Komponist des Monats: Patrick Egge

Beim Landesmusikfest 2015 in Karlsruhe habe ich zum ersten Mal vom Komponisten Patrick Egge (*1987) gehört. Genauer gesagt, ich habe zum ersten Mal eine Komposition von ihm gehört: The Foggy Island. Er hat mit diesem Werk den damals vom BDB ausgeschriebenen Kompositionspreis gewonnen. Besonders gut fand ich an diesem Werk, dass es mit Blockflötenensemble gespielt werden kann – und so damals auch vom Verbandsjugendblasorchester Karlsruhe unter der Leitung von Stefan Kollmann aufgeführt wurde. Mittlerweile ist The Foggy Island im Druck erschienen und kann optional zum Beispiel auch zusammen mit einer BläserKlasse gespielt werden. Literatur also, die wir gerade an der Basis brauchen!

Wann er mit komponieren angefangen hat, weiß Patrick Egge gar nicht mehr so genau. „Ich denke mit 21, als ich auf der Berufsfachschule für Musik in Krumbach war. Vorher habe ich mich nie damit beschäftigt. Wahrscheinlich war es irgendein kleines Stück für Klavier“.

Patrick EggeDie Berufsfachschule für Musik in Krumbach war die erste Station in der Ausbildung von Patrick Egge. Anschließend absolvierte er ein Studium der Schulmusik mit Hauptfach Klavier, Leistungsfach Komposition und Wahlfach Blasorchesterleitung. Durch das Studium Blasorchesterleitung bei Prof. Stefan Halder, der auch musikalischer Leiter des Landespolizeiorchesters Baden-Württemberg ist, bekam er die Chance, einige seiner neuen Werke für Blasorchester ausprobieren zu können. Außerdem wurde es ihm ermöglicht, mit professionellen Blasorchestern als Dirigent zu arbeiten.

Zusätzlich erlangte Patrick Egge einen Master in Chorleitung bei Prof. Michael Alber und studierte Jazz/Popularmusik als wissenschaftliches Beifach mit Hauptfach Klavier und Schwerpunkt Arrangement. Beides ebenfalls in Trossingen.

Mittlerweile ist Patrick Egge Studienreferendar am Gymnasium Trossingen, freischaffender Dirigent, Klavierpädagoge und Komponist.

Patrick Egge komponiert mittlerweile für jeden Bereich und für jede erdenkliche Besetzung sehr gerne. Hauptsache ist für ihn, dass das Stück bzw. das Arrangement nicht für die Schublade ist, sondern wirklich auch gespielt bzw. gesungen wird. Den größten Teil seiner Arbeit nehmen jedoch Werke bzw. Arrangements für Blasorchester ein. Er dirigiert selbst aktuell zwei Vereine (MV Dormettingen und Stadtmusik Bonndorf), auch deshalb liegt hier in seinem kompositorischen Schaffen ein eindeutiger Schwerpunkt. Er wird nach eigener Aussage jedoch auch immer ein Fan von großen sinfonischen Orchestern und Chorsinfonik bleiben.

In Bezug auf seine kompositorische Arbeit kann er keine direkten Vorbilder nennen. Von allen bedeutenden Komponisten aus jeder Epoche gibt es Dinge, die er gerne genauso gut beherrschen würde. „Aber wie sollte man mit der unglaublichen Anzahl von genialen Werken eines J. S. Bachs mithalten, wie könnte man so kreativ mit Motiven umgehen wie ein L. v. Beethoven oder wie erzeugt man so einen Spannungsbogen wie G. Mahler?“ fragt sich Patrick Egge. “Vermutlich gar nicht”, mutmaßt er. Daher sind auch alle großen Komponisten für ihn Vorbilder. Drei Werke kann er jedoch benennen, die seine persönlichen Highlights sind: das „Deutsche Requiem“ von Johannes Brahms, einige Teile aus „Turandot“ von G. Puccini und der „Zauberlehrling“ von Paul Dukas.

Seine Herangehensweise an eine Komposition ist niemals gleich. So wird es vermutlich auch bleiben. Die Ideen können ihm spontan im Auto einfallen, am Klavier sitzend und ausprobierend oder gezielt, wenn er sich zu ein paar Zeilen Melodie und Harmonie zwingt. Manchmal kommt für ihn dann leider auch der zunächst frustrierende Prozess, alles was er aufgeschrieben hat wieder zu verwerfen, um neuen Ideen Platz zu schaffen. Oder er hat das Glück und sein Gehirn arbeitet über Nacht weiter und liefert ihm am nächsten Morgen eine passende Idee.

Auftragskompositionen schränken ihn nicht ein. Wenn er ganz ehrlich ist, geben ihm die Aufträge, die unweigerlich auch Beschränkungen im Schwierigkeitsgrad, in der Besetzung und der Länge mit sich bringen, einen besonderen Motivationsschub. Mit einem Ziel vor Augen fällt ihm die Arbeit am leichtesten. Irgendwie klingen die Stücke dann trotzdem nach „ihm“ – auch wenn er das gar nicht immer will.

