Wünsche von Dirigent:innen an Komponisten und Verleger

Round-Up Programmgestaltung und Werkauswahl Teil 4

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Programmgestaltung und Werkauswahl ist das Thema eines Round-Ups mit insgesamt vier Beiträgen. In diesen vier Beiträgen werden die Aspekte Motto-/Themenkonzerte, erfolgreiche Konzertprogramme, No-Gos in der Konzertprogramm-Zusammenstellung und Wünsche von Dirigent:innen an Komponisten und Verleger von sechs Dirigent:innen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz beleuchtet.

Herzlichen Dank an die Dirigent:innen Sandro Blank (CH), Dani Haus (CH), Lisa-Marie Holzschuh (DE), Marc Lange (DE), Bernhard Schlögl (AT) und Monika Schütz (CH), die vier Fragen zum Thema Programmgestaltung und Werkauswahl beantwortet haben.

Im vierten und letzten Teil lest Ihr die Antworten der sechs Dirigent:innen zu der Frage:

Was wünschst Du Dir als Dirigent:in von Komponisten einerseits und Verlegern andererseits für zukünftiges Blasorchester-Repertoire?

Sandro Blank (CH)

Sandro Blank
Sandro Blank

Sandro Blank ist Dirigent der Feldmusik Sarnen, dem Jugendblasorchester Luzern, der Stadtmusik Zug, dem Jugendblasorchester der Musikschule Baar ZG und ab Herbst 2024 Dozent für Blasorchesterleitung an der HKB Bern.

„Ich wünsche mir immer wieder neue Ansätze, Klänge und Vorstellungen. Ich wünsche mir vor allem auch von meinen Kolleginnen und Kollegen, dass sie den Mut aufbringen ihr Publikum dann und wann herauszufordern. Ansonsten können wir keine Weiterentwicklung garantieren, die wichtig ist. Es braucht Mut und Kraft für seine Überzeugungen einzustehen und diese zu vermitteln. Gegenüber dem Publikum, wie auch gegenüber seinen Musiker:innen. Es wird sich aber lohnen!“

Dani Haus (CH)

Dani Haus
Dani Haus

Dani Haus ist Dirigent der Stadtmusik Rheinfelden, CH, Schulmusiker, Privatlehrer für Trompete, Dirigieren und Musiktheorie sowie Arrangeur und Autor verschiedener Publikationen.

„Gerne würde ich diese Frage noch etwas erweitern und uns Dirigent:innen mit einbinden. Von meinen Kolleg:innen würde ich mir wünschen, dass sie bei der Literaturauswahl möglichst kreativ sind, Interesse für junge Komponist:innen und deren neue Werke aufbringen und immer auch den Mut haben, erfrischend (weil überraschend) anders zu programmieren.

Anton Bruckner, ätzte einst ein Kritiker, hätte gleich neunmal dieselbe Sinfonie geschrieben, was aus musikwissenschaftlicher Sicht natürlich totaler Schwachsinn ist. Trotzdem gibt es wahrscheinlich keinen anderen Komponisten, der so unverkennbar ist. In der Blasmusik lässt sich heute (leider) ein ähnliches Phänomen beobachten – allerdings nicht auf eine Einzelperson bezogen, sondern auf eine ganze Gruppe von Komponist:innen der landläufig viel zu oft gespielten «0-8-15-Stücke». Alles klingt sehr ähnlich und ist nach denselben Mustern gefertigt… und allzu viele Konzertprogramme leider ebenso! Muss das so sein?

Ich selbst erachte die umsichtige und kritische Literaturrecherche als die unabdingbare Voraussetzung für eine innovative Programmgestaltung. Meines Erachtens gibt es auch heute noch zahlreiche gute Komponist:innen, die für Blasmusik schreiben. Im Zeitalter der Zahlen, Klicks und Quoten dürfte es allerdings vielen schwerfallen, ihre „eigene“ Musik zu komponieren, ohne sich dem wirtschaftlich orientierten Diktat der Verlage zu beugen. Diesbezüglich scheint mir beiderseits, bei Komponist:innen wie Verlagen, Mut und Weitsicht gefragt, denn Qualität wird sich letztlich durchsetzen und überleben.“

Lisa-Marie Holzschuh (DE)

Lisa-Marie Holzschuh
Lisa-Marie Holzschuh

Lisa-Marie Holzschuh ist 2. Musikoffizier des Stabsmusikkorps in Berlin. Sie leitete 2018-2023 das Werksorchester Schlafhorst in Mönchengladbach und ist Dozentin bei verschiedenen Orchestern und Bläserphilharmonien, z. B. bei der Südfränkischen Bläserphilharmonie.

