Das Modell des teambasierten Vereinsmanagements

Hierarchisches Denken ist uns vertraut. Hierarchisches Denken in Unternehmen, aber auch in Musikvereinen, ist noch weit verbreitet. Oft sind unsere Musikvereine noch nach dem alten Muster mit 1. Vorstand, 2. Vorstand, Kassierer, Schriftführer, X aktive Beisitzer, X passive Beisitzer, eventuell noch einen Jugendleiter, organisiert.

Dieses Modell funktioniert jedoch heutzutage nicht mehr wirklich. Immer mehr Vereine haben Mühe, Vorstandposten zu besetzen. Aus den unterschiedlichsten Gründen. Darüber habe ich vor einiger Zeit folgenden Beitrag geschrieben: Die Gründe warum es so schwierig ist, einen Vorstand zu finden. Die darin enthaltenen Ergebnisse einer Umfrage zum Thema sind eindeutig. An erster Stelle steht: “Zu wenig Unterstützung von den Vereinsmitgliedern”. Danach folgt: “Der Vorstandsposten beinhaltet zu viele Aufgaben – zu viel Arbeit”.

Wir wissen, dass der “Depp für Alles” schon längst nicht mehr zeitgemäß ist. Egal ob er der „Depp“ ist, der alles machen muss, weil es sonst keiner macht oder der „Depp“ der deshalb alles macht, weil er es sonst keinem zutraut. Beliebte Aussage der letzten Kategorie: „Ich mach’s lieber selbst, dann weiß ich, dass es (in meinem Sinne) gemacht ist“.

Ich gebe zu, der letzte Absatz liest sich ganz schön krass. In gewisser Weise ist er übertrieben, aber ich möchte sehr plakativ darstellen, dass in der herkömmlichen Vorstandsaufstellung wie oben beschrieben schon der Hund begraben liegt. Es ist nicht mehr zeitgemäß, dass die Verantwortung und die Aufgabenlast nur auf ein paar Wenigen innerhalb des Vereins liegen.

Über Lösungsansätze bzw. Lösungen innerhalb des Musikvereins nachzudenken macht erst dann Sinn, wenn das Problem klar identifiziert ist. Und ein Schritt weiter: Erst wenn von allen klar erkannt wird, dass ein echtes Problem besteht, zeigt sich die Dringlichkeit. Daraus folgt: Findet sich beispielsweise keine Person, die den Posten des 1. Vorsitzenden übernehmen möchte, braucht es (spätestens) ein Überdenken der bisherigen Vorstandsstruktur.

Weitere Probleme, die viele Musikvereine haben: Die „Zuverlässigkeit“ ihrer Musiker, die unterschiedlichen Motivationen und damit einhergehend auch die unterschiedlichen Auffassungen zur Zugehörigkeit zum Verein. Die „Unverbindlichkeit“ schlägt um sich. Wie können wir die aktiven Mitglieder also in positiver Weise an den Verein binden und die Motivation für die Gemeinschaft steigern? Eine engere Beteiligung an der Vereinsorganisation kann hier ein Lösungsansatz sein.

Eine engere Beteiligung an der Vereinsorganisation schaffen wir jedoch nur, wenn wir die Mitglieder überzeugen können, dass jede Musikerin und jeder Musiker noch mindestens eine außermusikalische Aufgabe hat. Dass es quasi selbstverständlich ist, dass jeder am Verein mitarbeitet. Außerhalb des eigentlichen Musizierens. Da es in den meisten Vereinen bisher noch nie so war, erfordert dies ein Umdenken von allen.

Bisher war die Situation in den Vereinen überwiegend so: In der Vorstandschaft wurden Projekte und Aktionen besprochen, die danach vorwiegend von den Vorstandsmitgliedern in die Wege geleitet und ausgeführt wurden. Für gewisse Projekte gab es einen Einsatzplan, der vom Einsatzplanersteller mit Müh und Not gefüllt werden musste. Eine undankbare Aufgabe für denjenigen, der den Einsatzplan – beispielsweise bei einem Musikfest oder einem Konzert – füllen muss. Und immer der leidige Satz: „Es sind immer dieselben, die etwas tun.“

Wenn wir es also schaffen, dass der Gedanke „Wir arbeiten gemeinsam am Verein“ innerhalb der Vereinsgemeinschaft verankert wird und es für jeden selbstverständlich ist, dass jeder neben dem Musizieren eine außermusikalische Aufgabe hat, dann ist das Vereinsmanagement ein Klacks. Allerdings verlangt dies nun wiederum nach einer Umstrukturierung der Vorstandsstruktur. Denn: Hierarchie war gestern. Teambasiertes Vereinsmanagement ist heute.

Was bedeutet „teambasiertes Vereinsmanagement“?

Alle Aufgaben innerhalb eines Musikvereins lassen sich in folgende 6 Bereiche einteilen:

  • Musik
  • Organisation
  • Verwaltung
  • Jugend
  • Finanzen
  • Marketing

Wollen wir unseren Musikverein bzw. die Vorstandschaft umstrukturieren, gilt es zunächst eine Sammlung aller anfallenden Aufgaben zu erstellen. Diese Aufgaben werden dann den einzelnen Bereichen zugeordnet. Bereichsleiter bzw. Manager der einzelnen Bereiche finden sich leichter als beispielsweise ein erster Vorstand, weil erstens der Aufgaben- und Verantwortungsbereich sehr viel kleiner ist, andererseits jedem Manager Teammitglieder zur Seite stehen, die die anfallenden Aufgaben allein oder in Arbeitsgruppen erledigen. Die Teams und Arbeitsgruppen können nach Bedarf verändert bzw. anders zusammengesetzt werden.

