das Blatt zu schreiben. Auf Kommando geht es los. Nach ein oder zwei Minuten müssen alle den Tisch wechseln. Am neuen Tisch müssen sich dann alle erst einmal den Überblick darüber verschaffen, was da schon steht und dann ergänzen. Das wird wiederholt, bis jeder an jedem Tisch war. Es gibt also insgesamt 6 Runden. Anschließend werden die Blätter aufgehängt und gemeinsam diskutiert, ob alle Aufgaben tatsächlich notiert wurden und ob die Aufgaben auch tatsächlich im richtigen Bereich sind.

Clustern der Aufgaben für Einzelpersonen & AGs

Es gibt im Musikverein Aufgabengebiete, die von Arbeitsgruppen gemeinsam erledigt werden oder Aufgaben für Einzelpersonen. Eventuell bestehen schon einzelne Arbeitsgruppen. Die Aufgaben werden sinnvoll zusammengefasst und weitere Arbeitsgruppen gebildet.

Musikerversammlung/Vereinstag

Die Sammlung der Aufgaben (beispielsweise wie vorgeschlagen per Speed-Dating), das Clustern und schließlich das Verteilen der Aufgaben kann an einem weiteren Vereinstag passieren. Die 6 Teams kommen an diesem Tag zum ersten Mal zusammen und besprechen ihre Arbeitsweise. Team-Sitzungen werden festgelegt und idealerweise auch schon Ziele für die kommende Zeit. Jedes Team erstellt ein Team-Plakat, auf dem das Team visualisiert wird. Die Team-Plakate werden am besten über Wochen und Monate hinweg im Probelokal aufgehängt, sodass die einzelnen Teams und Arbeitsgruppen immer präsent sind.

Vorstellung der Bereich-Teams und Arbeitsgruppen (Vorstandsminute) und fortlaufende Information

Mit dem Vereinstag bzw. der Musikerversammlung ist der Prozess noch nicht abgeschlossen. In regelmäßigen Abständen präsentieren alle Teams und Arbeitsgruppen ihre Arbeitsergebnisse in der Vorstandsminute nach der Probe. Das hilft – zusammen mit den Team-Plakaten – die Teams und Arbeitsgruppen präsent zu halten. Jeder ist somit jederzeit informiert, wer wo mitarbeitet und was im Hintergrund an Organisation und Verwaltung läuft. In vielen Musikvereinen sehe ich das Problem, dass die Musiker:innen nicht wissen, was im Hintergrund läuft, was der Vorstand überhaupt arbeitet und wer was macht. Dem kann im neuen System von Anfang an vorgebeugt werden.

Übergangsphase

Wie oben schon beschrieben sollte ein Verein die Umstrukturierung nicht über’s Knie brechen. Wirklich alle müssen hinter dem System stehen. Und da zu erwarten ist, dass nicht alles gleich wirklich rundläuft, ist es klug, sich hier viel Zeit zu lassen. Der neue Vorstand und die Teams können ja kommissarisch im Innenverhältnis ihren Dienst aufnehmen.

Satzung und Verabschiedung

In der Satzung würde ich so knapp wie nur möglich formulieren. Beispiele habe ich schon veröffentlicht. Idealerweise gibt es zusätzlich zur Satzung eine Orchesterordnung, in der die vier Prinzipien und weitere Musiker- bzw. Probenregeln festgeschrieben und von allen Musiker:innen unterschrieben werden.

Alle bisher erschienenen Beiträge zum Thema Teambasiertes Vereinsmanagement gibt es nun in einem praktischen PDF (30 Seiten) zum Download. Mit diesem PDF könnt Ihr alle Informationen zum Teambasierten Vereinsmanagement an Eure Vorstands-Kollegen weiterleiten.

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Alexandra Link

Musik ist ein sehr wichtiger Bestandteil meines Lebens. Musizierende Menschen zusammen zu bringen meine Leidenschaft.

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