Neue Ideen, gute Musik und Repertoire für ganz unterschiedlich große Blasorchester (von kleiner Blaskapelle bis Profiorchester), das auf die jeweilige Besetzung zugeschnitten ist.

Marc Lange (DE)

Marc Lange
Marc Lange

Marc Lange ist Dirigent der Stadtkapelle Kirchheim unter Teck, des Musikvereins Oedheim und der Bläserphilharmonie Heilbronn. Er ist außerdem Dozent für Dirigieren an der BDB-Musikakademie in Staufen und für die C3-Dirigierlehrgänge verantwortlich.

„Das ist ein sehr komplexes Thema. Die Verlage müssen verkaufen, um zu überleben, entsprechend müssen die Komponisten liefern. Ein Problem sehe ich auch in der immer stärker werdenden Monopolisierung im Verlagswesen. Viele Verlage haben zwar noch ihren Namen behalten, sind aber in einer Hand und werden somit zentral gesteuert. Es gibt zum Glück Ausnahmen. Diese müssten viel mehr in der Öffentlichkeit protegiert werden. Von den Verbänden, Interessensvereinen, in Kursen/Workshops, von den Medien und auch von Plattformen wie dieser. Aber auch von uns Dirigentinnen/en, die an der Basis in den Verbänden und Vereinen dran sind.

Ich würde mir wünschen, dass Vertreter der Verlage mit ihren Komponisten und uns Dirigenten mehr ins Gespräch kommen. Beispielsweise eine Auftragskomposition zu vergeben, ist eine kostspielige Angelegenheit für Vereine und auch für Projektorchester. Solche Möglichkeiten würden automatisch einen Austausch erzielen.

Vielleicht würden somit mehr Kompositionen außerhalb des Mainstreams entstehen, die Orchester auf verschiedenen Schwierigkeitsstufen die Möglichkeit haben, gute und originelle Literatur aufzuführen.
Von uns Dirigenten wünsche ich mir mehr Sorgfalt bei der Literaturauswahl. Fast-Food ist durchaus der bequemere und schnellere Weg. Noch mehr Vernetzung und Austausch untereinander halte ich für die Zukunft für unverzichtbar.

Ich freue mich bereits jetzt auf die nächsten Programmgestaltungen… „

Bernhard Schlögl (AT)

Bernhard Schlögl
Bernhard Schlögl

Bernhard Schlögl ist Dirigent des Sinfonischen Blasorchesters Tirol und der Speckbacher Stadtmusik Hall in Tirol. Außerdem ist der künstlerische Leiter der Innsbrucker Promenadenkonzerte.

„Die Zukunft des Blasorchester-Repertoires: Ein Ruf nach Vielfalt und Entdeckung
Das Repertoire für Blasorchester ist reichhaltig und vielfältig. Von traditionellen Stücken bis hin zu zeitgenössischen Originalwerken und Transkriptionen gibt es eine Fülle von Musik. Doch trotz dieser reichen Auswahl gibt es eine Herausforderung, der sich viele Dirigenten gegenübersehen: die Suche nach neuen und interessanten Werken.

In der Diskussion über die Zukunft des Blasorchester-Repertoires ist es wichtig, die Perspektiven der Dirigenten, Komponisten und Verleger gleichermaßen zu berücksichtigen. Aus persönlicher Erfahrung und inspirierenden Gesprächen mit renommierten Persönlichkeiten wie Colonel Jason Fettig, dem ehemaligen Chefdirigenten der US Marine Band, und Jerry Junkin, einem angesehenen Blasorchesterdirigenten in den USA, wird deutlich, dass die gegenseitige Bekanntheit von Komponisten und Orchestern oft begrenzt ist, insbesondere über nationale Grenzen hinweg.

Eine zentrale Herausforderung liegt darin, dass Dirigenten möglicherweise nicht wissen, wo sie nach neuen Werken suchen können, und dass viele Komponisten nicht die notwendige Aufmerksamkeit erhalten, um von Blasorchesterdirigenten entdeckt zu werden. Hier setzt meine Vision für die Zukunft des Blasorchester-Repertoires an: Wir benötigen nicht zwangsläufig mehr Literatur, sondern vielmehr geeignete Plattformen, die Dirigenten mit potenziellen Werken aus der ganzen Welt in Berührung bringen können.

Durch meine Arbeit für die Innsbrucker Promenadenkonzerte und meine internationalen Kontakte erhalte ich regelmäßig Vorschläge für Literatur aus dem Ausland. Dabei stoße ich sowohl auf bekannte Stücke als auch auf mir unbekannte Meisterwerke. Es ist diese Vielfalt, die das Blasorchester-Repertoire bereichert und es ermöglicht, die künstlerische Vielfalt und die kulturelle Bandbreite der Welt widerzuspiegeln.