Sein erstes erfolgreiches Werk habe ich eingangs schon erwähnt: The Foggy Island. Patrick erfuhr erst drei Tage vor Ende der Abgabefrist von dem Wettbewerb und schrieb einfach drauf los. Hier der Youtube-Link von der Uraufführung:

 

Sein neuestes Werk Schwaben-Ouvertüre, war eine Auftragskomposition des Landespolizeiorchesters Baden-Württemberg für deren spezielle CD „schwäbisch-badisch“. Die Komposition beruht auf dem Volkslied “Im schönen Schwabenland”. Die Melodie des Volksliedes wird in der Einleitung und im langsamen Mittelteil durch rhythmische Verschiebungen, tonale Erweiterungen, neue Harmonisierungen und wechselnden Instrumentierungen verarbeitet. Einen schnellen Formteil hat er frei hinzugefügt, der sich in der Reprise mit den verarbeiteten Melodien des Volksliedes verbindet. Für Patrick Egge ist sein neuestes Werk auch immer gleichzeitig sein liebstes bzw. sein bestes…

 

Blasorchesterkompositionen bilden, wie oben schon erwähnt, seinen Schwerpunkt. Im Zuge seines Masters schrieb er jedoch auch einiges für Chor. Ein paar Kompositionen für sinfonisches Orchester liegen auch noch in seiner digitalen „Schublade“. Das momentane Referendariat am Gymnasium schränkt ihn zur Zeit in seinem kompositorischen Schaffen etwas ein, aber für Auftragskompositionen und Kompositionswettbewerbe versucht er immer Zeit zu finden.

Patrick Egge ist ständig auf der Suche nach neuen Herausforderungen, wie zum Beispiel bei der Teilnahme an einem Kompositionsforum für Chor an der Landesmusikakademie in Ochsenhausen. Dabei ist er offen für jede Art von Kritik oder Anregungen. Auch wenn die Kritik manchmal in Anbetracht der investierten Zeit und Mühe recht hart erscheinen kann, so lernt man doch bei objektiver Betrachtung immer wieder neue, wertvolle und sinnvolle Details. Im Lehrerberuf sowie beim Dirigieren als auch beim Komponieren lernt man nie aus, ist Patrick Egge überzeugt!

Patrick EggeZum Abschluss meines Interviews mit Patrick Egge habe ich ihn gefragt, was er an der Blasorchesterszene liebt und was er gerne verändern würde. Seine Antwort möchte ich hier im Wortlaut veröffentlichen:

„An den fünf Musikhochschulen in BW spielt das Thema Blasorchester noch keine große Rolle. Manche beginnen aber langsam dieses Thema ernst zu nehmen. Dabei macht die Blasorchesterszene gerade in BW einen riesigen Teil der Laienmusik aus. Diese benötigen fachlich kompetente Dirigenten und Ausbilder am Instrument. Andererseits scheuen sich leider auch manche Vereine vor professionellen MusikerInnen. Die Verbindung zwischen Profis und Laien sollte dabei, um gute musikalische Ergebnisse in den Orchestern erzielen zu können, der Normalfall sein.

Als Referendar am Gymnasium Trossingen unterrichte ich auch eine Bläserklasse. Diese Bläserklassen der Schulen werden sicherlich einen großen Teil der zukünftigen Blasorchestervereine ausmachen. Vielleicht kann man hier die Integration der Jugendlichen in die Blasorchestervereine durch mehr Kooperation in Konzerten noch besser voranbringen. Aber in diesem Bereich ist vieles auf dem richtigen Weg und ich bin weit davon entfernt in diesem Bereich Ratschläge geben zu können.“

Mit 30 Jahren steht Patrick Egge noch am Anfang seiner Komponistenkarriere. Gute Komponisten, die für Blasorchester schreiben, sind bei uns in Deutschland – wenn man das Land zum Beispiel mit Österreich, der Schweiz, der Niederlande oder Belgien vergleicht – immer noch Mangelware. Hoffen und wünschen wir, dass viele weitere junge Komponisten sich mit unserem Metier befassen. Und vor allem, dass diese jungen Komponisten weiter machen, sich weiter entwickeln, sich nicht entmutigen lassen und dass sie zur rechten Zeit immer die richtige Unterstützung in ihrem Schaffen erhalten. Geben wir unseren jungen Komponisten mit ihren neuen Werken immer wieder eine Chance und vor allem einen Platz in unseren Konzertprogrammen. Das wünsche ich mir für das neue Jahr und vor allem wünsche ich das Patrick Egge!

 

Diesem Beitrag liegt ein Interview mit Patrick Egge zu Grunde. Herzlichen Dank für die Zusammenarbeit und Kooperation!

Alexandra Link

Musik ist ein sehr wichtiger Bestandteil meines Lebens. Musizierende Menschen zusammen zu bringen meine Leidenschaft.

    2 thoughts on “Komponist des Monats: Patrick Egge

    • 14. Januar 2018 at 19:56
      Permalink

      Liebe Leser/innen, liebe Alexandra,

      mit großer Freude habe ich den Beitrag über Patrick Egge gelesen.
      Wer sein preisgekröntes Stück “A FOGGY ISLAND” live hören will, hat am 18. März die Gelegenheit.

      2. Familienkonzert der Stadtkaplle Gengenbach
      -Ein musikalisches Abenteuer-
      18. März 2018, 15.00 Uhr
      Stadthalle am Nollen
      77723 Gengenbach

      Bereits zum zweiten Mal wird die Stadtkapelle Gengenbach Blasorchesterliteratur innerhalb eines einstündigen Konzertes altersgerecht und unterhaltsam vermitteln. Neben Patrick Egge wird u.a. auch abenteuerliche Musik von Franco Cesarini erklingen.

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    • Pingback: 12 Blasorchesterwerke mit einem gewissen “Extra” – Blasmusik

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