Im Modell sieht das so aus:

Teambasiertes Vereinsmanagement mit Logo

Es gelten, wie schon geschrieben, folgende Prinzipien:

  • Wir arbeiten gemeinsam am Verein
  • Jeder hat eine außermusikalische Aufgabe
  • Wir erledigen die Aufgaben selbstorganisiert
  • Es gibt keine Hierarchie

Die sechs Bereichsleiter oder Manager bilden zusammen die Vorstandschaft. Möchte man in der Satzung aus bestimmten Gründen nur 3 gleichberechtigte Vorstände eintragen lassen, so schlage ich den Organisations-, den Verwaltungs- und den Finanzmanager vor. Das entscheidet jedoch jeder Verein für sich selbst. Genau so gut könnte der Marketingmanager zu den gleichberechtigten Vorständen gehören und als “Sprachrohr nach Außen” – quasi der Außenminister – fungieren. (Achtung, “Sprachrohr” nicht in dem Maße, dass er als “Chef vom Ganzen” wahrgenommen wird.) Die Kompetenz entscheidet.

Die Sache mit der nicht notwendigen Hierarchie habe ich schon weiter oben und im Blogbeitrag Warum wir im Musikverein keine Führungskräfte sondern Manager brauchen beantwortet. Doch wie ist es mit dem Prinzip „Wir erledigen die Aufgaben selbstorganisiert“? Soll hiermit die Anarchie propagiert werden? Keineswegs! Die Anarchie wird nicht ausbrechen, weil alle an den zuvor gemeinsam festgelegten Vereinszielen bzw. der Mission unter Berücksichtigung von Qualitäts- und Wirtschaftlichkeitsaspekten arbeiten. Die Rolle der Manager ist in erster Linie aus seinem Bereich ein echtes Team zu bilden, das freundschaftlich kommuniziert und zusammenarbeitet. Seine Rolle ist es auch die Strukturen durch Vernetzung von Bereichen, Teams und manchmal Externen (wie z. B. Sponsoren) zu stärken. Eine Umgebung zu schaffen, in der die Teammitglieder erfolgreich auf ein gemeinsames Ziel hinarbeiten und die Mission erfüllen können. Er soll jemand sein, der zur Not intervenieren kann und die nötige (Selbst-)Reflexion einfordern kann.

Bevor wir die bestehende Vorstandsstruktur umwandeln können, müssen zuerst wesentliche Überlegungen angestellt und Parameter festgelegt werden. Einiges habe ich oben schon angedeutet: Die Bereiche müssen festgelegt werden und die bestehenden Aufgaben verteilt werden. Darüber hinaus braucht es aber auch eine Einigkeit über Zuständigkeiten, Rechte, Pflichten, Ressourcen usw. Wir müssen definieren, welche Beziehungen zu anderen Bereichen bestehen sollen. Wer wird Teammitglied in welchem Bereich und wie wird über die Mitgliedschaft entschieden? Welche speziellen Rollen gibt es, welche Arbeitsgruppen, usw. Welche Verfahren werden bei Entscheidungen angewendet. Und schließlich – und eigentlich das Allerwichtigste – wie wird innerhalb der Bereiche und zwischen den Bereichen kommuniziert. Dieses selbstorganisierte, hierarchielose, teambasierte Vereinsmanagement funktioniert nur, wenn sich jeder über die Wichtigkeit der internen Kommunikation im Klaren ist.

Die Schwierigkeiten bei der Umsetzung dieses neuen Vereinsmodells:

  • Die gemeinsamen Ziele bzw. die Mission unter Berücksichtigung von Qualitäts- und Wirtschaftlichkeitsaspekten müssen definiert werden
  • Es benötigt eine Art „Kulturwandel“ in Richtung Selbstorganisation, Partizipation und Selbstreflexion, einhergehend in einem größeren Vertrauen in die Mit-Musiker.

Wandel / Veränderungen heißt im Englischen CHANGE. Und dahinter verbergen sich Kriterien, die bei einer Umstrukturierung der Vorstandschaft nicht außer Acht gelassen werden dürfen:

Chance
Hindernisse
Angst
Notwendigkeit
Gewinn
Einsatz

Was sich genau dahinter verbirgt und wie uns das Wissen um diese Kriterien bei der Umstrukturierung hilft, werde ich in einem weiteren Blog-Beitrag auslegen.

Alle bisher erschienenen Beiträge zum Thema Teambasiertes Vereinsmanagement gibt es nun in einem praktischen PDF (30 Seiten) zum Download. Mit diesem PDF könnt Ihr alle Informationen zum Teambasierten Vereinsmanagement an Eure Vorstands-Kollegen weiterleiten.

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Quellen und weiterführende Literatur

Alexandra Link

Musik ist ein sehr wichtiger Bestandteil meines Lebens. Musizierende Menschen zusammen zu bringen meine Leidenschaft.

    8 thoughts on “Das Modell des teambasierten Vereinsmanagements

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