Mein Wunsch an Komponisten für zukünftige Werke ist, dass sie mutiger sind und ihre Persönlichkeit und Kreativität stärker einbringen. Statt sich dem Mainstream anzupassen und eine breitenwirksame Tonsprache zu bedienen, sollten Komponisten ihre eigene künstlerische Stimme finden und entwickeln. Ja, dies mag finanziell riskanter sein und weniger kommerziellen Erfolg versprechen, aber es ist die Vielfalt und Originalität in der Musik, die sie wirklich zeitlos macht.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen Komponisten, Dirigenten und Verlegern. Indem wir über nationale Grenzen hinweg arbeiten und uns gegenseitig unterstützen, können wir eine lebendige und dynamische Blasorchesterkultur fördern, die von Vielfalt und Innovation geprägt ist.

Insgesamt geht es bei der Zukunft des Blasorchester-Repertoires nicht nur darum, neue Werke zu schaffen, sondern auch darum, die Vielfalt und Originalität der bestehenden Musik zu würdigen und zu fördern. Indem wir mutig neue Wege gehen, können wir sicherstellen, dass das Blasorchester-Repertoire auch in Zukunft lebendig, inspirierend und relevant bleibt.“

Monika Schütz (CH)

Monika Schütz
Monika Schütz

Monika Schütz ist Dirigentin der Stadtmusik Illnau-Effretikon. Sie leitet die Dirigierkurse im Zürcher Blasmusikverband.

„Grundsätzlich bin ich mit dem Schaffen der Komponisten sehr zufrieden. Es entstehen sehr viele neue Werke, oft in sehr guter Qualität, in der Schweiz wird dies sehr gefördert. Wenn ich wünschen darf; ich liebe Variationen und fände es bereichernd, wieder mal ein Stück kennenzulernen, bei dem diese Kompositionstechnik raffiniert und kreativ umgesetzt wird. Oder mehrsätzige Werke, z.B. Suiten, dies gäbe die Möglichkeit, kontrastierende Ideen seriös   zu verarbeiten. Stücke, die das Potenzial haben, zu echten Klassikern zu werden. Viele Stücke ähneln sich, indem sie rasch ins Groovige wechseln und in denen in 9 Minuten “alles” rein muss. Mich haben die Stücke Banja Luka oder Gloriosa sehr begeistert und berührt. Die Tendenz, dass Musik immer gefallen muss und leicht verdaulich sein muss, stört mich manchmal. Hier würde ich die Komponist:innen gerne ermutigen.

Oft suche ich trotz Youtube und Verlagsseiten lange oder vergebens nach qualitativ guten Aufnahmen von Stücken. Verleger könnten hier mehr in qualitativ gute Aufnahmen investieren. Was früher die vielen Demo-CDs von den Verlagen waren, sind heute die zahlreichen Newsletter, welche ich jeweils nur kurz durchschaue und in den wenigsten Fällen dazu führt, dass ich ein Stück wähle. Auch gibt es auf den Websites viele Suchkriterien, die die Suche erleichtern. Was ich hingegen immer gerne lese ist der Newsletter von HeBu, da fühle ich mich informiert, die Darstellung ist übersichtlich und oft stehen Komponisten im Fokus. Ebenso hilfreich sind Wettspiellisten und die Beiträge und Listen von dir Alexandra!

Ich gehe häufig von Komponisten oder Must-Play Stücken aus und suche dort nach guter Musik.

Und zu guter Letzt: Werke von Komponistinnen sind immer noch sehr rar, es ist absolut wünschenswert, weitere Komponistinnen für die Blasmusik zu gewinnen.”

Überblick über die vier Beiträge zum Thema Programmgestaltung und Werkauswahl

Motto-/Themen-Konzerte: Wie stehst Du dazu? Und welche Themen hast Du ggf. schon verwendet? (gerne mit jeweiligem Konzertprogramm zum Thema)

Erfolgreiche Konzertprogramme: Wie sieht für Dich ein erfolgreiches Konzertprogramm aus? Was war für Dich das bisher erfolgreichste Konzertprogramm und was hat es zu einem Erfolg gemacht? (gerne mit Konzertprogramm)

No-Gos in der Konzertprogramm-Zusammenstellung: Was sind für Dich in der Konzertprogramm-Zusammenstellung die absoluten „No-Gos“?

Wünsche von Dirigent:innen an Komponisten und Verleger: Was wünschst Du Dir als Dirigent:in von Komponisten einerseits und Verlegern andererseits für zukünftiges Blasorchester-Repertoire?

©Beitragsbild: Jacob de Haan

Alexandra Link

Musik ist ein sehr wichtiger Bestandteil meines Lebens. Musizierende Menschen zusammen zu bringen meine Leidenschaft.

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